Natürlich wissen wir, dass sich auch der Bundesrat in jüngster Zeit mit dieser Thematik befasst. Wir begrüßen und unterstützen es ausdrücklich, dass unsere Landesregierung dieser Initiative als erstes ostdeutsches Bundesland beigegetreten ist.
Wir wollen mit unserem Antrag jedoch unabhängig von den Überlegungen auf der Bundesebene nach Möglichkeiten im eigenen Lande suchen, damit wir im Rahmen der geltenden Gesetzlichkeiten zu besseren Teilnahmequoten gelangen. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode haben wir über dieses Thema nicht nur diskutiert, sondern wir haben uns darüber auch informiert.
Es ist jetzt an der Zeit, dass wir diesen Antrag einbringen. Wir glauben, dass wir dieses Ziel durch eine Rege
lung, die für alle Kinder die Pflicht zur Vorlage eines Nachweises über die altersentsprechend erfolgten Vorsorgeuntersuchungen bei Aufnahme in eine staatlich geförderte Kindertageseinrichtung festschreibt, erreichen können. Diesen Weg haben CDU und SPD nun in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben.
Für die Eltern, die für ihre Kinder ohnehin den notwendigen Nachweis über die Krippen- und Kindertagesstättentauglichkeit beibringen müssen, wäre es sicherlich kein großer Zeitaufwand, sich dies gleich mit bescheinigen zu lassen. Dafür braucht man sicherlich keine gesonderte Bescheinigung. Auf dem bisherigen Formular könnte man eine Zeile mit dem entsprechenden Vermerk einfügen. Das wäre sicherlich kein großer Bürokratieaufwand. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es unnötig viel Geld kostet, wenn man dies bei der Vorsorgeuntersuchung beim Arzt gleich mit erledigt.
Es hat mich auch gewundert, dass du heute gar nicht gesprochen hast. Gern beantworte ich dir die Frage am Ende.
Ich komme auf den Antrag zurück. Wir haben auch festgestellt, dass neben der Vernachlässigung bei der Inanspruchnahme der so genannten U-Untersuchungen auch verstärkt Impflücken bestehen. Dies ist insbesondere bei älteren Kindern der Fall. Wer weiß schon, dass in Deutschland mehr Menschen ums Leben kommen, weil sie Impflücken haben, als es Verkehrstote gibt? Diese Frage muss man einmal in den Raum stellen. Die Forderung der PDS nach einer Impfpflicht halte ich in gewissen Bereichen für interessant.
Um an dieser Stelle etwas zu tun, wollen wir, dass sich die Landesregierung mit den Krankenkassen, den Gesundheitsämtern sowie mit den Kinderärztinnen und Kinderärzten über die Möglichkeit des Angebots von Schutzimpfungen in Kindertagesstätten verständigt. Ich denke, das kann geprüft werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen nicht nur darüber reden, wir wollen, dass die Regierung jetzt auch tätig wird. Deshalb brauchen wir auch nicht vorab eine Diskussion im Ausschuss zu führen. Ich denke, dass wir uns, wenn die Regierung aufgrund unseres Antrages tätig wird, im Ausschuss darüber berichten lassen können. Man kann im Ausschuss auch die Punkte aufgreifen, die die FDP in ihrem Antrag festgeschrieben hat. Den Alternativantrag an sich wollen wir ablehnen.
Zu guter Letzt etwas zum Änderungsantrag der Linkspartei.PDS. Ich denke, er ist überflüssig. Meine Vorredner haben das bereits deutlich gemacht. Wir haben in keiner Weise zu erkennen gegeben, dass wir mit unserer Regelung den Kindern den Rechtsanspruch entziehen wollten; das ist nicht unsere Intention. Deshalb werden wir auch Ihren Änderungsantrag ablehnen.
