Im Rahmen der Globalisierung haben wir mit der sozialen Marktwirtschaft erhebliche Probleme. Denn nicht alle Menschen in dieser Welt sind demokratisch vorgebildet oder organisiert. Nicht alle sind also bereit, ein System der sozialen Marktwirtschaft, wie wir es bei uns haben, erst einmal zu akzeptieren. Das heißt, wir müssen Überzeugungsarbeit leisten.
Denn auf uns kommen Krisen zu. Die Finanzkrise ist ein Problem. Wir werden bei der Ernährungswirtschaft Probleme bekommen. Wir werden bei der Ressourcenverteilung Probleme bekommen, wir werden beim Wasser Probleme bekommen. Asien, namentlich China und Indien werden sich an dem Arbeitsmarkt beteiligen. Wenn eine Milliarde Menschen weltweit in den Arbeitsmarkt drängen, werden wir in Deutschland mit keinem Mindestlohn die Entwicklung aufhalten. Wir müssen also international tätig werden.
Die internationale Welthandelsgemeinschaft muss demokratisch organisiert werden, um akzeptiert zu werden. Die EU muss demokratisch organisiert werden, damit sie Akzeptanz findet. Unsere Unternehmen - damit komme ich auf die Unternehmenskultur zurück - sind noch im Würgegriff einer Bürokratie, die heutzutage hauptsächlich noch aus Brüssel kommt, ohne dass sie demokratisch abgesegnet worden ist.
Meine Damen und Herren! Die soziale Marktwirtschaft ist durchaus nicht gesichert. Sie ist ein Erfolgsmodell in Deutschland gewesen und man kann damit auch als Exportschlager etwas wuchern. Aber wir haben sie noch nicht weltweit verankert, und es wird auch schwierig sein, dieses zu erreichen.
Meine Damen und Herren! Als Letztes möchte ich kurz auf den Antrag der LINKEN eingehen. Sie nehmen sich dort etwas vor, was aber mit Sicherheit nichts mit den Regularien zu tun hat, wie man eine soziale Marktwirtschaft steuert.
Beim Vergaberecht fordern Sie die Aufnahme von vergabefremden Kriterien. Die werden Ihnen spätestens von der Rechtsprechung um die Ohren geschlagen.
Dann verlangen Sie von der Landesregierung, dass sie darauf hinwirkt, dass Betriebseigentümer ihre Betriebe nicht nur als Privatsache betrachten. Damit unterstellen Sie, dass Unternehmer grundsätzlich ihre soziale Verantwortung vergessen haben.
Sie stellen das an kleineren Beispielen heraus, die Sie gefunden haben. Aber angesichts der Menge von Unternehmen, die wir allein in Sachsen-Anhalt haben, macht sich das, was Sie gefunden haben, nur als eine Marginalie bemerkbar. Es ist mit Sicherheit kein Trend, dass wir in einen Pauperismus hineinlaufen, der auf einem Manchester-Kapitalismus beruht. Das ist nicht der Fall und wir werden diesem Antrag auch nicht zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Wortmeldungen zu weiteren Debattenbeiträgen sehe ich nicht. Die Aktuelle Debatte ist damit abgeschlossen. Beschlüsse werden diesbezüglich nicht gefasst.
Wir haben noch über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/1324 - Sicherung guter Arbeitsbedingungen in Sachsen-Anhalt - zu befinden. Hierzu ist von Frau Budde die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss beantragt worden. Wer der Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei der LINKEN und bei der Koalition. Wer lehnt ab? - Keiner. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP. Damit ist der Antrag in den Wirtschaftsausschuss überwiesen worden und wir können den Tagesordnungspunkt 1 abschließen.
Im Ältestenrat ist die Debattenstruktur C, eine 45Minuten-Debatte vereinbart worden. Die Reihenfolge und die Redezeiten: CDU zwölf, FDP fünf, SPD acht, die LINKE ebenfalls acht Minuten.
Meine Damen und Herren! Wir gehen jetzt in die Debatte. Entsprechend § 43 unserer Geschäftsordnung erteile ich der LINKEN als Fragestellerin das Wort zur Einbringung. Bitte schön, Frau Knöfler, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen des Peti
tionsausschusses! Es ist mir eine große Freude, zu dieser Zeit unter dem dritten Tagesordnungspunkt der Landtagssitzung mit Ihnen über die Antworten auf die Große Anfrage zu diskutieren, weil das Interesse der Medien noch wach ist und die Medien noch neugierig sind. Ich hoffe, von der demokratischen Teilhabe wird etwas in die Öffentlichkeit transportiert und findet dort Gehör.
Zum einen müssen wir in der Beantwortung der Großen Anfrage feststellen, dass die Landesregierung mit Petitionen wohl eher vorsichtig und nicht so nachhaltig umgeht.
