Aufgrund dessen könnte ich mich nun hinstellen und sagen: Was wollen Sie eigentlich? - Es war doch alles nicht so schlimm, im Prinzip bedeutungs- und folgenlos. Aber genau das habe ich weder in der Vergangenheit getan, noch werde ich es heute tun; denn die IM-Tätigkeit war der größte Fehler meines Lebens. Niemand, der wie ich so etwas getan hat, kann von sich behaupten, niemandem geschadet zu haben; denn ein IM hatte keinen Einfluss darauf, was mit seinen Informationen geschah. Aber diese meine Haltung kennen Sie alle bereits seit Jahren.
Nun wirft man mir meine staatsanwaltschaftliche Tätigkeit vor. Man zitiert ausgerechnet und ausschließlich einen Satz aus dem Fernsehbeitrag der Sendung „Report München“, von einem Sender, für den der Kalte Krieg noch nicht beendet ist.
Ja, ich stehe zu diesem Satz, aber ich stehe zu allen Sätzen, die ich in diesem einstündigen Interview gesagt habe. Ich habe unter anderem erklärt, dass die DDR kein Unrechtsstaat war, aber Unrecht geschehen ist.
Das größte Unrecht war das politische Strafrecht. In keiner Gesellschaft ist das politische Strafrecht ein legitimes Mittel, um den Willen nach politischen und gesellschaftlichen Veränderungen „wegzustrafen“. Dieses Unrecht lässt sich weder rückgängig noch ungeschehen machen.
Ja, ich war daran beteiligt. Aber im Wissen um sämtliche Verfahren, die ich in diesem Bereich bearbeitet habe, haben ein Überprüfungsausschuss und das Justizministerium entschieden, dass ich auch weiterhin als Staatsanwältin in der BRD tätig sein kann. Muss ich nun ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bereuen, dass ich Staatsanwältin geworden bin?
Meine Fraktionskolleginnen und -kollegen und ich praktizieren dies seit Jahren. Ich frage mich aber schon: Warum hauptsächlich nur wir?
Bemerkenswert ist Ihre Selbstgefälligkeit, mit der Sie sich hinstellen, als hätten Sie mit dem, was in der DDR geschah, überhaupt nichts zu tun, als hätten Sie keine Verantwortung getragen.
Nun werde ich nicht mit gleichen Elle zurückschlagen und Einzelnen ihre Vergangenheit vorwerfen. Das ist mir persönlich einfach zuwider. Natürlich ist es persönlich einfacher, zu verdrängen und mit dem Finger auf andere zu zeigen und sich scheinbar von jeglicher Verantwortung frei zu machen. Menschlich ist es vielleicht verständlich, aber politisch ist es mehr als fragwürdig und für die Zukunft auch nicht durchhaltbar.
Sie wollen eine ganze Gruppe von Menschen, die zu ihrer Verantwortung in der DDR stehen, ausgrenzen und pauschal abstrafen.
Wissen Sie was: Ich habe ein halbes Jahr lang Sachen über mich ergehen lassen, die weit unter die Gürtellinie gingen.
Blinder Hass, wie er mir teilweise von den Vertretern der Opferverbände für den Zeitraum nach 1945 entgegenschlug, ist völlig ungeeignet, ein aufrichtiges Erinnern zu ermöglichen. Denn Hass polarisiert und schafft neues Unrecht.
Ich habe mich dafür entschieden, einen anderen Weg zu gehen. Ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie das honorieren bzw. akzeptieren - denn sonst würden Sie mit Ihren eigenen Argumenten nicht mehr zu Rande kom
men -; ich erwarte aber doch, dass Sie das respektieren. Ich kann erwarten, dass man mir meinen Weg des Umgangs abnimmt, diesen nicht ständig infrage stellt oder sogar verfälscht.
Eines, Herr Scharf, lasse ich mir nicht bieten: dass man mich mit einem NS-Verbrecher auf eine Stufe stellt.
Im Wissen um all das wurde ich von Ihnen allen in den Stiftungsrat gewählt. Ich werde bei dem Gesetzesvorhaben nicht verlieren. Aber verlieren wird die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land und die Glaubwürdigkeit des Gesetzgebers.
Meine Damen und Herren, Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass ich in Bezug auf die Redezeit recht großzügig verfahren bin.
Es ist beantragt worden, diesen Gesetzentwurf in den Innenausschuss zu überweisen. Darüber stimmen wir jetzt ab. Wer stimmt zu? - Die Antragsteller und die FDP. Wer stimmt dagegen? - DIE LINKE stimmt dagegen. Dann ist die Überweisung mehrheitlich beschlossen worden und der Tagesordnungspunkt 16 ist beendet.
