Protokoll der Sitzung vom 14.06.2007

Unabhängig von der Steuerschätzung kann durch einen Übertrag höherer Gewinne aus Veräußerungserlösen auch die Zukunftsstiftung des Landes um weitere 10 Millionen € aufgestockt werden. Sie hat damit ein Vermögen von 23 Millionen €. Das war noch zu bemerken.

Ich habe noch einen dritten Punkt: die Investitionen. Dazu finde ich die Diskussion schon sehr merkwürdig. Zum einen wird laufend beklagt, dass zu wenig getan wird oder getan werden kann. Dann werden in den Nachtragshaushalt noch Mittel eingestellt. Das ist auch wieder nicht recht. Für Baumaßnahmen unter anderem im Zu

sammenhang mit Strukturveränderungen sollen 15 Millionen € zur Verfügung stehen. Richtig: Der Bauminister Herr Daehre wird uns erklären müssen - ich weiß, er will das auch tun -, wie und für welche Maßnahmen die Gelder im Jahr 2007 noch abfließen. Denn das ist wichtig.

Auch Innenminister Hövelmann wird uns in den Ausschüssen darlegen, wie die 15 Millionen €, die zur investiven Nutzung bei Gemeindezusammenschlüssen vorgesehen sind, den Gemeinden zweckgebunden zukommen können.

Es ist gut, dass wir Anreize geben können, die es den Gemeinden erleichtern, für Investitionen zu sorgen, wenn sie sich im Zuge der Gemeindegebietsreform zusammentun. Auch daran kann ich nichts Unlauteres finden.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Dass die Mittel nicht für alles reichen können, ist das eine. Aber ohne die Steuermehreinnahmen wären überhaupt keine Anreize möglich, die die Gemeinden in irgendeiner Art und Weise unterstützen könnten. Ich will hinzufügen: Es soll zweckgebunden für Investitionen sein; die Gelder sollen nicht in die laufenden Haushalte einfließen, um Defizite im Verwaltungshaushalt auszugleichen oder zu decken. Das ist uns sehr wichtig, denn zum Ausgleich dieser Defizite des gemeindlichen Haushalts - das wissen Sie alle - sind 15 Millionen € ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie sollen dafür nicht gedacht sein.

Frau Fischer, möchten Sie eine Frage von Frau Hüskens beantworten?

Am Ende bitte. Ich bin nämlich gleich am Ende meiner Rede.

Zum Schluss nur noch eine Bitte: Wir alle wollen, dass der Nachtragshaushalt, mit dem die Steuermehreinnahmen haushaltstechnisch eingestellt werden, in der nächsten Plenarsitzung, nämlich im Juli dieses Jahres, in der zweiten Lesung verabschiedet wird, damit die Gelder vor allem für die Investitionen noch in diesem Jahr rasch ihrer Verwendung zufließen können.

(Zustimmung von Minister Herrn Dr. Daehre)

Das bedeutet, es gibt nur 14 Tage Zeit für die mitberatenden Ausschüsse, die Frau Dr. Klein genannt hat: Verkehrsausschuss, Innen- und Umweltausschuss. Ich glaube, die Zeit müsste ausreichen, um die Beschlüsse herbeizuführen. Ich denke, das ist zu leisten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Und nun Ihre Frage, Frau Dr. Hüskens.

Frau Fischer, Ihnen ist schon klar, dass eine Gemeinde, wenn sie in ihrem Haushalt Defizite hat, von der Kom

munalaufsicht die Investitionen nicht genehmigt bekommt? Sie werden demzufolge, wenn Sie 10 Millionen € von den 15 Millionen € für Investitionen zur Verfügung stellen, quasi nur die Gemeinden erreichen können, die ausreichend Geld haben. Das führt wahrscheinlich zu ähnlichen Entwicklungen wie die, auf die ich vorhin hingewiesen habe. Wir haben einmal ein Komm-InvestProgramm gemacht und haben Nachfolgeprogramme sein lassen, weil das Programm nur die Gemeinden nutzen konnten, die wirtschaftlich stark waren. Das heißt, Sie helfen nicht denjenigen, denen Sie helfen müssten, sondern werfen denen, die es ohnehin finanzieren könnten, Geld hinterher.

Nein, Frau Dr. Hüskens, genau das ist nicht gemeint. Ich sagte ja, der Innenminister wird uns das in den Ausschüssen erklären. Es soll für alle Gemeinden, die einen Zusammenschluss durchführen, möglich sein. Es gibt Modelle, die dazu vorgestellt werden, die wir im Ausschuss diskutieren werden.

