Protokoll der Sitzung vom 06.07.2006

Ursprünglich wollte ich das Audit noch etwas erklären und erläutern, aber das kann ja jeder nachlesen, wenn es einmal nicht ganz so heiß ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kurze. - Nun erteile ich Frau von Angern für die Linkspartei.PDS-Fraktion das Wort.

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Für meine Fraktion ist die Schaffung familienfreundlicher und auch geschlechtergerechter Arbeitsbedingungen ein grundlegendes Thema. Dabei möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass in Sachsen-Anhalt bereits seit Längerem versucht wird, in dieser Richtung zu arbeiten. Bisher haben sich 15 Institutionen, darunter das Sozialministerium, dem Audit Beruf und Familie der Hertie-Stiftung unterzogen. Dies ist ohne Zweifel bereits jetzt ein Erfolg, reicht aber bei Weitem noch nicht aus.

Insofern ist der Antrag der FDP vom Anliegen her zu unterstützen, nicht jedoch vom Umfang und von der Tiefe der Forderung her. Aber ich habe sehr wohl wahrgenommen, dass die FDP unseren Antrag unterstützt.

Wir haben unseren Änderungsantrag gestellt. Dieser ist aus folgenden Gründen wichtig: Zunächst ist uns neben den Landesbetrieben auch die Einbeziehung der landeseigenen Gesellschaften wichtig, um die Auditierung möglichst umfassend zu ermöglichen.

Das Audit stellt - zweitens - zwar ein ausgereiftes Instrument des Ausgleichs von Unternehmenszielen und Mitarbeiterinteressen dar, es wirkt jedoch der Natur der Sache nach lediglich innerhalb der Institution. Dabei wird übersehen, dass die Kunden oder Klienten von Behörden, Ämtern und Verwaltungen in der Regel auch familiär und beruflich eingebunden sind. Daher ist aus unserer Sicht gleichzeitig eine familienbewusste Kundenorientierung nötig, die die Institution nach außen hin kennzeichnet. Diese kann bei der Gestaltung der Öffnungs- und Geschäftszeiten ansetzen.

In diesem Zusammenhang sind beispielsweise auch Fragen von speziellen Mutter-Kind-Parkplätzen oder der kindgerechten Ausstattung von Warteräumen legitim. Empfehlungen für die kommunale Ebene wären in diesem Sinne zu diskutieren.

Drittens legen wir Wert auf familiengerechte Arbeitsbedingungen auch in der Wirtschaft. Es ist richtig, dass das Land hierbei nur beschränkte Steuerungs- und Eingriffsmöglichkeiten besitzt und vieles vom Goodwill der einzelnen Unternehmensführung abhängt. Mit diesem Problem aus der Sicht des Landes umzugehen ist nicht gerade einfach, wenn man über einen Appell an die Wirtschaft hinausgehen will. Gerade deswegen ist es aber doch interessant, neue und andere Zugangsmöglichkeiten in Richtung Wirtschaft gemeinsam zu diskutieren und, wenn möglich, auch zu finden.

Die betrieblichen Effekte familienfreundlicher Maßnahmen sind sehr vielfältig: verbesserte Motivation, höhere Leistung und Einsatzbereitschaft der Angestellten, reduzierte Stressbelastung, Verringerung einer kosteninten

siven Mitarbeiterfluktuation. Kurz: Familienfreundlichkeit rechnet sich für Unternehmen.

Im Übrigen ist sicherlich allen Fraktionen bekannt, dass auch in Sachsen-Anhalt bereits Unternehmen sehr familienfreundlich engagiert sind. Sie haben den Nutzen einer solchen Unternehmenspolitik bereits für sich erkannt. Da sich der Gedanke im Antrag der FDP nicht wiederfindet, haben wir den Änderungsantrag gestellt.

Viertens und letztens - so ehrlich muss man sein; es ist schon angesprochen worden - ist natürlich auch der Kostenaspekt zu beachten. Gefördert werden die Audits zu 75 % aus Mitteln der Europäischen Union. Ein Audit schlägt mit 8 533 € zu Buche. In Abhängigkeit von der Betriebsgröße der zu auditierenden Organisation übernimmt das Land diese Kosten entweder vollständig oder es beteiligt sich an den Kosten.

