Protokoll der Sitzung vom 08.06.2006

Insgesamt belaufen sich die Schäden des Frühjahrshochwassers 2006 auf etwa 29,2 Millionen €. Diese relativ geringen Schäden sind darauf zurückzuführen, dass wir, wie eben schon gesagt wurde, nach dem Hochwasser 2002 doch Erhebliches zur Verbesserung des Hochwasserschutzniveaus geleistet haben. Neben der zügigen Schadensbeseitigung und der konsequenten Sanierung der Deiche hat sich auch die Konzentration der Hochwasservorhersagezentrale an einem Standort bewährt. Wir waren wesentlich besser vorbereitet auf das Hochwasser, die Arbeit in den Einsatzstäben lief gut, das Deichfachberatersystem des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft hat sich bewährt. Auch die im Jahr 2005 begonnenen Schulungen für die Wasserwehren haben sich ausgezahlt.

Aber, meine Damen und Herren, trotz dieser Erfolge gibt es weiterhin Defizite im Hochwasserschutz. Zu deren Beseitigung ist auch in den nächsten Jahren noch ein erheblicher Kraftakt erforderlich. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass die Sanierung der Deiche konsequent fortgesetzt werden muss. Aber auch die zugegebenermaßen langwierigen Planungen und Verfahren für die Errichtung von Hochwasserrückhaltebecken oder die Errichtung von Flutungspoldern sowie für die Durchführung von Deichrückverlegungsmaßnahmen sind weiter voranzutreiben. Insofern begrüße ich die Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und der CDU im Ausschuss für Umwelt, aber auch für Inneres. Ich würde die Finanzen mit dazu nehmen.

Eine Bilanz des Frühjahrshochwassers vorzustellen ist eine gute Gelegenheit, um neben der Bilanz einen Ausblick auf künftige Aktivitäten zu geben. Denn Umwelt- und Hochwasserschutz kostet auch ein wenig Geld.

Wie heute schon mehrfach erwähnt in diesem Hohen Hause, wird über EU-Mittel-Verwendung diskutiert. Ich will an dieser Stelle sagen, den Hochwasserschutz gibt es nicht zum Nulltarif und die Umsetzungen der Maßnahmen wird auch in den nächsten Jahren viel Geld kosten. Diese Mittel kann das Land aus eigener Kraft nicht aufbringen. Deshalb ist die Unterstützung der Europäischen Union - ich setze einmal in Klammern: insbesondere mit EFRE-Mitteln - unabdingbar.

Die Unterstützung des Bundes ist erst bei der letzten Umweltministerkonferenz auf Antrag von Sachsen-Anhalt eingefordert worden. Die Bundesländer sind der Forderung einstimmig gefolgt, dass sich der Bund künftig stärker an der Finanzierung der Kosten des Hochwasserschutzes beteiligen sollte.

Ein engeres Zusammenwirken über Ländergrenzen hinweg hat der Bund ausdrücklich begrüßt, auch gefordert, eine finanzielle Beteiligung aber bisher abgelehnt. Das ist bedauerlich, denn der Hochwasserschutz ist meines Erachtens gerade in weiten Teilen Sachsen-Anhalts ein wichtiger Standortfaktor, ein wichtiger Ansiedlungsfaktor. Immerhin hat Sachsen-Anhalt den längsten Teil - gerade weil wir im Antrag über die Elbe reden - des Flusses Elbe im Hochwasserschutz - nicht nur im Hochwasserschutz, aber auch im Hochwasserschutz - zu verantworten. Das heißt, wir werden auch immer einen Großteil der finanziellen Lasten, was die Elbe anbelangt, tragen müssen.

Aber es ist auf Antrag des Landes Sachsen-Anhalt zumindest gelungen, dass unter Vorsitz unseres Landes die für den Hochwasserschutz zuständigen Minister der Länder im Elbeinzugsgebiet gemeinsam mit dem Bundesumweltminister in der zweiten Jahreshälfte über weitere Schritte zum Ausbau des Länder übergreifenden Hochwasserschutzes beraten und sich darüber verständigen.

In diesem Zusammenhang ist auch der Abschluss des Staatsvertrages für die Wehrgruppe Quitzöbel zwischen den beteiligten Bundesländern unter Einbeziehung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes vorgesehen.