Ich habe noch eine Nachfrage. Das wird dann auch rechtssicher sein? Ich habe in letzter Zeit schon ein paar Mal gehört, dass der Innenminister etwas erklären wird oder Briefe schreibt oder sonst etwas macht. Die Kommunalaufsicht in diesem Land hält sich nach wie vor an Recht und Gesetz. Ich muss gestehen: Ich sehe im Augenblick keine Möglichkeit, wie der Innenminister uns erklären kann, dass die Kommunalaufsicht zukünftig einer Gemeinde, die keinen konsolidierten Haushalt hat, genehmigen wird, Investitionen zu tätigen, nur weil er das möchte.

Ich gehe davon aus, dass die Vorlagen, die dann kommen werden, rechtssicher sind. Dazu habe ich volles Vertrauen.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Damit ist die Debatte abgeschlossen.

Die Vorsitzende des Finanzausschusses hat beantragt, den Entwurf des Nachtragshaushalts zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss - das dürfte unstrittig sein - und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Inneres, für Landesentwicklung und Verkehr sowie für Umwelt zu überweisen. Gibt es weitere Überweisungswünsche oder Anträge? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir insgesamt darüber ab. Wer stimmt zu? - Das sind offensichtlich alle. Damit ist das so beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 2 ist beendet.

Wir haben, gemessen an der Zeitplanung, nur acht Minuten Rückstand. Das sollten wir an der Mittagspause einsparen.

(Zurufe: Oh! Nein!)

Wir setzen unsere Beratungen wie vorgesehen um 14.15 Uhr fort.

Unterbrechung: 13.29 Uhr.

Wiederbeginn: 14.18 Uhr.

Meine Damen und Herren! Wir sind schon wieder drei Minuten über die vereinbarte Zeit hinaus. Wir setzen die Sitzung fort.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Fragestunde - Drs. 5/691

Insgesamt liegen sechs Kleine Anfragen vor.

Ich rufe die Frage 1 auf. Die Fragestellerin ist die Abgeordnete Frau Gudrun Tiedge von der Linkspartei.PDS. Es geht um registrierte rechtsextremistische Straftaten im Bereich der Polizeidirektion Dessau. Bitte, Frau Tiedge.

Herr Präsident! Meine wenigen Damen und Herren! Im Ranking der registrierten Straftaten der Polizeidirektionen des Landes Sachsen-Anhalt, bei denen eine rechtsextreme Motivation zugrunde liegt, ist die Polizeidirektion Dessau innerhalb eines Jahres von Platz 3 im Jahr 2004 auf Platz 1 im Jahr 2005 aufgerückt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat sich der oben genannte Trend auch im Jahr 2006 sowie in den ersten Monaten des Jahres 2007 fortgesetzt und wie viele rechtsextremistische Straftaten wurden 2006 sowie bis einschließlich Mai 2007 im Bereich der Polizeidirektion Dessau registriert? Bitte für 2006 und 2007 getrennt aufschlüsseln.

2. Worin sieht die Landesregierung die Ursachen für diese hohe Steigerungsrate im Bereich der Polizeidirektion Dessau?

Vielen Dank. - Für die Landesregierung antwortet der Minister des Innern Holger Hövelmann. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Tiedge namens der Landesregierung wie folgt.

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Im Jahr 2005 war im gesamten Bundesgebiet ein neuerliches Erstarken der rechtsextremistischen Szene zu registrieren. Dies hat im Bundesgebiet - hier waren es plus 3 310 rechtsextremistische Straftaten - und auch in Sachsen-Anhalt zu einem deutlichen Anstieg rechtsextremistischer Straftaten - hier um 359 Delikte - geführt. In Sachsen-Anhalt wurde in allen Polizeidirektionen eine Zunahme rechtsextremistischer Straftaten registriert. Die Polizeidirektion Dessau rückte bei einer Betrachtung der absoluten Zahlen von Platz 3 im Jahr 2004 auf Platz 1 im Jahr 2005 - plus 97 Delikte - auf. Der Anstieg der Zahl rechtsextremistischer Straftaten in der Polizeidirektion Dessau in 2005 war dabei vornehmlich auf eine Steigerung bei den Propagandadelikten um 84 von den insgesamt 97 zusätzlichen Delikten zurückzuführen.

