Die erste Beratung fand in der 30. Sitzung des Landtages am 16. November 2007 statt. Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau von Angern. Ich erteile ihr das Wort. Anschließend erteile ich der Landesregierung das Wort. Danach folgen die Debattenbeiträge. - Frau von Angern, bitte schön.
Ich bitte, der Berichterstatterin aufmerksam zuzuhören, damit wir die zweite Beratung des Gesetzes durchführen können. - Jetzt ist Ruhe eingekehrt. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau von Angern. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist in der 30. Sitzung des Landtages am 16. November 2007 an den Ausschuss für Finanzen überwiesen worden. Der Ausschuss beschäftigte sich in der 47. Sitzung am 19. Dezember 2007 erstmalig mit dem Gesetzentwurf. Für die Beratung lagen dem Ausschuss ein Schreiben des Ministeriums der Finanzen, ein Schreiben des Landesrechnungshofes, ein Schreiben des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sowie ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD vor.
Die Landesregierung signalisierte ihr Einverständnis mit dem Änderungsantrag und wies darauf hin, dass es nicht das Ziel des Gesetzes sei, die zukünftige Steuerschwankungsreserve aus neuen Schulden zu speisen. Des Weiteren wurde eine detaillierte Berichterstattung im Rahmen der folgenden Steuerschätzung angekündigt.
Aufgrund terminlicher Schwierigkeiten des Ministers wurde die Diskussion zum Gesetzentwurf in die folgende Ausschusssitzung verschoben. Der Finanzausschuss beriet den Gesetzentwurf daher abschließend in der 48. Sitzung am 30. Januar 2008.
Hierzu führte die Landesregierung aus, dass sie in der Steuerschwankungsreserve ein wichtiges Vorsorgeinstrument des Landes sehe. Vor der Ausschusssitzung sei es zu Gesprächen mit dem Landesrechnungshof und dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gekommen, deren Folgen in dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen enthalten seien.
Der Landesrechnungshof führte hierzu aus, dass zu den meisten Punkten eine Übereinstimmung gefunden worden sei, insbesondere - -
Meine Damen und Herren, ich bitte, den Schallpegel ein wenig zu senken. Wir wollen das verstehen können, was die Berichterstatterin hier sagt. - Bitte schön, Frau von Angern.
Der Landesrechnungshof führte hierzu aus, dass in den meisten Punkten eine Übereinstimmung gefunden worden sei, insbesondere hinsichtlich der Regelung zu den Zuführungen und den Einnahmen, hinsichtlich einer klareren Trennung der Steuermehreinnahmen bzw. der Zuführung zur Steuerschwankungsreserve und dem Haushaltsüberschuss. Schließlich sei die Ausnahmeregelung für die Jahre 2007 bis 2009 hinnehmbar.
In der Einzelberatung über den Gesetzentwurf beschloss der Ausschuss die in der Synopse ersichtlichen Änderungen mehrheitlich. Abschließend beschloss der Ausschuss mit 7 : 3 : 0 Stimmen die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung.
Im Namen des Ausschusses für Finanzen bitte ich um Ihre Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung, die die Annahme des Gesetzentwurfes in der geänderten Fassung vorsieht.
Vielen Dank für die Berichterstattung. - Ich erteile nun für die Landesregierung dem Minister der Finanzen Herrn Bullerjahn das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt die Beschlussempfehlung zur Steuerschwankungsreserve vor. Frau von Angern hat schon erwähnt, dass wir eine sehr sachliche Debatte im Ausschuss hatten. An dieser Stelle mein ausdrücklicher Dank all jenen, die daran mitgewirkt haben - ich denke, die Ausschussmitglieder werden es gemerkt haben -, dass der Entwurf maßgeblich überarbeitet wurde. Ich sage auch, der Entwurf wurde sehr gut weiterentwickelt und in manchen Bereichen qualifiziert, wie wir es im Entwurf noch nicht vorgesehen hatten. Dank an den Landesrechnungshof, aber auch an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, dass das zeitlich noch so geklappt hat.
