Protokoll der Sitzung vom 29.02.2008

Ansonsten muss man sich fragen, über welche Mechanismen die steuerfinanzierten Finanzspritzen für schlingernde Privatbanken wie die IKB bereitgestellt werden sollten, wenn es die öffentlichen Banken nicht gäbe.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Paqué, Sie waren und Sie sind, glaube ich, noch immer ein glühender Verfechter der Stärkung der NordLB, zumindest sind Sie in dieser Frage noch ein Rest in Ihrer Fraktion. Wenn ich an die Diskussion aus dem Jahr 2005 denke, dann stelle ich fest, dass damals andere, Frau Dr. Hüskens, durchaus der Meinung waren, ein Land müsse nicht Träger einer Bank sein. In anderen Ländern geht das auch ohne.

Wir hatten schon damals Bedenken, ob es, wie gesagt, aufgrund des Wegfalls des öffentlichen Auftrags und der Gewährträgerhaftung überhaupt noch realisierbar ist, dass die NordLB als öffentliche Bank fungiert. Ich muss aber sagen, dass die NordLB in unserem Land ihre Berechtigung hat. Seit dem Jahr 2005 haben sich die Beziehungen auch zwischen dem Landesparlament und der NordLB, glaube ich, deutlich verbessert. Auch in der Wirtschaft wird das sichtbar. Insofern sehen wir gegenwärtig keinerlei Notwendigkeit, uns von der NordLB zu trennen.

Die Landesbank hat nach wie vor eine wichtige Aufgabe bei der Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft und als Sparkassenzentralbank. Sie haben selbst auf die Investitionsbank verwiesen. Was würde aus ihr, wenn wir uns von der NordLB trennen würden? Im Augenblick ist sie ja eine Anstalt in der Anstalt - ein sehr kompliziertes Konstrukt. Auch an dieser Stelle müssten also neue Wege gegangen werden.

Herr Paqué, Sie verwiesen ebenso wie der Minister auf mögliche Fusionen von Landesbanken. Dazu haben Sie eine interessante These aufgestellt. Abgesehen davon wäre meine Frage: Mit wem sollte die NordLB gegenwärtig eigentlich fusionieren? Die Westdeutsche Landesbank hat sich an unsicheren Geschäften in Höhe von 23 Milliarden € beteiligt, die BayernLB Risikogeschäfte im Umfang von 18 Milliarden € getätigt und die Sachsen LB musste verkauft werden. Insofern sehen wir auch gegenwärtig andere Landesbanken nicht unbedingt als Partner, die einsteigen sollten.

Eine wichtige Frage, über die unbedingt zu diskutieren wäre, ist die Aufgabenwahrnehmung der Bankenaufsicht. Gerade bei der SachsenLB, bei der es de facto eine Manndeckung gab, gab es solche entscheidenden Einschnitte, dass man überlegen muss, wie die Bankenaufsicht neu und besser gestaltet werden kann.

Wir sollten außerdem überlegen, wie sich das Land noch stärker in die NordLB einbringen kann, damit unser Engagement für die Wirtschaft in unserem Land noch wirksamer wird, und wo wir künftig Partner finden, mit denen wir gemeinsam vorwärts gehen können.

Auf jeden Fall sollten die jüngsten finanzpolitischen Entwicklungen kein Anlass dafür sein, sich vom Dreisäulenmodell des deutschen Bankenwesens zu verabschieden. Trotz aller Einschränkungen brauchen wir neben den Sparkassen auch die Landesbanken als Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Teils des Bankenwesens. Insofern, denke ich, erübrigt sich auch der Antrag. Die Berichterstattung wird auch künftig im Finanzausschuss fortgesetzt werden. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Klein. - Nun erteile ich Frau Fischer das Wort, um für die SPD-Fraktion zu sprechen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Als ich den Antrag gesehen habe, habe ich zuerst gedacht: Oha, offensichtlich hat die FDP hier irgendwo ein zeitliches Problem; denn zum einen, Herr Paqué, ist das heute die letzte Landtagssitzung, der Sie beiwohnen, und zum anderen ist der Zeitpunkt für die Behandlung des Themas, das Sie hierin

beschrieben haben, ein bisschen früh gewählt. Es hätte aus unserer Sicht durchaus später kommen können; denn das, was der Antrag beinhaltet, ist momentan für Sachsen-Anhalt sicherlich nicht von großer Aktualität.

Ich möchte Ihnen aber Dank für den Vortrag sagen, für das, was Sie hier in Ihrem Redebeitrag über die derzeitige aktuelle Situation der Landesbanken in Deutschland gesagt haben. Ich habe auch gehört, dass Sie - das finde ich sehr schön - eine positive Betrachtung der NordLB angestellt haben.

