Protokoll der Sitzung vom 10.10.2008

Deshalb kann ich heute auch noch nicht sagen, wie das insgesamt ausgehen wird. Ich sage Ihnen nur: An dieser Stelle hat für mich der Sicherheitsaspekt die allerhöchste Priorität. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Dr. Haseloff. Es gibt eine Nachfrage von Herrn Dr. Thiel. Diese werden Sie sicherlich beantworten.

Ja.

Herr Dr. Thiel, bitte schön.

Herr Minister, zum Verständnis dessen, was Sie gerade gesagt haben: Der Zusammenhang zwischen der Braunkohlenutzung in Sachsen-Anhalt und der strategischen Vorhaltung der Altmark für diesen Prozess. Wie haben Sie das gemeint? - Wir reden ja nicht über die Egelner Mulde - das ist ja kein Thema mehr -, sondern wir reden unter dem Strich darüber, dass wir in der Altmark ein Kraftwerk bauen wollen und dieses dann mit Braunkohle aus dem Süden Sachsen-Anhalts beliefern wollen. Habe ich das richtig verstanden?

Herr Thiel, Sie wissen, dass dazu noch keine Entscheidungen gefallen sind. Die Mibrag ist selbst auf einem Suchweg. Ich habe gerade gestern erst wieder mit Herrn

Geißler gesprochen. Er ist gerade in Kalifornien. Mal sehen, was begleitet werden kann und was insgesamt dabei herauskommt. Wir brauchen jedoch einen strategischen Investor. Dieser wird nur einsteigen, wenn er allein oder in Kooperation mit weiteren Partnern bereit ist, dort investiv tätig zu sein, das heißt, ein Kraftwerk zu bauen.

So ein Kraftwerk fasst im Braunkohlebereich nur jemand an, der eine Verbringungsmöglichkeit für das CO2 hat. Diese hätten wir im Land mit der Altmark dem Grunde nach. Alles andere, was aus anderen Regionen kommt, ist schlicht und einfach Nutzung unserer Ressourcen, ohne dass wir einen Arbeitsplatz damit geschaffen haben, wenn wir vielleicht einmal die regelmäßige Erneuerung von Straßenbelägen infolge des Lkw-Verkehrs außen vor lassen.

Auf der anderen Seite stehen auch noch Entscheidungen im Altmarkbereich bzw. im Arneburger Bereich bezüglich eines Steinkohlekraftwerkes aus.

Ein Weiteres vielleicht an dieser Stelle: Es handelt sich natürlich trotzdem um objektive Genehmigungsverfahren, die Behörden im Rahmen des geltenden Rechts umzusetzen haben. Dieses - das sage ich aber noch einmal - gibt es in dieser expliziten Natur für CCS noch nicht. Es würde letztlich ein Behelf über das alte Bergrecht und das Austreiben von Resterdgas aus dieser Lagerstätte herangezogen werden müssen, um überhaupt diesen Pilotprojektprozess befördern zu können.

Weil dort auch so viel an Grauzone drinsteckt, wir momentan aber den Ball bei uns im Feld haben, die ganze Bundesrepublik auf uns schaut, wir aus der Zeitung erfahren haben, dass das Pilotprojekt in Brandenburg gestartet wurde und die Verbringung in die Altmark geplant ist und weder die Landesregierung noch die Behörde ausreichend offiziell mit einem Verwaltungsakt konfrontiert oder mit einer expliziten Information versehen worden ist - das ist mehr oder weniger in völlig anderen Bereichen ausgetauscht worden -, ist das für mich - das will ich jetzt nicht bewerten - nicht nur keine besonders optimale Kommunikationsqualität, sondern schlicht und einfach ein Schwarzer-Peter-Spiel, das ich so nicht mitmache und bei dem ich jetzt einmal alle Positionen auf den Punkt bringen möchte. Deswegen habe ich die Herrschaften in dieser Woche auch eingeladen.

Vielen Dank, Herr Dr. Haseloff, für die Beantwortung. - Wir treten dann in die Debatte ein. Die erste Rednerin ist für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Hunger. Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vorausschicken, dass wir dem Antrag zustimmen werden, dass die Berichterstattung in den beiden Ausschüssen durchgeführt wird. Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um trotzdem zu den beiden angesprochenen Punkten noch ein paar Sachen zu sagen.