Zweitens stellen wir fest, dass die Beantwortung der Anfrage nicht das ist, was wir erwartet haben. Es wäre gut gewesen, wenn die parlamentarische Anfrage intensiv und umfänglich beantwortet worden wäre und uns ein Informationswerk von allgemeinem Interesse vorläge.
Er entwickelte verschiedene Möglichkeiten, sein Wissen und anderes Wissen zu erweitern. Er nahm sich der Fragen an und erfand den sokratischen Dialog. Er lehrte auf Marktplätzen und begegnete dort seinen Schülern. Mit Fragen zu Umstrukturierungen entwickelte er Ideen zu einem neuen, zu einem gerechteren Leben.
Seine Frau Xanthippe hingegen mahnte ihren Mann und Familienvater in der Form, dass sie sagte, er solle doch von seinen gelehrigen Schülern nunmehr auch Geld verlangen, denn Geld brauche er, um die Familie ernähren zu können.
Resümieren wir: Wir sind enorm bevorteilt. Erstens können wir Fragen stellen und zweitens bekommen wir dafür Geld - nicht gerade wenig. Und noch einen Vorteil haben wir: Wir sind gewählte Vertreterinnen und Vertreter des Volkes und gestalten befristet entsprechend unseren Parteiprogrammen die Gesellschaft hier und heute in Sachsen-Anhalt.
Wir sind Volksvertreter und Volksvertreterinnen. Nur eine einzige Bürde haben wir vom Wähler, vom Wahlvolk auferlegt bekommen: Alles, was Ihr beschließt, soll bitte dem Wohle des Volkes, einem angemessenen Leben, einem gerechten Leben dienen, damit der Einzelne Lebensträume verwirklichen kann. Diesen Auftrag des Wählers sollen wir umsetzen - zum Glück befristet. Diese Verantwortung, dem Volk gerecht zu werden, ist also unser Auftrag. Wir üben Macht aus, Macht in einer demokratischen Gesellschaft, Macht in einer Demokratie.
Wieder in der Antike angekommen, möchte ich einmal hinterfragen: Was heißt Demos? Demos heißt Volk, heißt Volksmasse. Demokratie heißt, im Auftrage des Volkes zu gestalten.
Resultat dieses Exkurses zur Demokratie: Wir üben im Auftrag des Volkes als Volksvertreter unsere Aufgaben aus, dass im Interesse und zum Nutzen des Volkes zu beschließen und zu entscheiden ist. Folgerichtig tragen wir als Volksvertreter Verantwortung im Sinne des Volkes.
So sollte der Einzelne nicht nur bei Wahlen Gehör finden, sondern auch dann, wenn er mit politischen Entscheidungen unzufrieden ist. Unzufrieden mit politischen
Bei der Verwirklichung des Zieles, ein besseres Leben führen zu können, eine gerechtere Gesellschaft für unsere Menschen zu gestalten, sollten wir als Politiker und Politikerinnen ständig Suchende, ständig Hinterfragende bleiben. Denn sind unsere Vorstellungen, fixiert in Parteiprogrammen, festgeschrieben in Beschlüssen, festgelegt in Festreden, eigentlich das, was Bürger und Bürgerinnen in unserer Gesellschaft brauchen, wollen, von uns erwarten? Sind unsere Auffassungen, unsere Vorstellungen, unsere Ansichten die des Volkes und richtig?
Politik zu gestalten heißt meines Erachtens zwingend, maßvoll unsere Entscheidung im Blick zu behalten, maßvoll zu prüfen, welche Auswirkungen genau diese Entscheidung, dieser Gesetzentwurf auf den Einzelnen hat.
Folgerichtig bedarf es dazu einer gehörigen Portion Realitätssinn und einer ständigen kritischen gesellschaftlichen Bewertung unseres Handelns.
Ich möchte Sie einladen, mit mir kritisch hinterfragend die vorgelegte Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage mit dem Titel „Bürgeranliegen als demokratische Teilhabe in Sachsen-Anhalt“ zu betrachten. Beim Betrachten kommt man recht schnell zu dem Schluss, dass alles schon gesagt, alles schon gefragt, alles schon bekannt und alles schon niedergeschrieben sei. Neues zu hinterfragen bleibt hingegen unbeantwortet, einfach ausgeschlossen.
In einer Vielzahl der Antworten heißt es - so die Landesregierung, wenn der Anschein nicht trügt -, es sei alles gut und besser gehe es nicht. Veränderungen bleiben ausgeschlossen. Dem folgend ist die Demokratie in Sachsen-Anhalt schon an dem Punkt angekommen, an dem es keiner Veränderung mehr bedarf. Unseres Erachtens ist Demokratie aber ein Prozess, kein Erbgut, nichts Festgeschriebenes und Demokratie braucht Demokratinnen und Demokraten.
