Das Kabinett hat das nun sozusagen geklärt. Darin hat Herr Tullner Recht. Die Bundesregierung hat sich positioniert, hat das vorgelegt. Jetzt ist es an den Ländern und an den Parteien, insgesamt in Deutschland darüber zu diskutieren. Ich denke, wir werden diesen Prozess verfolgen.
Ich sage für die Landesregierung: Sollte das alles nach reiflicher Debatte so sein, wie man es politisch verabredet hat, sprich vom Aufkommen her, im Hinblick auf die Belastung der einzelnen Länder, dann werden wir uns diesem Kompromiss nicht entziehen. Das will ich hier auch offen sagen.
Die Debatte über die Erbschaftsteuer und ihre Rolle bei der Finanzierung des Sozialstaates wird damit noch lange nicht zu Ende sein; denn ich glaube, dass diejenigen, die die Erbschaftsteuer abschaffen wollen, davon nicht Abstand nehmen werden, und diejenigen, die sagen, dass die Besteuerung, sei es durch die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer oder die Erbschaftsteuer, zu gering sei, werden sich mit dem Kompromiss auch
nicht zufrieden geben. Insofern ist die Diskussion über das Thema Erbschaftsteuer auch in den nächsten Jahren garantiert. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Die Debatte wird durch den Beitrag der Fraktion DIE LINKE eröffnet. Es spricht Frau Dr. Klein. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie Herr Tullner schon sagte, haben wir uns bei der Behandlung sehr viel Zeit gelassen, um die Entwicklung auf der Bundesebene beobachten zu können. Die Erbschaftsteuer ist zwar eine Landessteuer, aber gespielt wird letztlich in der Bundesliga. Dabei sind wir mehr oder weniger außen vor.
Der im Dezember 2007 von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf liegt im Bundesrat. Der Finanzminister hat darauf verwiesen. Dazu können wir nur sagen: Sehen wir einmal, was dabei herauskommt. Sie haben darauf hingewiesen, dass Bayern schon lebhaft signalisiert hat, dass es erhebliche Nachbesserungen geben müsste.
Insofern möchte ich mich auch nur kurz zu dem vorliegenden Gesetzentwurf in Relation zu unserem Alternativantrag äußern. Der vorliegende Gesetzentwurf ist, glaube ich, ein Kompromiss auf der Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners, um dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden, eine gleiche Besteuerung aller Vermögen als Grundlage für die Erhebung der Erbschaftsteuer herzustellen. Das ist passiert. Einige Bewertungen sind noch nicht nachvollziehbar. Die müssen nachgereicht werden. Einiges soll über Verordnungen kommen. Dann kann man noch einmal sehen, was ist.
Ich finde es zunächst positiv, dass es die Erbschaftsteuer überhaupt noch gibt und dass ihre Erhebung im Unterschied zur Vermögensteuer nicht ausgesetzt wurde, sondern dass wir weiter mit wenn auch geringen Einnahmen rechnen können. Positiv ist auch, dass sie weiterhin bundeseinheitlich geregelt wird. Zu begrüßen wäre es auch, wenn der Ansatz durchkäme, eingetragene Lebenspartnerschaften bei der Besteuerung von Erbschaften mit Ehepaaren gleichzustellen.
Problematisch ist aus unseres Sicht, dass die Erbschaftsteuerreform aufkommensneutral sein soll, das heißt, Verschiebungen soll es nur innerhalb des Systems geben. Sie bleibt damit in der Höhe des Aufkommens eine Bagatellsteuer, und das, obwohl in Deutschland in den nächsten zehn Jahren 2,2 Billionen € zum Vererben anstehen.
Ich habe schon bei der ersten Lesung gesagt: Die Erbschaftsteuer ist eigentlich der steuerpolitische Idealfall; denn hier geht es nicht um Leistungen, die zu versteuern sind, sondern es geht darum, ob man etwas erbt oder eben nicht erbt.
