Protokoll der Sitzung vom 17.04.2008

denen widerrechtlich gelagerten Abfälle wurden zeitnah beseitigt.

Der Tontagebau Möckern ist seit den 90er-Jahren ein Ärgernis für die Bevölkerung und wurde im Jahr 2006 geschlossen. Das heißt, die Laufzeit umfasste den Zeitraum von 1993 bis 2006. Die Belästigungen bedauere ich ausdrücklich. Die Ärgernisse, die die Bevölkerung festgestellt hat bzw. wahrnehmen musste, waren so nicht hinnehmbar. Glücklicherweise hat sich aber eine Gefahr für die Bevölkerung explizit nicht bestätigt. In den Kontrollschächten sind zu verschiedenen Beprobungszeitpunkten erhebliche Konzentrationen von Schwefelwasserstoff gemessen worden.

Die Grube wird jetzt nicht mehr belüftet, sondern das Gas wird abgesaugt. Es gibt dazu eine Gasabsaugungsanlage mit biologischem Filter. Dadurch werden die Geruchsbelästigungen erheblich vermindert. Zudem erfolgte die Umzäunung und die Absperrung des gesamten Betriebsgeländes und das Aufbringen einer weiteren und stärkeren Abdeckschicht aus Ton. Die technischen Notwendigkeiten dafür sind schon in den vorherigen Diskussionsbeiträgen mit benannt worden.

Die in den Medien dargestellte Gefahr von Blausäure hat sich bei der Auswertung der Proben nicht bestätigt. Vielmehr war der zunächst gemessene Wert auf Querempfindlichkeiten bei der Probenahme zurückzunehmen. Dies war aber dem Magazin „Frontal 21“ vor der zweiten Sendung mitgeteilt worden.

Die Bürger von Sachsen-Anhalt müssen die Gewissheit haben, dass ihre Landesregierung und alle kommunalen Behörden bei jedem Anzeichen von Gefahr für Mensch und Umwelt unverzüglich und mit allem Nachdruck reagieren.

Im Fall Möckern und Vehlitz gab es seit Längerem besorgte Hinweise aus der Bevölkerung. Solchen muss in Zukunft konsequenter nachgegangen werden. Die Vergangenheit wird konsequent aufgearbeitet. Das kann ich Ihnen persönlich mit allem Nachdruck zusagen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Den Bürgern um Möckern und Vehlitz kann ich ebenfalls versichern, dass wir diese Besorgnisse nicht nur ernst nehmen. Wir haben entsprechend reagiert und werden weiter zeitnah, tagesaktuell, stündlich reagieren. Es gibt ein klares Reaktionsschema. Es gibt ein Überprüfungsschema. Es gibt eine ganz klare Gefahrenabwehrbewertung, die tagesaktuell immer wieder auf den neuen Stand gebracht wird, damit jede Gefahr für Mensch und Umwelt und jeder Versuch illegaler Müllentsorgung ausgeschlossen bleibt.

Wir werden in den nächsten Tagen der Bevölkerung bzw. dem Ausschuss ein durchgehendes Kontrollregime und Reaktionsschema abschließend zur Kenntnis geben, damit klar ist, was nicht in dieser Grube landen darf bzw. dort nicht hingehört. Darüber hinaus soll die Bevölkerung bzw. der Ausschuss dadurch über weitere behördliche Aktivitäten informiert werden und Ansprechpartner benannt bekommen, an die man sich Tag und Nacht wenden kann.

Was passiert darüber hinaus? - Die Überwachung von Ton-, Kies- und Sandgruben wird deutlich verstärkt. Es werden regelmäßig Kontrollproben genommen. Die hierfür erforderlichen Haushaltsmittel sind zu erhöhen. Dafür werde ich innerhalb des Ressorts sorgen. Alle Analysenergebnisse werden bekannt gegeben.

Damit die bestehende Zusammenarbeit zwischen den Bergbehörden und den Umweltbehörden noch weiter intensiviert wird, hat eine interministerielle Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufgenommen. Frau Kollegin Wernicke hat darüber schon berichtet.

