Herr Präsident, auch ich hätte eigentlich ganz gern verzichtet, muss nun aber doch noch einige Sätze sagen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich möchte um eines herzlich bitten, nämlich darum, dass wir einigermaßen vernünftig auseinanderhalten, was wir an Wertvorstellungen haben und was es an wissenschaftlicher Evidenz gibt. Sonst kommen wir in dieser Diskussion nicht weiter.
Liebe Frau Dirlich, die FDP und auch ich selbst haben immer wieder gesagt, dass die Arbeitslosigkeit in dieser Region kein Vermittlungsproblem, sondern ein Standort
Ich habe nie behauptet, dass man durch zusätzliche Vermittlung in dieser Region substanziell etwas erreichen kann. Ich habe das nicht behauptet, aber der Minister hat es behauptet, so leid es mir tut. Der Minister hat damals im Ausschuss mit Nachdruck darauf hingewiesen - -
- Herr Minister, lassen Sie mich doch einmal ausführen und rekapitulieren, wie der Diskussionsstand war.
Er hat mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass man eine Menge Abmeldungen von der Arbeitslosigkeit hatte und über den Weg der Bürgerarbeit wahrscheinlich auch ein Stück weit die Schwarzarbeit bekämpfen kann. Denn bei den Leuten, die sich abgemeldet haben, sind manche dabei, die vielleicht doch eine sonstige Tätigkeit ausgeübt haben.
Ich habe mehrmals im Ausschuss nachgefragt - das ist in den Protokollen nachzulesen -, weil mir das ein bisschen gewagt erschien nach all dem, was ich über die Wirksamkeit von Arbeitsmarktpolitik auch wissenschaftlich weiß. Deswegen habe ich an dieser Stelle gebohrt. Ich sehe in der Region nicht ein gewaltiges Vermittlungsproblem. Ein paar Vermittlungsprobleme gibt es immer. Aber selbst wenn die Vermittlung perfekt funktionieren würde, würde in der Altmark, in Wittenberg und in anderen Problemregionen die Arbeitslosigkeit nicht beseitigt.
Genau dieser Aspekt wird punktgenau in der Studie untersucht. Frau Dirlich, es wird nicht die Frage untersucht, ob der öffentliche Beschäftigungssektor Sinn macht oder nicht. Das ist wieder eine ganz andere Diskussion. Das ist die vierte Stufe. Das war aber nicht die Stufe - das will ich deutlich sagen -, die mich an dieser Stelle besonders beschäftigt hat. Mich hat vor allem die Frage der Vermittlung beschäftigt.
Herr Minister, es mag sein, dass noch einmal über die Daten diskutiert werden kann; ich weiß es nicht.
- Moment. - Aber die Zahlen, die hierin von der Vergleichsregion, von Wittenberg und von Bad Schmiedeberg stehen, sind offizielle Statistiken. Das sind nicht irgendwelche erfundenen Zahlen.
Vergessen wir bitte nicht: Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist das wissenschaftliche Institut der Bundesagentur für Arbeit, die dieses Projekt zusammen mit der Landesregierung durchgeführt hat. Das ist nicht irgendein Institut, das möglicherweise nicht über die korrekten Daten verfügt. Das ist d a s Institut, das für diese ganzen Daten zuständig ist und das im Übrigen - das möchte ich bei der Gelegenheit auch sagen - jeden Anreiz hat, aus der Rationalität der Institution das Projekt auch nicht zu schlecht darzustellen, und zwar deswegen, weil Herr Bomba und seine Truppe dies damals auch engagiert gemacht haben. Ich würde überhaupt nicht erwarten, dass aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Ergebnisse kommen, die besonders kritisch sind.
Ich würde erwarten, dass sie dem Projekt eigentlich sehr positiv gegenüberstehen, weil sie es doch selbst gemacht haben.
Herr Minister, es gibt Punkte in dieser Studie, zu denen ich auch das eine oder andere Kritische zu sagen habe; das ist völlig klar. Nicht dass wir uns an dieser Stelle missverstehen: Das, was hier drin steht, ist nicht Gottes Wort. In der Wissenschaft gibt es kein Gottes Wort.