- Das ist nicht Ihre Leistung, Herr Paqué, sondern Zufall. Das hängt davon ab, in welche Familie Sie geboren
wurden. Das konnten Sie nicht beeinflussen. Sie können auch nicht beeinflussen, ob Sie irgendwo eine reiche Tante haben oder nicht haben.
(Herr Kosmehl, FDP: Aber die hat auch was in ih- rem Leben getan, oder nicht? - Herr Wolpert, FDP: Das ist die Missachtung der Lebensleis- tung!)
Insofern wäre es nur gerecht, wenn es hier eine entsprechende Besteuerung gäbe. Wir wollen der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht in Gänze folgen. Wir beantragen daher eine getrennte Abstimmung über beide Anträge. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ja, so ist das. Wir haben viele Wochen lang über die Erbschaftsteuer bzw. über die Gesetzgebungskompetenz für diese Steuer diskutiert. Die SPD-Fraktion ist nach wie vor der Meinung, dass die Gesetzgebungskompetenz beim Bund, bei Bundestag und Bundesrat, bleiben soll - Frau Dr. Hüskens, ich habe ja bereits im April, als Ihr Antrag vorgelegen hat, genau die gleiche Aussage getroffen - und dass das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer bei den Ländern bleiben soll.
Wenn darüber hinaus, wie durch den Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE, über Inhalte und die Qualität der Erbschaftsteuer diskutiert werden soll, darüber, wo Veränderungen hingehen sollen, dann ist dazu - das ist auch schon angesprochen worden - Anfang November erst einmal ein Kompromiss von SPD und CDU geschlossen worden. Darüber wird diskutiert. Herr Finanzminister Bullerjahn sagte, dass darüber auch weiter diskutiert wird und dass er in beiden großen Parteien mit Sicherheit nicht auf ungeteilte Zustimmung trifft. Den einen geht er nicht weit genug, für die anderen werden die Reichen immer noch zu wenig herangezogen.
Ich denke, das sind Diskussionen, die wir hier bei uns im Land vielleicht dann, wenn der Gesetzentwurf in Gänze vorliegt, führen müssen. Aber wie das bei Kompromissen so ist, es gilt auch bei der Erbschaftsteuer: Man geht in kleinen Schritten aufeinander zu und muss irgendwo einen Nenner finden.
Für mich war die Frage wichtig, inwieweit die allgemeine Bevölkerung, der Mittelstand stärker zur Erbschaftsteuer herangezogen werden soll. Hierzu wird vorgeschlagen, dass vor allen Dingen für die nahen Familienangehörigen die Bemessungsgrenzen erhöht werden, sodass diese nur bei einem recht großen Vermögen, das sie erben, herangezogen werden. Bei denjenigen, die ein Unternehmen erben und es mindestens 15 Jahre weiter bestehen lassen, sind, denke ich, die Grenzen so, dass man sagen kann, dass es auch für Familienbetriebe durchaus nachvollziehbar und sogar zu ihren Gunsten ist. Vieles andere wird uns wahrscheinlich im Finanzausschuss noch an der einen oder anderen Stelle, nämlich dann, wenn es unterschriftsreif vorliegt, begleiten.
Insgesamt, sage ich einmal, haben wir aus eigenem Erbschaftsteueraufkommen eine geringe Einnahme in unserem Landeshaushalt. Aber nicht unwesentlich sind die Auswirkungen über den Länderfinanzausgleich, etwa 100 Millionen €. Ich denke, das sind nicht unbeachtliche Beträge. Bei der Einbringung in der Landtagssitzung im April 2007 habe ich begründet, weshalb die Gesetzgebungskompetenz aus unserer Sicht weiter beim Bund bleiben soll. - Vielen Dank.
Sehr verehrte Frau Kollegin, zu dem Thema ist ja vieles im Detail technisch sehr interessant. Sie haben aber auch eine politische Aussage gemacht, und zwar dass, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die so genannten Reichen vielleicht noch nicht hinreichend herangezogen werden, ich sage einmal, zur Mitfinanzierung welcher Aufgaben auch immer.
