Protokoll der Sitzung vom 29.02.2008

Ich will sagen: Wir sollten uns zum öffentlichen Bereich der Banken bekennen, weil sie vor allem auf der regionalen Ebene mehr Engagement als die privaten Banken zeigen.

Dabei muss es einen Austausch zwischen groß und klein geben. Deswegen haben Sie, Herr Professor Paqué - das weiß ich -, trotz Ihres liberalen Ansatzes, immer alles zu überprüfen, schon vor Jahren dafür geworben, eine Kapitalzuführung zur NordLB zu machen. So etwas muss man unabhängig davon tun, welche theoretische Grundlage man in ein solches Amt mitbringt. Sie wussten, dass die NordLB in diesem Bereich besser aufgestellt werden muss, weil die Konkurrenz wächst.

Was am Ende herauskommen wird, weiß ich auch nicht. Es wird einerseits die Auffassung vertreten, dass es ein großes Geldinstitut geben sollte, das alle öffentlichen Banken mit Geld versorgt, und dass es sich dabei zuallererst um eine staatliche Aufgabe handelt. Es wird aber auch die Meinung vertreten, dass es eine Vielfalt an Banken geben sollte, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. Ich weiß nicht, wo es hingeht. Ich weiß nur, dass sich die Landesbanken umso mehr selbst das Wasser abgraben, je öfter sie sich solche Diskussionen leisten. Was die WestLB macht, ist am Ende das Problem aller.

Bisher - das muss man einmal öffentlich feststellen - ist die NordLB in diese Diskussion nicht einbezogen. Sie hat sehr gut daran getan, sich vor Jahren einen skandinavischen Partner zu suchen, und hält sich aus dieser Marktdiskussion, gerade was die europäische Ebene angeht, heraus. Ein Schwerpunkt ihrer Geschäfte liegt im Schiffbau - dies schien vor Jahren noch undenkbar -, was zu opulenten Renditeerwartungen führt. Man muss sagen, damit haben die Strategen in der Bank, aber auch in den Aufsichtsgremien - auch im Ministerium - vor Jahren die richtigen Weichen gestellt. Mit einer solchen Entwicklung hätte vor Jahren niemand gerechnet. Seinerzeit hieß es, dass der Schiffbau nur noch in Asien rentabel sein wird. Jetzt boomt der Bereich wie verrückt. Das ist das, was die NordLB - einschließlich der Ausweitung nach Norden und Osten - unter dem Strich trägt.

Nun hat es der Kollege Paqué geschickt verstanden, in der Öffentlichkeit so zu tun, als würden die Liberalen überall in Deutschland darauf hinweisen, dass es in Bezug auf die Landesbanken neuer Partner bedarf. Im Koalitionsvertrag heißt es jedoch lediglich:

„CDU und FDP wollen die Landesbeteiligungen weiter zurückführen. Wir sind offen für neue Partner, um den Finanzplatz Hannover und den Wirtschaftsstandort in Niedersachsen zu stärken. Ziel ist die Finanzierung von Investitionen in Bildung, Forschung, Innovation und Infrastruktur. Veräußerungserlöse dienen nicht ausschließlich der Haushaltskonsolidierung.“

Ich sage Ihnen: So ähnlich steht es bei uns auch drin. Aus Niedersachsen kam die Botschaft, die Liberalen hätten jetzt eine ganz neue Idee. Ich war rein zufällig bei einer Sparkasse in Sachsen-Anhalt. Ich habe meinen Kol

legen Möllring angerufen und gefragt, was denn jetzt los sei; denn wir seien doch froh, dass die NordLB nicht in der Diskussion sei. Ich habe ihn gebeten, mir sofort aufzuschreiben, was die Regierung denn wirklich denkt. Ich lese Ihnen das gern einmal vor, um auch bei Ihnen ein Informationsdefizit abzubauen:

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

„Ich kann Ihnen versichern, Herr Bullerjahn, dass sich die Haltung der niedersächsischen Landesregierung gegenüber ihrer Beteiligung an der NordLB nicht geändert hat. Das Land Niedersachsen hält weiterhin an der Kooperation zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und den weiteren Trägern der NordLB fest und hat nicht vor, sich von Trägeranteilen an der NordLB zu trennen. Um Unklarheiten hinsichtlich des Textes der Koalitionsvereinbarung“

