Protokoll der Sitzung vom 12.10.2007

Sofern die Landesregierung bei ihrer Entscheidung bleibt, die sie im Bundesrat getroffen hat, dann sollten wir als Parlament als Begründung nicht durchgehen lassen, dass der Bereich Besoldung, Laufbahn und Versorgung durch die Föderalismusreform in Gänze in die Hand der Länder gegeben worden wäre.

Wenn das die rechtliche Begründung unseres Landes sein soll, muss man eindeutig hervorheben: In der Anhörung im Innenausschuss des Bundestages haben die Experten sehr unterschiedliche Positionen zu dieser Frage vertreten. Von allen Experten gab es den generellen Hinweis, dass man nachbessern müsse, was das gesamte Statusrecht betrifft. Die Mehrzahl der Experten sprach sich eindeutig dafür aus, dass der Statusbegriff im Interesse der Mobilität so weit gefasst werden sollte, dass man zumindest Grundsätze im Versorgungsbereich und speziell in der Versorgungsteilungsregelung beibehalten sollte.

Die Sache ist noch nicht ausgestanden. Im März hat die Anhörung im Innenausschuss stattgefunden. Ich habe mich aktuell noch einmal erkundigt: Im Moment ist noch nicht klar, wann sich der Bundestag weiter damit befasst.

Wir alle sollten unsere Fraktionen dazu auffordern, den § 20 im eigenen und im Landesinteresse beizubehalten, um uns keinerlei Risiko auszusetzen. Alles andere wäre zu risikobehaftet. Für unser Land gibt es in keiner Weise ein Interesse daran, dieses Risiko tragen zu müssen.

Deshalb bitte ich Sie sehr darum, nicht zuzulassen, dass der Antrag abgelehnt wird, nur weil man meint, das hätte die Föderalismusreform ein für allemal für uns geregelt. Ich bitte darum, dass diesem Antrag zugestimmt wird.

Die Zeit drängt wirklich, weil keiner weiß, wann es im Innenausschuss des Bundestages verhandelt wird. Man muss sich auch positionieren. Wenn tatsächlich eine Variante gewählt wird, bei der der Antrag in den Ausschuss überwiesen werden soll, dann bitte ich Sie darum, dass der Antrag im Innenausschuss und im Finanzausschuss relativ schnell auf die Tagesordnung kommt. Da gehört das Thema nämlich auch hin.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Bevor wir die Beiträge der Fraktionen hören, erteile ich Herrn Minister Bullerjahn das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Paschke, die Erwartungshaltung, die Sie aufgebaut haben, kann ich jetzt nur unterlaufen. Sie haben aber fairerweise am Ende auch gesagt, dass es da unterschiedliche Meinungen gibt. Es ist im Landtag auch nicht fremd, dass Fachausschüsse manchmal etwas beschließen, was aufgrund von bestimmten anderen politischen Maßstäben dann noch einmal überdacht wird.

Ich weiß, dass die Entscheidungen, die die Föderalismusreform I bringt, nicht unbedingt für die Ewigkeit sein werden. Ich weiß auch, dass es da Debatten gab. Ich war gestern Nachmittag in Vertretung des Ministerpräsidenten in einem Ausschuss der Föderalismusreform II. Die Ansichten - Herr Professor Paqué war auch anwesend - zwischen den Ländervertretern und den Bundesvertretern, zwischen den Flächenländern und den Stadtstaaten sowie zwischen den großen westdeutschen Ländern und den ostdeutschen Ländern klaffen zu bestimmten Sachen so weit auseinander - - Ich kann sogar manches nachvollziehen, was sie sagen. Aber das wird politisch, wenn man es vielleicht nicht nur auf die A- oder die B-Seite herunterzieht, sondern auf bestimmte Landesregierungen, die sich dann in einer Meinung zusammenfinden, eben ganz anders gesehen.

Ganz verrückt wird es gerade bei solchen juristischen Punkten, wenn es unter den Juristen unterschiedlich gesehen wird. Dann gibt es bestimmte Meinungen, die dann wieder eingesammelt werden. Es gibt zum Teil auch sehr diametrale Voten der Ausschüsse, weil in diesen immer wieder Juristen - selbst bei den Finanzministern - maßgeblich an der Beschlussempfehlung mitwirken. Insofern ist es aber richtig, dass Sie das Thema aufgeworfen haben. Sie hinterfragen natürlich unsere Meinung. Die will ich gern hier noch einmal erläutern.

