Sehr geehrter Herr Minister, Ihnen ist bekannt, dass die Studienanfängerzahlen in Halle über denen in der Zielvereinbarung liegen. Wie werden diese zusätzlichen Studienanfänger finanziert?
Verehrter Herr Kollege Kley, das ist tatsächlich der Fall, merkwürdigerweise nur in Halle. Das hängt aber überhaupt nicht mit dem Kostennormwertverfahren zusammen. Von den Gerichten werden vielmehr alte Ausstattungsbedingungen, die noch aus früheren Planungsperioden stammen, geltend gemacht, weshalb eine höhere Kapazität in dem System steckte, als mit diesen 185 Studienanfängern rechnerisch angesetzt wird.
Wenn Sie außerdem die Zahl der Studienanfänger mit der Zahl der Absolventen vergleichen, dann werden Sie sehen, dass sich die im günstigsten Fall wieder auf der Höhe der Zahl der Anfänger, die eigentlich geplant ist, einpegelt, teilweise sogar knapp darunter liegt, sodass in der Gesamtbilanz - die muss ich in einem budgetierten Unternehmen angucken - solche dramatischen Mehrkosten, wie Sie sie vermuten, jedenfalls aus dieser Situation nicht erwachsen können.
Vielen Dank, Herr Minister, für die Beantwortung der Frage. - Wir steigen jetzt in die Fünfminutendebatte ein. Als erster Debattenrednerin erteile ich für die SPD-Fraktion Frau Mittendorf das Wort. Bitte schön.
Vielen Dank. Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! In einer Situation wie dieser tut man gut daran, sich nicht nur auf die Haushaltsaufstellung zu beziehen, sondern tatsächlich auch einmal einen Blick auf den fachlichen Hintergrund zu werfen.
Seit Jahren - seit Jahren! - befassen sich verschiedene Gremien der Bundesländer wie die KMK oder die ZVS mit einer Ablösung des Kapazitätsberechnungsmodells nach Curricularnormwert durch das budgetbezogene Verfahren des Kostennormwertes. Der Umstieg auf dieses Verfahren ist allerdings auch heute noch umstritten.
Bereits im Jahr 2003 finden sich in einem Bericht des Ausschusses für Hochschule und Forschung der Kultusministerkonferenz kritische Aussagen im Hinblick auf die Auswirkungen des Kostennormwertverfahrens auf die Budget- und Organisationsstrukturen der Hochschulmedizin. An jeweils zehn Thesen pro und kontra Einführung dieses Verfahrens wird das diskutiert. Ich will es Ihnen und auch mir jetzt ersparen, alle Argumente vorzutragen. Es muss aber gesagt werden, dass das Kostennormwertverfahren als kapazitätsbestimmende Größe und als gesetzgeberisches Regelinstrument bis heute - der Minister hat es gesagt - bundesweit keine Akzeptanz erfährt und in den Fachgremien nicht die erforderliche Mehrheit findet.
In diesem Sinne ist es scheinbar doch nicht das Verfahren der Zukunft; denn sonst hätte man sich in der Zeit von 2003 bis 2007, fast 2008, darauf vielleicht einmal geeinigt. Auch aus diesem Grund zögert die Landesregierung offensichtlich, die im Gesetz verankerte Verordnungsermächtigung auszufüllen, was ich persönlich sogar gut verstehe.
Meine Damen und Herren! Man muss an dieser Stelle natürlich fragen, warum die damalige Koalition aus CDU und eben auch FDP bei den Beratungen über das Hochschulmedizingesetz den Übergang zu einem Kostennormwertverfahren in dem Gesetz verankert hat.
Die damalige Koalition ging scheinbar sicher davon aus, dass sich die KMK in Kürze auf die bundesweite Einführung des Kostennormwertverfahrens einigen würde. - Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, war nicht nur zu euphorisch, sondern glatt ein Irrtum.
