Uns liegt das Organisationskonzept der Landesregierung zur Struktur der Finanzämter und der Oberfinanzdirektion seit Wochen vor. Die Grundlagen dieses Konzeptes sind Fragen zur Auslastung der landeseigenen Liegenschaften. Können Mietobjekte aufgegeben werden? - Landesentwicklungspolitische Interessen sind zu
berücksichtigen. Am Ende sollte unter Berücksichtigung der ausreichenden Bürgernähe in jedem neuen Landkreis ein vollwertiger Finanzamtsstandort bleiben. Oberstes Gebot ist die Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns.
Die Antwort der Landesregierung auf diese Fragen lautet knapp zusammengefasst: Es wird keine neuen Pacht- und Mietverträge geben. Die bisherigen externen Anmietungen entfallen künftig in Wernigerode und in Quedlinburg. Die Leerstände in den Finanzämtern Eisleben, Köthen, Magdeburg, Merseburg, Naumburg und Stendal werden nahezu beseitigt. Aber es wird auch neuen Leerstand durch Freizug der landeseigenen Finanzamtsgebäude geben; wenn ich es richtig gelesen habe, in Halberstadt, in Sangerhausen, in Quedlinburg und auch bei uns in Zeitz, wobei in Quedlinburg die Nachnutzung durch den Landkreis angemeldet worden ist.
Inwieweit es gelingt, die in den Jahren 2009 und 2010 frei werdenden Immobilien zu veräußern, bleibt abzuwarten. An dieser Stelle ist, so denke ich, der Landesbetrieb Limsa gefragt.
Der Komplex II der Großen Anfrage beschäftigt sich mit der Qualität und mit der Quantität der Dienstleistungen. In Frage 1 dieses Komplexes geht es um die direkten Bürgerkontakte in den einzelnen Finanzämtern in den Jahren 2000, 2002 und 2005. Solche Fragen liebe ich, weil sich mir dabei jedes Mal die Frage stellt: Wann war ich das letzte Mal bei dieser oder bei jener Verwaltung, und zwar nicht als Abgeordnete, sondern als ganz „normale“ Bürgerin.
Einmal im Jahr reiche ich meine Einkommensteuererklärung ein. Aber selbst zu der Zeit, zu der ich das noch nicht über das PC-Programm „Elster“ erledigen konnte, habe ich das per Post getan. In Sachen Steuern war ich noch nie persönlich in unserem Finanzamt in Naumburg. Entscheidend für mich ist, wie schnell meine Steuererklärung bearbeitet wird, ob Nachfragen auch telefonisch geklärt werden können, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter freundlich sind und ob alles nachvollziehbar ist, selbst wenn ich am Ende Steuern nachzahlen muss.
Auch die Unternehmen aller möglichen Gesellschafterformen erledigen bei uns die Umsatzsteuer- und Lohnsteuervoranmeldungen sowie die Jahressteuererklärung auf elektronischem Weg. Die persönlichen Kontakte sind, so glaube ich, eher selten geworden.
Trotzdem wird es in jedem Landkreis, der zum großen Teil den Zuständigkeitsbezirk darstellt, ein Finanzamt geben. Es gibt Ausnahmen von dieser Regelung - wir haben soeben in jedem Beitrag davon gehört - und Änderungen in der örtlichen Zuständigkeit.
Ich nehme einmal meine Region im Süden von Sachsen-Anhalt als Beispiel. Dort haben wir zurzeit die Finanzämter Merseburg, Zeitz und Naumburg. Der künftige Landkreis Burgenland besteht aus dem Landkreis Weißenfels und dem Burgenlandkreis. Im Altkreis Weißenfels gibt es kein Finanzamt.