- jetzt meint er mich -

„2008 bis 2013 zu beseitigen, habe ich als Anlage …“

Ich habe gestern noch einmal mit ihm telefoniert. Er hat nichts dagegen, dass ich diese hochgeheimen Sätze hier öffentlich mache. Ich will sagen: mal ein bisschen Ruhe an der Front an dieser Stelle. Wir wissen natürlich auch, dass sich die NordLB all den Diskussionen nicht entziehen kann.

Es war wieder einmal so ein gelber Tupfer in der Koalitionsvereinbarung, das Thema Privatisierung doch an prägnanter Stelle - ich weiß gar nicht, auf welcher Seite es war - unterzubringen. Das ist auch gut so; denn wir diskutieren auch in der schwarz-roten Landesregierung darüber, was wir in Zukunft machen und was nicht. Übrigens sind selbst die LINKEN kräftig dabei. Ich habe heute schon etwas von linksliberal usw. gehört. Er ist ja viel näher dran als Sie. Man muss gucken, dass man nicht abgehängt wird.

Ich habe vorhin einen Satz von Ihnen gehört, Herr Paqué, der als Überschrift über diese Debatte dienen könnte: Wir sind jetzt offen für neue Partner. - Ich glaube, das ist nicht nur in Bezug auf die NordLB gemeint.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Um es für die Landesregierung noch einmal klar zu sagen: Wir reden natürlich über die Weiterentwicklung der NordLB. Es geht um das, was Sie hier grundsätzlich angesprochen haben: Was würde passieren, wenn wir wieder eine Kapitelerhöhung vornehmen müssten? Theoretisch wäre es möglich, den norwegischen Partner mit hineinzunehmen. Ich sage aber ganz offen: Angesichts der 3 % sollte ein Finanzminister aus Sachsen-Anhalt nicht so tun, als wenn er etwas zu sagen hätte.

Man muss grundsätzlich darüber nachdenken, ob es für das Land Sachsen-Anhalt sinnvoll ist, in einem solchen Konstrukt zu bleiben. Das habe ich hier schon einmal offen gesagt. Das ist übrigens auch schon - deswegen hätte es des Antrags gar nicht bedurft - im Ausschuss erwähnt worden.

Es gibt bereits eine Verabredung, wonach die NordLB den Ausschuss hier in Magdeburg und/oder auf dem Brocken einmal darüber informiert, was wir in der Trägerversammlung, im Präsidialausschuss und im Aufsichtsrat wollen. Wir glauben nicht - sei es auch ein libe

raler Ansatz -, dass eine Landesbank in fünf Jahren noch genauso aussieht wie heute. Insofern ist dabei Bewegung wichtig.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen einige Hintergrundinformationen geben. Der Antrag ist sicherlich berechtigt. Aber ich glaube, das ist im Ausschuss schon alles aufgegriffen worden. Das Thema wird uns auch nach der Beratung des Antrages nicht loslassen. Wir sind jedes Mal im Präsidialausschuss - Sie kennen das selbst noch; Sie haben ihn vor mir geleitet - dabei zu schauen, was andere Banken machen. Dass westdeutsche Landesbanken in der Diskussion sind, geht natürlich an der NordLB nicht völlig geräuschlos vorbei.

Sie haben darauf hingewiesen, dass es auch eine mittelbare Verantwortung gibt. Das heißt, wir sind über den Risikoausgleich natürlich mit eigenen Beträgen bei der Absicherung dabei. - So weit zum Inhaltlichen.

Ich habe Sie gerade gefragt, warum der Antrag heute eingebracht worden ist. Ich weiß, dass Sie - Sie gehen noch einmal vor - heute hier Ihre letzte Rede halten. Insofern will ich Ihnen als derzeitiger Finanzminister Dank dafür sagen, dass wir trotz unterschiedlicher Auffassungen dafür gesorgt haben, dass im Finanzministerium eine gewisse Kontinuität herrscht. Das war auch schon vor Ihnen so. Das Thema NordLB ist nicht nur durch Sie aufgekommen. Ich weiß, dass Sie sich im Haus Respekt erarbeitet haben. Ich danke Ihnen also noch einmal für die gute Zusammenarbeit.