Nun könnte ich sagen, dass die SPD-Fraktion im Jahr 2005 das Gesetz genau aus diesem Grund abgelehnt hat.
Das stimmt, aber nicht nur deshalb! SPD und CDU stehen jetzt aber gemeinsam in der Verantwortung, eine Lösung für das Problem zu finden; denn ein Problem ist es.
Bei der Betrachtung des Problems ist allerdings nicht nur § 1 Abs. 6, sondern auch § 1 Abs. 5 des Hochschulmedizingesetzes zu sehen. Diesbezüglich hat der Minister bereits auf die Zielvereinbarungen hingewiesen. Ich will das noch einmal untersetzen: Den Zielvereinbarungen liegt quasi ein dem Kostennormwertverfahren weitgehend analoges Bemessungsverfahren für diesen Zuschuss zugrunde. Die Zuschüsse sind in Grundausstattung und Ergänzungsausstattung unterteilt, wobei die
Zuschüsse so bemessen sind, dass zum Beispiel für die Uni Halle 185 Studienanfänger in der Humanmedizin und 40 in der Zahnmedizin abgesichert sind. Dazu kommen noch die bereits genannten Tarifsteigerungen. Insofern folgt man sogar grundsätzlich dem Gesetzesauftrag.
Warum bei der Umsetzung der geforderten Rechtsverordnung eine Erhöhung des Zuschusses für die Medizinische Fakultät Halle in Höhe von ca. 1,7 Millionen € erforderliche wäre, während die Zuschüsse für die Medizinische Fakultät Magdeburg nahezu konstant blieben, das muss geklärt werden. Das ist ein Problem. Uns erreichen dazu allerdings unterschiedliche Begründungen.
Im Hinblick auf die Kapazitätsermittlung gilt entsprechend einem Urteil des OVG Sachsen-Anhalt von März dieses Jahres weiterhin - auch das ist bereits gesagt worden - die hergebrachte stellenbezogene Methode der Kapazitätsermittlung nach Curricularnormwert, da das Ministerium diese Verordnung eben noch nicht verabschiedet hat. Das ist so.
Möglicherweise führt dies an der Medizinischen Fakultät Halle dazu, dass sich jedes Jahr Studenten auf einen Studienplatz einklagen und dadurch die in den Zielvereinbarungen ausgewiesene Ausbildungskapazität deutlich überschritten wird. Das ist finanzpolitisch ein Problem. Das ist uns bewusst. Allerdings ist auch nicht erwiesen, dass es bei einem Kostennormwertverfahren keine Möglichkeit mehr gäbe, sich einzuklagen. Das weiß man nicht.
Meine Damen und Herren! Nach § 26 des Hochschulmedizingesetzes ist für dieses Jahr eine Evaluation, wahrscheinlich durch den Wissenschaftsrat, vorgesehen. Aus meiner Sicht - darin stimmen wir sicherlich überein - muss dabei abgesichert werden, dass auch die Regelungen zum Kostennormwert und zur Rechtsverordnung in Gesetz und Zielvereinbarungen durch den Wissenschaftsrat bewertet und, falls erforderlich, auch verändert werden. Es macht unter den gegebenen Umständen sogar Sinn, die Ergebnisse der Evaluation abzuwarten und dann über den weiteren Umgang zu entscheiden.
In der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Oktober 2007 haben wir das Thema angesprochen, es erörtert und vereinbart, es noch einmal aufzurufen. Genau an dieser Stelle setzt jetzt langsam mein Ärger ein, Herr Kley.
Seit September fanden im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur vier Beratungen über den Haushalt statt, in denen das MK auf den Umgang mit diesem Sachverhalt aufmerksam gemacht hat. Ich habe mir die Protokolle genau angesehen: Nichts, keine Positionierung, geschweige denn eine Wortmeldung oder Nachfrage von Ihnen, Herr Kley, oder von anderen FDPAbgeordneten zur Aufstellung des Haushalts der medizinischen Fakultäten. Auch in beiden Haushaltsberatungen nichts: keine Änderungsanträge zur Etataufstockung bzw. Forderungen zur Veröffentlichung der angemahnten Verordnung. Auch im Finanzausschuss wurde das Thema von der FDP nicht angesprochen.