Wir haben unseren Änderungsantrag bewusst gestellt. Ich bin froh, dass Sie alle deutlich klarstellen, dass der Rechtsanspruch nicht eingeschränkt wird. Uns ist natürlich klar gewesen, dass er durch eine Verordnung nicht eingeschränkt werden kann; dies ist lediglich durch eine Gesetzesänderung, also durch eine Änderung des Kinderförderungsgesetzes, möglich und dann auch nur für Kinder bis zu drei Jahren.
Für mich stellt sich aber dennoch die Frage - Ihre Koalitionspartnerin und auch Sie haben diese in Ihrer Rede nicht beantwortet -: Was passiert mit den Eltern, die diese Bescheinigung nicht abgeben?
Ich möchte diese Diskussion nicht negativ betrachten, aber ich betrachte die Kreativität der Kommunen sehr nüchtern. Ich frage mich tatsächlich, was vor Ort geschehen wird, wenn das nicht vorgelegt wird. Welche Handhabung geben Sie an dieser Stelle den Kommunen? Was schlagen Sie vor, wie mit diesen Fällen umgegangen werden wird?
Unser Antrag soll aufklären, auch vor Ort. Die Eltern sollen wissen - ich hoffe, dass uns die Medien dabei helfen, wenn sie über die Debatte berichten -, dass wir in staatlich geförderten Einrichtungen zukünftig, wenn die Bescheinigung über die Vorsorgeuntersuchungen nicht beigebracht werden kann, den Zeigefinger erheben und sagen werden: Liebe Eltern, so geht es nicht!
Sicherlich reicht Ihnen diese Antwort nicht aus. Aber wenn wir eine öffentliche Debatte darüber anstoßen - das wollen wir ja -, wie wir mit dem Wohl unserer Kinder umgehen und wie der Staat Hilfe leisten kann, wenn Eltern von sich aus nicht in der Lage sind, ihren Pflichten nachzukommen - wenn Eltern Kinder in die Welt setzen, haben sie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten; dessen muss man sich bewusst sein -,
dann glaube ich schon, dass wir damit die Eltern zumindest wachrütteln und sie auch ein Stück weit disziplinieren können. Das soll ein Ansatz sein.
Sicherlich soll das nicht dazu führen, dass wir ihnen den Rechtsanspruch entziehen. Aber man kann zumindest den Finger erheben und ein wenig drohen und sagen: Liebe Eltern, denkt an eure Verantwortung, bringt das bitte bei. Dann können wir am Ende unsere Kinder in den Einrichtungen gemeinsam erziehen, bilden und fördern. - Danke.
Vielen Dank, Herr Kurze. Es gibt ein weiteres Frageersuchen. Diesmal kommt es von Herrn Kosmehl. Möchten Sie antworten? - Bitte schön, Herr Kosmehl, fragen Sie.
Herr Kollege Kurze, da auch Sie für die Annahme Ihres Antrages plädiert haben, der keine Berichtspflicht im Ausschuss vorsieht, möchte ich Ihnen gern noch eine Frage stellen.
Sie sprachen von Impflücken. Vielleicht können Sie spezifizieren, welche Impfarten gemeint sind, in den es Lücken gibt, wie groß die Lücken sind und welche Altersgruppe speziell davon betroffen ist. Wenn Sie das im Ausschuss nicht diskutieren wollen, können Sie das vielleicht im Landtag erklären.
Lieber Kollege Kosmehl, ich glaube, wir wollen unsere Kollegen heute nicht damit strapazieren, dass wir hier sämtliche Impfarten vortragen und sämtliche Zahlen nennen. Dafür haben wir Ausschüsse, in denen wir das tun können.
Wenn Sie genau zugehört haben, wissen Sie, dass ich am Ende meiner Rede gesagt habe: Wir setzen voraus, dass die Landesregierung über ihr Vorgehen im Ausschuss berichten wird. Ich denke schon, dass die Punkte, die Sie in Ihrem Alternativantrag formuliert haben, bei der Berichterstattung dann auch eine Rolle spielen werden.
