Insbesondere vor dem Hintergrund des in Juristenkreisen oft zitierten Spruchs „zwei Juristen - drei Meinungen“ plädieren wir für eine Überweisung des Antrages der Linkspartei.PDS in die Ausschüsse für Finanzen sowie für Recht und Verfassung, um dort die aufgeworfenen Fragen in sachlicher Art und Weise zu erörtern.
In Anlehnung an die Anfrage von Frau Dr. Klein sage ich: Es gibt in der Finanzverwaltung die Möglichkeit, ein eintägiges oder mehrtägiges Praktikum - je nachdem, wie Ihr Terminkalender es hergibt - durchzuführen. Machen Sie es bitte! - Danke.
Herzlichen Dank für den Debattenbeitrag. - Ich bitte um den nächsten Debattenbeitrag, um den der FDP. Frau Dr. Hüskens, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schatz, zu Ihrer Information: Den Ratschlag bezüglich des Finanzamtes brauchen Sie mir nicht zu geben. Ich habe im Finanzamt gearbeitet. Ich weiß also ungefähr, wie es dort zugeht.
Zum Thema „Steuern zahlen“ muss ich sagen: Wir haben in den letzten Jahren - eigentlich schon seit dem Zweiten Weltkrieg - in der Bundesrepublik Deutschland alles getan, um dafür Sorge zu tragen, dass niemand
mehr der Auffassung ist, er müsse Steuern zahlen, sondern dass jeder der Auffassung ist, dass es jedem Bürger gut ansteht, möglichst wenig Steuern zu zahlen. Ich glaube, dass das Zitat, das Sie gebracht haben, leider so antiquiert ist, dass es nicht mehr zutrifft. Ich finde es aber schön, wenn sich der eine oder andere doch noch der Illusion hingibt.
Eine weitere Vorbemerkung in Richtung des Ministers. Ich muss schon sagen: Es irritiert mich in zunehmendem Maße, dass Sie es bedauern, dass die Opposition Opposition ist. Ich glaube, sowohl die Kollegen von der PDS als auch wir, die FDP, müssten darüber nachdenken, ob wir noch in der richtigen Rolle wären, wenn wir jedes Mal fähnchenwinkend hinter der Regierung herlaufen würden.
Es ist in der Demokratie eben unsere Aufgabe, auf die Punkte hinzuweisen, die wir kritisch sehen. Die Kollegen werden versuchen, auf die Punkte hinzuweisen, die sie besonders schön finden. Dann muss der Landtag zu Entscheidungen kommen.
Meine Damen und Herren! Veränderungen oder - so nennen wir es heute - Reformen sind kein Wert an sich. Reformen machen nur dann Sinn, wenn sie durch Veränderungen zugleich verbessern.
In der Verwaltung geht es dabei in aller Regel um eine höhere Effizienz. Es könnte - wir sollten das zumindest nicht aus dem Auge verlieren - auch um eine qualitative Verbesserung gehen.
Bei den recht überschaubaren Veränderungen bei den Finanzämtern, die jetzt vor uns stehen, war es das Ziel, eine Effizienzsteigerung durch eine Reduzierung im Zentralbereich zu erreichen. Die Kosten der Veränderungen und der Nutzen stehen hierbei völlig unstreitig in einer vernünftigen Relation.
Die Diskussion über die Sitze der Finanzämter war vorhersehbar. Solange ich das im Parlament nicht machen muss, werde ich mich nicht daran beteiligen.
Allerdings hat neben der Diskussion über die Sitze der Finanzämter die Verkündung der Einräumigkeit der Verwaltung als ein wesentliches Ziel der Landesregierung bei Veränderungen der Verwaltungsstrukturen zu erheblichen Irritationen geführt. Es hat inzwischen neben der Großen Anfrage der Linkspartei.PDS eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Manfred Püchel gegeben, die sich genau mit diesem Punkt beschäftigt. Die Einräumigkeit der Verwaltung ist sicher nur eine Leitlinie, an der man sich orientieren sollte. Gerade bei Fachverwaltungen kann es gute Gründe geben, davon abzuweichen.
In Bezug auf die Finanzverwaltung ist es jedoch nicht nachzuvollziehen, warum die ohnehin vorgesehenen Veränderungen im Verwaltungsaufbau und die ohnehin erforderlichen Personalumsetzungen nicht genutzt wurden, um die Zuständigkeiten eines Finanzamtes auch an
die neuen Kreisstrukturen anzupassen. Dies hätte neben den Effizienzsteigerungen auch noch qualitative Verbesserungen für die Bürger mit sich gebracht.
Eine uneinheitliche Anwendung des Steuerrechts führt innerhalb eines Kreises unweigerlich zu Irritationen. Dabei mache ich mir weniger Sorgen um die Unternehmen, die in der Regel professionell betreut werden; vielmehr mache ich mir Sorgen um die „normalen“ Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen, vor allen Dingen aber um die Vereine.
