Dass die Erbschaftsteuer für Sachsen-Anhalt eher eine geringe Höhe hat, hat Frau Hüskens schon gesagt. Darauf will ich nicht eingehen. Richtig ist aber auch, dass die jetzt in der Diskussion stehenden Vorschläge zur Neuregelung der Erbschaftsteuer wieder von einer Fülle von Ausnahmetatbeständen geprägt sind. Omas kleines Häuschen soll steuerfrei bleiben, es geht um Freibeträge, es geht um etliche Ausnahmetatbestände, es geht um die Frage der unternehmerischen Vererbung.
All das lässt ein bürokratisches Monster erwarten, bezüglich dessen man sich, zumindest wenn man überhaupt noch eine ordnungspolitische Linie in der Steuerpolitik hat, fragen muss, ob das - ich will jetzt auf keine Bierdeckeldiskussion zurückkommen - mittelfristig in eine systematische Steuerreform, die einen ordnungspolitisch sauberen Kontext erfahren muss, führt, im Rahmen dessen man dann solche Fragen auch diskutieren kann. Im Moment ist es kein Thema.
Jetzt zur Föderalismusreform II. Meine Damen und Herren! Wettbewerbliche Elemente im Föderalismus - ein heißes Thema. Wir wissen alle, dass wir als Nehmerland eine sehr fragile und sehr gefährliche Diskussion führen, weil wir zunächst einmal Sorge haben, unsere Einnahmeperspektive bis zum Jahr 2019 zu sichern, und natürlich alles mit Argwohn betrachten, was diese gefährden könnte.
Aber, meine Damen und Herren, wir dürfen auch nicht blauäugig sein und wie der Vogel Strauß den Kopf in den Sand stecken. Die Diskussion im Bund ist eine andere. Es wird wettbewerbliche Elemente in der Föderalismusreform geben. Sie werden diskutiert werden und man muss kein Prophet sein, um zu sagen, dass wir uns rechtzeitig auf eine andere Diskussionsgrundlage einstellen müssen. Auch meine Partei hat in ihrem Grundsatzprogramm durchaus Aussagen dazu getroffen, die uns nicht immer gefallen können, die wir aber in unsere Diskussion einbeziehen sollten.
Deswegen hilft es nichts, wenn wir heute sagen: Wir beharren auf dem Status quo und dieser ist für alle Zeiten für uns gültig. Die Politik, die immer nur das Beharren auf dem Status quo zum Ziel hatte, ist nie erfolgreich gewesen, wenn man einmal in die Geschichte schaut.
Vielmehr sollten wir rechtzeitig beginnen, uns auf andere Problemlagen einzustellen. Dafür werbe ich an dieser Stelle auch. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Tullner. - Ich erteile jetzt der Abgeordneten Frau Dr. Klein für die Linkspartei.PDS das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen der FDP! Angesichts des gegenwärtig ablaufenden Hickhacks um die Erbschaftsteuer
- etwas anderes ist es nicht auf der Bundesebene - könnte man fast geneigt sein, dem Antrag der FDP-Fraktion zu folgen.
- Ich bin doch noch gar nicht fertig. - Einer will die Erbschaftsteuer ganz abschaffen, für andere ist die Erbschaftsteuer gegenwärtig Manövriermasse im Streit um die Unternehmensteuerreform. In dieser Richtung, Herr Tullner, sollen natürlich Steuern gesenkt werden - weil Sie sagten, wir könnten es uns eigentlich nicht leisten. Nur eines will gar keiner so richtig: die Erbschaftsteuer von einer Bagatellsteuer zu einer Steuer zu machen, die mehr einbringt als die Kfz-Steuer.
Trotzdem werden wir dem Antrag der FDP-Fraktion nicht folgen, denn letztlich würde mit diesem Antrag quasi doch der Wettbewerbsföderalismus voll durchgezogen werden. Aber, meine Damen und Herren, wenn man schon Wettbewerb einfordert, so sollte man wenigstens gewährleisten, dass das eigene Land keinen Schaden nimmt. Das wäre bei der Annahme Ihres Antrages letztlich aber gegeben.
Die Erbschaftsteuer wie auch die Schenkungsteuer sind Ländersteuern, aber sie gehen auch in den Länderfinanzausgleich ein. Da wir im Land Sachsen-Anhalt - Frau Dr. Hüskens hat die Zahl schon genannt - ganze 9 Millionen € Erbschaftsteuer einnehmen - die Bayern zum Beispiel nehmen 1 Milliarde € ein; das ist noch ein bisschen mehr als in Baden-Württemberg -, käme eine Länderkompetenz bei den Steuersätzen wiederum nur den reichen Ländern zugute.