Die Landesregierung hat Neuregelungen zur Zuständigkeit getroffen. Beim Vollzug des Bodenschutzgesetzes beteiligt das LAGB frühzeitig das Landesverwaltungsamt. Bei Anordnungen nach Bergrecht wird zur Wahrung der Belange des Bodenschutz- und Abfallrechts das Einvernehmen mit dem Landesverwaltungsamt hergestellt. Dies hat die Landesregierung am 15. April 2008 im Kabinett beschlossen.

Darüber hinaus legen MW und MLU bis Ende Mai 2008 ein aktualisiertes Konzept zur Berücksichtigung der Belange des Bodenschutzes bei der Wiedernutzbarmachung obertägiger bergbaulicher Anlagen mittels Abfallverwertung vor. Im gleichen Zeitraum führen MW, MLU und das Landesverwaltungsamt eine Untersuchung der Ablauforganisation für die Aufgaben des LAGB durch und legen einen Vorschlag zur Optimierung der Organisation vor.

Da es sich um ein bundesweites Problem handelt und dieses bundesweite Problem der Entsorgung und Verwertung von Restmüll in Abgrabungen insgesamt immer noch nicht gelöst ist, ist es erforderlich, dass bundesrechtliche Lücken geschlossen werden. Damit befassen sich auch die Umweltministerkonferenz und die entsprechenden Länderarbeitsgemeinschaften. Sachsen-Anhalt wird dieses Thema ebenfalls auf die Tagesordnung der nächsten Wirtschaftsministerkonferenz bringen und die Diskussion dort mit den entsprechenden Bergbaukollegen fortführen.

Zur Verbesserung der Rechtsgrundlage wird der Bund aufgefordert, das Rechtssetzungsverfahren für die notwendige Verordnung zu beschleunigen. Dies ist auch die Konsequenz aus dem Gerichtsurteil, das seit einigen Tagen vorliegt. Hierzu wird die Landesregierung eine Bundesratsinitiative einbringen, die in der nächsten Woche im Kabinett beraten wird.

Die Bundesratsinitiative hat mehrere Aspekte. Mit ihr wird die Bundesregierung dringlich aufgefordert,

a) das Gesetzgebungsverfahren zur Veränderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einzuleiten. Durch eine Verknüpfung abfallrechtlicher Anforderungen mit der Anlagengenehmigung soll eine bessere Transparenz der Abfallströme hergestellt werden. Diese Änderung soll auch bei der geplanten integrierten Vorhabengenehmigung im Umweltgesetzbuch berücksichtigt werden.

b) Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, das laufende Rechtssetzungsverfahren einer Verordnung über den Einbau von mineralischen Stoffen und zur Änderung der Bundesbodenschutzverordnung umgehend durchzuführen. Diese Verordnung wird dringend benötigt. Das hat die Entwicklung der Ereignisse gezeigt.

Im Übrigen - das ist noch einmal das klare Angebot an die anwesenden Fraktionen - steht jederzeit die gesamte Aktenlage zu allen Vorgängen, die hier besprochen wurden, zur Einsicht zur Verfügung. Wir sind auch weiterhin bereit, Vor-Ort-Veranstaltungen auch über die Fraktionen fachlich zu begleiten. Wir haben ein maximales Interesse daran, dass eine Transparenz zu der Vergangen

heit, zu den gegenwärtigen Aktivitäten und auch zu unseren zukünftigen Strategien hergestellt wird, die ganz klar strukturiert sein müssen, um das, was hier vorgekommen ist, zukünftig auszuschließen.

Aber - das sage ich noch einmal ganz klar, weil ich seit zwei Jahren als Minister Verantwortung in diesem Ministerium habe - es sind Vorgänge, die sehr, sehr lange Vorgeschichten haben. Ich bitte um Verständnis, dass solche hochkomplexen, langwierigen Prozesse mit sich ständig verändernden Rechtslagen, die sich über die Amtszeit vieler Landesregierungen hinziehen, auch nur in diesem historischen Kontext vernünftig abgearbeitet werden können.

