Dort haben Sie derzeit folgende Gesetze eingestellt: den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetzes und anderer Gesetze, das Gesetz zur Änderung des Ingenieurgesetzes, das Zweite Gesetz zur Änderung des Architektengesetzes und den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Kindern und zur Förderung der frühkindlichen Bildung. Diese haben Sie gerade eingestellt. Jeder kann das nachher noch einmal nachprüfen und anklicken: keine einzige Stellungnahme dazu.
Frage ich: Sind es die richtigen Gesetze, die Sie eingestellt haben? Wo ist das Versammlungsgesetz, wo ist das Gesetz über die Altersteilzeit der Polizei, wo ist das elfte Schulgesetz? - Das sind doch Gesetze, zu denen vielleicht einige interessierte Bürger mit diskutieren wollen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einmischen lebt auch davon, dass man ein interessantes Angebot macht.
Ich glaube, beim Angebot haben Sie noch einiges nachzuholen. Dann bin ich gespannt, ob wir in einem halben oder in einem Jahr auswerten können, ob die Beteiligung der Bürger dann auch zu anderen Ergebnissen bei
Vielen Dank, Herr Kosmehl, für Ihren Beitrag. - Ich erteile nun für die SPD dem Abgeordneten Herrn Dr. Fikentscher das Wort. Bevor er das Wort ergreift, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Laucha auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das in Rede stehende Thema ist ohne Zweifel sehr bedeutend, und zwar für jeden Einzelnen von uns, für den Landtag insgesamt, für die Regierung und für alle nachgeordneten Behörden desgleichen. Deswegen setze ich voraus, dass Sie alle die Fragen und die Antworten gelesen haben und auch mit Aufmerksamkeit die bisherige Debatte verfolgt haben. Wer hier nicht anwesend ist, sitzt sicherlich irgendwo im Landtag an einem der Lautsprecher und hört mit.
Dies vorausgesetzt, kann ich mich darauf beschränken, einige Anmerkungen zu dem zu machen, was aus der Fragestellung hervorgeht und was bei der Antwort festzustellen ist.
Zunächst das Problem der Überschrift: „Bürgeranliegen als Ausdruck demokratischer Teilhabe“. Sicherlich ist das ein Teil der Teilhabe, aber nicht der wichtigste. Demokratische Teilhabe in unserem Land beginnt mit der Wahl, damit, dass man an der Wahl teilnimmt,
dass man sich einer Wahl stellen kann, dass man sich einer Partei anschließt oder in einem Parteiumfeld mitarbeitet, dass man sich als sachkundiger Einwohner in Kommunen zur Verfügung stellt, dass man bürgerschaftliches Engagement in Initiativen zeigt, dass man in Vereinen und Verbänden tätig ist,
Auch ich habe mich ein bisschen in die Geschichte vertieft und kann Ihnen sagen: Als im Jahr 1949 bei der Versammlung, die das Grundgesetz verabschiedet hat, über die Frage der Petitionen gesprochen worden ist, gab es eine breite Strömung, die gesagt hat: Das brauchen wir nicht mehr. Das kommt aus dem Feudalismus, das ist schon nach der Französischen Revolution etwas geändert worden, das passt nicht mehr in unsere Zeit.
Man hat es dann doch gemacht. Man hat später einen Petitionsausschuss eingesetzt - das ist auch nicht gleich
im Jahr 1949 gewesen - und hat festgestellt, dass diese Einrichtung für die Informationsbeschaffung der Parlamente eine wichtige Rolle spielt, und davon ausgehend durchaus auch eine Bedeutung für die bessere Kontrolle der Regierung hat.
Wenn ich aber in der Vorrede zu der Anfrage lese, dass Petitionen über die Wirklichkeit des politischen Lebens informieren, dann kann ich nur sagen, dass das nur ein Teil dieser Wirklichkeit sein kann,
genau wie die Leserbriefe in den Zeitungen natürlich nicht das Leben in unserem Land widerspiegeln, sondern nur die Meinungen einzelner Leute sind,
die wiederum nur zu einer relativ kleinen Personengruppe gehören. Zum politischen Leben unseres Landes gehört noch viel mehr.
Wenn all diese Möglichkeiten der Teilhabe genutzt werden, dann dürfte es eigentlich zu so etwas wie Petitionen und Beschwerden gar nicht mehr kommen. Aber wir wissen, dass das Leben anders ist; es kommt dazu und das ist auch gut so. In diesem Zusammenhang habe ich ein sehr schönes Gleichnis, ein schönes Wort gelesen: Das Petitionsrecht sei die Notrufsäule des Bürgers, aber auch nicht mehr.
So wie der Straßenverkehr nicht dadurch funktioniert, dass es Notrufsäulen gibt. Dennoch sind diese dringend notwendig; sie müssen unterhalten und ernst genommen werden. Wenn jemand ruft, dann muss Hilfe kommen. Das ist alles notwendig und wichtig. Es kann ein einzelner Motorradfahrer unterwegs sein und diese benutzen; es kann aber auch ein Bus mit 50 Leuten sein. Also, einzeln oder in Gruppen kann sich jeder dieser Notrufsäule bedienen. Das ist eine Ergänzung des Ganzen, aber nicht das Kernstück der demokratischen Teilhabe, genau wie die Notrufsäule nicht das Kernstück unseres Straßenverkehrs ist.
In der Antwort der Regierung ist ganz hinten in der Vorbemerkung eher schüchtern, aber doch deutlich die Bemerkung gemacht worden, dass es dergleichen in der DDR nicht gegeben hat, dass es keine Verwaltungsgerichtsbarkeit gab und dass in der DDR-Verfassung ab 1968 das Eingaberecht entwickelt worden ist, weil man ohne dieses auch nicht ausgekommen ist.