Ich nehme einmal das Beispiel Salzlandkreis. Wir haben dort zukünftig drei zuständige Finanzämter. Jeder, dem bekannt ist, was dann auf ihn zukommt, weiß, warum die Kollegen in diesem Kreis Einräumigkeit fordern.
Schon heute ist es so, dass Finanzbeamte gleiches geschriebenes Recht unterschiedlich anwenden. Wenn man unterschiedliche Finanzämter hat, wird dies in starkem Maße erfolgen.
Man braucht dann nur an die Vereine zu denken. Ich nenne das schöne Beispiel der Anwendung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei Druckerzeugnissen. Sie können danach einmal die Kollegen in der Landesverwaltung fragen, die hierfür zuständig sind. Damit gibt es von Finanzamt zu Finanzamt verschiedene Schwierigkeiten. Das ist nicht erforderlich; deshalb sollte man es auch nicht tun.
Das Ganze wird jetzt noch dadurch gesteigert, dass die Landesregierung trotz der vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken an dem eingeschlagenen Weg festhalten möchte.
Ich sage es deutlich: Auch die Juristen in unserer Fraktion sind zu der Erkenntnis gelangt, dass die Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers ausreichend ist. Herr Kosmehl hat das in einer der letzten Sitzungen hier vorgetragen.
Es gibt aber inzwischen ein Gutachten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes dazu mit einer ebenso fundierten anderen Rechtsauffassung. Ich könnte diesen Sachverhalt jetzt mit dem üblichen Hinweis darauf abschließen, dass man Recht nicht hat, sondern vor Gericht bekommt. Die PDS hat ja angekündigt, dass sie das einklagen wird.
Dies wird aber bei dem zumindest unsicheren Ausgang des Verfahrens dazu führen, dass es in den Finanzämtern zu „Hängepartien“ kommt. Das Landesverfassungsgericht wird in einem Jahr oder in zwei Jahren darüber entscheiden. Sie werden feststellen, dass in den Finanzämtern versucht wird, bis dahin die Strukturen möglichst nicht zu verändern bzw. Entscheidungen aufzuschieben.
Dazu sage ich Ihnen aus eigener Erfahrung - ich habe einmal einem Ressort angehört, das man hin und wieder mit einem anderen Ressort zusammengelegt und dann wieder getrennt hat -: Die Verwaltung beschäftigt sich dann mit sich selbst. Das wird dazu führen, dass es nicht zu einer Effizienzsteigerung kommt, sondern dass die Kollegen am Kopierer stehen und über ihre Zukunft philosophieren. Das hilft Ihnen nicht, das hilft den Finanzämtern, den Kollegen dort nicht und es hilft vor allen Dingen den Steuern zahlenden Bürgern nicht.
Deshalb - ich finde es schon einmal prima, dass wir darüber jetzt im Ausschuss diskutieren sollen - appelliere ich an Sie - der eine oder andere Kollege, der heute nach Entscheidungen über die Sitze schreit, wird dann nicht mehr so laut rufen; Sie, die regierungstragenden Fraktionen, haben in diesem Landtag eine große Mehrheit; Sie brauchen vor diesem Parlament keine Angst zu haben -: Wenn Sie auf der sicheren Seite sein wollen, dann machen Sie ein Gesetz, bringen Sie es in den Landtag ein und sorgen Sie dafür, dass es hierbei keine rechtlichen Zweifel gibt. - Ich danke Ihnen.
Herzlichen Dank für Ihren Beitrag, Frau Dr. Hüskens. - Ich erteile jetzt der Abgeordneten Frau Fischer von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön, Frau Fischer.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich möchte mich zunächst zu dem Antrag der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/591 äußern, der die Überschrift „Neugliederung der Finanzverwaltung nur durch Gesetz“ trägt. Auch mir fällt hierzu der vorhin schon zitierte alte, aber auch etwas abgedroschene Spruch „zwei Juristen - drei Meinungen“ ein.
Demnach gibt es gute Gründe für die Rechtsauffassung der Landesregierung, dass die Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Neustrukturierung der Finanzverwaltung nicht erforderlich sei. Ebenso gibt es eine gut nachvollziehbare Begründung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Landtages, wonach im Hinblick auf die Neuordnung der Finanzverwaltung im Falle einer Reduzierung der Zahl der Finanzämter eine gesetzliche Regelung und damit eine Befassung des Parlamentes notwendig wäre.
So manches Mal habe ich mir gewünscht, ich hätte Jura studiert, weil ich dann ebenfalls eine Meinung aus fachlicher Sicht hätte haben können, zum Beispiel auch zu diesem Thema. Dann hätte ich Ihnen als Volljurist erklärt, aus welchen Gründen möglicherweise eine dritte Variante ins Spiel hätte gebracht werden können. Ich muss Ihnen dieses Vergnügen vorenthalten und kann Ihnen sagen: Ich bin deswegen nicht böse.