Last, but not least kann man schon den Eindruck gewinnen, dass die FDP an der Sache, an einer sachlichen
Beratung des Problems letztlich gar nicht interessiert ist, sondern wieder einmal öffentlichkeitswirksam eine Selbstinszenierung durchführt
und dabei ein durchaus kompliziertes Fachproblem auszuschlachten versucht. Und, meine Damen und Herren, das Fatale dabei ist: Sie als FDP haben das Problem mit generiert, indem Sie im Jahr 2005 dieses Gesetz so beschlossen haben.
Frau Kollegin Mittendorf, ich finde es schade, dass Sie die Nachfragen nicht beantworten. Denn im Wesentlichen geben Sie dem Kollegen Kley Recht, nämlich bezüglich des Missstandes, dass wir keine Verordnung haben und wir diese hätten erlassen oder anwenden müssen, um gegebenenfalls Klagen von Studenten, die erfolgreich wären, abwehren zu können.
- Das ist der Tenor des OVG, Herr Staatsminister. Ich kann Ihnen das auch gern zur Verfügung stellen.
Ich denke, Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir ein Gesetz beschlossen haben, in dem der Landtag eine klare Vorgehensweise darlegt hat. Wir stehen nicht in der Verantwortung, weil der Kultusminister für den Erlass der Verordnung zuständig ist. Wenn er das nicht macht - das hat er vorhin ausgeführt -, dann müsste das Gesetz geändert werden. Denn im Gesetz ist der Erlass der Verordnung vorgesehen. Solange die Verordnung nicht erlassen ist, müssen wir damit rechnen, dass weitere Studenten sich einen Studienplatz erklagen können. - Das zur Vorgehensweise. Das sollte die SPD-Fraktion vielleicht mit beachten.
Vielen Dank. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Höhn. Herr Höhn, Sie haben das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat dem so genannten Kostennormwertverfahren von Anfang an sehr kritisch gegenübergestanden. Frau Mittendorf hat auf die Gesetzesberatungen in der letzten Legislaturperiode hingewiesen - auch ich will das noch einmal tun - und auch auf die Koalition, die dies damals verabschiedet hat.
Es ist Fakt - auch das hat der Minister ausgeführt -, dass das Kostennormwertverfahren zur Kapazitätsberechnung und somit zur Bestimmung von Zulassungsbeschränkungen deutschlandweit nicht anerkannt wird. Wir haben in der letzten Legislaturperiode darauf hingewiesen.
Nun könnte man sagen: Wir wenden das Kostennormwertverfahren an, um den Finanzbedarf der Medizinischen Fakultät zu berechnen. Meines Wissens - so habe ich Sie auch verstanden - hat sich das Kultusministerium mit dieser Frage schon beschäftigt. Es hat auch ein Workshop mit Experten und Fakultäten stattgefunden, wenn ich das richtig weiß.
Dann kommen wir zu den Mehrbedarfen, die hier schon eine Rolle gespielt haben. Man muss sagen: Wenn man von diesen Mehrbedarfen, die im Raum stehen, weiß - ich mache vorsichtig nur einmal einen zeitlichen Zusammenhang auf, noch keinen kausalen - und dann das Verfahren abbricht, dann hat das schon den Anschein, als machten wir Gesetzesauslegungen nach Kassenlage. Das ist in der Tat problematisch.
(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Deswegen die Berücksichtigung der Tarifergebnisse! Dabei kam mehr Geld heraus, als wenn wir das anders her- um gemacht hätten!)
- Ich höre dem Minister immer gern zu. Wir haben beim Jugendparlament etwas vereinbart. Er hat noch nicht geklopft heute bei mir.