Ich bin für diesen Antrag von einer anderen Betrachtungsweise her dankbar; denn das Thema Hochwasser muss - das hat uns das Frühjahrshochwasser gezeigt - im Bewusstsein der Bürger bleiben. Es darf auch aus dem Bewusstsein der politisch Verantwortlichen nicht verschwinden. Deshalb kommt dieser Antrag zur rechten Zeit. Ich begrüße ihn ausdrücklich. Ich bin mir sicher, dass Sie die Landesregierung in dem Bemühen unterstützen - der Koalitionsvertrag sagt es auch aus -, die Verbesserung des Hochwasserschutzes hier im Land weiterhin konsequent voranzutreiben. Vielen Dank für den Antrag und eine gute Beratung in den entsprechenden Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Frau Ministerin. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kley.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fast 50 Jahre lebten wir in der Illusion, dass uns Naturgewalten und Naturereignisse kaum noch zu treffen vermögen. Die Sturmereignisse in Deutschland waren relativ schwach und die Hochwassermarken galten nur noch der historischen Erwähnung.

Im Jahr 2002 mussten wir feststellen, dass sehr wohl starke Hochwasser möglich sind und dass die mittlerweile stattgefundene Umwidmung von Regenrückhaltebecken in Naherholungsgebiete doch ein Fehler war.

Im Jahr 2006 hat sich gezeigt, dass aus den Ereignissen des Jahres 2002 eine ganze Menge gelernt wurde. Insbesondere der Verlauf der Flut im Elbebereich in Sachsen-Anhalt war ein Beleg dafür, dass man relativ schnell lernfähig ist. Wir hatten allerdings - das muss man auch feststellen - bei dieser Flut den Vorteil, dass viele der Nebenflüsse wie die Mulde und die Saale im Gegensatz zu der Situation im Jahr 2002 nicht betroffen waren. Das heißt, wenn wir über die Frage des Hochwasserschutzes diskutieren, dann dürfen wir natürlich auch diese Gebiete nicht außer Acht lassen. Ein interessantes Thema ist in jedem Fall der Deichbau, der in Sachsen-Anhalt - das muss ich doch einmal sagen - sehr vorbildlich und schnell verlief, im Gegensatz zu anderen Ländern, die sich da etwas schwer taten, allerdings von uns gelernt haben.

Die Fragen werden sein: Wie schaffen wir Retentionsflächen? Wie kann man die Schaffung von Überschwemmungsgebieten, Deichrückversetzungen und Ähnliches relativ konfliktarm bewältigen? Es gab ja auch den Hin

weis der Frau Landwirtschaftsministerin, dass der Finanzminister hierbei ein sehr wichtiges Wörtchen mitzureden haben wird. Auch die Anmerkung von Herrn Bergmann, dass eben im Bereich der Landwirtschaft für Sicherheit zu sorgen ist, ist wichtig, wobei ich der Meinung bin, dass es nicht die erste Aufgabe des Landes ist, für Entschädigungsregeln zu sorgen, sondern für Planungssicherheit.

Das heißt, die Flächennutzungspläne der Kommunen, die Frage der Flurnutzung und Ähnliches müssen langfristig auf Hochwassersituationen ausgerichtet sein. Dementsprechend muss dann auch eine Bewirtschaftung durch den Landwirt erfolgen. An dieser Stelle vielleicht noch einmal der Verweis auf die Übertragung von BVVG-Flächen zur Nutzung eben als Ausgleichsgebiete für Bereiche, die wir benötigen, um bei Flutereignissen eine Entlastung zu schaffen; denn wir müssen davon ausgehen: Nicht immer verläuft es so glimpflich. Wir können ja nicht die Altmärker zu denen machen, die die „Hunde beißen“, die die Letzten sind.

Aber auch die Frage der Länder übergreifenden Vereinbarung wird uns in jedem Fall im Ausschuss interessieren. Das Thema darf nicht in Vergessenheit geraten und sollte in seinem Gesamtverlauf auch bezüglich der Abfassung von Staatsverträgen durch das Parlament und hier insbesondere durch den Umweltausschuss begleitet werden.

Wir in der FDP-Fraktion sind der Meinung, dass es nicht sinnvoll wäre, einen eigenen Unterausschuss zu schaffen, weil das Thema die Frage der Umwelt oder der Finanzen insgesamt betrifft. Was soll der kleine Unterausschuss, der dann aus weniger Mitgliedern bestünde, dabei noch separat machen? Es würde ein Arbeitsgremium geschaffen, das vielleicht überflüssig sein könnte.