Frau Hunger, darf ich einmal eine Bitte äußern? Ich bekomme Signale, dass Sie schlecht zu verstehen sind. Nicht dass wir wieder Kommunikationsprobleme wie heute Vormittag haben. Vielleicht können Sie ein bisschen lauter sprechen. Vielen Dank.

Ich kann es noch höher fahren oder ein bisschen lauter sprechen. Ich kann versuchen, ein bisschen lauter zu sprechen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ein bisschen lauter!)

Ich muss sagen, ich bin momentan noch ein klein wenig verwirrt, weil eben die Aussage gekommen ist, dass dieser gesamte Prozess über unsere Landesregierung gekommen ist, ohne dass sie rechtzeitig davon informiert wurde. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich kann das nicht fassen und auch nicht so ganz glauben.

(Minister Herr Dr. Haseloff: So war es aber!)

Aber vielleicht können wir darüber im Ausschuss noch einmal sprechen.

Im ersten Teil Ihres Antrags beschäftigen Sie sich mit dem Problem der unterirdischen Speicherung des CO2 in der Altmark. Über diese Technologie, die die neuen Kohlekraftwerke klimaschutzkonform machen soll, kann man sich sehr gut in der Bundestagsdrucksache 16/9896 informieren. Die dortigen Informationen sind sehr ausgewogen. Kritiker wie auch Befürworter kommen zu Wort. Auffällig ist aber, dass sich das Lager der Experten eigentlich fast paritätisch in Befürworter und in Ablehner spaltet.

Deutlich sind aber sehr viele Gründe für eine kritische Sicht auf diese Technologie zu erkennen. Einige davon haben Sie, Herr Miesterfeldt, auch schon angeführt. Wegen der Absenkung des Wirkungsgrades kann man von Ressourcenschonung eigentlich nicht mehr sprechen.

Noch immer unbekannt ist das wirklich vorhandene Speicherpotenzial. Man kennt zwar die Arten von Gesteinsschichten und die Hohlräume, die man nutzen möchte. Aber ob sie wirklich alle geeignet sind, ist bisher völlig unklar. Ich glaube, in der Energiestudie stand, dass die Altmark etwa Raum für die Lebenszeit eines mittleren Kraftwerkes bietet. Ich denke, das ist sicherlich auch eine Schätzung.

Die Fragen der Speichersicherheit haben Sie schon deutlich erläutert. Forschungsbedarf wird für nahezu alle berührten Gebiete wie Materialfragen, Umweltauswirkungen und die Gestaltung des Monitorings gesehen.

Zur technischen Nutzbarkeit ist schon etwas gesagt worden. Frühestens im Jahr 2020 könnte die Verpressung großtechnisch in Angriff genommen werden.

Auch zu den Kosten muss man vielleicht noch einiges sagen. Durch die Wirkungsgradverluste und auch die Kosten für die CO2-Entfernung, die Speicherung und den Transport rechnet man bis jetzt mit einem Anstieg der Gestehungskosten für den Strom um etwa 50 %. Das würde heißen, dass die Kilowattstunde etwa 6 bis 6,4 Cent kosten würde. Schon heute sind erneuerbare Energien, zum Beispiel Windstrom, in der Lage, diese Kostengrenze zu erreichen.

(Zuruf von der CDU: Wenn der Wind weht!)

- Wenn der Wind weht. Da haben Sie völlig Recht. Bis zum Jahr 2020 könnte sich noch einiges weiterentwickelt haben.

(Herr Gürth, CDU: Bis 13 m pro Sekunde!)

Ich denke, das ist schon ein wesentlicher Punkt, über den man einmal nachdenken sollte, bevor man für die Verpressung sehr viel Geld aufwendet.

Die Frage der Transportsicherheit halte ich gerade auch angesichts der dort lebenden Bevölkerung für ausgesprochen wichtig. Über die Tanks ist bereits gesprochen worden. Ich denke, das ist auch ein sehr sensibles Gebiet. Ich nehme es der Landesregierung wirklich ab, dass sie sich sehr intensiv um eine Sicherung kümmern wird.