Vor diesem Hintergrund möchte ich eine Frage stellen. Wenn Sie so diskutieren, ist dabei erstens hinreichend berücksichtigt worden, dass, wenn die Unternehmen, die noch etwas übrig haben, hinsichtlich der Erbschaftsteuer keinen hinreichenden Anreiz und keine hinreichende Sicherheit haben, dass sich eine Fortführung des Unternehmens unter diesen Bedingungen lohnt oder verantwortbar ist, Tausende Arbeitsplätze in hohem Maße gefährdet sind?
Stimmen Sie mir zweitens darin zu, dass bei den Diskussionen in der Öffentlichkeit der folgende Aspekt völlig untergeht: Wenn man über die Erbschaftsteuer redet, also über das, was am Schluss übrig bleibt, dann bedeutet das, jemand geht ein Risiko ein, er arbeitet länger, er trägt höhere Risiken. Wenn unterm Strich aller Aufwendungen - da hat der Staat schon hineingefasst - ein Ertrag im Saldo übrig bleibt, ist das ein positives Ergebnis. Dieses positive Ergebnis wird versteuert. Wenn davon etwas übrig bleibt und er legt das an, dann greift der Staat wieder zu. Obwohl schon alles mehrfach besteuert wird, kassiert der Staat noch mal Steuern ab. Bleibt unterm Strich wieder etwas übrig, dann kassiert der Staat noch einmal und kommt dann mit der Erbschaftsteuer. Wenn man all das, wo Vater Staat mit relativ geringem Aufwand, aber immer groß in die Tasche greift, einmal zusammenrechnet, bedeutet das, dass wir bei der Gesamtbesteuerung weit weg sind von dem, was in der Bibel steht, nämlich: Bringe jeden Zehnten in mein Kornhaus. Wenn man das sieht, glauben Sie dann, dass wir noch hinreichend Anreize haben, mehr zu leisten als der Durchschnitt?
Herr Gürth, könnte es sich vielleicht eher um eine Zwischenbemerkung gehandelt haben, die Sie jetzt vorgebracht haben?
Zum Teil 1. Herr Gürth, ich teile Ihre Auffassung nicht, dass es damit zu Entlassungen in den Unternehmen kommen wird.
Zum Teil 2. Diese Diskussion, sage ich einmal, ob am Ende noch etwas übrig bleibt, ob es sich lohnt und vor allen Dingen ob man für diesen Teil, den man dann vererbt, für den dann die Erben die Steuern zu zahlen haben und nicht der, der es erarbeitet hat, ist, denke ich, sicher richtig. Ich denke gleichwohl, dass es genug Anreize gibt, für Gewinne zu sorgen, das Unternehmen zu erweitern und für Vermögen und Kapital in der eigenen Familie zu sorgen. Die Erhöhung der Erbschaftsteuer könnte noch einen Beitrag dazu leisten, dass man sich anstrengt, mehr zu haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es ganz klar vorweg zu sagen: Die Liberalen bleiben bei ihrer Forderung, dass die Kompetenz für die Ausgestaltung der Erbschaftsteuer auf die Länder übergehen sollte.
Das, was wir im Augenblick in Berlin oder zwischen Berlin und München, zwischen Berlin und Stuttgart, zwischen Berlin und verschiedenen anderen Landeshauptstädten an Diskussionen erleben, zeigt, wie nötig das ist. Wir haben in Deutschland eine sehr unterschiedliche und sehr differenzierte Entwicklung von Immobilienvermögen, von Unternehmensstrukturen und von privaten Besitzverhältnissen. Die kann ich nicht über einen Kamm scheren. Sonst hätten wir, glaube ich, in Berlin längst eine andere einheitliche Linie gefunden.