Wir haben einen Änderungsantrag zu dem vorliegenden Antrag. Wir beantragen, den Satz „Der Ausschuss für Umwelt wird gebeten zu prüfen, inwieweit die Einrichtung eines Unterausschusses für Hochwasserschutz in der fünften Wahlperiode zweckmäßig ist.“ zu streichen.

Ich glaube, man kann an dieser Stelle schon absehen, dass dies ein Unterfangen ist, das bereits im Vorfeld der Bildung der Ausschüsse beraten wurde. Wir sollten es uns deshalb schenken, ein Thema, das wichtig ist, in einen Unterausschuss abzuschieben. Hierbei, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Umweltausschuss zuständig in seiner Gesamtbetrachtung für Hochwasserereignisse und Bauereignisse. - Ich bitte Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kley. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Stadelmann

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde der Versuchung widerstehen, das Hochwasser noch einmal einzudeichen. Es ist im Grunde genommen alles Wichtige und Richtige dazu gesagt worden. Ich gebe meine Rede zu Protokoll und bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CDU)

Ich gestatte Ihnen, dass Sie die Rede zu Protokoll geben.

(Zu Protokoll:)

Die Anwohner an der Elbe wissen: Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser. Das heißt, wir müssen stets auf kommende Hochwasser gut vorbereitet sein. Dies wird möglich, wenn Hochwasserereignisse exakt analysiert und daraus die Handlungsempfehlungen zur Abwehr künftiger Hochwasser optimiert werden.

Das Hochwasserereignis von 2002 war noch in lebendiger Erinnerung, da erreichte uns in diesem Frühjahr ein Hochwasser, das den Marken des Hochwassers von 2002 gefährlich nahe kam.

Nach ersten Berechnungen ist dieses Hochwasser 2006 aber als zehnjähriges Hochwasser von der Wiederkehrdauer einzuschätzen, wo hingegen das Hochwasser 2002 als Jahrhunderthochwasser anzusehen ist. Dass die Pegelstände an verschiedenen Messstellen denen des Hochwassers 2002 teilweise sehr nahe kamen, ist die Tatsache geschuldet, dass die Deiche im Gegensatz zu dem Hochwasser 2002 durchgehend den Wassermassen standhielten.

Diesen Umstand haben wir im Wesentlichen der guten Arbeit zu verdanken, die seit dem Hochwasser 2002 in den verantwortlichen Stellen von deren Mitarbeitern geleistet wurde. Zu erwähnen sind hier insbesondere das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt und der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft. Auch in den Kommunen waren die Stäbe und Verantwortlichen wesentlich besser vorbereitet und handelten vor Ort sehr professionell. Hierfür allen Beteiligten, insbesondere der Ministerin Frau Wernicke einen ganz großen Dank.

Die Schlussfolgerung aus dem Verlauf und der Intensität des Frühjahrhochwassers 2006 muss sein, dass wir als Parlament uns dieser Problematik noch einmal annehmen und prüfen sollten, inwieweit die bisher eingeleiteten Maßnahmen ausreichend sind und wo für den systematischen Hochwasserschutz weitere Verbesserungen notwendig sind.

Es bleibt festzuhalten, dass auch in den nächsten Jahren noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden müssen, um den Hochwasserschutz zu optimieren. Zu diesem Zweck sollte die Landesregierung eine Bilanz über das Hochwasser erstellen und einen Ausblick auf zukünftige notwendige Aktivitäten für den Hochwasserschutz geben.

Weiterhin sollte vom Ausschuss für Umwelt geprüft werden, inwieweit die Weiterführung des Hochwasserausschusses der vierten Wahlperiode als Unterausschuss erforderlich sein könnte.

Wichtig ist: Der Hochwasserschutz muss dauernd eine hohe Priorität haben und darf nicht durch das Alltagsgeschehen aus dem Bewusstsein verdrängt oder gar vernachlässigt werden.

Ich bitte, dem Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zuzustimmen und zur Beratung in die genannten Ausschüsse, federführend in den Ausschuss für Umwelt, zu verweisen.

Für die Linkspartei.PDS spricht der Abgeordnete Herr Dr. Köck.

Ich will lieber versuchen, den Intentionen des Landtagspräsidenten nachzukommen, mich auf der Grundlage meiner Stichpunkte um eine Rede zu bemühen. Deswegen kann ich sie nicht zu Protokoll geben.

Es ist auch bereits gesagt worden: Die Erfahrungen aus dem Sommerhochwasser 2002 sind im Jahr 2006 berücksichtigt worden. Ich denke schon, das ist ein Erfolg des Landesbetriebes, der Kommunen, vor allen Dingen aber auch der rührigen Arbeit des Hochwasserausschusses der vergangenen Wahlperiode.

