Protokoll der Sitzung vom 25.01.2008

Donnerstag, aber am Freitag anwesend und der Beitrag gehört in seine Kompetenz.

Leider musste ich jetzt erleben, dass Sie, sehr geehrter Kollege Olbertz, zu diesem Tagesordnungspunkt nicht gesprochen haben. Die Konfusion, die jetzt durch verschiedenste Änderungsanträge und Ähnliches entstanden ist, lässt mich noch mehr an der ursprünglichen Intention dieses Antrags zweifeln.

Lassen Sie mich zunächst rückblickend auf das Programm der Bund-Länder-Kommission „Transfer 21“ schauen. Das ist dem Herrn Kultusminister bestens bekannt. Es kam aus jener Richtung und bezog sich damals - es ist im Übrigen bereits im Jahr 2004 zu Ergebnissen gekommen - auf die intensive Diskussion über die vielen Agenden 21, die seit dem Jahr 1995 lokal entstanden waren und die die Grundlage für die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsdenkens bildeten. Sie dienten dazu, klar zu machen, was denn Nachhaltigkeit im Sinne der UN und der Brundtland-Kommission eigentlich ist.

Die Landwirtschaftsministerin hat freundlicherweise am Anfang ihrer Rede noch einmal darauf hingewiesen, dass es hierbei um mehr als um die Umweltbildung geht, dass es nämlich um die ökologische Verträglichkeit geht. Das ist richtig. Des Weiteren geht es darum, sozial gerecht eine wirtschaftlich leistungsfähige Umwelt zu entwickeln, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist es, was die Nachhaltigkeit im Wesentlichen umfasst, nämlich den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, ihm klar zu machen, dass er die Gestaltung seiner Zukunft selbst in der Hand hat, und ihm dazu die erforderlichen Kompetenzen zu vermitteln.

(Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Paqué, FDP - Ministerin Frau Wernicke: Deshalb ist das bei mir so angedacht!)

Dies war schon immer eine Sache der Kultusministerkonferenz, die sich darum kümmerte und die, so hoffe ich, auch weiterhin ein Auge darauf werfen wird, damit - hierin sehe ich die Gefahr, dass Sie in die BUND-Falle gehen wie damals bei der Agenda 21 - das Ganze nicht - ich will nicht sagen: zu einem reinen Umweltthema verkommt - einseitig ausgerichtet wird.

(Zustimmung von Herrn Prof. Dr. Paqué, FDP)

Wir haben das damals bei der Agenda 21 erlebt. Ein sehr gut gedachter Ansatz wurde zunächst von jenen Vereinen und Verbänden okkupiert, die der Meinung waren, sie wüssten, was das sei. Wir haben uns jahrelang darüber gestritten, ob die Umweltrelevanz für die Kommunen überhaupt wichtig wäre, bis man erkannt hat, dass die Agenda 21 viel mehr ist. Bei ihr geht es nämlich darum, den Bürgerinnen und Bürgern Kompetenzen zu vermitteln, damit sie ihre Zukunft selbst gestalten können.

Die Gestaltungskompetenz umfasst mehr. Sie umfasst neben den Bildungsstandards und Kompetenzen der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung - die gibt es, meine sehr geehrten Damen und Herren, schon seit einigen Jahren - auch die Kompetenz, vorausschauend zu denken, die Kompetenz zu weltoffener Wahrnehmung, transkultureller Verständigung und Kooperation, die Kompetenz, interdisziplinär zu arbeiten, Partizipationskompetenzen, Planungs- und Umsetzungskompetenz, die Fähigkeit zur Empathie, Mitleid und Solidarität, die Kompetenz, sich und andere motivieren zu können, und

die Kompetenz zur distanzierten Reflexion über individuelle wie kulturelle Leitbilder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die Grundbedingungen für eine Nachhaltigkeit, die wir brauchen und die wir dementsprechend auch unseren Kindern vermitteln müssen; denn sie sind es, die die Welt später noch in einer Situation vorfinden möchten, in der sie die Möglichkeit haben, ihre Zukunft zu bestimmen und nicht nur noch mit den Resten leben zu müssen, die wir übrig gelassen haben.

(Beifall bei der FDP - Herr Tullner, CDU: Sehr gut!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalition hätte durchaus auch in alte Bundestagspapiere schauen können. Es gibt nämlich unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland“ und unter dem Unterbegriff „Unsere Strategie für nachhaltige Entwicklung“ ein umfangreiches Papier aus dem Jahr 2004. Man muss dazu nicht in neuere Sachen hineinschauen. Das alles ist längst gesagt worden.