Der Finanzminister sowie die bisherigen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen wollen die spannende Frage, wer Recht hat, im Rechts- und im Finanzausschuss klären. Die SPD-Fraktion wird sich diesem Ansinnen nicht verschließen. Sie wird der Überweisung des Antrags in diese Ausschüsse zustimmen.
Meine persönliche Meinung dazu ist: Was, bitte schön, sollen wir Finanzpolitiker mit dieser juristischen Auseinandersetzung in unserem Ausschuss tun? Ich bin darauf gespannt. Wir werden wahrscheinlich auf die Stellungnahmen der Ministerien, des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sowie der mitberatenden Ausschüsse warten.
Vorhin sagte jemand: Wir werden uns in den Ausschüssen mit dem Gutachten intensiv auseinander setzen - hoffentlich nur mit dem Gutachten und nicht mit Fragen, die schon geklärt und besprochen worden sind.
Die Landesregierung sollte den Gesetzentwurf zur Klarstellung des Anwendungsbereiches des § 7 des Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes schnell vorlegen, weil hierin die Lösung gefunden werden kann.
Nun aber zum Inhalt der Großen Anfrage. Der Hintergrund der Neustrukturierung der Finanzverwaltung in Sachsen-Anhalt ist die Umsetzung des am 27. Februar 2003 vom Landtag verabschiedeten Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetzes, mit dem die Landesregierung beauftragt wurde, die Zahl der oberen und der unteren Landesbehörden auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren. Darüber hinaus hat die Landesregierung in der vorhergehenden Legislaturperiode festgelegt, dass der Präsident der OFD Magdeburg ein Konzept zur Umorganisation der Finanzverwaltung erarbeiten und vorlegen soll.
Der zwischen der CDU und der SPD abgeschlossene Koalitionsvertrag bestätigt diese Aufträge, indem vereinbart wird, dass die Zahl der Landesbehörden, zum Beispiel der Gerichte und der Finanzverwaltungen, durch Zusammenlegung und durch Vergrößerung zu reduzieren ist.
Wir erleben diese Strukturveränderung zurzeit nicht nur bei der Finanzverwaltung. Uns beschäftigt ebenso die Justizstrukturreform und die Polizeistrukturreform. Bei allen Veränderungen geht es um das Erreichen von mehr Effizienz in der Verwaltung, um Bürgernähe, um Personalfragen und um die zukunftsfähige Gestaltung unseres Landes.
Die Menschen im Lande werden von diesen Veränderungen berührt. Sie sorgen sich um ihre persönliche Zukunft, aber auch um die Zukunft ihrer Stadt. Die Diskussionen haben im Wesentlichen zum Inhalt: Bleibt das Finanzamt oder das Gericht in unserer Stadt? Bleibt der Reviersitz der Polizei doch in der Kreisstadt Naumburg? Wie viele Mitarbeiter müssen künftig wie weit fahren? Geht unseren Händlern Kaufkraft verloren? Von wie vielen Schließungen ist unsere Stadt, unsere Region betroffen? - Am Ende stellt sich immer wieder die Frage: Warum gerade wir?
All diese Fragen nehmen wir auf und wir müssen sie beantworten. So wie hier wird daraus eine Große Anfrage der Fraktion der Linkspartei.PDS mit, wenn ich richtig gezählt habe, insgesamt 57 Fragen. Unter anderem wird die Frage gestellt, ob die Kosten für neue Ordner der Steuerverwaltung einkalkuliert wurden - eine spannende Geschichte.
Die Große Anfrage ist in vier Themenbereiche gegliedert. In Komplex I geht es um die Zielstellung der Umstrukturierung. Wir alle wissen: Mit der Kreisgebietsreform, die am 1. Juli 2007 in Kraft treten wird, wird die Anzahl der Landkreise von derzeit 21 auf elf reduziert.
Die Frage lautet nun: Inwieweit sind infolge der Kreisgebietsneugliederung die Zuständigkeitsbezirke der Finanzämter an die Gebietsverschiebungen anzupassen? - Denn natürlich müssen sie angepasst werden. Jede Verwaltungsreform muss in ihrer Folge die Strukturen der Landesbehörden auf den Prüfstand stellen.
Uns liegt das Organisationskonzept der Landesregierung zur Struktur der Finanzämter und der Oberfinanzdirektion seit Wochen vor. Die Grundlagen dieses Konzeptes sind Fragen zur Auslastung der landeseigenen Liegenschaften. Können Mietobjekte aufgegeben werden? - Landesentwicklungspolitische Interessen sind zu