530 000 € wurden seit Beginn der Förderung im Sommer 2003 im Land verausgabt. Bei bisher 15 Institutionen, die am Audit teilgenommen haben, kommt man jedoch rein rechnerisch bei einer 100-prozentigen Förderung des Landes auf eine Summe von knapp 128 000 €.

Dieses Rechenbeispiel soll den Sinn des Audits nicht infrage stellen, sondern lediglich auch vor dem Hintergrund der anstehenden Haushaltsverhandlungen unseren Diskussionsbedarf illustrieren. Den Verbleib der restlichen 400 000 € sollten wir allerdings im Ausschuss klären.

In diesem Sinne bitte ich Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sich unserem Änderungsantrag anzuschließen. Wir folgen dem Vorschlag der FDP, im Punkt 1 das Wort „zeitnah“ hinzuzufügen. Gegenüber dem Antrag von SPD und CDU signalisieren wir Enthaltung. Eine Berichterstattung ist zwar ganz nett, bringt uns aber nicht ein Stück weiter.

Ich möchte es noch einmal ausdrücklich sagen: Der Auftrag, den Gleichstellungsbeauftragte haben, ist aus unserer Sicht kein familienpolitischer Auftrag. Mir ist natürlich bewusst, dass sowohl in den Kommunen als auch auf Landesebene die Gleichstellungsbeauftragten dieses Thema bereits mit bearbeiten. Dies ist aber nicht ihre grundsätzliche Aufgabe. Ich denke, dass es ressortübergreifend von anderen übernommen werden sollte. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau von Angern. - Nunmehr spricht für die SPD-Fraktion Frau Grimm-Benne. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich will noch einmal den Wortlaut der zwischen CDU und SPD geschlossenen Koalitionsvereinbarung verlesen, zumindest der bestimmten Passage - ist das jetzt der Witz, den Herr Daehre sich gewünscht hat? -:

(Heiterkeit)

„Wir setzen uns für eine familienfreundliche Arbeitswelt ein. Der öffentliche Dienst übernimmt hierbei eine Vorbildfunktion.“

Jetzt kommt es:

„Die Vereinbarung von Familie und Beruf ist ein wichtiges Kriterium der Geschlechtergerechtigkeit.

Die Koalition spricht sich für eine stärkere Verantwortung von Vätern in der Familie aus.“

(Herr Tullner, CDU: Wie wahr!)

Das ist für uns einer der zentralen Punkte im Streben hin zu mehr Familienfreundlichkeit unserer Gesellschaft. Denn gerade die Hemmnisse in der Arbeitswelt lassen noch sehr viele Frauen und Männer ihren Wunsch nach Kindern zurückstellen oder ganz aufgeben. Das doch nur deshalb, weil sie befürchten, dass ein Leben mit Kindern in der Arbeitswelt nicht oder nur mit großen beruflichen Nachteilen machbar ist.

Genau deshalb haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, dort anzusetzen, wo der größtmögliche Einfluss ausgeübt werden kann, nämlich im öffentlichen Dienst. Deshalb haben wir festgeschrieben, dass dieser eine Vorreiterrolle übernehmen soll.

Es ist schon mehrfach gesagt worden, dass das Sozialministerium das Audit Beruf und Familie entsprechend der externen Richtlinie durchgeführt hat. Es besitzt gute Voraussetzungen, die anderen Landesbehörden bei der Gestaltung einer familienbewussten Personalpolitik zu unterstützen und weiterführende Ziele zur Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie zu erarbeiten.

Frau Dr. Hüskens, wenn Sie dort die verschiedenen Handlungsfelder betrachten, dann sehen Sie, dass es erforderlich ist, das Audit in den einzelnen Häusern unterschiedlich durchzuführen.

Deswegen meinen wir: Um das Ziel zu erreichen, insbesondere in den Ministerien und in den Landesbehörden familienfreundliche Elemente im Arbeitsprozess zu installieren, weil dies eine feste Säule der Geschlechtergerechtigkeit ist und auch dem Gender-Ansatz folgt, haben wir eine Landesbeauftragte für Frauen und Gleichstellung und die Gleichstellungsbeauftragten in den Ministerien und in den Landesbehörden. Das bietet die Gewähr dafür, dem Ziel näher zu kommen, die gleiche Teilhabe von Männern und Frauen an der Erwerbsarbeit und in der Familie zu garantieren.

Deshalb sollen diese den Prozess aktiv begleiten und in den Häusern entsprechende Vorschläge unterbreiten, die selbstverständlich auch mit den Personalräten und den Mitarbeitervertretungen beredet und letztendlich beschlossen werden sollen.