Das vorliegende Konzept sieht die Aufgabe des Standortes Zeitz nach der Fertigstellung der Scheibe C in Halle vor. Daraus ergeben sich natürlich Verschiebungen hinsichtlich der Zuständigkeiten für den Altkreis Weißenfels, weil Bereiche des Altkreises Merseburg durch Halle mitbetreut werden. Am Ende gibt Naumburg fast 17 000 Steuerpflichtige nach Merseburg ab und erhält aus dem
- Ich freue mich, Herr Dr. Thiel, dass Sie das auch so fröhlich aufnehmen. - Es sind wirtschaftliche Aspekte, raumordnerische Gesichtspunkte und die Flächenauslastung berücksichtigt worden.
Ein wesentlicher Komplex der Großen Anfrage ist die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Dazu ist viel ausgeführt worden. Fazit: eine Kostenersparnis von 17 Millionen € in zehn Jahren; das haben die Experten ausgerechnet.
Dabei ist zu bemerken, dass nicht nur die Kosten für neue Ordner für Steuerakten einkalkuliert wurden, sondern auch die auf den Euro genau ermittelten Kosten für die Umstellung der Server und der aktiven Komponenten sowie für die Einrichtung der Softwarestrukturen durch externe Dienstleister. Sie sehen also: Es ist an alles gedacht worden.
Naturgemäß gilt neben der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Frage nach den Auswirkungen der Steuerreform für die Mitarbeiter große Aufmerksamkeit. Entscheidend hierbei ist, so denke ich, vor allen Dingen die frühzeitige Information der Betroffenen, die Einbeziehung der Personalvertretungen und die sozialverträgliche Gestaltung notwendiger Maßnahmen. Ich bin mir sicher, dass die entsprechenden Dienststellen ihrer Verantwortung auch gerecht werden.
Am Ende bleibt die Frage: Ist die Neustrukturierung der Finanzverwaltung notwendig und was bringt sie den Bürgerinnen und Bürgern? - Ja, sage ich, sie ist erforderlich, weil wir uns der Notwendigkeit der Anpassung an die Bevölkerungs- und an die Einnahmenentwicklung im Lande nicht verschließen können, weil Sachsen-Anhalt unbedingt Strukturreformen braucht, die zu mehr Effizienz und Leistungsfähigkeit und damit auch zur Nachhaltigkeit unserer politischen Entscheidungen führen.
Eine Kostenersparnis von 17 Millionen € am Ende der Umstrukturierung - das ist nicht wenig Geld, Geld, das dringend für andere Bereiche als für die Verwaltung gebraucht wird.
Zum Schluss habe ich für die Menschen, die künftige Standortreduzierungen nicht nachvollziehen können oder wollen, weil sie betroffen sind, ein Sprichwort von Goethe. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich es gern zitieren:
Herzlichen Dank. Ich habe Ihnen noch etwas Redezeit zugegeben, damit wir alle das Zitat mitbekommen. - Das letzte Wort hat jetzt, wie vereinbart, Frau Dr. Paschke von der Linkspartei.PDS. Bitte schön.
Ich möchte auf einige Dinge eingehen, die in der Aussprache zur Großen Anfrage gesagt wurden. Herr Finanzminister Bullerjahn, dass Sie sich permanent darüber beschweren, dass sich die PDS nicht wie ein zuverlässiger Koalitionspartner Ihnen gegenüber verhält, ist ein kleiner Treppenwitz in der Geschichte Sachsen-Anhalts.
Es kann aber vielleicht auch daran liegen, dass Sie in der jetzigen Koalition einige Defizite bemerkt haben und nun bei uns den Ausgleich suchen. Das funktioniert aber nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS - Herr Tullner, CDU: Da ist der Wunsch die Mut- ter des Gedankens! - Minister Herr Bullerjahn: Als Opposition kann man darüber nachdenken!)
- Herr Bullerjahn, ich bin so selbstbewusst zu sagen, dass unsere Fraktion über einiges nachdenkt und auch zu einigen Ergebnissen kommt.
- Ja. - Jetzt einmal allen Ernstes: Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann lösen Sie den Konflikt „Gesetz oder kein Gesetz“, indem Sie ein grundlegendes Gesetz zur Verwaltungsmodernisierung an das aktuelle Defizit anpassen und sagen: Gut, dann gehen wir an dieses Gesetz heran; wir ändern es; wir nehmen die jetzt vorhandene Zuständigkeit des Parlamentes heraus.
