Protokoll der Sitzung vom 13.07.2007

(Zustimmung bei der LINKEN)

Selbstverständlich muss das dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich Erlaubte nicht zugleich das politische Gewollte sein. Ich begrüße, dass Ministerin Frau Dr. Kuppe für konkrete Schritte zur Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften im Rahmen des Möglichen eintritt. Es sind bereits einige landesrechtliche Regelungen geändert worden, wie auch die Antwort der Landesregierung an Frau Kollegin Bull zeigt.

Im Rahmen der Föderalismusreform ist die Gesetzgebungszuständigkeit für die Besoldung und die Versorgung von Beamten und Richtern auf die Länder übergegangen. Von daher ist es richtig, dass die Fraktion DIE LINKE heute insbesondere die rechtlichen Regelungen zur Gleichstellung von verpartnerten Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern zum Thema macht.

Da die Länder diese neue Zuständigkeit erst seit dem 1. September 2006 haben, halte ich es für durchaus sachgerecht, wenn die Landesregierung vor einer Änderung dieses Rechtsgebietes eine Abstimmung mit dem Bund und den anderen Ländern herbeizuführen versucht. Wir sollten aber nicht abwarten, bis alle oder die meisten anderen Bundesländer mit der vollen Gleichstellung verpartnerter Staatsdiener einverstanden sind.

(Zustimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Das zeigt schon das eingangs erwähnte Klageverfahren der drei Freistaaten. Aus gutem Grund darf man auch anders als andere Bundesländer entscheiden. Als Sozialdemokrat plädiere ich für den Weg hin zur vollen Gleichstellung von verpartnerten mit verheirateten Menschen.

Ich schlage vor, dass wir in Bezug auf die Überweisung des Antrages dem Vorschlag des Kollegen Scheurell folgen und den Antrag zur federführenden Beratung in den Innenausschuss sowie zur Mitberatung in den Sozialausschuss und in den Finanzausschuss überweisen. Frau Bull, ich hoffe, Sie können damit leben, dass wir den Antrag nicht in den Ausschuss für Recht und Verfassung überweisen möchten. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Abgeordneter Rothe. - Frau Bull, Sie haben die Möglichkeit zu erwidern. - Das möchten Sie nicht mehr. Damit können wir die Debatte abschließen.

Wir treten in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/742 ein. Einer Überweisung an sich stand nichts im Wege. Es ist beantragt worden, den Antrag zur federführenden Beratung in den Innenausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Widerspruch? Muss ich darüber gesondert abstimmen lassen? - Das ist nicht der Fall. Zur Mitberatung

soll der Antrag in den Sozialausschuss und in den Finanzausschuss überwiesen werden. Gibt es dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.

Dann werden wir jetzt beschließen. Wer damit einverstanden ist, dass die Drs. 5/742 zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Soziales und für Finanzen überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Das ist nicht der Fall. Somit ist der Antrag in der Drs. 5/742 in die genannten Ausschüsse überwiesen worden. Wir können den Tagesordnungspunkt 24 beenden.

Meine Damen und Herren! Die letzten beiden Anträge für heute müssen wir noch beraten. Es ist doch schön, dass wir, da wir so lange zusammen sind, ab und zu einmal lachen können. Das finde ich sehr angenehm.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Beratung

Krankenhausplanung

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/744

Alternativantrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/781

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/797

Die Einbringerin ist die Abgeordnete Frau Grimm-Benne von der SPD-Fraktion. Anschließend erhält die Landesregierung das Wort, sofern sie das möchte. Danach folgen die Debattenbeiträge. - Sie haben das Wort, Frau Grimm-Benne.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Als gesundheitspolitische Sprecherin ist es mir ein Bedürfnis, bevor ich mit meinem Redebeitrag beginne, Folgendes zu sagen: Es ist der letzte Debattenbeitrag. Den Rücken noch einmal entspannen! Tief durchatmen! Danach geht es in eine etwas längere plenumsfreie Zeit, sodass wir auch den letzten Debattenbeitrag gut über die Runden bringen.

Bevor ich auf den Inhalt des Antrages der Koalitionsfraktionen eingehe, möchte ich vorab ein paar allgemeine Erläuterungen zur Finanzierung der Krankenhäuser geben. Die Krankenkassen bezahlen die Leistungen, die in den Krankenhäusern erbracht werden. Die Länder sind für die Krankenhausplanung und die daraus resultierende Verpflichtung zur Finanzierung der Investitionskosten zuständig. Die Krankenhausplanung bezieht sich nicht auf die in den Krankenhäusern erbrachten Leistungen; das ist also Sache der Vertragsparteien. Das Land hat den Rahmen dafür zu schaffen, dass die Krankenhäuser ihre Leistungen erbringen können. Im Rahmen dieser Planung wird über die jeweiligen Standorte und über die jeweiligen Fachgebiete entschieden.

