Ich dachte zunächst, dass sich meine Frage mit der Antwort auf die Frage von Frau Dr. Klein erledigt hätte. Aber das hat sie nicht.
Herr Paqué, würden Sie mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass es zurzeit die Unternehmen sind, die die Trennung von Markt und Staat aufheben, indem sie nämlich so niedrige Löhne zahlen, dass die Leute darauf angewiesen sind, zusätzlich Sozialleistungen zu beantragen?
Frau Dirlich, das ist nicht eine Frage des Willens, sondern das ist eine Frage der Marktbedingungen. Diese Situation haben wir.
- einen Moment -, ich bin auch nicht glücklich darüber, dass wir in Deutschland eine Situation haben, in der es einen Niedriglohnsektor geben muss, um zu einer Voll
Frau Dirlich, ich bin der Erste, der dafür plädiert, dass wir mit anderen Weichenstellungen, mit einer vernünftigen Standortpolitik, mit einer vernünftigen Bildungspolitik und mit allem, was sonst noch dazu gehört, in Zukunft dafür sorgen, dass wir diese historische Situation nicht mehr erleben und dass wir dann auch eine gleichmäßigere Einkommensverteilung in unserer Gesellschaft bekommen.
Aber wir können das heute nicht, wie Sie das wollen, mit der Brechstange erzwingen; denn dann erzeugen wir eben noch mehr Massenarbeitslosigkeit, als wir ohnehin schon haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst am 7. September 2006 haben wir auf einen Antrag der Linkspartei.PDS-Fraktion hin in einer Aktuellen Debatte über das Thema Mindestlohn diskutiert und die Positionen ausgetauscht. Die Positionen zum Thema Mindestlohn sind allen bekannt.
Auch die Linkspartei.PDS weiß, was die SPD, die CDU und die FDP zum Thema Mindestlohn zu sagen haben.
Ihnen geht es nicht darum, zum Thema Mindestlohn etwas Neues zu erfahren. Nein, Ihnen geht es schlichtweg um ein bisschen Spaß. Sie haben gesagt: Wir gönnen uns ein bisschen politischen Spaß und grillen die SPD im Landtag von Sachsen-Anhalt; dazu nehmen wir die Parteitagsbeschlüsse und Aktionen, die von der SPD auf Berliner Ebene beschlossen worden sind, und stellen sie hier zur Abstimmung. - Das ist schlichtweg das Motiv für Ihren Antrag. Das muss man auch so deutlich sagen.
Aber, Herr Gallert, wo kommen wir hin, wenn wir jetzt Parteitagsbeschlüsse in die Landtage zerren, um sie dort noch einmal von einem Gesetzgebungs- und Verfassungsorgan beschließen zu lassen? - Herr Gallert, stellen Sie sich einmal vor, wir würden Ihren Beschluss zur Fusion von PDS und WASG
hier zur Abstimmung stellen. Wie soll denn das dann ausgehen mit Ihnen? - Dann muss ich mir jetzt langsam Sorgen machen.
Ich sage es Ihnen ganz klar - bleiben Sie einmal ganz ruhig; seien Sie nicht so aufgeregt -: Ich würde für die Fusion stimmen. Ich gönne Ihnen den Lafontaine. Ich finde, den haben Sie verdient.
Aber ich sage Ihnen ganz klar: Das ist keine gute Taktik; das ist schon gar keine Strategie. Diese Ihre Strategie wird im Landtag von Sachsen-Anhalt nicht aufgehen. Aber wenn Sie jetzt Politik von der Berliner Ebene in den Landtag von Sachsen-Anhalt ziehen,
dann müssen Sie sich selbst auch der Gesamtpolitik der PDS stellen, auch der Politik, die die PDS in Berlin betreibt.
Sie wettern hier im Landtag gegen schlechte Bezahlung, Sie wettern gegen Ausgründungen, Sie wettern gegen die Umstrukturierung von Unternehmen und gegen vieles andere mehr.
