Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

Jetzt können Sie klatschen. - Diese aufgabenbezogene FAG-Novelle, an deren Vorbereitung in der Finanzstrukturkommission zurzeit intensiv gearbeitet wird und von der ich weiß, dass sie ein besonderes Anliegen auch hier im Landtag ist, wird auch eine längerfristige Regelung zur Binnenverteilung enthalten. Im vorliegenden Entwurf ist diese nur für 2009 geregelt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung: Die Änderung des Finanz

ausgleichsgesetzes hätte insbesondere mit Blick auf das Zusammengehen von Dessau und Roßlau zur Stadt Dessau-Roßlau bereits 2008 in Kraft treten sollen.

(Zuruf von der CDU: Das stimmt!)

Da dies nicht möglich war, haben die Landesregierung und der Landtag in gemeinsamer Verantwortung den kreisfreien Städten im Haushaltsjahr 2008 einmalig Mittel in Höhe von insgesamt 12 Millionen € zur Verfügung gestellt. Der Betrag wird den kreisfreien Städten im Verhältnis zu den ihnen zufließenden allgemeinen Zuweisungen in vierteljährlichen Raten überwiesen.

Die Bereitstellung der Mittel - darauf will ich hinweisen - erfolgt zusätzlich zur Finanzausgleichsmasse. Folglich haben die kreisangehörigen Städte und Gemeinden keine Minderung ihrer Zuweisungen erfahren, und auch die Landkreise partizipieren daran im Rahmen der Kreisumlage. Somit wurden mit dieser Maßnahme nicht nur die kreisfreien Städte, sondern unter dem Strich auch die kreisangehörigen Städte und Gemeinden und die Landkreise im Jahr 2008 finanziell gestärkt. Das sollte an dieser Stelle noch einmal hervorgehoben werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Innenminister, es gibt noch eine Nachfrage vom Abgeordneten Herrn Grünert. - Bitte sehr, Herr Grünert.

Sie haben gerade gesagt, dass entgegen anderslautenden Annahmen zu einem weit überwiegenden Teil die Stadt Dessau-Roßlau von der Erhöhung profitiert. Können Sie einmal darstellen, wie das im Zusammenhang mit der Anlage zum FAG aufgehen soll, wonach die Stadt Dessau 100 % bekommt und die anderen beiden kreisfreien Städte 115 %?

Werter Herr Grünert, Sie wissen, dass die Verteilung unter den drei kreisfreien Städten nach ihren Einwohnerzahlen erfolgt. Da gibt es die von Ihnen angesprochene Gewichtung. Der Einwohnerzuwachs - und zwar der deutliche Einwohnerzuwachs der Stadt Dessau-Roßlau durch das Zusammengehen mit Roßlau - führt dazu, dass die Erhöhung um den einen Prozentpunkt in der Gesamtmasse für die kreisfreien Städte dazu führt, dass die Stadt Dessau-Roßlau in etwa - ich könnte es genau recherchieren und Ihnen die Zahl zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen - zu 60, 65 % daran partizipiert und nur der geringere Teil aufgrund der Verteilungsregularien im FAG unter den Städten Halle und Magdeburg aufgeteilt wird.

Danke sehr, Herr Innenminister. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Grünert.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf den langwierigen Prozess der Erarbeitung eines Finanzausgleichsgesetzes sind meine Vorredner schon eingegangen. Mittlerweile liegt uns die Beschlussempfehlung vor,

und man sollte sich noch einmal daran erinnern, welche Ziele im Zusammenhang mit den Punkten, die heute auf der Tagesordnung stehen, verfolgt werden sollten.

Zum einen sollte aufgrund des Zusammenschlusses der Städte Dessau und Roßlau und des daraus resultierenden Übergangs der Bevölkerung aus dem kreisangehörigen Bereich in den kreisfreien Bereich eine Anpassung bei der Aufteilung der allgemeinen Zuweisungen zugunsten der kreisfreien Städte erfolgen. Zum anderen sollte im Rahmen der parlamentarischen Beratung eine Stärkung der Mittelzentren durch die Erhöhung der Bedarfsmesszahl von der Kennziffer 8 auf die neue Kennziffer 11 erfolgen. Eine vormals beabsichtigte Anhebung der Bedarfsmesszahl für Grundzentren wurde verworfen.

Mit diesen Regelungen gibt es aus unserer Sicht erhebliche Verschiebungen in der kommunalen Familie. Welche Wirkungen von dem heute zu beschließenden Finanzausgleichsgesetz auf den gemeindlichen Bereich - und hier insbesondere im ländlichen Raum - tatsächlich ausgehen, bleibt offen.

Offen bleibt auch die Frage der Umsetzung der Ankündigung des Innenministers vom 12. September 2008, nach der eine ausgewogene Verteilung der finanziellen Zuweisungen zwischen den drei kommunalen Gruppen - Landkreise, kreisfreie Städte sowie kreisangehörige Städte und Gemeinden - erreicht werden solle.