Aufgrund dessen habe ich aber ein zweites Problem mit Ihrem Antrag; denn wenn die NordLB gut aufgestellt ist, sich gut orientiert hat und nicht mit in diesen Strudel geraten ist, dann frage ich mich, wozu wir den Antrag brauchen, in dem ein Bericht verlangt wird über die Möglichkeiten und Folgen einer Erweiterung des Kreises von Trägern bzw. eines Verkaufes der NordLB-Anteile des Landes Niedersachsen. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Wie wird sich die NordLB künftig aufstellen? - Ich denke, dass es die NordLB im Moment nicht nötig hat, darüber nachzudenken.

Bevor ich noch einmal auf den Antrag selbst zurückkommen will, möchte ich sagen, dass ich den Eindruck habe, dass in dem Antrag, aber auch in dem, was Herr Tullner hier gesagt hat, ein Großteil Spekulation steckt. In Ihrem Antrag ist davon die Rede: Was wäre, wenn Anteile veräußert werden würden? Wie würden sich dann die Sparkassen und die NordLB verhalten?

Bei Herrn Tullners Redebeitrag war ich schon ein bisschen irritiert; denn der Finanzminister hat nicht gesagt, wir wollen einen Anteil in Höhe von 3 % haben, sondern er hat gesagt, wenn sich die Anteile an der NordLB dahin gehend verschieben würden, dass der Anteil des Landes Sachsen-Anhalt nur noch bei 3 % liegen würde, dann müsste man neu überlegen, wie man weiter verfährt. Das war die Aussage und nicht die, wir wollen 3 % oder wir sind ein zu kleiner Partner. Ich denke, das sind wir nicht. Das Land Sachsen-Anhalt ist in der NordLB sehr gut vertreten.

Noch einmal zu dem Antrag: Ich habe mir auch den entsprechenden Auszug aus der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP in Niedersachsen angesehen. Ich habe darin überhaupt nicht gefunden, dass die NordLB tatsächlich explizit als eine Gesellschaft genannt wird, bei der die Möglichkeit bestünde, Anteile zu verkaufen, und ich sehe auch eine solche Gefahr darin nicht. Daher bin ich und sind wir der Meinung, dass Ihr Antrag zur Unzeit kommt, wenn es ihn denn überhaupt geben müsste. Der Antrag hat Ihnen hier noch einmal eine Plattform geboten für eine wirklich gute und inhaltlich fundierte Rede.

Wir als SPD-Fraktion sind ebenfalls der Meinung, diesen Antrag abzulehnen. Wir werden im Ausschuss für Finanzen zum einen kontinuierlich - auch unaufgefordert - durch den Finanzminister - Frau Dr. Klein als Ausschussvorsitzende hat das bestätigt - über aktuelle Entwicklungen unterrichtet, aber auch auf Anfrage und aufgrund von Anträgen. Es ist ein ständiges Thema. Dort gehört es auch hinein, weil wir um die Brisanz der Entwicklung der Landesbanken wissen.

Deshalb möchten wir Ihren Antrag ablehnen. Wir sind uns gewiss, dass uns das Thema mit Sicherheit im Finanzausschuss weiter verfolgen wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Nun hören wir zum guten Schluss noch einmal Herrn Professor Paqué.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedauere natürlich außerordentlich, dass die Mehrheit dieses Hohen Hauses dem Antrag wohl nicht zustimmen wird. Mein Bedauern hält sich aber insofern in Grenzen, als der Grund für diese Nichtzustimmung fast ausschließlich in der Tatsache liegt, dass die NordLB aus Ihrer Sicht offenbar inzwischen derart gute Kommunikationskanäle zur Politik hergestellt hat, dass eine regelmäßige Information erfolgt.

Meine Damen und Herren! Das war nicht immer so. Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung. Darauf haben wir damals, in den Jahren zwischen 2002 und 2006, hingewirkt. Ich weiß, dass die jetzige Landesregierung das genauso tut. Insofern ist das eine gute Entwicklung, wie auch insgesamt, so glaube ich, wenn man die Investitionsbank mit in den Blick nimmt und sich einmal vor Augen führt, dass die NordLB mehr zu einer sachsenanhaltischen Bank geworden ist und nicht nur eine niedersächsische Bank ist, als die sie früher empfunden wurde.

Der zweite Punkt, auf den ich noch ganz kurz eingehen möchte, ist der genannte Anteil. Wir haben ja derzeit etwas über 8 %. Der Finanzminister hat gesagt: Wenn es auf 3 % hinunterginge, dann wäre das viel zu niedrig, um überhaupt noch Einfluss zu haben.

(Zuruf von der CDU: Darüber sollte man einmal nachdenken!)

Natürlich wäre das ein Problem, insbesondere wenn es mit einem zusätzlichen Träger verbunden wäre. Allerdings ist es ganz wichtig, sich klar zu machen, dass man auch mit einem relativ kleinen Anteil - der Anteil von 8,25 %, den wir derzeit haben, ist ja auch nicht gerade die Welt - gerade auf politischer Seite doch maßgeblich Einfluss nehmen kann. Das sollte das Land in den entsprechenden Gremien in den nächsten Jahren auch tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich erlaube mir an dieser Stelle, da es meine letzte Rede hier im Landtag ist, wenn Sie es mir gestatten, einige persönliche Worte, die nicht so viel mit dem Thema NordLB und Sparkassen zu tun haben.

