Protokoll der Sitzung vom 23.01.2009

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass einige Kreissportbünde, die fusioniert haben, ohnehin Personalprobleme haben. Die Kreissportbünde sehen das Hauptproblem in der derzeitigen Festlegung, nach der höchstens 80 % der zuwendungsfähigen Personalausgaben gefördert werden sollen.

Nach den mir vorliegenden Angaben haben sieben von 14 Kreissportbünden und Stadtsportbünden unter Nutzung von Rücklagen einen ausgeglichenen Wirtschaftsplan eingereicht. Andere Kreissportbünde hatten keine Rücklagen und müssen zur Sicherung ihrer Arbeit einen Antrag auf Einzelfallhilfe stellen.

Erwartet wird aber, dass im Jahr 2010 weitere Kreissportbünde - da ja die alten Rücklagen aufgelöst worden sind - einen Antrag auf Einzelfallentscheidung stellen werden. Diesen Fakt kann ich beim besten Willen nicht als Stärkung der Sportorganisation werten.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der FDP)

Bei den Landesfachverbänden ist die Situation differenzierter. Zugleich kristallisieren sich sowohl für die Kreissportbünde als auch für die Landesfachverbände zwei Problemkreise heraus. Vorgesehen ist eine Defizitfinanzierung. Damit ist die Motivation, zusätzliche Mittel für die Sportarbeit zu akquirieren, gering.

Bei den Landesfachverbänden werden diejenigen Verbände, die gegenwärtig schon eine hohe Umlage aus den Vereinen zur Finanzierung landesbedeutsamer Aufgaben erheben, bestraft. Die Verbände, die das nicht oder noch nicht tun, werden eigentlich belohnt. Eine Festbetragsfinanzierung, die seitens des Landessportbundes vorgeschlagen wurde, halte ich - auch unter Beachtung positiver Erfahrungen aus anderen Bereichen - für zielführender, auch weil damit ehrenamtliches Engagement angeregt und belohnt wird.

Zweitens. Die oftmals von den handelnden Personen bzw. Organisationen vorgetragene Vorgabe, Rücklagen im Sport, egal mit welcher Zweckbindung, aufzulösen, wird die Handlungsfähigkeit und die Sportarbeit der Verbände behindern. Oft geht es bei diesen Rücklagen um eine Vorsorge, um ohne Kredite Rechnungen und Verbindlichkeiten im Januar/Februar eines neuen Jahres begleichen zu können.

Die Auflösung sieht sicherlich die Landeshaushaltsordnung vor. Nach meiner Kenntnis wurden im Landessportbund auch alle Rücklagen aufgelöst, sodass Löhne und Gehälter nicht zur Auszahlung gelangen können; denn bis gestern gab es seitens des Landes keine Abschlagszahlung. Analoges gilt auch für die Kreissportbünde.

Drittens. Die Vorgabe zur Auflösung aller Rücklagen wirkt sich auch gravierend auf Verbände mit Spielbetrieb über den Jahreswechsel hinaus aus, beispielsweise mit Spielbetrieb von September bis Mai eines Jahres. Zur Begleichung von Aufwendungen und Rechnungen für die gesamte Spielperiode zahlen die Vereine im September in eine Rücklage ein. Laut Vorgaben müssen diese Rücklagen - beispielsweise zur Deckung der Personalausgaben - nun zum Jahresende aufgelöst werden.

Anders gesagt: Wenn die Richtlinie stringent umgesetzt wird, ist der normale Spielbetrieb existenziell gefährdet. Auch hierbei kann ich eine durchgehende Stärkung der Sportorganisation nicht erkennen. Wenn diese Stärkung tatsächlich das Ziel ist, dann müssen die Richtlinien in wesentlichen Punkten geändert werden.

Zugleich drängt sich jedoch, wenn ich die konkrete Situation der Kreissportbünde und auch der Landesfachverbände betrachte, eine andere Bewertung auf. Landessportbund, Kreissportbünde, Stadtsportbünde haben sich nunmehr jährlich auf neue Gegebenheiten einzustellen.