Nun zu den Fragen.

Zu 1: Der Anstieg rechtsextremistischer Straftaten hat sich im Jahr 2006 in Sachsen-Anhalt mit 1 198 Straf

taten - in 2005 waren es 1 100; dies ist eine Steigerung um 98 - und im Bereich der Polizeidirektion Dessau mit 381 Straftaten - in 2005 waren dies 238, also eine Steigerung um 143 Delikte - im Vergleich zu 2005 fortgesetzt. In der Polizeidirektion Dessau überwogen dabei wiederum die Propagandadelikte mit einer nochmaligen Steigerung um 109 auf 279 Straftaten.

In den Monaten Januar bis Mai 2007 ist in SachsenAnhalt, vorbehaltlich der abschließenden Bewertung und Erfassung, mit 160 Straftaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 413 Straftaten ein deutlicher Rückgang erfasster rechtsextremistischer Delikte, nämlich um 253, zu verzeichnen. Für die Polizeidirektion Dessau ergibt sich mit 51 Straftaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 118 Delikten, also minus 67, eine vergleichbare Entwicklung.

Zu 2: Die Ursachen sind ebenso vielfältig wie die Faktoren, die in den vergangenen Jahren zu einem Erstarken der rechten Szene geführt haben. Vor dem Hintergrund sich ständig ändernder Einflüsse handelt es sich im Folgenden daher um eine beispielhafte Aufzählung verschiedenster Einflussfaktoren.

So haben Veranstaltungen und versammlungsrechtliche Aktivitäten und Ansammlungen unter Beteiligung von Personen des rechten Spektrums und in diesem Zusammenhang das häufigere Feststellen von Straftaten während und im Umfeld von solchen Ereignissen zur vermehrten Aufnahme von Straftaten geführt. Die steigende Anzahl von politisch motivierten Straftaten resultiert zudem in einem hohem Maße aus der Intensivierung der Beobachtung der rechten Szene und einer konsequenten Reaktion auf die in diesem Zusammenhang festgestellten Straftaten.

Die kontinuierliche und intensive Befassung mit dem Thema Rechtsextremismus sowie die initiierten vielfältigen Aufklärungskampagnen haben zu einer hohen Sensibilisierung sowohl der Bevölkerung als auch der Polizei geführt. Es werden mehr Straftaten angezeigt und es werden mehr Straftaten durch die Polizei aufgedeckt. Konkret bedeutet dies, dass verstärkt auch das Dunkelfeld aufgehellt wird. Als Folge dieser Aktivitäten nahm insbesondere die Zahl der so genannten Propagandadelikte zu.

Das Einrichten von Sonderkommissionen und Ermittlungsgruppen mit einer täterorientierten Ermittlungsarbeit, wie zum Beispiel im Bereich Köthen wegen der Übergriffe auf ausländische Studenten und Belästigungen von ausländischen Studenten durch Rechte oder im Bereich Kemberg wegen Körperverletzung zum Nachteil eines Jugendlichen und Auseinandersetzungen zwischen linker und rechter Szene, führte zu einer vermehrten Feststellung von zusätzlichen, bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannten Straftaten im Umfeld dieser Ereignisse.

Von der Behördenleitung der Polizeidirektion Dessau wurde ferner im Jahr 2004 eine Projektgruppe „Netzwerk Staatsschutz“ eingerichtet und im April 2005 die staatsschutzrelevante Bearbeitung von Vorgängen im Fachkommissariat Staatsschutz und in den Polizeirevieren der Polizeidirektion Dessau neu strukturiert.

In den Polizeirevieren wurde der Ansprechpartner Staatsschutz für Aufgaben im Staatsschutzbereich zusätzlich von weiteren anderen polizeilichen Aufgaben freigestellt. Im April 2005 wurde das Fachkommissariat Staatsschutz in ein Sachgebiet Gefahrenabwehr, Informationsbeschaf

fung und Auswertung und in ein Sachgebiet Vorgangsbearbeitung umorganisiert sowie personell verstärkt. Es ist eine Verstärkung um zwei Beamte vorgenommen worden. Die Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden und anderen Partnern wurde intensiviert, was zu einer weiteren Sensibilisierung geführt hat.

Diese zusätzlichen Maßnahmen im Bereich der Polizeidirektion Dessau führten zu vermehrten Meldungen von Staatsschutzdelikten, insbesondere von Propagandadelikten, wie ich anhand der Zahlen dargestellt habe.