Es ist für eine Landesregierung - egal in welcher Legislaturperiode sie Verantwortung getragen hat - nicht leicht, in vorhandene Verwaltungsakte hineinzugehen, wenn sich geltendes Recht verändert. Dieser Prozess muss demzufolge auch unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung für das Land und gegebenenfalls auch zu erwartender Schadenersatzklagen mit Augenmaß geführt werden. Aber ich ende mit den Worten, mit denen ich begonnen habe: Es gibt Dinge, für die es null Toleranz gibt. Dafür sollten wir uns gemeinsam einsetzen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. - Nach dem Beitrag der Landesregierung kommen wir zu den Debattenbeiträgen. Als erstem Debattenredner erteile ich Herrn Bergmann für die SPD das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben unmittelbar nach der Aktuellen Debatte einen Antrag zu demselben Thema zu behandeln. Nicht selten ist es dann der Fall, dass schon alles gesagt worden ist, nur nicht von allen. Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, und nur auf einige wesentliche Punkte eingehen.

Zuallererst aber möchte ich mich bei meinem Kollegen Matthias Graner bedanken. Wir haben uns im Vorfeld abgestimmt, dass er den Part in der Aktuellen Debatte übernimmt. Ich halte es für richtig, dass auch die Betroffenheit der Leute vor Ort angesprochen wurde. Ich habe bei den weiteren Redebeiträgen gehört, dass oft auf die Rede des Abgeordneten Graner eingegangen wurde. Ich denke, es war wichtig, diesen Aspekt noch einmal hineinzubringen und nicht nur die technischen Daten und die hohe Kompetenz, die wir hier alle haben, abgehandelt zu sehen.

Mir ist aber im Gespräch mit meinem Kollegen Graner aufgefallen, dass im Bereich Vehlitz und Möckern, egal wie man zu der einen oder anderen Firma steht, einige Dinge nicht 100-prozentig geklärt sind. Mich hat noch die Tatsache umgetrieben - das hat Kollege Graner aufgrund der Zeit nicht mehr vortragen können -, dass in diesem Raum auch das Gerücht umgeht, dass aus einer Tongrube Ton entnommen wird und im nahen Truppenübungsplatz Altengrabow abgekippt werden soll, um neuen Raum für die Einlagerung von Material zu schaffen.

Wie gesagt, das ist ein Gerücht, aber das müsste man prüfen. Vor diesem Hintergrund muss man fragen, ob

ein Rahmenbetriebsplan so etwas nicht auch zu beachten hat. Selbst wenn es legal ist, wäre zu hinterfragen, ob es Sinn macht. Vor dem Hintergrund, dass Rohstoffe immer knapper werden, muss man sich fragen, ob man so mit Rohstoffen umgehen darf.

Den Kollegen in der Opposition möchte ich sagen: Wir dürfen bei aller Bedeutung dieses Themas auch nicht vergessen, wenn es sich um kriminelle Machenschaften handelt, dass der entscheidende Punkt ist, von wem die kriminelle Energie ausgeht. Auch wenn - das ist klar - im parlamentarischen Raum der Ansprechpartner in der Regel die Verwaltung und die Landesregierung ist, muss uns allen im Gedächtnis bleiben, dass die kriminelle Energie von dem Unternehmen ausgeht, das illegal eingelagert hat.

Mir liegt der Ruf unseres Landes besonders am Herzen. Das tut mir schon ein bisschen weh. Wir haben in den letzten fast 20 Jahren eine Menge geschafft, wir sind gut durchgestartet, wir haben sehr viele positive Dinge erreicht. Das wissen Sie alle. Dann tut es richtig weh, wenn das Land Sachsen-Anhalt bundesweit mit einem Skandal - egal, ob es wirklich einer ist oder nicht - in den Medien ist und das Land Sachsen-Anhalt wieder einmal nicht positiv in aller Munde ist.

Das muss uns dazu bringen, dass wir gerade bei dem Thema Abfallverbringung, Müllentsorgung besonders genau hingucken. Das muss für die Zukunft bedeuten, dass die Verwaltung auch die ganz, ganz wenigen Deponien oder Gruben im Lande zu fassen bekommen muss, bei denen illegal gehandelt wird; denn wir wissen, wie sensibel dieses Thema bundesweit diskutiert wird.