Aber wir haben eine Verwaltungsgerichtsbarkeit. Aufgrund dessen kann der einzelne Bürger Recht bekommen; das passiert auch. Er kann gegen die ganze Bundesregierung, gegen den ganzen Landtag und gegen den ganzen Bundestag Recht bekommen. Das funktioniert auch. Das heißt, dieses Recht hat jeder Bürger in unserem Land. Er muss nicht um etwas bitten, sondern er kann sein Recht durchsetzen. Also ist das Petitionsrecht nur eine wichtige Ergänzung des Ganzen.
Das Eingabewesen hatte sich damals entwickelt. Ich komme deswegen darauf zurück, weil die Nachwirkungen noch vorhanden sind. Viele Menschen erinnern sich noch daran, dass es das gab, und meinen, das ginge alles so weiter, weil sie noch nicht umgelernt haben; das ist leider so.
Deswegen ist die Parallele immer wieder vorhanden. Man kann nicht mehr zwischen dem unterscheiden, ob
ich vor Gericht Recht kriegen kann, oder ob ich an anderer Stelle darum bitte, das zu prüfen, und mich durch Eingaben und Beschwerden an entsprechende Stellen richte. Es war damals so - es wurde vorhin so ähnlich gesagt -: Irgendetwas klappte nicht, man schreibt an Erich Honecker und alles wird gut.
So weit sind wir zum Glück nicht zurückgerutscht. Das wollen wir auch nicht wieder. Die einzelnen Konflikte müssen an der Stelle ausgetragen werden, an die sie gehören.
Nun zu den Fragen. Die Fragen sind sehr vielfältig. Wenn man diese alle beantworten wollte und den eigentlichen Sinn dieser Fragen erfassen will - man will damit schließlich etwas bewirken; es ist ja nicht nur die Neugier auf Statistiken -, dann, so denke ich, müsste man ein Beschwerdeministerium einrichten, und zwar ausgestattet mit Sondervollmachten und Sonderdurchgriffsrechten bis hin zur kommunalen Selbstverwaltung, die dann in Teilen ausgehebelt würde.
Wenn man ein solches Ministerium hätte, dann könnte man die Fragen alle beantworten und dann könnte man auch im Sinne der Fragesteller die Entwicklung des Landes vorantreiben. Aber ich denke, das wollen wir nicht, zumal bei ganz vielen Fragen, die gestellt worden sind, offensichtlich gar keine Fälle bekannt sind, die die Fragen ausgelöst haben.
Ich denke, es wird bei der Entwicklung dieses Fragenkataloges viel Mühe gekostet haben, alles das theoretisch zu durchdenken, was möglich wäre, ohne darauf Rücksicht nehmen zu müssen, ob es bereits jemals Wirklichkeit gewesen ist oder unter vernünftigen Bedingungen einmal Wirklichkeit werden könnte.
Denn dem Ideal der Rundumbetreuung, dass man auf alle Eventualitäten, die jedem einzelnen Bürger einmal Schwierigkeiten bereiten könnten, vorbereitet ist, können wir mit unseren Möglichkeiten nicht nachgeben.
Zu den Antworten kann ich nur sagen, dass sie für mich alle irgendwie plausibel sind. Sie sind in vielen Fällen sehr kurz gefasst. Ich denke, derjenige, der das geschrieben hat, wird manchmal ganz leise in sich hineingeschmunzelt haben, indem er eine ganze Reihe von Rechtsbelehrungen - nichts anderes ist das - hingeschrieben hat, natürlich mit der gebotenen Höflichkeit gegenüber dem Parlament und der Fragestellerin. Aber es sind eigentlich Rechtsbelehrungen. Derjenige Fragesteller, der diese Rechtsbelehrungen vorher gekannt hätte, müsste sich beim Lesen der Antworten ein wenig peinlich berührt vorkommen;
Meine Damen und Herren! Welche Schlussfolgerungen kann man für uns daraus ziehen? - Wir wollen Menschen helfen, die in Not sind. Wir wollen sie dahin gehend beraten, wo der richtige Weg ist, ob zum Gericht oder an andere Stellen, an die man sich wenden kann. Das ist auch die Aufgabe in unseren Bürgersprechstunden. Man vermutet zunächst, dass der Beschwerdeführer auch Recht hat. So wie die Unschuldsvermutung vor Gericht gilt, kann man erst einmal sagen: Er könnte Recht haben; wir wollen ihm dabei helfen, dass er das
bekommt, was er erreichen will. Das ist die Bedeutung des Volksvertreters. An dieser Stelle müssen wir etwas Richtiges tun.
Der Landtag kann das auch. Ich denke, der Landtag sollte zunächst bei sich selbst anfangen und sollte das tun, was er kann. Ich schlage vor - das ist ganz ernsthaft gemeint -, dass wir künftig, wenn es um die Aussprache zu erledigten Petitionen geht, eine wirkliche Debatte darüber führen, dass wir sagen: Was ist in diesem Jahr alles eingegangen? Was zeigt das für Probleme im Land auf? Lässt sich das verallgemeinern? Müssen wir als Landtag Schlussfolgerungen daraus ziehen, vielleicht noch einmal an die Landesregierung herantreten, vielleicht etwas im Rahmen der Gesetzgebungsverfahren tun?
Damit würden wir die Summe der Petitionen im Landtag öffentlich auch so behandeln, dass die Leute im Land, von denen wir immer reden - unabhängig davon, wo sie auch sein mögen -, merken, dass wir ihre Beschwerden und Nöte ernst nehmen. - Danke schön.