Es gibt aber auch einen ganz anderen Weg. Wenn Sie sich so sicher sind, dass nur wir nicht erkennen, dass es unbedingt erforderlich ist, dass die Finanzverwaltung geändert werden muss, dann legen Sie ein Gesetz vor. Dann haben Sie die Mehrheit, weil alle davon überzeugt sind. Dann werden Sie das Gesetz auch beschließen. Aber ich denke, Sie wollen auch eine weitere Konfliktlinie aus der Koalition heraushalten. - Aber ganz genau.
(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Minister Herr Bullerjahn: In diesem Fall haben wir nun wirklich keine! - Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Das liegt auch nicht vor!)
Herr Finanzminister, Sie haben gerade auf die demografische Entwicklung abgehoben. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass es insbesondere in der Steuerverwaltung durch gesetzliche Regelungen mittel- und langfristig nicht zu riesigen Einsparungen kommen wird, insbesondere deshalb, weil jetzt auch Personen im Rentenalter veranlagt werden. In diesem Bereich sind eben die Fakten ein bisschen anders als in anderen Verwaltungszweigen.
In diesem Zusammenhang muss ich auch Ihnen, Frau Fischer, eines sagen: Ich habe jetzt nicht verstanden, dass Sie die Frage nach den direkten Bürgerkontakten so lieben. Wir haben eine Dienstleistungsverwaltung, die ihre Dienstleistung in verschiedenen Formen anbietet, unter anderem auch durch einen direkten Bürgerkontakt.
Wir als öffentliche Hand, die die Dienstleistung anbietet, stehen vor der Situation, dass wir nicht wissen, wie viele diese Dienstleistung in welcher Form in Anspruch nehmen. Das würde kein Unternehmen so machen. Das sind eben auch Schwachstellen des öffentlichen Dienstes.
Herr Schatz, unserer Liebe zu den Finanzämtern können Sie sich sicher sein. Wir waren schon immer für eine aufgabenbezogene und angemessene Steuererhebung. Bessere Partner als uns finden Sie gar nicht.
Ich möchte noch eine Sache ansprechen, die mir wirklich zu denken gibt. Herr Finanzminister, wir haben darüber intensiv nachgedacht. Wenn wir sagen „auf das notwendige Maß reduzieren“ - so schön steht es in dem Gesetz -, dann stellt sich doch die Frage, was unserer Ansicht nach unter den gegenwärtigen Bedingungen die notwendige Anzahl staatlicher Behörden auf der Ortsebene ist.
Wenn man das einmal weiterdenkt, dann stellt sich noch eine andere Frage. Ich habe festgestellt, dass wir im Rahmen der ganzen Diskussion etwa um die Regionalkreise in keinem Papier festgeschrieben haben, dass die notwendige Anzahl der Ämter auf der Ortsebene auch mit den großen Strukturen korrelieren muss. Es wurde also nicht festgelegt, dass die notwendige Anzahl der Ämter auf fünf reduziert wird, weil es dann lediglich fünf Regionalkreise gibt. Ich glaube, diese Frage haben wir nicht beantwortet.
Was ist jetzt eingetreten? - Die Kreise werden größer. Welche Vorteile haben diese Kreise? Mehr Aufgaben kriegen sie vorläufig nicht - dieser Vorteil ist weg. Ihnen werden Ämter entzogen. Wenn zwei Kreise fusionieren, dann fällt nur ein Amt weg. Wenn aber drei Kreise fusionieren, also einen Regionalkreis bilden, dann fallen zwei Ämter weg. Woher soll denn die Motivation für die Bildung größerer Strukturen kommen, wenn nicht ein Ausgleich geschaffen wird,
- Auch. Sparen würde ich, wenn ich tatsächlich kommunalisieren könnte. Dann würde ich tatsächlich sparen. Dann würde ich ganze Amtsbereiche einsparen. Aber die Frage ist, ob ich durch Zentralisation so viel spare.