Wir haben zunächst Damen und Herren der Sozialen Stadt- und Landentwicklungsgesellschaft Magdeburg zu begrüßen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gesellschaftlich sicher nicht so wichtig, aber eine teure Angelegenheit.
Meine Damen und Herren! Ich habe natürlich viel Verständnis dafür, wenn die einen oder anderen den Saal verlassen, aber bitte sprechen Sie dabei nicht, um den anderen nicht die Möglichkeit zu nehmen zuzuhören.
Ich kenne solche Situationen auch. Ich möchte trotzdem versuchen, dieses Thema sachlich herüberzubringen, weil es mein Anliegen ist.
Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Entwurf eines Gesetzes über die Steuerschwankungsreserve des Landes Sachsen-Anhalt vor. Ich habe mich schon darüber gewundert, dass der Ältestenrat beschlossen hat, darüber keine Diskussion vorzusehen. Wie ich mitbekommen haben, wollen alle Fraktionen eine Diskussion darüber führen und diese auch sehr vehement führen. Das habe ich eigentlich auch erwartet.
Ich versuche, die mir schon bekannten Argumente einzubauen; diese sind auch nicht so neu. Da ich die Steuerschwankungsreserve schon mehrfach erwähnt habe, dürfte eigentlich niemand völlig überrascht sein, egal wie er dazu steht. Das Projekt der Steuerschwankungsreserve ist ein zentrales Vorhaben der Finanzpolitik und es wurde von mir schon mehrfach erwähnt.
Die Finanzpolitik - auch das wurde schon öfter angesprochen - ruht auf drei Säulen. Die erste Säule ist die Konsolidierung des Landeshaushaltes. Diese Zielsetzung wird mit dem Entwurf des Doppelhaushaltes 2008/2009, in dem keine neuen Schulden und erstmals eine Tilgung enthalten ist, denke ich, abgeräumt. Die folgenden Jahre müssen zeigen, ob man dabei bleibt, ob dieser Tilgungspfad, den wir uns vorgenommen haben, eingehalten wird.
Die Steuerschwankungsreserve ist Teil der zweiten Strategie, der Vorsorge. Sie wird im Doppelhaushalt 2010/2011 nach unseren Vorstellungen erstmals mit 50 Millionen € pro Jahr zu Buche schlagen. Vorweg geschaltet: freiwillig 25 Millionen € für das Jahr 2009.
Die dritte Säule sind die Investitionsausgaben. Hierbei wird der Doppelhaushalt - das haben Sie mitbekommen - ein hohes Niveau gewährleisten können, welches natürlich in Zukunft infrage steht. Darüber will ich heute nicht reden. Wir wollen das in der jetzt folgenden Strategiediskussion aber zum Anlass nehmen, bis spätestens zum Juli nächsten Jahres zu schauen, wo die Schwerpunkte des Landes Sachsen-Anhalt liegen, um sie vernünftig auszufinanzieren.
Ich habe das mit den Säulen auch deswegen so dargestellt, weil ich bei der Kritik an dieser Überlegung manchmal den Verdacht habe, dass die Leute zu wenig an das eigene Private denken. Dabei handelt es sich um ein Abbild des normalen Lebens. Kredite im privaten Bereich sind nicht so ungewöhnlich. Es lebt sich aber besser, wenn man keine neuen mehr aufnehmen muss. Es gibt vielleicht auch Gründe dafür, dass man keine neuen mehr aufnehmen darf. Es ist dann vernünftig, die Schulden zu tilgen. Das ist keine Erfindung von Finanzministern, sondern finanzpolitische Normalität.
Es gibt so etwas wie Versicherungen oder Fonds, um für Zeiten, die vielleicht schwerer sind oder in denen Leute durch aktive Arbeit kein Einkommen mehr erzielen, privat Vorsorge zu treffen. Dann gibt es den Bereich, den auch jeder kennt, in dem man sich überlegt, in eine Wohnung, in ein Auto oder in die Zukunft der Kinder zu investieren. Das bildete die öffentliche Hand einfach nur ab.
Ich habe versucht, das sehr exemplarisch darzustellen. Hierbei sind nicht irgendwelche Finanzminister am Werk, die alle nur noch drängen und prügeln und ärgern wollen, weil sie das Geld verstecken, sondern sie versuchen, ähnlich wie die Generationen im privaten Sektor, jetzt auch über die Wahlperiode und über einen Wirtschaftszyklus hinauszudenken. Auch das ist so neu nicht. Wer sich mit Volkswirtschaft und Finanzwissen
schaft beschäftigt, weiß, dass das schon seit Jahrhunderten gepredigt wird, aber die praktische Umsetzung gerade im öffentlichen Bereich es seit Jahrzehnten ein bisschen an Konsequenz mangeln lässt.