Protokoll der Sitzung vom 27.04.2007

Nun, schaut man nach Rostock oder Lübeck, stellt man fest, dass natürlich auch die Privatfinanzierung derartiger Bauprojekte ihre Tücken hat. Im Vorfeld sind elementare Fragen zur Refinanzierbarkeit, zur Akzeptanz von Mautgebühren, zum zu erwartenden Verkehrsaufkommen und zum Erhalt des Biosphärenreservats Mittlere Elbe zu klären.

In unserem Ihnen vorliegenden Antrag fordern wir die Landesregierung auf, eine Untersuchung zu veranlassen, ob der Bau und vor allem der Betrieb einer Elbbrücke bei Aken privatwirtschaftlich tragfähig sein könnte. Dabei steht außer Frage, dass dabei die betroffenen Kommunen und Kreise, potenzielle Investoren und natürlich die Verkehrsministerien von Bund und Land einbezogen werden müssen. Konkret kommt es in der Untersuchung darauf an zu klären:

Erstens. Wie groß ist das Verkehrsaufkommen heute und welches Verkehrsaufkommen ist in der Zukunft unter Berücksichtigung der neuen Kreisstruktur zu erwarten?

Zweitens. Würde eine Mautgebühr, die aller Voraussicht nach über den aktuellen Preisen für die Fähre liegen würde, von den potenziellen Nutzern überhaupt angenommen?

Drittens. Gibt es überhaupt potenzielle Investoren für ein derartiges Projekt?

Viertens. Wie lange würde die Refinanzierung dauern?

Fünftens. Welche Streckenführung kommt in Betracht? Sind Strecken denkbar, die durch die Schutzzonen 3 und 4 führen, und wären diese ökologisch zu vertreten?

Sechstens. Welche Varianten einer möglichen Mischfinanzierung sind denkbar bzw. realistisch?

Siebtens. Wie groß ist das Eigeninteresse der Kommunen und welche finanzielle Beteiligung können diese sich vorstellen?

Meine Damen und Herren! Der Minister hat eine derartige Untersuchung bereits medial angekündigt. Es kommt jetzt darauf an, diese zeitnah durchzuführen, um den Betroffenen eine Zukunftsperspektive aufzuzeigen. Sowohl die Bürger als auch die politischen Entscheidungsträger vor Ort brauchen Klarheit über die künftige Infrastruktur ihrer Heimat.

Minister Daehre verwies jedoch - dies auch völlig zu Recht - auf den Landtag. Allerdings ist es nicht der Landtag, der die entsprechenden Gelder zur Verfügung stellen muss, vielmehr sind diese Mittel aus dem Haushalt des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr erbringbar. Aber wenn nicht, Herr Minister Daehre, fragen Sie doch einmal bei Minister Hövelmann an; denn der hat es ja verbrochen. Deswegen diskutieren wir ja heute darüber.

Als der Verkehrsminister den Landtag per Zeitung um Unterstützung bat, dachten wir uns von der FDP: Dem Manne kann geholfen werden. Mit dem vorliegenden Antrag bekommt der Minister für Landesentwicklung und Verkehr einen klaren Arbeitsauftrag, den er sicherlich im Interesse aller Beteiligten auch zügig ausführen wird.

Meine Damen und Herren von der Koalition! Zu Ihrem Änderungsantrag. Der Unterschied zwischen dem Änderungsantrag und unserem Antrag besteht letztlich darin, dass erwähnt wird, dass der Verkehrsminister diese Idee schon hatte,

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

wann er sie hatte und wo er sie geäußert hat. Dagegen habe ich grundsätzlich nichts. Das ist durchaus sein Recht. Es hat den Minister allerdings auch nicht gestört, das begleitete Fahren mit 17 durchzusetzen und zu preisen, ohne zu erklären, dass es die Jungen Liberalen waren, die diese Idee für Sachsen-Anhalt hatten - aber wie auch immer.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Mit der zweiten Änderung helfen Sie dem Minister allerdings nicht. Ich denke einmal, es fällt wesentlich stärker ins Gewicht, wenn wir nicht nur sagen, dass wir es toll fänden, wenn so etwas käme, sondern wenn wir es fordern; denn so hat er, wenn er denn Hilfe im Kabinett oder gegenüber dem Finanzminister brauchte, durchaus ein recht starkes Argument zur Seite. Ich hoffe deshalb, dass Sie unserem Antrag zustimmen. - Danke.

(Zustimmung bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Wolpert. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Minister Herrn Dr. Daehre das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst noch einen Satz zu der Anwesenheit oder Nichtanwesenheit der Minister. Ich will hier noch einmal eines deutlich sagen: Alle Minister und Ministerinnen sind im Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt unterwegs. Deshalb bitte ich auch mit Blick auf die Verschiebung der Tagesordnung um Verständnis dafür, dass nicht mehr alle anwesend sind.