Ich freue mich natürlich, dass wir das Thema noch einmal aufgreifen und den alten Aktionsplan, der damals vom Umweltministerium veröffentlicht wurde, wieder in den Fokus nehmen. Vielleicht gibt es auch noch einmal eine Neuauflage - er ist im Moment nicht verfügbar -, sodass man ihn wieder verteilen kann.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, hierbei ist wichtig: Die nachhaltige Entwicklung ist viel mehr als nur die Umweltbildung. Damit komme ich auf meinen ersten Einwurf zurück. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie einmal über den Parlamentarismus nachdenken, dann stellen Sie fest, dass der Antragsteller bis zur Verabschiedung Herr des Antrags ist. Sie hätten keinen Änderungsantrag gebraucht. Sie hätten ihn selbst ändern können. Sie erbringen also selbst den Beweis dafür, dass die Nachhaltigkeit in unserem Bildungssystem einen viel größeren Raum einnehmen muss. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kley. - Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Bergmann. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kley, ich danke Ihnen, dass Sie noch einmal den Unterschied zwischen Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung klargestellt haben wollten. Fakt ist für mich Folgendes: Wir brauchen beides. Ich gebe Ihnen aber darin Recht, dass wir den Schwerpunkt in unserem Antrag auf die Bildung für nachhaltige Entwicklung legen wollten.

Ich fange aber trotzdem noch einmal mit dem Bereich Umweltbildung an. Sie können sich daran erinnern, dass in Deutschland die Angst umgegangen ist, dass unsere Schulkinder nur noch lila Kühe zeichnen. In Studien hat sich aber sehr schnell herausgestellt, dass die Kinder die Kühe weiter so zeichnen, wie sie sind: schwarz-weiß, braun-weiß oder sonst wie. Dazu trägt aber meist das Fernsehen bei und nicht die Naturerfahrung, die Umwelterfahrung auf dem Lande.

(Herr Kley, FDP: Sind Sie nun für die Erhöhung der Rundfunkgebühren oder nicht?)

Interessanterweise wurde in einer Studie festgestellt, dass viele in Deutschland der Meinung sind, dass Enten gelb seien. Das sollte einem zu denken geben. Sie sind Biologe. Wir wissen, wir haben in Deutschland kaum gelbe Enten, höchstens als Küken. Nichtsdestotrotz merken wir, dass ökologisches Grundwissen ein wichtiges Kriterium ist, das wir unseren Kindern erst einmal beibringen müssen.

Die Pisa-Studien in den letzten Jahren haben gezeigt, dass wir in Deutschland in dem Bereich Naturwissenschaften nicht topp waren. Es ist aber auch herausgekommen, dass bereits in den Schulen das Umweltwissen sehr komplex herüberkam und wir in diesem Bereich vordere Plätze belegt haben. Das ist mit ein Grund dafür, dass wir diese Thematik, das Erkennen ökologischer Zusammenhänge, nicht nur nicht vergessen, sondern auch besonders in den Mittelpunkt stellen wollen.

Ich sage heute als kleinen Seitenhieb nur einmal: Ich könnte mir auch vorstellen, dass dieses vernetzte Denken, das Miteinander-Kombinieren verschiedenster Umweltfaktoren vielleicht auch bei dem einen oder anderen Großprojekt zu einer anderen Vorgehensweise führt. Ich glaube, dass man darüber an anderer Stelle im Ausschuss reden muss.

Zum eigentlichen Inhalt meiner Rede. Übergreifendes Ziel ist die weltweite Integration der Werte und Prinzipien nachhaltiger Entwicklung in alle Bildungsbereiche. Dabei werden Kindern und Jugendlichen die Konsequenzen ihres manchmal unbedachten Handelns bewusst gemacht und Lösungsansätze sowie alternative Strategien angeboten.

Ich sage hier auch ganz klar, dass wir das unbedachte Handeln eigentlich sehr viel häufiger bei uns selbst finden und nicht unbedingt bei den Kindern, die uns im Bereich der Umweltbildung häufig sogar eine ganze Menge vormachen können. Umso mehr sollten wir die Kinder darin weiter bestärken und sie darin weiter beschulen, damit das auch Bestand hat.