Ich denke, Sie haben auch zu Recht gesagt - das will ich vorwegnehmen -, dass es dazu eine Ausschussberatung geben muss, in der darüber vielleicht noch einmal dezidierter diskutiert wird. Das sollten wir auch nicht so lange hinausschieben. Ich habe mich bei der Befassung mit dem Antrag auch erst einmal schlau gemacht, dass das Verfahren noch in der Diskussion ist. Die Länder waren - das ist wie beim Ladenschlussgesetz und bei den Nichtraucherschutzgesetzen - froh oder weniger froh darüber, dass sie die Zuständigkeit haben. Aber sobald wir sie hatten, hat man versucht, sich abzustimmen.

Ich denke übrigens, der Staatsvertrag ist ein zutiefst demokratisches Mittel. Das sollten wir nicht in Abrede stellen. Es sollte nicht der Eindruck entstehen, dass es nur noch Verbrüderungen hinter irgendwelchen Türen gäbe und demokratisch wäre alles außen vor.

Dass das praktisch manchmal schwierig ist, weiß ich selbst. Aber, Frau Dr. Paschke, das kann ich auch nicht auflösen. Selbst in der SPD - ich verrate da keine Interna - gibt es zum Thema Föderalismusreform I sehr unterschiedliche Auffassungen. Das geht bei der Bildung los und hört bei der Frage auf, wohin der Wettbewerbsföderalismus führen soll oder ob man nicht lieber den sozialen Bundesstaat zur Grundlage machen soll. Ich will Ihnen aus meiner ganz bescheidenen Sicht eines

Sozialdemokraten kundtun, dass das bei uns nicht ausdiskutiert ist.

Jetzt zum Thema selbst. Die Föderalismusreform I hat die Gesetzgebungszuständigkeit zwischen dem Bund und den Ländern gerade im Bereich des Beamtenrechts völlig neu geregelt. Sie haben vielleicht gemerkt, dass wir, weil wir wichtigere Themen haben, das noch nicht angefasst haben.

Einige Länder wollten sofort loslegen, zum Beispiel Baden-Württemberg. Sie haben dann im Prozess des Gesetzgebungsverfahrens intern sehr schnell gemerkt, dass es so einfach dann doch nicht ist. Ich sehe das für uns auch nicht als vordringlich an. Wir haben andere Themen wie zum Beispiel die Rückführung der Neuverschuldung gehabt. Aber auch wir werden uns demnächst dieser Sache stellen müssen.

Die vormalige Zuständigkeit des Bundes für die Besoldung und Versorgung - das ist das, was Sie anders sehen - der Landesbeamten ist auf die Länder übergegangen. Der Bund ist nur noch für das Statusrecht der Beamtinnen und Beamten zuständig, wozu das Versorgungsrecht nicht gehört. Das bedeutet im Klartext, dass die bisherige Regelung zur Versorgungslastenteilung in § 107b des Beamtenversorgungsgesetzes künftig einer bundesgesetzlichen Regelung entzogen ist. Das gilt insbesondere auch für etwaige Nachfolgeregelungen, wie sie der Bund zunächst in § 20 des Entwurfs des Beamtenstatusgesetzes vorgesehen hat.

Demzufolge hat der Bundesrat im Dezember 2006 zu Recht mehrheitlich eine Streichung des § 20 im Entwurf des Beamtenstatusgesetzes beschlossen. Die Argumente für eine Beibehaltung des § 20 im Entwurf des Beamtenstatusgesetzes tragen nicht. Sie ignorieren insbesondere die mit der Föderalismusreform beabsichtigte Intention, dass bis auf das Beamtenstatusrecht, wozu das Versorgungsrecht - ich habe es gesagt - nicht gehört, alle beamtenrechtlichen Regelungen ausschließlich Sache der Länder sind. Man muss das nicht gut finden. Aber bei der Endabstimmung im Bundesrat wurde dieser Interpretation mehrheitlich zugestimmt.