Frau Ministerin hat in Ihrer Rede ausgeführt, dass wir natürlich auch den Blick auf die Privatwirtschaft lenken müssen. Aber - auch Frau von Angern hat es erwähnt - die bereits zertifizierten Unternehmen haben etwas geschafft, wovon der öffentliche Dienst noch weit entfernt ist. Denn sie haben neben Betriebskindergärten für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen ganzen Service für Familien angeboten, nämlich Förderung von Elterninitiativen, Beratung und Vermittlung, Notdienste im Krankheitsfall, Notmütter, Kinderfrauen, Tagesmütter und Ferienangebote für die Kinder, deren Eltern noch arbeiten. Ich denke, das haben wir in den Ministerien und Landesbehörden noch nicht umfassend genug realisiert.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, und zwar im Sinne des Gender-Ansatzes für Frauen und Männer. Denn ich habe schon mitbekommen, dass es erst einen Aufschrei gab, dass wir die Gleichstellungsbeauftragten an dieser Stelle einbeziehen wollen. Aber ich finde, sie haben eine wichtige Funktion im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit. Das

haben wir auch in unserer Koalitionsvereinbarung formuliert.

(Herr Borgwardt, CDU: Genau so ist das!)

Vielleicht macht es auch Mode im öffentlichen Dienst, nicht nur in den Landesbehörden, sondern auch in den vielen kommunalen Institutionen, in denen Gleichstellungsbeauftragte tätig sind.

Dem Ansinnen der Berichterstattung, wie es die Linkspartei.PDS beantragt hat, können wir auch im Wege der Selbstbefassung gerecht werden. Deshalb, so denke ich, bedarf es nicht dieses zusätzlichen Punktes. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. - Zum Abschluss spricht noch einmal Frau Dr. Hüskens, sofern sie es möchte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kuppe, zu Ihren einführenden Worten möchte ich eine kurze Bemerkung machen. Ja, Herr Kley hat das Audit zu Beruf und Familie im Ministerium für Gesundheit und Soziales durchführen lassen. Ja, er hat auch das Kabinett damit befasst. Ja, es ist ihm genauso ergangen, wie es Ihnen demnächst ergehen wird: dass es das Kabinett mit Interesse zur Kenntnis nimmt und dass man dann im Rahmen der Ressorthoheit wahrscheinlich nichts tun wird.

Es ist vorgesehen, dies so zu beschließen. Ich finde es ein bisschen irritierend - vielleicht habe ich inzwischen auch zu sehr gelernt, Textexegese zu machen -, dass das, was Frau Grimm-Benne, Frau Kuppe und auch Herr Kurze gesagt haben, nicht ganz deckungsgleich ist mit dem, was Sie beschließen wollen. Aber ich denke, damit müssen Sie im Endeffekt umgehen.

Frau Kuppe, ich muss Ihnen dahin gehend widersprechen, dass die Verwaltung in diesem Bundesland in ihrer Breite - nicht in einzelnen Ausnahmen wie dem Ministerium für Gesundheit und Soziales - extrem familienunfreundlich im Vergleich mit den Unternehmen ist. Ich bin gespannt, ob das Ganze dazu führt, dass die Verwaltung wenigstens ein bisschen familienfreundlicher wird und für junge Eltern die Vereinbarkeit von Kindererziehung und dem beruflich Alltag leichter wird, wenn Sie das eine oder andere vielleicht durchgesetzt bekommen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Wir haben einen Antrag und zwei dazugehörige Änderungsanträge. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Linkspartei.PDS in der Drs. 5/146 abstimmen, da es zweifelsfrei der weiter gehende Antrag ist. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die antragstellende Fraktion und die FDPFraktion. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zu dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/142. Wer stimmt diesem zu? - Das sind die antragstellenden Fraktionen.

Wer stimmt dagegen? - Die FDP-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS. Damit ist der Antrag der FDP-Fraktion in dieser Weise geändert.

Jetzt stimmen wir über diesen Antrag in der geänderten Fassung ab. Wer stimmt zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Teile der FDP-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Die Fraktion der Linkspartei.PDS und weitere Teile der FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag in der geänderten Fassung angenommen worden. Der Tagesordnungspunkt 14 ist abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Erste Beratung

Ausweisung einer Bildungsquote im Landeshaushalt Sachsen-Anhalt