Die Schärfung findet auf mehreren Ebenen statt. Neben der Diskussion über Querschnittsthemen wie Klimawandel, Energie, Ressourcennutzung, Bevölkerungsentwicklung oder biologische Vielfalt werden auch Bereiche abgehandelt wie Gerechtigkeit zwischen den Generationen, Armutsbekämpfung, Ethik, Engagement und Ehrenamt.

Das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung besteht also nicht nur aus komplexen Themenbereichen auf der Wissensebene, sondern auch aus zwischenmenschlichem Gedankengut, das in die grundständige Ausbildung eingeflochten wird.

Was die Konsequenz einer solchen Förderung ist, ist klar: Das ist Weltoffenheit, vorausschauendes und interdisziplinäres Handeln. Ich glaube, dass ich niemandem klar machen muss, dass auch wir in Sachsen-Anhalt sehr daran interessiert sind, ein weltoffenes SachsenAnhalt zu haben und das über diese Form der Bildung auch erreichen können.

Gerade jetzt, zur Zeit des Klimawandels - es mag egal sein, ob wir meinen, dass es ihn gibt oder nicht; das kann sich jeder denken, wie er möchte; wir haben aber zurzeit auf dieser Erde gewaltige Veränderungen -, brauchen wir Leute, die neue Wege gehen, die eigenständig und souverän nach Alternativen suchen, damit unsere nachfolgenden Generationen ohne Einschränkungen weiter existieren können.

Dazu gehört auch die Auseinandersetzung eines jeden Einzelnen mit der Lebensweise in den Industrieländern: der hohe Konsum, die hohe Ressourcennutzung, der hohe Energieverbrauch und das hohe Verkehrsaufkommen sowie Abfallmengen, die uns tagtäglich Probleme bereiten.

Ich erinnere mich daran - Herr Dr. Daehre ist nicht anwesend -, das kürzlich eine Delegation in Syrien war. Wenn wir über Umwelt, über die Umwelt in der Welt reden, dann stellt sich in vielerlei Hinsicht natürlich auch die Frage, was wir in Länder, die nicht so weit wie die Industrieländer sind, noch importieren müssen. Dazu gehört noch eine ganze Menge Gedankengut, wie man die Probleme dort lösen kann. Wir haben sehr deutlich sehen können, dass die Autos, die hier nicht mehr fahren dürfen, weil wir hier Umweltzonen einrichten, dort weiter qualmen und die Umwelt verpesten. So kann es natürlich nicht weitergehen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Antwort darauf ist, dass wir durch diese Bildung Sicherheit für die Zukunft bekommen können. Wenn wir jetzt nicht anfangen, Kinder und Jugendliche über den Stand der Dinge aufzuklären, ihren Ehrgeiz, ihren Wissenshunger zu wecken, dann wird sich die Lage nicht verbessern, sondern verschlechtern. Wir haben jetzt die Möglichkeit, sie spielerisch an die Problematik heranzuführen, sie ganzheitlich auszubilden und ihnen Zeit zu geben, eine - ich sage es einmal so - Nachhaltigkeitsrevolution zu beginnen.

Lassen Sie mich aufgrund der zu Ende gehenden Redezeit nur noch sagen: Diese Kinder, diese Jugendlichen werden auch in der Lage sein, Firmen wie Q-Cells, Enercon oder andere im Umweltbereich weiter nach vorn zu bringen und dafür zu sorgen, dass Umwelttechnologie auch aus Sachsen-Anhalt in die Welt hinaus exportiert werden kann.

Zu unserem Antrag bitte ich Sie natürlich - Sie werden sich darüber nicht wundern - um Zustimmung.

Zu der Änderung zu dem Antrag ist zu sagen: Na ja, Herr Kley, sei’s drum. Es ist klar und deutlich, warum wir das gemacht haben. Natürlich hätten wir es auch hineinschreiben können.

Ich denke, zum Schluss, wenn wir dem zustimmen, haben wir alle das, was wir wollten. Wir wollten den Ideen, die von der Fraktion DIE LINKE dazu gekommen sind, hier nicht unbedingt eine Abfuhr erteilen und haben deswegen nur den letzten Passus geändert. Ich denke, das ist gut so, und bitte Sie alle um Zustimmung.

