Protokoll der Sitzung vom 14.12.2007

Es ist sicherlich richtig, dass wir als Land SachsenAnhalt insbesondere durch die nicht einheitliche bundesweite Lastenverteilung betroffen sind. Darin stimme ich Herrn Franke zu. Herr Franke, ich bitte Sie auch herzlich: Machen Sie sich bei Ihren Parteifreunden in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg stark;

(Zuruf von Herrn Franke, FDP)

denn die sind es nämlich, die gefragt sind, wenn es um eine bundesweit einheitliche Lastenverteilung geht; Sie regieren dort mit.

(Beifall bei der SPD - Frau Budde, SPD: Richtig! Klar ist das so! Das ist doch eine Ost-West- Debatte! Das muss man dann auch sagen, Herr Franke! - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre - Herr Tullner, CDU, lacht)

Dazu sage ich nur: Glück auf!

(Heiterkeit bei der SPD - Herr Franke, FDP: Glück auf? Wie meinen Sie denn das?)

- Es ist gut, wenn im Landtag gelacht wird; denn nur fröhlich kann man gute Politik machen.

(Beifall bei der SPD - Herr Gallert, DIE LINKE: Was soll denn das jetzt?)

Ich denke, dass wir in Sachsen-Anhalt auch schon eine Reihe von Dingen auf den Weg gebracht haben, die dazu führen werden, dass sich die Situation nicht verschlechtert; ich sage in diesem Zusammenhang noch nicht: verbessert.

Ich will nur ein Thema nennen, bei dem wir auch in diesem Hohen Hause intensiv miteinander gerungen haben, nämlich die Öffnung des Gemeindewirtschaftsrechtes, weil genau dadurch die Möglichkeiten des Wettbewerbes für unsere regionalen Anbieter und auch die Möglichkeiten des Wettbewerbes zugunsten der Nutzer verbessert worden sind.

Die konzertierte Aktion - -

(Herr Tullner, CDU: Konzertierte, nicht konzen- trierte!)

- Konzertierte, nicht konzentrierte. Konzentrieren muss man sich beim Konzertieren aber auch. Es ist jedoch die konzertierte Aktion. Die ist von allen Beteiligten zu fordern. Und es ist ganz wichtig, dass hierzu auch unser Land insbesondere im Bundesrat seine Rolle wahrnimmt.

Meine Damen und Herren! Es muss in Deutschland - auch wenn man nicht so optimistisch an die Entwicklung der Strompreise herangeht - zukünftig möglich sein,

in einer warmen Wohnung zu wohnen und eine Tankfüllung zu einem Preis zu bekommen, der angemessen ist.

Ich schließe ganz persönlich, indem ich sage: Ich habe sicher in meiner Wohnung als geborener Erzgebirgler den einen oder anderen Schwibbogen zu viel. Wenn man zurzeit durch die Städte und Dörfer geht, kann man nicht unbedingt sehen, dass wir hohe Strompreise haben. Und ich fahre auf der Autobahn nicht schneller als 130 km/h.

(Minister Herr Dr. Daehre: Oh!)

Das wirkt sich in meinem Portemonnaie sehr gut aus. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Miesterfeldt. - Als nächster Debattenrednerin erteile ich Frau Hunger von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz die Situation in der Energieversorgung in Deutschland skizzieren. Spritpreise auf Rekordniveau, steigende Stromtarife und erhöhte Heizkosten sind für viele Privathaushalte und besonders für die kleinen und mittelständischen Betriebe zu einer echten Belastung geworden. Während die Reallöhne in Deutschland seit Jahren stagnieren, steigen die Energiepreise in bisher unbekannte Höhen.

Eine Entspannung ist nicht in Sicht. Öl und Gas sind ein immer knapper werdendes Gut, mit dem die Ölkonzerne, die heute schon mehrfach angesprochen wurden, den deutschen Markt beherrschen und im Jahr 2006 zusammen einen Gewinn von 100 Milliarden € allein in Deutschland gemacht haben.

Beim Strom haben wir ein ähnliches Bild. Die vier Konzerne E.on, RWE, Vattenfall Europe und EnBW kontrollieren 80 % der Stromerzeugung und sind gleichzeitig Eigentümer der großen Stromnetze. Eine so komfortable Situation kann man sich gar nicht besser wünschen.

Allein die Netzentgelte, die etwa ein Drittel des Strompreises ausmachen und um mehr als 50 % über dem europäischen Durchschnitt liegen, bescherten den großen Stromkonzernen im Jahr 2006 Einnahmen von rund 21 Milliarden €. Investiert wurde davon nur etwa ein Zehntel. Weitere Extraprofite in Milliardenhöhe entstehen den Stromversorgern durch die unentgeltliche Überlassung der CO2-Zertifikate, deren Marktwert ungeniert in die Strompreisbildung einbezogen wird. Auf Druck der Opposition im Bundestag wird nun zumindest ein kleiner Teil der Zertifikate versteigert.