Ich will noch einmal deutlich sagen: Wenn die Verabschiedung einer Oberbürgermeisterin ansteht und ein Vertreter der Landesregierung - in diesem Fall ist es Kollege Bullerjahn - dort sprechen soll, dann wird hoffentlich jeder Verständnis dafür haben, dass so ein Tag entsprechend gewürdigt wird. Deshalb wollte ich das noch einmal sagen.

(Zustimmung bei der SPD und von Minister Herrn Hövelmann)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema „Brücke bei Aken“ ist nicht erst seit Wochen oder seit dem 12. April 2007 in der Diskussion, sondern seit 1990, seit der Aufstellung des ersten Bundesverkehrswegeplans. Wir müssen konstatieren, dass diese Elbquerung bei Aken nicht im vordringlichen Bedarf des Bundes enthalten ist.

Jetzt wiederholt sich regelmäßig die Diskussion, manchmal vor Wahlen, manchmal auch nicht vor Wahlen, wie es eben so ist. Immer wieder heißt es: Wir brauchen diese Brücke.

Wir wissen, dass der Bundesverkehrswegeplan frühestens im Jahr 2015 fortgeschrieben wird. Damit wir das Thema im Jahr 2009 vor der Bundestagswahl und im Jahr 2011 vor der Landtagswahl usw. nicht wieder auf der Tagesordnung haben, habe ich ganz einfach den Vorschlag unterbreitet, im Rahmen einer Machbarkeitsstudie prüfen zu lassen, ob eine Privatfinanzierung überhaupt infrage kommt.

Wenn diese Machbarkeitsstudie aussagt, dass es aus verschiedenen Gründen nicht infrage kommt, dann haben wir das Thema bis zum Jahr 2014 als erledigt zu betrachten. Dann muss man sich in der politischen Diskussion im Jahr 2013 darum bemühen, dass dieses Vorhaben in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wird, nicht mehr und nicht weniger.

Nun geht es darum - deshalb habe ich gesagt, ich brauche das Parlament -, dass das Parlament das Geld für diese Machbarkeitsstudie, die in Abstimmung mit dem Bund in Auftrag gegeben werden soll, bereitstellt. Wir haben übrigens auch eine Machbarkeitsstudie für eine Ortsumgehung in Wernigerode in Auftrag gegeben, ebenfalls in Abstimmung mit dem Bund. Denn ein entscheidender Punkt ist dabei zu berücksichtigen: Wenn die Machbarkeitsstudie ausweist, dass ein so genanntes F-Modell möglich ist, heißt das, dass sich der Bund mit 20 % an den Kosten beteiligt; 80 % der Kosten müssten dann privat finanziert werden. Das wirkt sich auf die Höhe der Maut ganz anders aus, als wenn der Bau der Brücke zu 100 % über ein PPP-Modell finanziert werden würde.

Wir wissen aber auch, dass die Zahl der Lkw und der Pkw auf dieser Strecke knapp unter 7 000 liegt. Es müssten aber etwa 15 000 sein, damit es sich rechnet. Denn eines ist auch klar: Es nützt nichts, wenn wir dort eine Elbquerung haben und die Maut so teuer wird, das keiner sie nutzt. Das muss alles einmal in Ruhe untersucht werden.

Deswegen sollten wir erst einmal aufschlüsseln, was wir selber machen können. Einiges können wir selber machen. Wir können eine Zählung in Auftrag geben usw. Dann werden wir mit dem Bund sprechen. Wir werden sehen, ob die Zahlen es überhaupt hergeben, dass wir eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Wir können

das Geld nicht einfach hinausschleudern, indem wir sagen: Wir machen eine Machbarkeitsstudie.

Das heißt, wenn Sie damit einverstanden sind, machen wir jetzt die vorbereitenden Arbeiten. Dann werden wir im Ausschuss darüber berichten. Schließlich ist die Frage, ob der Landtag diese Machbarkeitsstudie finanziert. Vielleicht können wir dieses Geld im Rahmen des Nachtragshaushaltes bereitstellen; denn hierbei reden wir nicht über Millionen, sondern wir bewegen uns in einer Größenordnung unterhalb von 100 000 €.

Das ist die Frage, Herr Kollege Wolpert. Deshalb habe ich gesagt: Der Landtag muss zustimmen. Ich gebe keine Studie in Auftrag, ohne das Hohe Haus vorher gefragt zu haben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Lachen bei der FDP)

Nein, so etwas mache ich nicht. Das ist doch keine Frage.