Weiter sagte der Minister, dass gegenwärtig vor allem kreisfreie Städte und Landkreise davon betroffen seien, dass sie die ihnen obliegenden Aufgaben nicht mehr ausreichend finanzieren könnten; die Einigung in der Koalition für eine verbesserte Verteilung stehe. - So die Äußerungen des Innenministers. Diese Regelung solle noch in diesem Jahr erfolgen.

Fazit: Mittlerweile partizipieren die drei kreisfreien Städte in zwei Jahren von Zuweisungen in Höhe von ca. 25 Millionen € zusätzlich, währenddessen die Zuweisungen und Entlastungen der Landkreise gegen null tendieren - und das auch vor dem Hintergrund der vor nicht allzu langer Zeit verabschiedeten Resolution des Landkreistages.

Meine Damen und Herren! Die nun vorliegende Beschlussempfehlung sieht eine Umverteilung der finanziellen Zuweisungen nur in diese zwei Richtungen vor. In der Pressemitteilung des Landkreistages wurde nachhaltig auf die Situation der Landkreise hingewiesen. Dort heißt es:

„Kein Landkreis in Sachsen-Anhalt verfügt mehr über einen ausgeglichenen Haushalt. Insgesamt hat sich in den Verwaltungshaushalten ein Fehlbetrag von 426,6 Millionen €, durchschnittlich fast 39 Millionen € je Landkreis, aufgebaut. Dramatisch ist zugleich die Höhe der Kassenverstärkungskredite in Höhe von 366,7 Millionen €. Die erkennbare Schieflage der Kreisfinanzen erfordert dringend Veränderungen an der Systematik des kommunalen Finanzausgleichs.“

Gerade vor dem Hintergrund der für das Jahr 2009 beabsichtigten Absenkungen der Zuweisungen für die Kosten der Unterkunft an die Landkreise wird mit einer erheblichen Mehrbelastung zu rechnen sein, die ohne eine weitere drastische Erhöhung der Kreisumlage nicht mehr zu kompensieren sein wird.

Im Rahmen der Behandlung unseres Antrages in der Drs. 5/1456 zur kurzfristigen Stabilisierung und Stärkung

der finanziellen Situation der Landkreise im Innenausschuss blieben jedoch sowohl der Innenminister als auch die Vertreter der Koalition eine Antwort auf die Frage schuldig, wie sie die Landkreise konkret entschulden bzw. stärken wollen, damit diese ihre Aufgaben wahrnehmen können.

Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag soll zwei Dinge korrigieren. Zum einen wollen wir nur die durch den Zusammenschluss der Städte Dessau und Roßlau tatsächlich wechselnden Einwohner mit Stand per 31. Dezember 2005 in eine Erhöhung des Anteils der kreisfreien Städte einfließen lassen. Das sind exakt 27,56601 % und nicht 28 %. Diese Regelung lehnt sich also wörtlich an die Begründung der Landesregierung an.

Zum anderen greifen wir den Lösungsvorschlag des Landkreistages aus dem Jahr 2007 auf, die Steuerkraftmesszahlen der Gemeinden, geregelt in § 8 Abs. 2 FAG, von 80% auf 100 % anzuheben. Durch diese Regelung werden die Landkreise tatsächlich gestärkt.

Da sich auch DIE LINKE für die Stärkung der Mittelzentren ausspricht, lehnen wir aufgrund der befristeten Geltungsdauer die Änderung des FAG in diesem konkreten Fall mit der vorgesehenen Regelung nicht ab.

Meine Damen und Herren! Ich werbe nochmals nachhaltig um die Zustimmung zu unseren Änderungsvorschlägen. Im Falle einer Ablehnung unseres Antrages wird sich unsere Fraktion bei der Gesamtabstimmung der Stimme enthalten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Stahlknecht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, das Wesentliche, was die Zahlen angeht, ist gesagt worden. Ich möchte mich nicht wiederholen. Wir werden in einem großen FAG-Wurf, in einer großen FAG-Novelle andere Gewichtungen treffen als jetzt. Im Augenblick war eine Änderung erforderlich, weil durch den Zusammenschluss von Dessau und Roßlau eine andere Einwohnerzahl vorhanden war und weil wir uns auch der Tatsache bewusst sind, dass in den drei Oberzentren Einrichtungen vorgehalten werden, die von den Anrainergemeinden mit genutzt werden, sodass zumindest in gewisser Weise auch ein finanzieller Transfer stattfinden muss.

Wir haben uns in der Koalition nach Diskussionen bewusst einvernehmlich gegen Zwangseingemeindungen in die drei Oberzentren ausgesprochen, haben aber im gleichen Atemzug die Dinge berücksichtigt wissen wollen, die jetzt zunächst im FAG geregelt sind.

Nun will ich Ihnen, Herr Grünert, und Ihrer Partei insoweit Recht geben. Das FAG, wie es jetzt ist und auch wie wir es geändert haben, ist nicht gut; aber es gibt im Augenblick aus unserer Sicht keine bessere Lösung.