(Herr Franke, FDP: Es ist doch betriebswirt- schaftlich normal, dass die abgeschrieben wer- den, Frau Hunger, das wissen Sie doch! - Herr Gallert, DIE LINKE: Na ja, das wissen Sie doch auch!)

In der Energiewirtschaft tritt so offen wie in kaum einem anderen Wirtschaftsbereich zutage, wie sich Oligopole auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher die Taschen füllen. Dabei kann einem schon einmal der Gedanke an das positiv waghalsige Kapital kommen, das

bei ausreichend großem Profit alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß stampft.

Die Bundesregierung tut wenig, um die gegenwärtige Situation zu ändern. Im Gegenteil: Die staatliche Aufsicht über die Strom- und Gaspreise wurde beseitigt. Prompt erfolgt die Ankündigung einer Preiserhöhung und natürlich die Preiserhöhung.

Selbst massive Hinweise auf Preisabsprachen, wie sie dem Bundeskartellamt vorlagen und wie sie das Magazin „Der Spiegel“ Anfang November öffentlich gemacht hat, führten nicht zu Regierungshandeln. Könnte man annehmen, dass es daran liegt, dass manche Politiker eine gewisse Nähe zu diesem Energiekartell besitzen?

(Beifall bei der LINKEN - Herr Czeke, DIE LINKE: Na! - Herr Gürth, CDU: Da wäre ich mir jetzt nicht so sicher, dass das stimmt!)

Auch in Brüssel handelt die Bundesregierung wie eine Lobbyistin der vier großen Stromkonzerne. Die Bestrebungen der EU-Kommission, die Kartellstruktur des Strommarktes aufzubrechen, vor allem durch eine eigentumsrechtliche Trennung der Stromnetze von der Stromerzeugung, wurden nach Intervention der Bundesregierung deutlich entschärft.

Die überfällige Trennung der Stromnetze von der Stromerzeugung, die die LINKE schon länger fordert, könnte einen echten Beitrag zur Senkung der Strompreise leisten. Die immer wieder beklagte besondere Last des Netzausbaus wegen der hohen einzuspeisenden Strommengen aus erneuerbaren Energien, die Sie, Herr Franke, soeben ebenfalls noch einmal dargestellt haben, ließe sich auf alle Schultern verteilen, wenn ich diese Netze zusammenfasse und einem unabhängigen Betreiber übergebe.

Mir ist klar, dass das nicht problemlos möglich ist. Ich teile in dieser Hinsicht in gewissem Grade die Bedenken, die unser Wirtschaftsminister hier vorhin geäußert hat. Mit Sicherheit wird es gerichtliche Auseinandersetzungen darum geben. Ich halte diesen Weg jedoch für alternativlos.

Die Bundesregierung hat sich nun aber der Anreizregulierung verschrieben, die ab Januar 2009 für mehr Kosteneffizienz im Netzbetrieb sorgen soll. Damit werden kleinere Stadtwerke deutlich benachteiligt, wird die Kostenreduzierung zulasten von Versorgungsstabilität, Verbraucherfreundlichkeit und Umweltverträglichkeit in Kauf genommen. Selbst Eingriffe in die Tarifautonomie werden nicht ausgeschlossen. Es ist zu befürchten, dass die Anreizregulierung die eigenständige Existenz vieler der rund 800 kleinen kommunalen Versorger gefährdet und damit auch kommunale Leistungen der Daseinsvorsorge. Die Gewinner dieser Situation sind wieder einmal die großen vier Stromkonzerne E.on, RWE, Vattenfall Europe und EnBW.

Das Fazit dieser Situation ist: Mit diesen monopolistischen Strukturen, die auf Großversorger und auf fossile Energieträger setzen, sind dauerhaft geringere Energiepreise nicht zu erreichen. Alle Versuche, ordnungsrechtlich einzugreifen - wie jetzt mit dem verschärften Kartellrecht -, können das Problem dieser Monopolprofite, die dort erreicht werden können, nicht dauerhaft lösen. Welche Konsequenz bleibt? - Weg von diesen Kartellen, weg von diesen Energieformen.

Die Umsetzung der Forderung der LINKEN nach einer wirksamen Preisaufsicht, einem Klagerecht der Verbrau

cherverbände und Sozialtarifen für Privathaushalte könnte trotzdem die Situation für die Verbraucher entschärfen. Allerdings sind all diese Vorschläge von Ihren Fraktionen im Bundestag abgelehnt worden.