Sie haben so lax gesagt, Sie wollten als Wissenschaftler die Arbeit weiter begleiten. Ich hoffe nicht, dass das eine Drohung war. Ich würde mich freuen, wenn Sie, bevor Sie loslegen, mir das bei einem Kaffee erläutern. Es wäre schön, wenn wir das ab und zu hinkriegten. Ihnen noch einmal schönen Dank.

Was den Antrag angeht, hoffe ich, dass ich ein bisschen für Aufklärung sorgen konnte. - Danke.

(Beifall im ganzen Hause)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Nun spricht Herr Tullner für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Antrag selbst komme, muss ich sagen: Herr Bullerjahn, lieber Finanzminister, das war ein bisschen irritierend. Sie haben, glaube ich, gerade gesagt: Wir sind klein und kriegen davon nichts mit.

(Minister Herr Bullerjahn: Das habe ich nicht ge- sagt!)

In den Gremien der NordLB sind wir ohnehin nur ein Annex. - So dürfen Sie sich nicht aus der Verantwortung ziehen. Ich glaube, so haben Sie es auch nicht gemeint. Wir haben dort schon Einfluss. Wir merken auch bei den Gesprächen, die wir als Parlamentarier mit Vertretern der NordLB führen, dass unsere Worte durchaus Gehör finden. Es sollte nicht das Missverständnis bestehen bleiben, dass wir dort nicht ernst genommen werden. Ich glaube auch, dass Sie Ihre Tätigkeit in den Ausschüssen ernst nehmen.

Nun zum Thema selbst. Professor Paqué hat sehr eindringlich und umfassend erläutert, vor welcher Problem

lage wir in Deutschland stehen. Leider muss man wieder einmal feststellen, dass Probleme, die wir seit Jahren vor uns herschieben, immer erst dann auf die politische Agenda oder auf die Agenda des Handelns kommen, wenn von außen über eine Krise der Impetus kommt, etwas verändern zu müssen.

Ich erinnere mich noch genau daran, dass Bundeskanzler Schröder bereits auf dem Sparkassentag in Frankfurt gesagt hat, dass es zwar ein klares Bekenntnis zu den Sparkassen im Lande gibt, aber die Frage zu stellen ist, ob die Anteile der Landesbanken noch zeitgemäß seien. Damals haben wir alle bedächtig mit dem Kopf geschüttelt und haben gesagt: interessante Fragestellung. - Passiert ist eigentlich nichts.

Erst die Krise im Zusammenhang mit dem amerikanischen Subprime-Markt hat dazu geführt, dass in Deutschland Bewegung in die Szene kommt. Ich denke, die Bewegung sollten wir nutzen, um zu zukunftsfähigeren Strukturen zu kommen; denn - das haben wir alle seinerzeit anlässlich der Kapitelerhöhung gesagt - bei den Landesbanken sind wir noch nicht am Ende aller Tage angekommen. Die Entwicklung wird weiter gehen. Die Abhängigkeit von globalen Finanzmärkten wird uns immer wieder zum Handeln zwingen. Das ist, finde ich, auch gut und richtig.

Was die NordLB selbst angeht - das hat, glaube ich, der Finanzminister auch schon relativ deutlich und ausführlich dargelegt -, besteht im Moment kein Handlungsbedarf, weil die Lage der Bank recht positiv ist.

Ich habe dankbar zur Kenntnis genommen, dass sich die NordLB aus den Überlegungen, zu einer Fusion, zu einer Zusammenarbeit oder zu einer Änderung von Strukturen zu kommen, herausgehalten hat. Ich glaube, es ist im Moment am besten abzuwarten, was im süddeutschen und westdeutschen Raum passiert. Dass wir letztlich in der Haftung irgendwie mit drinhängen, wissen wir alle. Darum müssen wir nicht herumreden. Aber an der Diskussion über eine Veränderung der Strukturen sollten wir uns erst einmal nicht beteiligen.