Mit der Änderung unseres Krankenhausgesetzes im Jahr 2005 wurde die Planung von einer reinen Kapazitätsplanung, also Bettenplanung, auf eine leistungsorientierte Planung umgestellt. Das Ziel ist es - das ist es auch heute -, ein bedarfsgerechtes, funktional abge

stimmtes Netz einander ergänzender Krankenhäuser für die stationäre Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Wir meinen, in der Realität ist das Ziel noch nicht erreicht.

Nun zu unserem Antrag. Schon im Entwurf, als unsere beiden Fraktionen noch in der Abstimmung waren, ist dieser Antrag bei der Krankenhausgesellschaft gelandet, die natürlich reflexartig darauf reagiert hat. Selbst einzelne Bundestagsabgeordnete blieben nicht verschont. Über den Stil des Schreibens der Krankenhausgesellschaft will ich lieber schweigen.

Nach allseits bekannten Äußerungen hat das prognostizierte Chaos auch gleich Wirkung gezeigt, wie wir das an dem Änderungsantrag der LINKEN sehen.

Doch worum geht es eigentlich? - In unserem Antrag geht es nicht um eine Bewertung der Arbeit des Planungsausschusses. Die Vertreter der Krankenhausgesellschaft, der Kassen, der kommunalen Spitzenverbände und des Ministeriums für Gesundheit und Soziales haben den Krankenhausplan 2007 sicherlich nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet. Unter der Maßgabe der Anwendung der Rahmenkriterien wurde die bestehende Krankenhausstruktur einer, soweit dies möglich war, objektiven Prüfung unterzogen, wie in den Vorjahren auch. Doch ist unser Antrag damit nicht überflüssig, auch wenn einzelne Lobbyisten in den letzten Tagen versucht haben, dies den Abgeordneten mit Vehemenz einzureden.

Die unaufgeforderte Abgabe dieser Stellungnahmen ist rein interessengeleitet. Was denn sonst? Dass sie nicht nur irreführend, sondern zum Teil auch falsch sind, das nur nebenbei. Aber wir Abgeordneten, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden hier niemandem, weder auf der einen noch auf der anderen Seite, auf den Leim gehen. Wir haben den Blick auf das ganze Land zu richten und auf eine qualitativ sichergestellte und zukunftsfähige stationäre Versorgung.

Ich kann Sie alle beruhigen: Es ist mitnichten so, dass, wenn der Krankenhausplan - der Krankenhausplanungsausschuss tagt in der nächsten Woche am Montag - am 16. Juli 2007 nicht verabschiedet wird, ein Stillstand der Rechtspflege eintreten würde, wie die Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft weismachen will.

Die Entgeltverhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Kassen erfolgen auf der Basis des existierenden Krankenhausplanes. Eine Reihe von Verhandlungen ist bereits abgeschlossen und damit unter Dach und Fach.

Also: Worum geht es eigentlich? - Es dreht sich alles um die Frage, wie die Gesundheitsversorgung, vor allem die stationäre, unter den gegebenen Bedingungen und Entwicklungen in Sachsen-Anhalt in Zukunft aussehen soll, gerade jetzt auch vor dem Hintergrund der Kreisgebietsreform.

Mit einer Quasi-Fortschreibung des letzten Krankenhausplanes kommen wir nicht weiter. Ich meine, es bleibt auch nicht die Zeit, bis zu der Aufstellung des nächsten Krankenhausplanes zu warten, wie es DIE LINKE in ihrem Antrag fordert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft wird das eigentliche Problem der Planung in Sachsen-Anhalt für alle sichtbar. Die Krankenhäuser haben sich mit den Rahmenvor

gaben arrangiert, aber mit der Verpflichtung zur konkreten Leistungs- und Qualitätsvereinbarung mit den Krankenkassen tun sie sich schwer. Das Gleiche gilt im Übrigen auch für einzelne Krankenkassen.

Von den 50 Krankenhäusern im Land haben erst 22 diese Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen abgeschlossen. In den Fällen, in denen es noch nicht zu einer Einigung gekommen ist, enthalten solche Vereinbarungen nämlich auch Leistungsausschlüsse. Eine große Zahl der Krankenhäuser ist derzeit nicht bereit, sich einerseits auf konkrete Leistungen festzulegen und andererseits Leistungsausschlüsse vertraglich zu untersetzen.

Viele Krankenhäuser wollen sich für eine langfristige Sicherung des eigenen Standortes zukünftig alle Leistungsangebote offen halten. So werden parallel Fachabteilungen installiert, Spezialisten abgeworben, die dann ihre Leistungen an einem neuen Standort anbieten, wie zum Beispiel am Marienstift Magdeburg, das eine vierte chirurgische Abteilung in Magdeburg installiert.

Das Städtische Klinikum plant zum Beispiel die Einrichtung einer Strahlentherapie, obwohl die im stationären Bereich notwendigen Leistungen vom Universitätsklinikum vollständig abgesichert werden.

Obwohl es in Magdeburg bereits ein neurologisches Rehabilitationszentrum als Spezialeinrichtung gibt, wollen die Pfeifferschen Stiftungen und das Städtische Klinikum Abteilungen im Bereich der neurologischen Frührehabilitation einrichten.