Wenn wir über die Notwendigkeit von sinkenden Preisen für Energie reden, muss man nicht nur die Erzeugerstruktur beleuchten, sondern sicher auch über die Stromverbrauchsstruktur reden. Hierin scheint mir der wesentlich Schlüssel zu liegen. Wie viel Energie wird heute wofür eingesetzt? Wo gibt es Möglichkeiten, Energie einzusparen? Ich denke, hierin liegt der eigentliche Schlüssel dafür.

Das führt uns auch dazu, dass man über ganz neue Produktionsstrukturen nachdenken muss, dass man über andere Transportstrukturen nachdenken muss. Hier sind wir wieder bei dem Problem der Landesentwicklung, über das wir gestern schon diskutiert haben. Welche Ausrichtung finde ich im Land? Wofür entscheide ich mich? Richte ich das Land so aus, dass es für alles alle Möglichkeiten schafft, um den Transport immer wieder herzuholen und ihn hier mehr zu realisieren? Dann muss ich mir darüber im Klaren sein: An welcher Stelle brauche ich Energie? Ist das heute noch zeitgemäß? Ist das notwendig, bis zu welchem Maße?

Ich denke, dass die Zukunft der Energieversorgung in dezentralen Angeboten liegt, maßgeschneidert für Regionen. Hier sehe ich auch eine besondere Rolle der Stadtwerke. In der „Volksstimme“, in der heute die Meldung steht, dass die Stromkonzerne neue Preismodelle planen - da frage ich: zum wievielten Mal, in der wievielten Gesprächsrunde, und wieder wird sich nichts tun -, habe ich ein Zitat gefunden, in dem steht:

„Die Betreiber kommunaler Stadtwerke kündigten an, in den nächsten vier Jahren 6 Milliarden € in eine umweltfreundliche dezentrale Energieversorgung zu investieren.“

Diesen Weg halte ich für sehr vernünftig und Erfolg versprechend. Nur so kommen wir zumindest zu einer gewissen Berechenbarkeit und zu einer umweltverträglichen Preisgestaltung.

Lassen Sie mich noch auf einige Fragen eingehen, die hier in der Diskussion aufgekommen sind. An einem Ausstieg aus der Kernenergie - Herr Gürth, das ist so ein alter Hut - sollten wir gerade angesichts der jüngsten Studie zur Leukämiehäufigkeit bei kleinen Kindern in der Umgebung der Kernkraftwerke nicht mehr rütteln. Die Endlagerproblematik will ich heute gar nicht ins Feld führen.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Tullner, CDU: Sie wissen auch, dass die Untersuchungen - - Das sind doch keine Tatsachen!)

- Richtig, aber es sind deutliche Indizien.

Bezüglich der Frage der Besteuerung von Energie wurde noch einmal das Thema Biodiesel angesprochen. Wir hatten darüber schon umfangreich im Plenum diskutiert. Auch ich halte die Besteuerung von Biodiesel insgesamt für falsch, nicht nur die Heraufsetzung der Steuerrate. Es ist insgesamt negativ, dass man das Versprechen, diese Besteuerung bis 2009 auszusetzen, gebrochen hat. Das kann ich nur bekräftigen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich halte allerdings die Beimischungsregelung für noch problematischer, weil damit verhindert wird, dass sich

regionale Märkte bilden. Wieder wird den großen Kartellen in die Hand gearbeitet, weil sie dadurch die Möglichkeit haben, mit besonders großen Einheiten zu kooperieren, die Biodiesel herstellen. Damit bleiben die kleineren Versorger auf der Strecke.

Was die Frage der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes anbetrifft, bin ich auch der Meinung, dass das bisher in keiner Erfolg versprechenden Weise angegangen wurde. Hier ist eine Menge Ungereimtheiten festzustellen. Absenkungen bestimmter Vergütungen sind zum Teil nicht gerechtfertigt. An anderen Stellen stimmt die Struktur einfach noch nicht. Hier gibt es sicherlich noch einiges zu tun. Hier sind wir auch mit der Fraktion noch dabei.

Lassen Sie mich abschließend sagen - meine Redezeit geht zu Ende -, ich habe es in meiner ersten Rede schon einmal gesagt: Langfristig liegt die Zukunft bei den erneuerbaren Energien, und nur bei den erneuerbaren. Wer sich als Erster darauf eingestellt hat, wird auch derjenige sein, der als Erster den Nutzen daraus zieht. Lassen Sie uns das Angebot der Sonne, die uns das Dreitausendfache an Energie schickt, nutzen und alle Kraft dafür verwenden, das umzusetzen und nutzbar zu machen, gerade auch zum Wohl des Landes. - Danke.