Ich möchte noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Ich habe Sie schon oft mit diesem Drei-SäulenModell traktiert: erstens Konsolidieren, zweitens Vorsorgen und drittens Investieren. Die Konsolidierung sind wir
angegangen. Ohne neue Schulden auszukommen und die geplante Tilgung aufzunehmen, heißt die erste Säule umzusetzen. Bei der zweiten Säule Vorsorgen ist die Steuerschwankungsreserve der letzte Teil. Ich weiß, dass einige im Hause sagen, dass da noch etwas fehlt, nämlich die Neuverschuldung zu verbieten. Ich bin gespannt, welche Ergebnisse die Föderalismuskommission II erzielen wird. An sich ist mit der Steuerschwankungsreserve diese zweite Säule Vorsorge grundsätzlich abgearbeitet.
Wir können uns ab nächster Woche - auch geplant im Kabinett - mit der Säule Investieren beschäftigen. Die Landesregierung wird Ihnen im September die Ergebnisse zu diesem Thema vorlegen.
Noch einmal zu einigen Einzelheiten der Steuerschwankungsreserve. Es geht um eine Einnahmekontinuität. Wir wissen, dass das Wirtschaftswachstum enorme Steuereinnahmen bringt. Aber das wird nicht immer so bleiben. Es gibt Wirtschaftszyklen, die man über acht Jahre fortrechnet. Das heißt, wenn es einmal mehr gibt, wird es auch Zeiten geben, in denen es weniger Steuereinnahmen geben wird. Das zu glätten ist Aufgabe der Steuerschwankungsreserve.
Im kommunalen Bereich nennen wir das Rücklage. Andere Länder machen das ebenfalls. Unser Anliegen war es, eine Kontinuität zu schaffen und die Reserve unabhängig von der Tagespolitik zu strukturieren. Ich glaube und hoffe, dass das eine wesentliche Säule bleiben muss - egal, wie sich Regierung zusammensetzt -, weil bei Einnahmerückgängen meistens sofort hektisches Ausgabensparen beginnt, und das vor allem in so wichtigen Bereichen wie dem der Investitionen.
Was haben wir beschlossen? Es gibt eine Zuführungspflicht von mindestens 50 Millionen € pro Jahr und ein angestrebtes Volumen von 500 Millionen € in der Summe. Es ist geklärt worden, dass die Steuereinnahmen, wenn sie über den Ansatz hinausgehen, zu mindestens 50 % zusätzlich zugeführt werden. Ich war dem Ausschuss dankbar - hierbei auch unterstützt durch den Rechnungshof -, dass wir in den ersten drei Jahren - sprich mit dem Abschluss 2007 - alles, was an Überschüssen auch im Vollzug übrig bleibt, sofort zuführen können, damit die Steuerschwankungsreserve schon im derzeitigen Wirtschaftszyklus ihre Wirkung entfalten kann. In welcher Größenordnung das geschehen könnte, wissen wir nicht.
Ausgeschlossen ist, dass die Steuerschwankungsreserve mittels Krediten finanziert wird. Diese Debatte haben wir schon oft geführt. Ich glaube, es ist sinnlos, in Zeiten, in denen man keine neuen Schulden aufnimmt, zu sagen: Wir entnehmen aus der Steuerschwankungsreserve Geld und führen über eine Neuverschuldung wieder Geld zu. Das ist unsinnig. An dieser Stelle teile ich das, was schon oft zum Thema Soll- und Habenzinsen diskutiert wurde.
Wir wollen die erste freiwillige Zuführung ab dem Jahr 2009 vorsehen. Im Jahr 2010 gibt es eine Zuführungspflicht. Wir haben das für die Jahre 2008 und 2009 etatisiert. Wir haben in der mittelfristigen Planung 50 Millionen € fortgeschrieben. Sie werden es sehen, wenn wir die nächste mittelfristige Finanzplanung im September 2008 vorlegen. Ich glaube, das ist ein guter Ansatz.