Denn es gibt immer Punkte, über die man diskutieren kann, und auch an dieser Stelle gibt es zu diskutierende Punkte.
Frau Hampel, ich muss noch Folgendes sagen: Selbstverständlich sind wir in der kurzen Schlussdiskussion im Ausschuss unter dem Tagesordnungspunkt Verschiedenes nicht so weit gekommen, dass wir die Dinge ausdiskutieren konnten. Wir haben anschließend noch kurz geredet. Aber wir sind noch lange nicht so weit. Ich selbst habe mir das auch noch einmal genau angeguckt.
Aber es gibt eine Abbildung, bei der die Zahl der Arbeitslosen und die der Personen in beschäftigungschaffenden Maßnahmen für die drei Vergleichsregionen summiert werden. Und siehe da: Die Entwicklung verläuft völlig parallel. Das heißt im Ergebnis - -
- Schauen Sie sich diese Grafik an; das können wir an dieser Stelle nicht klären. Sie behaupten das eine, ich behaupte das andere. Das können wir uns im Ausschuss sehr genau angucken.
Aber das, was hierin steht, ist auch völlig logisch. Was steht hier? - Hier steht, dass die Verbesserung der Arbeitsmarktzahlen in Bad Schmiedeberg ausschließlich auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass Arbeitslose in öffentliche Beschäftigung geführt wurden.
- Ja, es hat nie jemand bestritten, dass, wenn ich irgendeine öffentliche Beschäftigung mache, dann die Arbeitslosenzahl sinkt. Das ist Arithmetik.
Herr Minister, das damals besonders Interessante war, dass Sie sagten, nein, das sei nicht der zentrale Effekt, sondern wir hätten ungeheuer viel anderes mit dem Projekt erreicht.
Genau das bestätigt diese Studie nicht. Das müssen wir intensiv im Ausschuss diskutieren. Auf die Diskussion freue ich mich. Das, was hier stattfindet, ist wissenschaftlich und auch politisch hochinteressant und darüber sollten wir intensiv reden.
Völlig korrekt, eine Zwischenbemerkung. - Man kann über akademische Debatten und Diskussionen unterschiedlicher Meinung sein, Herr Kollege Paqué. Aber wie hoch schätzen Sie den Mehrwert ein, den ein in Arbeit Gekommener in Bad Schmiedeberg daraus gewinnt?
- Herr Borgwardt, das finde ich der Sache nicht ganz angemessen. Wir diskutieren hier über Projekte, die von der Bundesagentur und letztlich auch über Steuergelder finanziert werden. Dann müssen wir selbstverständlich darüber reden, ob der Einsatz dieser Instrumente erfolgreich ist oder nicht und in welcher Hinsicht er erfolgreich ist oder nicht. Genau das tun wir. Dieses Dokument ist der erste Schritt einer vernünftigen Evaluierung dieses ganzen Projektes.
Ich will eines an dieser Stelle sagen: Wäre das Ergebnis ein anderes, dann wären die Regierungsfraktionen begeistert und würden im ganzen Land jubelnd mit diesem Papier herumlaufen.
Herr Minister, Sie haben damals auch wirklich kraftvoll in das Horn gestoßen. Jetzt kommt ein Ergebnis aus dem gleichen Haus, das kritisch ist. Das müssen wir eben unter Freunden anständig diskutieren.
Vielen Dank, Herr Professor Paqué. - Die Debatte wird abgeschlossen durch den Beitrag der CDU-Fraktion. Es spricht Frau Take.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zum Auftakt meiner Ausführungen die Begründung heranziehen, die uns die FDP zu ihrem Antrag vorlegt. Ich zitiere:
„Eine Studie des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) liefert nun jedoch empirische Evidenz für die relative Wirkungslosigkeit dieser Maßnahmen im Rahmen des Modellprojektes ‚Bürgerarbeit’.“
Das IAB ist ein Institut der Arbeitsagentur. Dazu würde ich sagen: Honni soit qui mal y pense. - Ein Schelm, der Böses dabei denkt.