Zu den Impflücken will ich ein Beispiel nennen: Tetanus, Wundstarrkrampf. Das ist ein Problem, das nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene beschäftigt. Tetanus ist nicht heilbar. Diesbezüglich besteht in Deutschland eine sehr große Impflücke, die letztlich immer wieder Todesfälle zur Folge hat.
Für diejenigen, die sich damit noch nicht so genau auskennen, sei Folgendes gesagt: Zuerst wird über den Überweisungsantrag abgestimmt. Wenn er eine Mehrheit bekommt, sind alle Papiere vom Tisch und werden im Ausschuss weiter beraten. Wenn das nicht der Fall ist, wird zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS entschieden. Wenn dieser eine Mehrheit bekommt, ist der Ursprungsantrag entsprechend geändert und es wird über die geänderte Fassung abgestimmt. Wenn der Antrag in geänderter oder nicht geänderter Fassung eine Mehrheit findet, ist der Alternativantrag erledigt. Nur wenn der Ursprungsantrag keine Mehrheit findet, wird über den Alternativantrag abgestimmt. - Das nur zum Verfahren.
Wir kommen also zunächst zu dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS und der FDP-Fraktion auf Überweisung aller Anträge in den Sozialausschuss. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Das ist die Mehrheit. Damit ist die Überweisung abgelehnt worden.
Jetzt stimmen wir über den Änderungsantrag der Linkspartei.PDS ab. Wer stimmt zu? - Das ist die beantragende Fraktion. Wer stimmt dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden. Enthaltungen? - Die FDP-Fraktion. Das ändert am Ergebnis jedoch nichts.
Jetzt stimmen wir über den nicht geänderten ursprünglichen Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD ab.
Wer stimmt zu? - Das sind die beantragenden Fraktionen und die Fraktion der Linkspartei.PDS. Wer stimmt dagegen? - Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich angenommen worden.
Einbringerin dieses Antrages ist die Abgeordnete Frau Birke Bull von der Linkspartei.PDS. Es ist eine Fünfminutendebatte vereinbart worden. Ich gebe jetzt Frau Bull das Wort. Bitte schön.
Meine Damen und Herren! Die Eckregelsätze sind im Sozialrecht quasi das Maß aller Dinge - das Maß dessen, woran sich eine nationalstaatlich geregelte Grundsicherung orientiert. Sie haben unmittelbar Einfluss auf das Arbeitslosengeld II, auf das Sozialgeld, auf die Sozialhilfe, auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, auf den Grund- und den Kinderfreibetrag in der Einkommensteuer und anderes mehr. Sie sagen zugleich aus, was Menschen an soziokultureller Teilhabe zugestanden wird, und zwar denen, die, aus welchen Gründen auch immer, keiner Erwerbsarbeit nachgehen können, entweder weil keine Arbeit vorhanden ist oder weil sie nicht erwerbsfähig sind. Etwa sechs bis sieben Millionen Menschen sind unmittelbar davon betroffen.
Mittelbar wirkt sich der Regelsatz auf den Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz, auf die Pfändungsfreigrenzen gemäß der Zivilprozessordnung und auf das Asylbewerberleistungsgesetz aus.
Aus der Sicht der Sozialpolitik geht es also nicht nur um die Höhe eines Geldbetrages. Höhe und Bedingungen des Regelsatzes der Sozialhilfe oder des Sozialrechts für ein Anrecht, im SGB II, im SGB XII oder sonst wo, sagen etwas aus über die Philosophie und über die Ziele der sozialen Sicherungssysteme eines Landes, aber auch - das will ich auch ganz klar sagen - über das Menschenbild, das dahinter vorausgesetzt wird.
Wir werden mit Sicherheit noch ausreichend Gelegenheit dazu haben, darüber zu streiten. Ich will mich deshalb heute auf die Frage beschränken, die derzeit - gelinde gesagt - die Gemüter erhitzt, das ist die Frage der Auskömmlichkeit der Regelsätze, und zwar generell.