Ich denke, durch die Informationspolitik der NordLB und die Gespräche in den nächsten Wochen und Monaten - da sind wir alle mit eingebunden - werden wir noch weitere Informationen erhalten, sodass dieser Antrag aus meiner Sicht eigentlich eine Duplizität darstellt; denn diese Prozesse laufen bereits.

Wir sind im Gespräch mit den Sparkassen. Wir sind im Gespräch mit der NordLB, und wir sind alle, denke ich, sehr sensibel bei diesem Punkt und halten uns immer auf dem Laufenden über das, was öffentlich und nichtöffentlich hinter den Kulissen debattiert wird.

Die Kollegen in Niedersachsen haben die besagte Koalitionsvereinbarung geschlossen. Es ist in der Tat nichts Neues. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass im Jahr 2002, als ich hier anfing, unser liberaler Partner in unserer ersten Koalitionsvereinbarung auch sehr stark die Privatisierung betont hat. Im Laufe der Zeit, als man in den Gremien saß, wurde die Leidenschaft dann aber etwas schwächer.

(Herr Prof. Dr. Paqué, FDP, lacht)

Ich glaube, in diesem Zusammenhang werden wir uns sicher auch gemeinsam mit den niedersächsischen Partnern darüber verständigen, dass wir den erfolgreichen Weg der NordLB fortsetzen und uns immer wieder auf

dem Laufenden halten. Dafür brauchen wir aber keinen besonderen Antrag. Deswegen lehnen wir den Antrag ab. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Prof. Dr. Olbertz)

Vielen Dank, Herr Tullner. - Nun spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Dr. Klein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss schon sagen, dass mich der Antrag etwas verwundert hat, als er kam. Ihre Rede, Herr Paqué, hat mich aber noch mehr verwundert. Deshalb überlegen wir, überlege ich, wie wir mit dem Antrag umgehen sollen. Unsere ursprüngliche Ansicht bestand darin, dem Antrag zuzustimmen. Aber nach Ihrer Rede kann das eigentlich nicht mehr Sinn und Zweck sein.

Die NordLB berichtet regelmäßig im Finanzausschuss. Wir haben das ständig auf der Tagesordnung. Ich weiß nicht, inwieweit wir - zumindest habe ich Zweifel daran - weitere strategische Überlegungen der Sparkassen und der NordLB in den Ausschüssen erfahren würden. Das ist ein sehr sensibles Thema und man sucht für Informationen zum Teil andere Kreise und blockt diese. Insofern halte ich unsere gegenwärtige Praxis der regelmäßigen Berichterstattung der NordLB und der Sparkassen in unserem Ausschuss für völlig ausreichend.

(Zustimmung von Herrn Henke, DIE LINKE, und von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Herr Paqué, es war und ist nicht eine freiwillige Entscheidung der Landesbanken, sich Ratings zu unterziehen. Vielmehr sind die öffentlichen Banken, um gut geratet zu werden, nach dem Wegfall der Gewährträgerhaftung gezwungen, auch auf solchen Risikomärkten zu agieren, um zu schnellem Geld zu kommen. Das ist nun einmal die Kehrseite von Basel II. Die ist von einer politischen Mehrheit gewollt worden. Damit müssen wir uns auseinandersetzen.

Die Fraktion DIE LINKE ist allerdings nicht der Auffassung, dass die gegenwärtigen Finanzmarktturbulenzen im Interesse der Privatbanken für eine Zerschlagung des öffentlichen Bankensektors genutzt werden sollten. Ich würde im Gegenteil eher sagen, dass die aktuellen Entwicklungen nicht nur die Notwendigkeit einer Reformierung und Stärkung der Bankenaufsicht zeigen, sondern auch die Notwendigkeit eines öffentlichen Sektors.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Ansonsten muss man sich fragen, über welche Mechanismen die steuerfinanzierten Finanzspritzen für schlingernde Privatbanken wie die IKB bereitgestellt werden sollten, wenn es die öffentlichen Banken nicht gäbe.