Vor diesem Hintergrund hilft es nicht, auf der Beibehaltung zu beharren und damit juristisch höchst angreifbare Rechtspositionen wie der Landesrechnungshof und die Fraktion DIE LINKE mit ihrem Vorschlag einzunehmen, die jedenfalls aus unserer Sicht in dieser Diskussion nicht zu halten sind. Es hilft auch nicht, sozusagen über juristische Krücken, zum Beispiel im Hinblick auf die Versetzung von Beamten, eine vermeintliche Verbindung zum Statusrecht herzustellen. Dies hilft insbesondere deshalb nicht, weil jetzt schon klar ist, dass es im Bundesrat - ich bitte darum, das zu beachten - keine Mehrheiten für einen anderen Antrag geben wird. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Die Landesregierung bleibt daher bei Ihrer Auffassung. Sie sieht aber auch, dass die Versorgungslastenteilung einer Regelung zwischen den Ländern untereinander und dem Bund bedarf. Über deren mögliche Ausgestaltung wird derzeit zwischen den Ländern und dem Bund in dem dafür zuständigen Arbeitskreis diskutiert. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor. Die Erörterung wird wegen der Komplexität der zu regelnden Materie auch noch geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Eines möchte ich deswegen noch klarstellen: Die bisherige Regelung zur Versorgungslastenteilung - § 107b des Beamtenversorgungsgesetzes - gilt also weiter, so

lange die Länder dies nicht ändern. Eine Änderung wird allerdings - ich habe es gerade gesagt - in einem kurzen Zeitraum nicht möglich sein.

Ich will gern zugestehen, dass wir uns in den Ausschüssen demnächst intensiv über das Verfahren und über das, was zu den weiteren Verhandlungen zwischen den Ländern und dem Bund angedacht ist, ausführlich verständigen. Ich bitte Sie auch, unsere Stellungnahme zu dem genannten Beitrag im Jahresbericht 2007 des Landesrechnungshofes abzuwarten. Auch wenn Sie das vielleicht nicht zufrieden stellt, danke ich trotzdem für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. Möchten Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten?

Von Herrn Gallert, zum Versorgungsrecht?

Eigentlich nicht.

Eigentlich nicht.

Ich muss noch einmal eine Frage stellen. Also es gibt diese bundeseinheitliche Regelung, die für uns außerordentlich gut und für die westdeutschen Bundesländer außerordentlich schlecht ist, weil sie die Beamten, die sie uns herübergegeben haben, im Versorgungsstatus anteilmäßig mitbezahlen müssen.

Jetzt gibt es eine rechtliche Perspektive des Bundestages. Die besagt, man kann das weiter so machen. Die Fachausschüsse des Bundesrates sagen, man kann diese für uns günstige Regelung auch rechtlich weiter so machen. Dann kommt drei Tage vor der Abstimmung Bayern und hat rechtliche Bedenken, die uns sozusagen in eine risikobeladene Situation bringen, was die Einnahmen anbelangt, und wir sagen, ja, weil Bayern meint, dass es rechtliche Bedenken gibt, stimmen wir dem zu und lehnen die Bundeskompetenz ab.

Wenn die Juristen sich quer durch die Bank streiten, warum nehmen wir dann nicht die juristische Meinung, die für uns günstiger ist, sondern die juristische Meinung, die für uns schlechter ist?

In meinem zweiten Leben werde ich Jurist und lasse mich dann auf diese Frage ein. Jetzt tut aber bitte keiner im Parlament so, als wenn es dazu eine abschließende Meinung gäbe. Ich habe das im Finanzausschuss des Bundesrates - wie gesagt, da sitzen mehr Juristen als Finanzpolitiker; Sie kennen das, Herr Professor Paqué - selbst beobachtet, nicht mit der Verve, wie es vielleicht im Innenausschuss der Fall war.

Es gab dann - da will ich es hinlenken und auch nicht schönreden - am Ende politische Gründe. Es gab eine Mehrheit, nachdem einige Länder klar gesagt haben,

dass das im Bundesrat nicht zu dem Ergebnis kommen wird, wie es sich vielleicht einige hätten vorstellen können. Es gab aber auch - das will ich auch noch einmal sagen, ohne es selbst bewerten zu können - maßgebliche Meinungen, die besagten, das sehen wir gerade aus Landessicht bei uns. Denn es gibt vielleicht sogar interessensgeleitet dann auch bei den Juristen des Bundestages bestimmte Absichten, wie es sie auch manchmal bei den Juristen mancher Landesregierungen gibt. Das muss nicht immer ein und dieselbe Meinung sein.

Möchten Sie weitere Fragen beantworten?

Frau Dr. Paschke, das finde ich jetzt unfair.

Von Frau Dr. Klein zum Beispiel, dann von Frau Dr. Paschke.

Ich biete ausdrücklich die Ausschussberatungen an.