Ich habe noch zwei Anmerkungen zu Debattenbeiträgen. Herr Kollege Gürth, ich kenne das Spielchen zwischen Koalition und Opposition auch. Sie haben vorhin der LINKEN in Bezug auf die Vergangenheit etwas vorgeworfen. Als jemand, der aus Westdeutschland kommt, sage ich Ihnen: Die Entsorgungspraxis der vergangenen 50 Jahre war alles andere als Klasse. Das gilt für Ost und West. Daraus haben wir unsere Lehren gezogen. Wir haben entsprechende Gesetze, wir haben gute Gesetze. Die Gesetze müssen vielleicht noch besser werden.

Ich sage das ganz bewusst, weil ich das Anliegen auch der Opposition sehr ernst nehme. In diesem Falle müssen wir alle zusammenstehen. Da kann kein Blatt Papier zwischen Opposition und Regierung sein. Es darf diesbezüglich kein Schludern, kein Nachlassen, keine Oberflächlichkeit geben. Dieses Problem müssen wir alle gemeinsam lösen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN)

Kollege Stadelmann, noch einmal zur Zertifizierung mancher Unternehmen. Wir wissen, was Zertifizierung bedeutet. Ich bekomme sie dann, wenn ich ein Qualitätsmanagement habe, sodass bestimmte Betriebsabläufe in einer bestimmten Reihenfolge immer wieder wiederholt werden können.

Wenn ich aber kriminelle Energie habe, dann kann ich auch diese in einer hohen Qualität immer wieder wiederholen. Allein die Zertifizierung spricht nicht dafür, dass das Unternehmen sauber ist.

(Frau Weiß, CDU, schüttelt den Kopf)

Ich unterstelle keinem Unternehmen, dass es nicht sauber ist. Das haben andere zu prüfen, aber wir müssen an der Stelle ebenfalls vorsichtig sein.

Letztendlich bleibt mir ein besonderer Dank einmal an Frau Ministerin Wernicke, die erläutert hat, wie weiter verfahren werden soll, und insbesondere an Herrn Dr. Haseloff.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Ich denke, gerade auch seine letzten Ausführungen mit den ganzen technischen Daten und all dem, was bereits veranlasst wurde, bzw. dazu, wie es weitergehen soll, war bereits eine ganze Menge für uns, um zu wissen, wie es wirklich weiter laufen wird. Ich denke, dass die Regierung in Zukunft noch sensibler bei dieser Sache sein wird.

Ich komme ganz schnell zu unserem Antrag. Ich glaube, dass sich in unserem Änderungsantrag auch die Opposition gut wiederfindet.

(Herr Scheurell, CDU, lacht - Zuruf von der CDU)

- Alternativantrag, Entschuldigung. - Ich weiß auch eines: Der Fokus bleibt weiter auf Sachsen-Anhalt gerichtet, durch die Medien, auch durch das ZDF. Allein aus diesem Grunde werden wir uns kräftig Mühe geben, aber nicht nur deswegen, sondern auch deswegen, weil wir in der Pflicht sind. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Bergmann. - Für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Kley das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man sollte nach einer solch umfänglichen Aktuellen Debatte ja meinen, es wäre alles diskutiert worden, aber offenkundig haben immer neue Redner auch immer neue Sachverhalte hervorgebracht. Ich bewundere an dieser Stelle immer die SPD, die es schafft, Opposition in der Koalition darzustellen.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD und von der LINKEN)

Wenn man dem Wähler erklärt, man sei bereit, die Regierungsverantwortung zu übernehmen, dann sollte man das auch tun und sollte nicht hier versuchen, davon abzulenken.

(Beifall bei der FDP - Unruhe bei der SPD - Zuruf von der SPD: Was soll denn das? - Herr Gallert, DIE LINKE: Das kriegen wir beim Sport noch einmal umgekehrt, Herr Kley! - Heiterkeit)