Ich wünsche mir eine breite Unterstützung, weil eine solche Konstruktion davon lebt, dass sie weit über Wahl
perioden hinaus wirkt und eine gewisse politische Stabilität zur Grundlage hat. Andere Länder überlegen noch. Ich hatte immer zugesagt, wenn es in der Föderalismuskommission II zu Ergebnissen kommen sollte - was ich derzeit nicht sehe -, bin ich bzw. die Landesregierung sofort bereit, über bessere und weitergehende Regelungen zu diskutieren. Ich möchte aber nicht darauf warten, dass vielleicht gar nichts passiert oder es eine Regelung gibt, die keine Konsequenzen hat.
Ich denke, das Land Sachsen-Anhalt mit seinen zurückgehenden Einnahmen in den nächsten Jahren und der Annahme auf der Ausgabenseite, über die wir gerade diskutieren, kann es gut gebrauchen, beim nächsten Wirtschaftsabschwung eine Rücklage zu haben, auf die andere dann zurückgreifen können, um den Haushalt vernünftig zu steuern. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu den Debattenbeiträgen. Als erstem Debattenredner erteile ich Herrn Harms von der CDU das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Steuerschwankungsreserve, dieses kleine Wunder, soll konjunkturbedingte Einnahmeschwankungen ausgleichen. Die Folgen dieser Schwankungen sind uns aus den vergangenen Jahren bekannt und haben auch weitblickenden Finanzministern durchaus schon erheblich zugesetzt. Es geht um eine für uns völlig neue Frage, und zwar um die Frage: Wie behalten wir einen ausgeglichenen Haushalt?
In Vorbereitung auf diese Diskussion habe ich noch einmal intensiv in der mittelfristigen Finanzplanung nachgeschaut und habe dort einige Analysen zum zeitlichen Verlauf der einzelnen Einnahmearten gefunden. Ich möchte diese Zahlen nicht im Einzelnen vorlesen, weil sie jedem vorliegen; aber es wird in diesem Zusammenhang deutlich, dass diese Reserve nicht alle Probleme finanztechnischer Art lösen wird, die wir in den nächsten Jahren vor uns haben werden.
Strukturfragen, die sich aus der Zeitschiene des Solidarpakts II, aus der Zeitschiene europäischer Förderprogramme oder auch aus der Bevölkerungsentwicklung ergeben, löst diese Rücklage nicht.
In § 2 wird im Detail erläutert, um welche Einnahmen, die als konjunkturabhängig bezeichnet werden, es hierbei geht. Das sind im Einzelnen die Steuereinnahmen direkt, der allgemeine Länderfinanzausgleich und die Fehlbetrags-Bundesergänzungszuweisungen. In der Summe sind das Einnahmen von immerhin mehr als 5 Milliarden €. Das ist mehr als der halbe Haushalt und die Tendenz dieser Einnahmegruppe ist deutlich steigend.
Was wir nicht wissen, obwohl wir von konjunkturellen Schwankungen ausgehen: Wir wissen nicht, wie breit der Graben ist, der vor uns liegt, und wie tief dieser Graben ist. Deshalb ist die Zielgröße mit 500 Millionen € aus meiner Sicht verantwortungsbewusst festgesetzt worden.
Man kann aber davon ausgehen, dass die Reserve nur dann ihre Wirksamkeit entfalten kann, wenn sie zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme auch gefüllt ist. Die Fül
lung innerhalb der nächsten Jahre ist im Gesetz ausführlich beschrieben. Wer aber versuchen möchte, das einmal auf dem Papier nachzurechnen, wie sich im Einzelnen in den nächsten Jahren diese so wichtige Reserve füllen wird, wird feststellen, dass wir dort vor einigen Unbekannten stehen.