Ich möchte mich zunächst für die Zusammenarbeit mit den Mitgliederinnen und Mitgliedern dieses Hohen Hauses in den letzten sechs Jahren ganz herzlich bedanken. Ich bedanke mich, wie das ganz natürlich ist, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Aber insgesamt bedanke ich mich ganz herzlich bei allen. In diesen sechs Jahren habe ich es als eine sehr gute Zusammenarbeit empfunden, weit über die Fraktionsgrenzen hinweg, in den ersten vier Jahren als Finanzminister und Abgeordneter und in den letzten beiden Jahren als Fraktionsvorsitzender.

Dass ich in die Wissenschaft zurückgehen möchte, hat ganz persönliche Gründe. Das ist kein Überdruss an der Politik,

(Zuruf von der CDU: Ach!)

sondern das Interesse daran, wieder wissenschaftlich zu arbeiten.

Dass das nicht ganz fruchtlos ist, hat mir heute Herr Thiel gezeigt, als er eine Veröffentlichung von mir aus dem Jahr 2001 zitierte. Daran merkt man, dass die Wissenschaft eben nicht nur in einem Elfenbeinturm betrieben wird, sondern auch im Gespräch mit der Politik berücksichtigt wird. Ich würde mich freuen, wenn wir dieses Gespräch in der Zukunft weiterführen könnten, meine Damen und Herren.

(Beifall im ganzen Hause)

Wenn man geht, hat man - vielleicht - einen Wunsch frei. Ich nehme mir an dieser Stelle einfach einmal heraus, drei Wünsche zu formulieren.

(Heiterkeit - Zurufe von der SPD: Drei gleich? - Das ist viel!)

(Zurufe von der SPD: Wieso? - Warum nicht ei- nen?)

- Also, die FDP-Fraktion erlaubt mir jeden Wunsch; dann bekomme ich doch wohl von jeder Ihrer Fraktionen einen.

(Heiterkeit bei der FDP)

Es betrifft die Politik in der Zukunft, aufbauend auf dem, was wir alle in der Vergangenheit in diesem Land schon geleistet haben.

Der erste Punkt ist: Ich bitte Sie ganz herzlich darum, in den nächsten Jahren immer im Auge zu behalten - Herr Thiel hat es heute erwähnt -, dass wir wirtschaftliches Wachstum brauchen. Es ist von absolut zentraler Bedeutung, dass unsere industrielle Basis, dass unsere wirtschaftliche Basis weiter gestärkt wird. Es hat sich schon eine Menge entwickelt. Das reicht aber noch nicht. Wir haben in den letzten Jahren gesehen: In dem Augenblick, in dem es wieder wirtschaftliches Wachstum gab, hat sich auch die Finanzlage deutlich verbessert. Das müssen wir immer im Auge behalten.

Ab dem Jahr 2019 ist Schluss mit dem Solidarpakt. Dann werden wir auf eigenen Füßen stehen müssen. Insofern muss das bei jeder Entscheidung mit berücksichtigt werden. Ich glaube, es ist ein zentrales Element der Vollendung der deutschen Einheit, dass wir - wie die anderen ostdeutschen Bundesländer dann hoffentlich auch - fest auf den eigenen Füßen stehen und unsere Rechnungen selbst bezahlen können.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte und den ich für von überragender Bedeutung halte, ist, dass wir immer noch auf einem Weg in eine offene Gesellschaft sind. Wir haben hier im Land immer noch Probleme mit dem Radikalismus, derzeit vor allem mit dem Rechtsradikalismus. Wir sollten aber auch den Linksradikalismus nicht vergessen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

In den 70er-Jahren war ich Student. Ich weiß noch genau, wie damals die RAF in Westdeutschland führende Politiker und Wirtschaftsleute kaltblütig ermordete. Das dürfen wir nicht vergessen.

Radikalismus hat in dieser Gesellschaft nichts zu suchen. Dagegen müssen wir angehen, nicht nur mit symbolischen Aktionen, die natürlich auch nötig sind, sondern vor allem durch eine Stärkung der bürgerlichen Mitte unserer Gesellschaft. Aus Bürgerengagement und einer kraftvollen bürgerlichen Botschaft entsteht die Kraft,

um gegen diesen Radikalismus anzugehen, meine Damen und Herren. Ich möchte Sie ganz herzlich darum bitten, das in den nächsten Jahren weiter zu berücksichtigen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, ist eine ganz persönliche Bitte, eher eine Kleinigkeit.

Ich gelte ja als jemand, der relativ scharf diskutiert. Ich weiß gar nicht, weshalb ich diesen Ruf habe. Ich bin doch so ein liebenswürdiger Mensch.