Dass die Kollegen dort nicht in der Lage sind, einen konsistenten Vorschlag für die Erbschaftsteuer zu machen, zeigt doch, dass es vor allen Dingen regionale Unterschiede und regionale Interessen sind, die dem entgegenstehen; denn es sind häufig Parteifreunde, die sehr unterschiedliche Auffassungen zum gleichen Sachverhalt darlegen. Deshalb halte ich es für sinnvoll, die Regelungen zu regionalisieren, wenn man sich auf der Bundesebene nicht einigen kann. Es gibt europäische Länder wie zum Beispiel die Schweiz, die hierbei sehr erfolgreich vorangehen. Wie man dann die Ausgestaltung macht, darüber kann man diskutieren.
Dass es da eine liberale Linie gibt, die sagt: möglichst wenig Erbschaftsteuer - - Wissen Sie, es gibt durchaus liberale Linien, die sagen: Bei großen Privatvermögen, vor allen Dingen wenn es sich um mobile Privatvermögen handelt, kann man hier entsprechend hineinsteuern, um dafür Sorge zu tragen, - das ist ein liberaler Grundsatz - dass jede Generation für sich selbst sorgt
Nur sage ich ganz klar: In Sachsen-Anhalt ist dieser Punkt überhaupt noch nicht erreicht. Bei uns ist jedes Unternehmen froh, wenn es im Rahmen einer Generation Vermögen und Kapital anhäufen und dieses an die nächste Generation weitergeben kann, weil dies die Kapitalausstattung der Unternehmen, die wir hier im Land haben, deutlich stärkt.
Wir haben keine Reichen, Frau Klein, denen Sie nachlaufen müssen, um ihnen den letzten Heller aus der Tasche zu nehmen. Wir haben tatsächlich die Gefahr, dass Unternehmen im Erbfall vor die Hunde gehen und die Mitarbeiter ihre Arbeit verlieren. Die großen Kapitalgesellschaften haben ganz andere Formen gefunden, um sich bei Besitzübergängen herauszunehmen. Es geht tatsächlich um familien- und inhabergeführte Unternehmen, die bei Anfall der Erbschaftsteuer in das Problem geraten, dass sie aus der Substanz heraus zahlen müssen. Das ist immer ein Problem bei Unternehmen.
Ich hatte beim letzten Mal bei der Einbringung auf die Aussage von Herrn Krause zu einem anderen Steuerfall hingewiesen, zu dem er mit Vehemenz vortrug, dass es doch nicht sein könne, dass der Staat in die Substanz hineinsteuert, wo ich eben nicht aus Gewinnen Geld nehmen kann, um die Steuer zu befriedigen, sondern wo ich Dinge veräußern muss, um meine Steuern zu bezahlen, und im Endeffekt das Unternehmen schwäche. Dies ist gerade bei den Unternehmen in unserem Bundesland ein Problem.
Die zu niedrige Kapitalausstattung ist ein Stichwort, das nicht nur die Landwirte, sondern auch unsere Wirtschaftspolitiker immer wieder im Mund führen. Wenn wir die Möglichkeit haben, hierfür Vorsorge zu treffen, sollten wir uns diese Gestaltungsmöglichkeiten durchaus nehmen und nicht vorenthalten lassen.
Da ich ein optimistischer Mensch bin und nach wie vor nicht sicher bin, ob man in Berlin zu einem einheitlichen Ergebnis kommen wird, und die Stimmen zumindest der CDU-Fürsten immer lauter werden, dass man auch einmal über eine Föderalisierung nachdenken könnte, bin ich einmal gespannt, wo wir landen werden, wenn in Hessen, Hamburg und Niedersachsen die Wahlen durch sind und man in der Republik wieder ein bisschen freier denken kann.
Es könnte sein, dass dann der eine oder andere doch zu einer anderen Lösung kommt. - Ich danke Ihnen.
Frau Dr. Hüskens, möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Klein beantworten? - Bitte schön, Frau Dr. Klein, fragen Sie.