Zunächst eine kurze Bemerkung. Es wird also wieder freiwillig auf Geld verzichtet, das wir haben könnten; denn wie sollen Staatsverträge mit 15 Bundesländern - noch sind wir so viele - aussehen, die für jeden einzelnen Fall diese Versorgungsfragen regeln? Gibt es schon eine zeitliche Vorstellung? Wann soll das Gesetz überhaupt in Kraft treten?

Dann müsste sofort eine Staatsvertragslösung gefunden werden. Oder soll es Übergangsregelungen geben? Jetzt ist das Geld noch im Haushaltsplanentwurf veranschlagt. Aber es wäre zumindest für den Haushaltsplan 2010/2011 wahrscheinlich nicht mehr vorhanden.

Es ist klar, dass es so lange gilt, bis es eine andere Regelung gibt. Insofern brennt dort nichts an. Es gibt auch keinen zeitlichen Rahmen. Es mag für Sie, was ich verstehe, ein Argument sein, das Sie nicht mitragen können. Gestern - Professor Paqué müsste es auch gehört haben - war eines der wesentlichsten Argumente für bestimmte Länder, mit der Föderalismusreform I die Möglichkeit geschaffen zu haben, beim Personal eigene Wege zu gehen. Das schließt die Versorgungsleistung ein. Das war für einige viel wichtiger als die Frage, für die Bereiche Nichtraucher oder Bildung etwas zu bekommen.

Aufgrund der Haushaltssituation war es ihnen wichtig, die Zuständigkeit sowohl aktiv als auch passiv für das Personal zu bekommen und diesen Bereich selbständig regeln zu können. Es hat für viele Länder, gerade für die westdeutschen Länder, einen sehr hohen Stellenwert, weil das ihre einzige Stellschraube ist, bestimmten Entwicklungen im Finanzbereich etwas entgegenzusetzen. Das hat für diese Länder einen hohen Stellenwert und das muss ich zur Kenntnis nehmen. Dafür haben sich bestimmte Mehrheiten gefunden, die auch juristisch - für mich plausibel - Argumente haben, das letztlich durchzusetzen.

Es gibt die dritte Ebene - ich habe es offen angesprochen -, die dann klar sagt: Es wird innerhalb der Länderfamilie im Bundesrat keine Mehrheit mehr geben, die eine andere Lösung unterstützen wird, weil sie - damit schließt sich der Kreis - diese Zuständigkeit wirklich haben wollen. Es gibt aber auch Länder, die sagen, dass es diesen Wettlauf so nicht geben wird - damit sind wir bei der Diskussion über den Wettbewerbsföderalismus -, sie wollen das aber aus verschiedenen Gründen, aus ihrer Grundhaltung heraus selbst machen. Sie sagen, wenn wir das nicht hinbekommen, dann können wir uns die gesamte Föderalismusdebatte sparen.

Ich teile diese Meinung nicht unbedingt, aber sie ist für mich nachvollziehbar. Nun muss man sehen. Deshalb bleibe ich dabei: Ich glaube, dass manches, was jetzt auch bezüglich des Bildungsbereiches beschlossen wurde, nicht bis in alle Ewigkeit beschlossen bleiben wird.

Jetzt Frau Dr. Paschke, bitte.

Ich bin nicht unfair, weil ich noch eine Frage stelle. - Ich sitze nun nicht jeden Tag im Bundesrat und kenne auch nicht dessen Verhandlungsweise. Wenn der Antrag erst drei Tage vorher eingegangen ist, wie geht man dann im Land mit einer solchen Kurzfristigkeit um? Bekommt diesen Antrag dann federführend die Staatskanzlei?

Von Staatsminister Robra kennen wir die Auffassung zum Dienstrecht. Er war davon auch nicht begeistert, dass das übertragen wurde. Er plädierte immer sehr für Einheitlichkeit.

Ging nun dieser Antrag zuerst in die Staatskanzlei oder ging er in das zuständige Referat, in dem die Position vorbereitet wurde, und geht er danach in den Bundesrat, und Sie stimmen dort so, wie es Ihre Beamten vorbereitet haben?

Sehr wichtige Dinge werden im Bundesrat manchmal in der Nacht davor entschieden, weil sich am Vorabend Gremien treffen, die nicht unmaßgeblich das vorbereiten, was am nächsten Tag Gesetz werden soll.

War das in diesem Fall auch so?