Deshalb haben wir diese Änderung für die Dauer von einem Jahr beschlossen, sodass nach einem Jahr der alte Zustand wieder eintreten wird. Wir haben das bewusst deshalb gemacht, weil wir Sie auf diesen Weg mitnehmen wollen und uns selbst die Zielmarke setzen wollen,

ein neues Finanzausgleichsgesetz zu erarbeiten, mit dem wir die Finanzen aufgabenbezogen verteilen wollen und in dem wir sagen werden, dass bei den Gemeinden, in denen Einrichtungen vorgehalten werden, die kostenintensiv sind, eine höhere Finanzzuweisung zu erfolgen hat, und bei den Gemeinden, die eigentlich nur noch eine Schlaffunktion für ihre Bürgerinnen und Bürger erfüllen - ich darf es einmal so formulieren - die Finanzzuweisungen geringer zu wählen sind, weil deren finanzielle Aufwendungen geringer sind.

Ich bin mir mit meiner Fraktion sicher, dass es ein schwieriger Prozess sein wird, weil die Erfahrung aus dem langjährigen politischen Geschäft in der Kommunalpolitik zeigt, dass, wenn es um die Verteilung von Geld geht, jeder sagt, dass er an sich der Wichtigste sei und der Nachbar eigentlich weniger Geld brauche. Auch der eine oder andere Abgeordnete wird gelegentlich angesprochen, die Fraktion hinsichtlich der Interessen der jeweiligen Gemeinde zu beeinflussen. Aber ich gehe davon aus, dass wir das einvernehmlich lösen werden.

Abschließend sage ich mit einer gewissen selbstkritischen Einschätzung, dass das, was wir heute beschließen, nicht der große Wurf ist. Es gibt allerdings keinen besseren. Über Ihre Vorstellungen werden wir diskutieren. Herr Grünert, wir wollten für die Dauer eines Jahres nicht noch weitere Dinge ändern, da klar war, dass dieses FAG, wie es jetzt ist, ein Gesetz auf Abruf ist.

Insofern bitte ich darum, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Ihrem Antrag können wir leider nicht zustimmen, aber ich nehme aus unserer Sicht mit Dankbarkeit zur Kenntnis, dass Sie sich bei der Abstimmung zumindest der Stimme enthalten werden. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke, Herr Stahlknecht. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordneter Herr Wolpert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderung des FAG bedeutet letztlich eine Veränderung des Anteils der Zuweisungen an die kreisfreien Städte von 27 % auf 28 % und bei den Mittelzentren eine Erhöhung um 3 %. Das Ganze geht zulasten der kreisangehörigen Kommunen und soll auf die Dauer eines Jahres beschränkt sein.

Die Frage, warum das geschehen soll, habe ich von der Koalitionsfraktion im Innenausschuss beantwortet zu bekommen versucht. Das war ein schwieriges Unterfangen. Es stand zumindest im Gesetzentwurf, dass das Ganze deshalb erfolgen soll, weil sich Dessau und Roßlau zusammengeschlossen hätten, dies auch dem Einwohnerzuwachs entsprechen würde und deswegen eine solche Zuweisung an die kreisfreien Städte notwendig sei.

Sie haben gerade von der LINKEN gehört, dass der Wert von 1 % falsch angesetzt ist. Ich glaube, dass er auch insgesamt nicht wirklich berücksichtigt, wie die Zu- und Abgänge zu den einzelnen Gruppen in der kommunalen Familie innerhalb des FAG vonstatten gegangen sind. Sie werden auf dieser Basis so oder so keinen gerechten Ausgleich finden. Wir halten dies für einen grundsätzlich falschen Ansatz.

Angemessener ist der Ansatz zu sagen: Die Kommunen nehmen unterschiedliche Aufgaben wahr; damit entstehen unterschiedliche Kosten und dementsprechend ist auch eine unterschiedliche Zuweisung zu bemessen. Das ist letztlich nichts anderes als das, was vom Thüringer Verfassungsgericht festgeschrieben wurde und was Sie in dem großen Wurf auch erarbeiten wollen.

Wenn dem aber so ist, dann können Sie nicht mit prozentualen Zuweisungen arbeiten und es bleibt lediglich Stückwerk; denn die erhöhte Zuweisung von 27 % an die kreisfreien Städte sollte gerade diesem Umstand Rechnung tragen, und Sie haben festgestellt, der Maßstab taugt nicht. Demnach kann eine Erhöhung auf 28 % auch nicht taugen.

Im Übrigen ist festzustellen, dass die Erhöhung der Zuweisungen an die Mittelzentren in der Gesamtregelung teilweise keinen Vorteil, sondern Nachteile für die Mittelzentren mit sich bringt. Herr Kosmehl hat mir gesagt, für Bitterfeld-Wolfen seien es minus 40 000 €, wenn ich es richtig im Kopf habe. Die Stärkung der Mittelzentren, die Sie propagieren, wird so nicht erreicht.

Der Knackpunkt ist - das hat Herr Rothe in der Innenausschusssitzung auch gesagt -, dass die Struktur des FAG nicht tauglich ist.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das stimmt!)

Sie ändern an der Struktur des FAG damit gar nichts.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das stimmt auch!)

Sie machen aber eine Interimslösung für ein Jahr.

(Herr Stahlknecht, CDU: Stimmt!)