Das ist die Ausgangssituation. Dabei müssen wir auch berücksichtigen - das ist meine vorletzte Anmerkung -, ob nachher nicht doch Ausweichverkehre genutzt werden. Das müssen wir schnell durchrechnen. Nicht dass wir dann die Brücke dort haben und, obwohl es eigentlich kostengünstig ist, nur wenige sie nutzen.

Ob sich die Zahlen durch die Kreisgebietsreform erhöhen, Kollege Wolpert, ob die Zahl der Fahrzeuge sprunghaft steigt - ja, Sie zucken mit den Schultern -, das weiß ich auch nicht. Deshalb werden wir ganz einfach eine Verkehrszählung durchführen. Dann werden wir Ihnen das Ergebnis vortragen. Wie gesagt, ich hoffe, dass wir zu einem klaren Ergebnis kommen. Entweder kommt eine Privatfinanzierung infrage oder wir müssen bis zum Jahr 2014 und danach warten. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Ich würde mich freuen, wenn Sie dem Alternativantrag zustimmen, sodass wir im Ausschuss schrittweise über den Fortgang dieser Arbeiten berichten können und Ihnen auch darlegen können, wie wir vorgehen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister, für Ihren Beitrag. - Jetzt kommen wir zu den Debattenbeiträgen. Als erstem Debattenredner erteile ich für die SPD-Fraktion Herrn Doege das Wort. Bitte.

(Zurufe von der CDU)

- Herr Doege, es herrscht große Freude, wenn Sie kommen.

So ist es, Herr Präsident. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich natürlich sehr, dass ich heute zu einem für meine Heimatstadt so wichtigen Infrastrukturprojekt reden darf. Sie werden es mir sicherlich auch abnehmen, dass ich mich seit Jahren für die Realisierung dieses Projektes stark mache.

Nun aber zu einigen Fakten. Der Akener Stadtrat hat bereits Anfang der 90er-Jahre die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, indem eine Freihaltetrasse für eine Ortsumgehung Aken und die Elbbrücke in den Flächen

nutzungsplan aufgenommen worden sind. In das regionale Entwicklungsprogramm des damaligen RP Dessau wurde dieses Projekt ebenfalls mit den Stimmen aus der Region aufgenommen.

Seitens der Straßenbauverwaltung des Landes Sachsen-Anhalt wurde bereits in den 90er-Jahren eine Verkehrsuntersuchung durchgeführt, die den Titel „Elbübergänge zwischen der Lutherstadt Wittenberg und Schönebeck“ trug. Bereits mit dieser Studie wurde der Bedarf an einer weiteren Elbquerung in diesem Bereich nachgewiesen.

Auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag im Jahr 1997 bezüglich dieses Projektes antwortete die damalige Bundesregierung: Soweit die Fernverkehrsrelevanz gemäß § 1 des Fernstraßengesetzes für eine neue Elbquerung in diesem Raum nachgewiesen werden kann, ist eine Aufnahme im Rahmen der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes möglich.

Wie Ihnen zumindest zum Teil bekannt sein dürfte, ist dieses Projekt im Bundesverkehrswegeplan 2003 dann trotz heftiger Widerstände des damaligen Koalitionspartners Bündnis 90/Die Grünen in den weiteren Bedarf aufgenommen worden und steht mit einem Kostenvolumen von rund 50 Millionen € im weiteren Bedarf.

Ich möchte an dieser Stelle noch eines korrigieren: Es handelt sich dabei nicht nur um die Brücke, sondern um die Ortsumgehung Aken nebst Brücke und Anbindung an die Bundesstraße B 184 auf der Zerbster Seite.

Da für alle Projekte im weiteren Bedarf derzeit keine Haushaltsmittel vom Bund zur Verfügung gestellt werden, ist, wie es der Minister bereits sagte, mit einer Realisierung erst nach dem Jahr 2015 zu rechnen.

Die Überlegungen, die Brücke privat zu finanzieren, sind allerdings auch nicht neu. Der damalige Dessauer Oberbürgermeister Otto hat bereits Mitte der 90er-Jahre die regionalen Akteure zusammengerufen und über die mögliche Privatfinanzierung mit ihnen gesprochen. Ich war bei diesen Veranstaltungen auch anwesend.

Damals hatten wir die Projektverantwortlichen des Rostocker Warnow-Tunnels vor Ort. Sie haben damals dieses erste privat finanzierte Straßenbauprojekt sehr detailliert vorgestellt. Als Ergebnis der Beratungen stellte sich sehr schnell heraus, dass auch bei einer Privatfinanzierung à la Warnow-Tunnel ein Beitrag der öffentlichen Hand zumindest in der Planungsphase nötig ist, also bis klar ist, ob dieses Projekt realisierbar ist.