Meine Damen und Herren! Eine Reform der Erbschaftsteuer ist zwingend notwendig geworden. Es wurde schon darauf verwiesen: Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1995 das massive Missverhältnis bei der Bewertung von Grundvermögen einerseits und Geldvermögen andererseits kritisiert. Nunmehr gibt es einen erneuten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und damit ist der Erbschaftsteuer, wie sie bisher gehandhabt wird, völlig der Boden entzogen.
Die Chance der anstehenden Novellierung sollte genutzt werden, der Erbschaftsteuer wieder die Funktion zurückzugeben, die sie ursprünglich einmal hatte: die fiskalische wie auch die umverteilende Funktion.
In der Bundesrepublik wurden im Jahr 2005 200 Milliarden € vererbt. Darauf wurden ganze 4 Milliarden € Steuern gezahlt. Davon hat allein Bayern eine Milliarde gekriegt, also ein Viertel. Diese 4 Milliarden € entsprechen einem Anteil am Gesamtsteueraufkommen von 0,8 %. Das ist ein Steuersatz von 0,015 %. Wie gesagt, inzwischen bringt schon die Kfz-Steuer wesentlich mehr.
Die aktuelle Ausgestaltung der Erbschaftbesteuerung erfasst also wirklich nur einen Bruchteil des anfallenden Erbvermögens. Dazu kommen - wie auch vom Bundesverfassungsgericht festgestellt - die Ungerechtigkeiten bei der Bewertung des Erbgutes.
Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie sich im Bundesrat für Regelungen zugunsten einer größeren Steuergerechtigkeit und zugunsten der Länder einsetzt. Dazu gehören für uns unter anderem die realitätsnahe Bewertung aller Vermögensarten, um die Gleichbehandlung zu erreichen, und zugleich die Sicherung angemessener Freibeträge.
Letzteres war und wird wahrscheinlich auch immer ein Streitpunkt sein; denn der eigene Standort beeinflusst natürlich auch die Anforderungen an die Höhe der Freibeträge. Habe ich in absehbarer Zeit ein größeres Erbe zu erwarten, sehe ich diese Steuer natürlich anders, als wenn ich genau weiß, dass bei meinen Verwandten nichts zu holen ist.
Die Linkspartei hat in ihrem Steuerkonzept 2005 eigene Vorschläge unterbreitet. Ein Vorschlag ist - den finde ich aufgrund der gegenwärtigen Diskussion nach wie vor gut -, statt die Erbschaftsteuer für Betriebe zehn Jahre abzusenken und den Erben dann die Steuer vollständig zu erlassen, den Freibetrag zum Beispiel auf 1 Million € zu erhöhen; denn das Argument, das auch die Bundesregierung bringt, nämlich dass die Betriebe durch die Erbschaftsteuer in den Ruin geführt würden, ist bisher nicht belegbar.
Auch eine Vereinfachung des Steuerrechts wäre notwendig. Wozu braucht man sieben Tarifklassen? Wie gesagt, hier wäre eine Reduzierung möglich.
Gleiches gilt für die Steuerklassen, die sich nach den Verwandtschaftsverhältnissen richten. Auch hier haben wir inzwischen andere Lebensverhältnisse. Zum Beispiel werden Lebenspartnerschaften gar nicht berücksichtigt. Patchwork-Familien haben andere Probleme beim Erben. Hier gibt es also eine ganze Menge zu tun. Unter Punkt 4 unseres Alternativantrages fordern wir die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Steuersätze geändert werden.
Wir halten es auch für unbedingt notwendig, einerseits eine Entlastung bei der untersten Stufe des steuerpflichtigen Erwerbs vorzunehmen, andererseits den Höchststeuersatz früher greifen zu lassen. Der Höchststeuersatz greift bei einer Höhe von 25,5 Millionen €. Ich weiß nicht, ich kenne nicht einmal jemanden, der so viel Geld hat, dass er da höchstbesteuert werden könnte. Aber das kann sich noch ändern. Vielleicht lerne ich einmal jemanden kennen.
(Heiterkeit bei der CDU, bei der SPD und auf der Regierungsbank - Herr Tullner, CDU: Das dauert dann aber lange! - Herr Kosmehl, FDP: Das kön- nen Sie doch nicht sagen!)
Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Jahren mit einem zu versteuernden Erbvermögen in Höhe von 2,2 Billionen € zu rechnen. Angesichts dessen stellt sich schon die Frage nach einer entsprechenden Ausgestaltung der Erbschaftsteuer; nicht nur wegen der sozialen Gerechtigkeit, sondern vor allem auch - das hat Herr Tullner eigentlich gesagt -, um die Länder in die Lage zu versetzen, die öffentlichen Aufgaben erfüllen zu können, da die Bundesregierung und die verschiedensten Koalitionen der Vergangenheit und auch der Gegenwart eigentlich nur dafür sorgen, dass einige wenige immer vermögender werden.
Da bietet sich die Erbschaftsteuer aber geradezu an; denn da haben wir eine Art Zugewinn, der wirklich ohne eigene Leistungen entstanden ist, nämlich einzig und allein durch das Glück und durch den Zufall der Geburt in der richtigen Familie.
Ich beantrage, beide Anträge in den Finanzausschuss zu überweisen; denn wir haben uns heute erstmals mit dem Thema befasst und es ist notwendig, dass wir uns hierzu eine Meinung bilden, damit wir, wenn der Streit im Bundesrat losgeht, entsprechend Position beziehen können. - Ich danke Ihnen.
Ganz herzlichen Dank für Ihren Beitrag, Frau Dr. Klein. - Jetzt erteile ich Frau Fischer von der Fraktion der SPD das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Das Ansinnen des Antrages der FDP-Fraktion, die Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaftsteuer in die Hoheit der Länder zu geben, lehnen wir strikt ab. Wir hätten gern den ganzen Antrag abgelehnt, aber damit war unser Koalitionspartner nicht ganz einverstanden und ich konnte ihn nicht davon überzeugen.
Nach Auffassung der SPD-Fraktion soll es bei den jetzigen Zuständigkeiten bleiben, und zwar Gesetzgebungskompetenz beim Bund - damit beim Bundestag und auch beim Bundesrat - und Aufkommen aus der Erbschaftsteuer bei den Ländern. Damit sind Steuersatz und Bemessungsgrenzen einheitlich für alle Bürgerinnen und Bürger in allen Bundesländern geregelt, gleich wo man wohnt oder lebt.
Es wundert mich, wie die FDP-Fraktion auf die Idee kommen kann, dass sich unsere Landesregierung ernsthaft für die Länderkompetenz in Sachen Erbschaftsteuer einsetzen soll. Wo wohnen denn die Menschen mit einem großen Vermögen, das sie vererben oder verschenken können und werden? - Nicht bei uns in Sachsen-Anhalt.
Meiner Meinung nach macht das auch fiskalisch keinen Sinn. Dazu nur drei Zahlen. Unser Landeshaushalt sieht im Einzelplan 13 für das Haushaltsjahr 2007 Einnahmen in Höhe von 9 Millionen € aus der Erbschaftsteuer vor. Bundesweit wird im Jahr 2007 mit Einnahmen in Höhe von rund 4 Milliarden € gerechnet. Durch den Länderfinanzausgleich, der die Finanzkraft der finanzschwachen Länder - wie auch unseres - durch Ausgleichsleistungen der finanzstarken Länder regelt, werden mehr als 100 Millionen € an Einnahmen in den Landeshaushalt fließen. Das sollte man auch bedenken; denn das würde uns dann auch verloren gehen.
Jetzt stellen wir uns einmal vor, jedes Bundesland erhielte eine eigene Gesetzgebungskompetenz zur Veranlagung der Erbschaftsteuer, wie es die FDP möchte. Dazu fällt mir eine kleine Episode ein. Es wurde ja auch viel gesagt von Tourismus in die Schweiz, was das Vermögen betrifft. Ich habe vor ein, zwei Jahren etwas gelesen. Das möchte ich hier ganz kurz vortragen:
Da wohnt in Zürich, also in der Schweiz, eine alte Frau - glücklich. Die Kinder kommen zu Besuch. Die Frau freut sich wie immer, weil sie ihre Kinder liebt und Familienzusammenkünfte sehr schätzt. Nun sind die Kinder da und sagen: Oma, wir haben eine Überraschung für dich. Schau doch einmal aus dem Fenster! Die Oma geht zum Fenster, und was sieht sie? - Einen Möbelwagen.
Verdutzt schaut sie die Kinder an, und die Kinder antworten: Liebe Oma, du ziehst heute um in das Kanton - was weiß ich - Zug oder so, weil wir für den Fall, du bist nicht mehr unter uns, dort keine Erbschaftsteuer zahlen müssen.
Das wäre nämlich die Folge, wenn Sie sagten: Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaftsteuer bei den Ländern.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine Episode, die, wie ich finde, die Perspektive aufzeigt, vor der auch wir in Deutschland im Fall der Verschiebung der Kompetenz für die Erbschaftsteuer auf die Länderebene stehen könnten.