Das Winterhochwasser 2006 zeigt uns - das hat Herr Bergmann bereits thematisiert -, die extremen Hochwasser nehmen zu, die Klimaprognosen der Meteorologen scheinen doch nicht so auf tönernen Füßen zu stehen, wie man es manchmal gern hätte. Das heißt also, wir müssen uns langfristig darauf einstellen, dass man mit solchen extremen Lagen häufiger zu tun hat.

Deshalb ist neben der Sicherung der Deiche auch das Schaffen von Retentionsraum das eigentlich entscheidende Zukunftsweisende, die Renaturierung der Flüsse, damit die Geschwindigkeit des Abflusses verringert wird, die Polder steuerbar zu machen und vor allen Dingen Baurecht durchzusetzen, damit die Bebauung der Hochwassergebiete nicht weiter voranschreitet. Dazu gehört es eben auch, möglicherweise einen Golfplatz in Neugatersleben, in der Bodeniederung, nicht zu genehmigen und nicht zu versuchen, dort Sonderkonditionen zu schaffen.

Ich denke auch, dass ein Unterausschuss für Hochwasser der Problematik eigentlich nicht angemessen ist. Vielmehr geht es darum, die gesamten Einzugsgebiete im Blick zu haben, dort auch Hochwasserschutzmaßnahmen durchzusetzen. Wenn man ein solches Gremium schon einrichtet, dann würde ich einen Unterausschuss für wichtig erachten, der sich der ganzen Problematik Begleitung der Einführung und Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie widmen könnte und sollte.

Die Erfahrungen aus dem Unterausschuss Abwasser sind durchaus sehr positiv, weil man eben nicht an Themen hängt, die man durch das Parlament laufend eingebracht bekommt. Man kann sich konzentrieren. Man braucht nicht permanent nur auf Selbstbefassungsanträge zu reagieren, sondern man kann sich einen Fahrplan über die gesamte Legislaturperiode vornehmen, ihn ganz gezielt und in Ruhe abarbeiten. Insofern ist ein Unterausschuss durchaus eine Einrichtung, die Sinn machen kann, wenn man es richtig anfasst. Das wäre das, was ich zum Thema zu sagen habe. - Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Danke sehr. - Herr Bergmann, Sie haben die Möglichkeit, darauf etwas zu erwidern.

Schönen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kley, ein paar Anmerkungen zu Ihren Worten. Ich möchte mich bedan

ken. Natürlich es ist richtig, wir dürfen die anderen Flüsse wie Mulde und Saale nicht vergessen. Wir haben sicherlich einen Antrag auch immer unter Eindruck eines letzten Ereignisses. Das gehört selbstverständlich mit dazu und ist sicherlich auch im Ausschuss entsprechend zu berücksichtigen.

Kurz einen Satz zu den Entschädigungsregeln. Auch da bin ich derselben Meinung wie Sie: Es ist nicht die vorrangige Aufgabe. Aber ich habe darauf verwiesen, wir sind bei einem Besuch in Havelberg vom Bürgermeister mit einem BVG-Urteil konfrontiert worden. Man muss sich mit dieser Sache auseinander setzen, ob es sinnvoll sein kann oder nicht; auch das können wir hier ordentlich diskutieren. Es geht ja gar nicht darum, ob wir es machen oder ob wir es nicht machen, aber darüber beraten sollten wir.

Ihren Änderungsantrag vom heutigen Tage würde ich gern ablehnen wollen. Wir haben extra hineingeschrieben, der Umweltausschuss möge prüfen. Obgleich ich als Neuling mit den Gepflogenheiten hier noch nicht ganz so vertraut bin, gehe ich davon aus, das soll der Umweltausschuss prüfen und entscheiden, ob er das will oder nicht. Das müssen wir nicht hier entscheiden. Insofern, denke ich mir, sind wir aber zu 99 % auf einer Linie. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Bergmann. - Damit ist die Debatte beendet. Wir treten ein in das Abstimmungsverfahren zur Drs. Nr.5/29. Ich möchte vorausschicken, dass wir jetzt kurzfristig dem Änderungsantrag die Drucksachennummer 5/61 gegeben haben. Wir bitten aber darum, dass es vorher eingereicht wird, wenn es irgendwie geht, damit das ordnungsgemäß passieren kann, gerade wenn es um Überweisungen geht.