In Berlin regieren Sie munter mit. In Berlin beschließt die Linkspartei.PDS Tarifflucht. Das Land Berlin steigt aus dem Tarifvertrag der Länder aus. Sie beschließen in Berlin Tarife, in denen die wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden auf 40 Stunden erhöht wird, in denen das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld gestrichen werden, Beispiel Charité. Sie beschließen zugunsten von Privatisierungen munter drauflos, mehr als in jedem CDU-geführten Land in Deutschland.
- Das streiten Sie ab? Die städtischen Wasserbetriebe wurden zur Berliner Wasser Holding AG; die Privatisierung ist abgeschlossen. Die Privatisierung der Messe in Berlin - beschlossen. Der Verkauf der landeseigenen Gewerbesiedlungsgesellschaft GSG an die Orco Group - beschlossen usw. usf.
Teilprivatisierung im Strafvollzug, Verkauf des Krankenhauswesens an die Firma Vivantes GmbH - abgeschlossen.
(Beifall bei der CDU - Frau Bull, Linkspartei.PDS: Was ist denn das für eine Firma? - Weitere Zu- rufe von der Linkspartei.PDS)
- Ich merke ganz deutlich, dass es Sie betrifft. Sie kommen von der Palme gar nicht mehr herunter. Aber Sie müssen sich dieser Wahrheit stellen.
Der Beschluss, den der Wirtschaftssenator Wolf, PDS, getroffen hat, bedeutet im Fall Vivantes: 2 000 Vollstellen und 500 Azubi-Stellen gestrichen, bis 2008 noch einmal 1 800 Vollstellen plus Azubi-Stellen gestrichen usw. usf. - Das ist die Doppelzüngigkeit der PDS. Das muss man auch einmal deutlich sagen.
Ich will in Bezug auf den Mindestlohn nur noch auf ein Argument eingehen, weil es bereits ein paar Mal vorgebracht wurde und der Wirtschaftsminister ausführlich dazu Stellung genommen hat. Wenn Sie jetzt sagen, selbst in den USA gibt es einen Mindestlohn, in Frankreich gibt es einen Mindestlohn, überall gibt es einen Mindestlohn, dann vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Nun könnte man sagen, Sie sind nicht gut vorbereitet. Aber Herr Gallert,
Neulich haben Sie gefordert: Guckt doch einmal in die USA, die haben Mindestlöhne. - Klar, die USA haben einen Mindestlohn von 5,15 $.
- Ja, sie haben jetzt um einen Cent erhöht. Das kann ja sein. Sie zahlen dort 5 $ und ein paar Zerquetschte.
Aber wollen wir das in Deutschland einführen? Wir können ja das amerikanische Wirtschaftsmodell einführen. Ich als CDU-Mann bin strikt dagegen. Ich bin nicht nur gegen die sonstigen Rahmenbedingungen, die auch bekannt sind. Menschen mit Behinderung, Vollzeitstudenten, Jugendliche unter 20 Jahren und Arbeitnehmer mit einem Trinkgeld von mehr als 30 $ im Monat kriegen noch nicht einmal diesen Mindestlohn. Die kriegen nicht die gesetzlich festgeschriebenen 5 $ und ein paar Zerquetschte, sondern nur 2,13 $. Wenn wir uns die sonstigen Rahmenbedingungen bis hin zum Kündigungsschutz ansehen, dann stellen wir fest: Das ist nicht das Gesellschaftsmodell, das wir wollen.
Nehmen wir das Beispiel Frankreich. Wenn Sie sich die Mindestlöhne ansehen, die dort beschlossen worden sind, dann müssen Sie auch die gesamten Rahmenbedingungen sehen. Das weiß jeder Gewerkschafter. Weil das so ist, durften Frau Rogée, die in diesem Bereich viel zu gut Bescheid weiß, oder Ihr Wirtschaftsexperte Dr. Thiel wahrscheinlich nicht sprechen, sondern es hat Herr Gallert gesprochen.
Bei den Mindestlöhnen, die hier besprochen werden, sind die Lohnnebenkosten nicht hinzugerechnet worden, also die Aufteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es sind Bruttolöhne, auf die, anders als in Deutschland, nichts Bedeutendes weiter draufgesattelt wird.