Das sind alles nur Beispiele aus Magdeburg. Ich denke, meine Damen und Herren Kollegen, überall im Land läst sich Ähnliches feststellen. Ich meine, die Krankenhäuser rüsten sozusagen auf.

Das rheinisch-westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hat Anfang des Jahres 2007 eine Studie veröffentlicht, wonach schon heute jedes fünfte Krankenhaus bundesweit von einer Schließung bedroht ist. Bis zum Jahr 2020 könnten rund 45 % der Kliniken vom Markt verschwinden.

Zwar wirtschaften die Krankenhäuser in den östlichen Bundesländern im Vergleich zu den westdeutschen besser, aber die neuen Bundesländer sind insbesondere von einem Schrumpfen der Bevölkerung und der öffentlichen Mittel betroffen. Die Umstellung auf einheitliche Fallpauschalen ab dem Jahr 2009 wird den finanziellen Druck noch steigern.

Der Geschäftsführer des größten Klinikkonzerns Asklepios meint, dass bereits ab dem Jahr 2009 15 bis 20 % der Krankenhäuser verschwinden würden. - Wir haben also keine Zeit mehr zu verlieren.

Das Land mit seiner Planungshoheit muss auch das Ziel vorgeben, wie die Krankenhauslandschaft demnächst aussehen soll. Dass kann in dem einen oder anderen Fall eine schwere Entscheidung sein, aber wir kommen nicht um sie herum. Jetzt ist noch die Zeit, Fusionen und Umwidmungen voranzutreiben.

Wir wissen sehr gut, dass bei der Aufstellung des Krankenhausplans Kriterien wie die Bevölkerungsentwicklung, die Mobilität oder die Infrastruktur berücksichtigt wurden. Die Frage bleibt aber, ob sie präzise genug formuliert sind. Übereinstimmung besteht, denke ich, bei allen darüber, dass die Rahmenvorgaben weiterentwickelt werden müssen.

Klare Regelungen werden gebraucht, die die Leistungsabgrenzungen zwischen den einzelnen Krankenhäusern handhabbar und umsetzbar machen. Es muss möglich sein, Doppelvorhaltungen zu vermeiden. Bestimmte Leistungen, die in einem Krankenhaus erbracht werden, muss der Nachbar nicht auch noch vorhalten. Dafür sind Kriterien für eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung und eine zukunftsfähige Gestaltung der Krankenhauslandschaft zu erarbeiten.

Wir brauchen eine Krankenhausplanung, die auch leistungsrechtliche Konsequenzen hat. Mir ist bekannt, dass im Krankenhausplanungsausschuss 29 Krankenhäuser Anträge auf Leistungsausweitung oder zusätzliche Kapazitäten gestellt haben. Es gibt nicht einen einzigen Antrag zur Abgabe von Leistungen an ein Nachbarkrankenhaus im Sinne einer Vernetzung der Versorgung. Es wird also lediglich ein Wettbewerb um den einzelnen Patienten angeheizt.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! In diesem Jahr sind für die Krankenhäuser Investitionskosten in Höhe von 91 586 300 € vorgesehen - eine Menge Geld, die wir im Parlament beschlossen haben. Ich denke, es ist unser aller Anliegen, dass dieses Geld nachhaltig eingesetzt wird und in eine Krankhausstruktur fließt, die den vielfältigen zukünftigen Anforderungen gerecht wird.

Niemand hat uns bisher eine Antwort auf die Frage geben können, warum in Sachsen-Anhalt zur Finanzierung des Krankenhausbereiches laut Statistischem Bundesamt pro Kopf jährlich bis zu 133 € mehr ausgegeben werden als in den anderen neuen Bundesländern. Das macht insgesamt Mehrausgaben in Höhe von bis zu 320 Millionen € jährlich aus.

Soll das in den nächsten Jahren ernsthaft so bleiben, weil wir über den Landeshaushalt von dieser Belastung möglicherweise nur einen verschwindend geringen Teil finanzieren? Ist es egal, ob Steuer-, Gebühren- und Beitragszahler hierdurch zusätzlich finanziell belastet werden? - Ich bin der festen Überzeugung: Das kann niemandem von uns egal sein.

Es geht um die Frage, wie wir die landespolitische Zielsetzung hinsichtlich der Zukunftsfähigkeit, der Konsolidierung, der Wettbewerbsfähigkeit und der Positionierung im Vergleich mit den anderen Bundesländern auch im Bereich der Sozialpolitik und konkret bei der Gestaltung der Krankenhausstrukturen festlegen.

Dies muss so bald wie möglich erfolgen, und zwar mit dem nächsten Krankenhausplan. Es reicht nicht, wenn wir uns erst in ein, zwei Jahren damit beschäftigen. Deshalb dieser Antrag und deshalb dieser Antrag zum jetzigen Zeitpunkt. Ich bitte um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.