Nichtsdestotrotz: Der Werkzeugkasten des Finanzministers hat in unser aller Interesse eine weitere Option mit dieser Reserve. Ich bitte deshalb um eine breite Zustimmung zu diesem Gesetz und darüber hinaus um eine zeitige Auffüllung dieser Reserve, damit sie uns dann helfen kann. - Danke sehr.
Vielen Dank für Ihren Debattenbeitrag, Herr Harms. - Ich rufe jetzt die FDP auf. Frau Dr. Hüskens, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts dieses Umstandes, dass wir alle grundsätzlichen Erwägungen zu diesem Thema eigentlich schon bei der Einbringung erläutert haben, und auch angesichts der ungebrochenen Begeisterung und Aufmerksamkeit zu diesem Thema will ich mich kurz halten.
Ich bin schon der Auffassung, dass durch die Beratung im Finanzausschuss der Gesetzentwurf verbessert worden ist. Ich halte vor allen Dingen für richtig, dass der Landtag jetzt in die Entscheidungsfindung stärker eingebunden ist.
Gleichwohl hat sich an unseren wesentlichen Kritikpunkten nichts geändert: Wann macht eine entsprechende Schwankungsreserve überhaupt Sinn? Unserer Auffassung nach nur im Zusammenhang mit einem Nettoneuverschuldungsverbot. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf daher nach wie vor ab. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Jetzt kommen wir zum Beitrag der SPD. Die Abgeordnete Frau Fischer hat das Wort. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Wir werden diesen Gesetzentwurf natürlich nicht ablehnen. Das versteht sich, glaube ich, von selbst. Denn wir sehen in dem Gesetz zur Steuerschwankungsreserve für unser Land einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Finanzpolitik, weil es die Einnahmen stabilisiert, weil es damit den Landeshaushalt insgesamt stabilisiert und weil es auch unsere Ausgaben für die kommenden Jahre stabilisiert bzw. deren Stabilisierung dient.
Zur Stabilisierung der Einnahmen. Es steht in dem Gesetzentwurf und alsdann auch im Gesetz, dass es ab dem Jahr 2010 zur Pflicht wird, jährlich mindestens 50 Millionen € dieser Reserve zuzuführen. Es ist noch ein langer Weg bis dahin, es sind noch über zwei Jahre. Auch wenn wir in den Haushaltsplan 2009 schon ein Stück weit dafür eingetragen haben, ist es, denke ich,
wichtig, dass dieser Topf mit einer Summe von 500 Millionen € recht schnell gefüllt wird. Darüber sind wir uns, glaube ich, auch einig gewesen, damit wir, wenn wir diesen Weg einer Steuerschwankungsreserve gehen, auf die Rücklage für eventuelle Konjunktureinbrüche zurückgreifen können, wenn einmal die Steuereinnahmen nicht mehr so kommen, wie wir sie in den Haushalt eingestellt haben.
Sie können alle rechnen: Wenn das 50 Millionen € im Jahr sind, braucht es zehn Jahre, bis die 500 Millionen € erreicht sind. Daher gab es auch die Änderung im Gesetzentwurf, dass es die Möglichkeit geben kann, im Benehmen mit dem Finanzausschuss auch die Überschüsse der Haushaltsjahre 2007 bis 2009 zum Füllen der Steuerschwankungsreserve heranzuziehen. Das fanden wir einen sehr wichtigen Punkt, damit man erst einmal eine Summe X hat, die wir nicht beziffern können, für den Fall, dass wir es gebrauchen können.
Die Reserve dient also der Stabilisierung der Einnahmen und damit auch der Stabilisierung des Landeshaushalts insgesamt. Aber sie dient eben auch der Stabilisierung der Ausgaben, weil ein Haushalt Einnahmen und Ausgaben hat. Das wissen Sie alles.