(Zustimmung bei der SPD und von Herrn Stadel- mann, CDU)

Vielen Dank, Herr Bergmann. - Nun erteile ich für die Fraktion DIE LINKE Frau Fiedler das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Herren und Damen Abgeordneten! Der Antrag der Koalitionsfraktionen zielte ursprünglich auf Umweltbildung, und ich habe lange nach vielen Argumenten gesucht, mit denen ich Sie hier und heute davon überzeugen könnte, dass Umweltbildung zu kurz greift und der Antrag auf Bildung für nachhaltige Entwicklung zielen muss.

Das kann ich jetzt alles weglassen. Das ist wunderbar und finde ich sehr gut; denn unser Änderungsantrag hat das ja bereits erreicht. Dadurch kann ich meine Redezeit wahrscheinlich ein bisschen verkürzen. Das ist auch gut so. Danke schön dafür.

Den Kommentar dazu, dass Sie unseren Änderungsantrag eigentlich gleich hätten übernehmen können, schenke ich Ihnen zum Wochenende.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Antrag, der jetzt auf Bildung für nachhaltige Entwicklung abzielt, finde ich noch aus einem zweiten Grund gut, nämlich weil nun neben dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt auch das Kultusministerium in die Pflicht genommen ist, die Schwerpunktsetzung auf Bildung für nachhaltige Entwicklung in die wichtigen schulischen Dokumente mit hineinzunehmen. In diesen wimmelt es zwar von Umweltbildung, aber eben nicht von Bildung für nachhaltige Entwicklung.

In das Schulgesetz, das sowieso geändert werden soll, könnte dieser Schwerpunkt gleich mit aufgenommen werden. Die Lehrpläne für die Sekundarschule sind auch in Überarbeitung. Darin könnte dieser neue Begriff auch gleich mit aufgenommen werden. Vielleicht entwickelt sich das Ganze dann auch im Bildungsbereich ein bisschen aktiver.

Natürlich gibt es im Bildungsbereich schon große Aktivitäten. Das Bundesprogramm „Transfer 21“ ist eben schon erwähnt worden, das am Lisa mit sehr guten Aktivitäten läuft.

Ich will gern noch ein Wort zu dem Kompetenzzentrum sagen, das im zweiten Teil unseres Änderungsantrages gefordert wird. Natürlich wollen wir keine neue Stelle schaffen und natürlich soll dieses Zentrum aus dem Runden Tisch heraus entwickelt werden und auch mit dem Aktionsplan des Landes in Zusammenhang stehen. Das ist doch ganz klar. Aber stellen Sie sich doch bitte einmal vor: An dem Runden Tisch sitzen 53 Mitglieder. Wie soll da ein Kompetenzzentrum arbeiten können? Wir stellen uns das Kompetenzzentrum kleiner vor. Es soll für dieses Netzwerk gewissermaßen wie eine Spinne im Netz die Fäden ziehen und das Netz pflegen. So stellen wir uns das vor.

Es gibt ja schon ganz tolle Erfahrungen im Land. Diese Erfahrungen scheinen für die Aufgaben des Kompetenzzentrums, die wir uns vorstellen könnten, wie geschaffen zu sein. Aufgabe eines solchen Kompetenzzentrums sollte gerade im Bildungsbereich - ich als Bildungspolitikerin spreche jetzt natürlich besonders für den Bildungsbereich; Sie gestatten mir das - nicht nur die Fortbildung von Lehrern und Interessierten sein.

Es könnte auch die Anleitung von Schulen bei der Errichtung, bei der Gründung von Schülerfirmen sein. Damit wurden gerade jetzt bei der Umsetzung des Bundesprogramms „Transfer 21“ ganz tolle Erfahrungen gemacht. Das könnte ich mir ganz besonders gut auch für Schüler mit Lernschwierigkeiten vorstellen. So ähnlich wie das produktive Lernen jetzt läuft, könnten dann Schüler gewissermaßen die praktischen Erfahrungen für sich selbst in der eigenen Firma machen. Das fände ich ganz toll.

Das Kompetenzzentrum könnte als eine weitere Aufgabe auch die Unterstützung der Schulen, vor allen Dingen der Ganztagsschulen bei der Rhythmisierung des Schulalltages übernehmen. Es könnte die Schulen fer

ner bei der Schulprogrammarbeit unterstützen. Das Kompetenzzentrum könnte außerdem ein Internetportal für Bildung für nachhaltige Entwicklung im Land SachsenAnhalt - sprich: die Öffentlichkeitsarbeit und die Bündelung aller Aktivitäten - übernehmen.