Stellen wir uns die Frage: Ist Demokratie nicht ein Prozess und müssen wir den Beteiligten, die in diesem Prozess von unseren Entscheidungen betroffen sind, nicht unvoreingenommen Gehör schenken und ihnen gegenüber Verständnis zeigen? Müssen wir ihnen nicht die Chance und die Möglichkeit geben mitzugestalten, sich einzubringen und uns gegebenenfalls zum Umlenken in der Politik zu bewegen?
Nehmen wir es mit den „Prinzen“. Die „Prinzen“ singen laut in die Welt hinaus: Die Welt ist grausam, die Welt ist gemein und Klaus ist ein Schwein. Fragen wir nicht, wer Klaus ist, sondern fragen wir, wie sie die Welt betrachten und warum sie die Welt als grausam empfinden.
Eine grausame Welt wirkt auf den Einzelnen grausam. Aber bei grausamen Probleme haben wir doch etwas, und zwar den Petitionsausschuss. Wenden Sie sich doch an jenen!
Sie alle, wie Sie hier sitzen, haben Abgeordnetenbüros und mehr oder weniger regelmäßig führen wir in diesen Büros Bürgersprechstunden durch. Zu denen kommt Bürger X oder Bürger Y und beschwert sich.
Einige Beschwerden ganz kurz: Mein Problem ist es, dass eine Umgehungsstraße vor meinem Garten gebaut wird. - Ein anderes Problem ist: An der Haltestelle X hält der Zug nicht mehr. - Das nächste Problem: Ich muss
aus meiner Wohnung ausziehen. Ich wohne dort seit 30 Jahren, aber wegen Hartz IV kann ich es mir nicht mehr leisten. - Mein Behinderungsgrad wurde zurückgestuft. - Unsere Tochter kann an der Klassenfahrt nicht teilnehmen, weil das Geld nicht reicht. - Abwasser- und Wasserkosten fressen mich auf. - Die landwirtschaftlichen Preise finanzieren die Produktion nicht. - Ich bekomme keinen Augenarzttermin. - Der Gynäkologe ist weggegangen. - Ich kann die Schulbücher nicht bezahlen. - Der Müll, der hier abgelagert wird, ist das der Müll, der in diese Müllgrube darf oder ist er möglicherweise organisch und eine Belastung für Mensch und Umwelt?
Was sagen wir als Abgeordnete dazu? - Wir empfehlen: Haben Sie sich schon einmal an das zuständige Ministerium gewandt? - Ja. - Dann kommt die Antwort der Landesregierung zu der Anfrage: Nun gut. Es gibt ein abgestimmtes Vorgehen zwischen den Ministerien und eine gut organisierte Zusammenarbeit. Ein Veränderungsbedarf besteht auch in diesem Fall nicht.
Wagen wir noch einen kritischen Blick auf uns selbst, auf die handelnden Politikerinnen und Politiker hier in Sachsen-Anhalt. Wir, die Regierungskoalition und die Opposition, beschließen oder verweigern uns aufgrund politischer Grundsätze und Überzeugungen vorgelegten Gesetzentwürfen und mancherlei Beschlüssen; denn es gibt Parteiprogramme mit höchst unterschiedlichen Ansprüchen, wie eine - unsere - Gesellschaft sozial gerecht gestaltet werden könnte. Aus dieser Überzeugung erschließt sich das Handeln der Betroffenen.
Unser Handeln hat aber Folgen, hat im Einzelfall auch höchst negative Folgen für den Einzelnen. Wäre es angesichts dessen nicht sinnvoll, eine Gesetzesfolgenabschätzung für jedes Gesetz in das parlamentarische Verfahren einzubinden, um so Nachteile ausschließen zu können?
„Aber, meine Herren“, werden Sie sagen, „wir haben doch die politische Reißleine. Wenden Sie sich doch an den Petitionsausschuss, wenn ein Gesetz Sie abschnürt oder ausbremst!“
Ja, und dann erkennt der eine oder die eine, dass das Beschlossene ihm schadet und sich nachteilig auf ihn auswirkt. Er verharrt nicht, sondern wendet sich an die Politik. Er, der Petent, hat sein Herz entdeckt für das Nichtkonsensfähige. Er begehrt auf. Er rebelliert. Er rebelliert nur gegen eines, gegen die Normalität, gegen die gängige Politik. Diese soll immerhin Meinungsvielfalt und Kampfeslust des Einzelnen fördern. Es ist ein wahrhaft revolutionäres Phänomen, sich gegen die herrschende Politik wehren zu wollen. Doch einige tun es dennoch. Ihre Ernsthaftigkeit und Betroffenheit macht der Inhalt der Petitionen sehr deutlich.