Die Frage der Informationspolitik nimmt in dieser genannten Bundestagsdrucksache auch einen sehr breiten Raum ein, weil man eben festgestellt hat, dass die Bevölkerung noch viel zu wenig über diesen Prozess informiert ist. Es wäre meine ganz intensive Bitte, gerade die Bürger noch viel mehr mitzunehmen; denn bei der nötigen vollständigen Neuschaffung des Rechtsrahmens und den ganzen Genehmigungsverfahren, die bei diesem Verfahren notwendig sind, halte ich es für ganz wichtig, dass die Bürger ihr Mitspracherecht behalten.

Sie haben gesagt, das Bergrecht wird zum Einsatz kommen. Wir alle wissen, dass das Bergrecht ein bisschen ein bürgerunfreundliches Recht ist und gerade bezüglich der Beteiligung einige Grenzen setzt. Ich denke, es wird gerade bei dem in Rede stehenden Verfahren notwendig sein, dass die Bürger sich sehr intensiv an den Prozessen beteiligt.

Fazit für diese Speicherung: Ich würde sie als nicht nachhaltig einschätzen. Es werden erhebliche Mittel für ihre Entwicklung eingesetzt. Wir müssen dauerhaft eine Nachsorgelösung schaffen. Das Monitoring - diesbezüglich ist man sich schon jetzt einig - wird über eine sehr lange Zeit notwendig sein. Die Verantwortung dafür wird letztlich wieder in öffentlicher Hand liegen. Gewisse Parallelen zur Atomendlagerung tauchen schon auf, obwohl das Risikopotenzial - das möchte ich klar sagen - natürlich nicht vergleichbar ist.

Wichtig ist mir aber noch folgender kritischer Punkt, wenn ich über diese Technologie spreche. Ich möchte ihn als mentale Wirkung beschreiben. Diese Technologie nährt den falschen Gedanken an die saubere Kohle. Damit wird Sicherheit vorgegaukelt, ein bisschen das Gefühl verbreitet, wir können so weitermachen, wie wir es schon immer gemacht haben. So werden zumindest Anstrengungen zur Nutzung der erneuerbaren Energien behindert.

Ich sehe, es leuchtet schon.

Ja, Sie haben die Redezeit schon überschritten.

Ich möchte noch ganz kurz auf den zweiten Aspekt des Antrags, nämlich die Konsequenzen für die Energiepolitik eingehen. Damit sind wir wieder beim Kohlekraftwerk, was wir gestern schon angesprochen haben. Ich kann nur die Ministerin unterstützen, die darin eine Gefährdung der Klimaschutzziele im Land sieht. Dieses Kraftwerk passt in den Geist und die Intention des Energiekonzeptes, das wir haben, den zentralen Blick immer noch auf die fossilen Energieträger zu richten.

Für dieses Kraftwerk wird im Entwurf des Landesentwicklungsplans schon der Netzzugang ins 380-KV-Netz unabweisbar vorbereitet. Damit ist klar, dass es nicht zur Versorgung der Region benötigt wird. Dabei ist gerade die Altmark in ihrer Struktur prädestiniert für dezentrale

und regionale Energieversorgungslösungen, wie sie in Iden bereits vorgemacht werden und wie sie im Harz mit dem Energiepark Drübeck angestrebt werden.

Ich bin weit davon entfernt, den sofortigen Stopp aller Kohlekraftwerke zu fordern. Ich weiß auch, welche Bedeutung die Braunkohle noch für die Energieversorgung bei uns hat. Aber ein Neubau, der die Erzeugungskapazitäten durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe erhöht, muss kritisch gesehen werden.

Frau Hunger, kommen Sie langsam zum Schluss. Sie sind schon über den - -

Ja. Ich habe noch fünf Sätze.

(Unruhe bei der CDU)

Selbst wenn der Betrieb durch Emissionsrechte abgesichert ist - -

Sie haben die Redezeit schon überschritten.

Dann eben drei. - Selbst wenn der Betrieb durch Emissionsrechte abgesichert ist, bleibt immer noch der Fakt, dass die Kohle aus Australien oder Südafrika kommt. Das hat mit Klimaschutz nichts mehr zu tun; denn auch die EU-Richtlinie und das Kyoto-Protokoll sehen den Emissionsrechtehandel nur als einen Punkt zum Klimaschutz und setzen vielmehr auch auf Anstrengungen in anderen Bereichen, eben auch auf dem Verkehrssektor. - Danke schön. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Hunger. - Frau Hunger, Herr Nico Schulz hat eine Nachfrage. Wollen Sie die beantworten?

Na klar.

Das machen Sie. - Bitte schön.