Die Höhe der Förderung und der Zeitpunkt der Auszahlung sind ungewiss. Ein Anteil von 10 % der vom Parlament beschlossenen Förderung ist meist erst einmal durch den Haushaltsführungserlass des Finanzministers gesperrt. Die Gesamtsituation ist also von einer gravierenden Unsicherheit geprägt. Der Gestaltungsspielraum für das Ehrenamt ist wesentlich eingeschränkt.

Als ich das in meiner Fraktion so beschrieb, kam der Kommentar: Damit entspricht die Sportförderung der Förderpraxis des Landes in allen anderen Förderbereichen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich ergänzte: Die bisherige Sonderstellung des Sports ist aufgehoben. Das kann man gut finden oder auch nicht. Eine Stärkung des Sports, der Sportarbeit sowie des Ehrenamts, wie es als Ziel in der Förderrichtlinie formuliert wird, sehe ich aber nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der FDP)

Wir sollten also fragen, ob diese Ergebnisse mehrheitlich so gewollt sind, und weiter darüber diskutieren. Wir sollten auch fragen, ob es nicht Möglichkeiten gibt, die bestehenden Regeln für alle Vereine, nicht nur im Sport, so zu optimieren, dass bestimmte Unsicherheiten beseitigt werden können. Insofern müssen wir uns auch im Ausschuss weiter damit beschäftigen.

Einer Sache kann ich aber nicht folgen: der Entgegensetzung von Breiten-, Freizeit- und Leistungssport. Das geht so nicht. Das alles ist eine Einheit. Das muss ineinander- bzw. zusammenspielen.

Erlauben Sie mir noch eines: Es ist zwar positiv, dass wir einen Trainerpool haben; es ist auch positiv, dass wir 100 % haben, aber seit 2001 sind die Mittel gleich geblieben. Jetzt gibt es eine minimale Erhöhung, weil Stellen nicht besetzt bzw. nicht weggefallen sind. Wenn wir als Land tatsächlich Weltklasseleistungen haben wollen, dann müssen wir uns hier etwas einfallen lassen.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der FDP)

Ich danke dem Präsidenten, dass ich länger reden durfte.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war so interessant, dass wir einfach zuhören mussten. Vielen Dank für Ihren Beitrag. - Jetzt kommen wir zum Beitrag der SPD. Der Abgeordnete Herr Born hat das Wort. Bitte schön.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Sport- lich, sportlich! - Zuruf von der LINKEN: 6,8!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte und habe noch die Hoffnung, dass die aktuelle Debatte zur Zukunft der Sportförderung in Sachsen-Anhalt, die von der FDP-Fraktion beantragt worden ist, dem gemeinsamen Ziel dient, den Sport in der Sache zu unterstützen, weitere Aufklärung zu betreiben und Unsicherheiten an der sportlichen Basis abzubauen.

(Zuruf von der FDP)

Dieser Antrag ist aber auch ein Ausdruck bzw. das Ergebnis der öffentlichen Diskussion zum Thema Sportför

derung in den vergangenen Monaten, wobei nach meinem Dafürhalten verschiedene Probleme auch künstlich erzeugt wurden.

Dabei ist mein Eindruck, dass die Neuordnung der Sportförderung sowohl territorial als auch auf den verschiedenen Leistungsebenen unterschiedlich bewertet wird. Die dazu von verschiedenen Repräsentanten des Sports geäußerten Bedenken sind in keiner Weise vom Tisch zu wischen, sind aber teilweise auch Ausdruck von Informationsdefiziten und einer gewissen Verweigerungshaltung, an der Neustrukturierung mitzuwirken bzw. diese anzuerkennen.

(Zustimmung bei der SPD - Zuruf von der FDP)

Die Ministerin ist in ihrer Rede sehr detailliert auf die Inhalte der Sportförderrichtlinien und die Möglichkeiten der praktischen Umsetzung eingegangen. Ihren Ausführungen zu den Problemen der anteiligen Personalkosten, der Förderung sowie der Förderung durch Vereinspauschalen gibt es kaum etwas hinzuzufügen.

Ich glaube, dass ich in diesem Hause niemanden daran erinnern muss, warum die Struktur der Sportförderung neu geordnet werden musste. Ein „Weiter so!“ - der Kollege Schwenke hat es auch beschrieben - konnte es nicht geben. Darüber waren sich - so glaube ich mich zumindest zu erinnern - alle Beteiligten und alle Verantwortlichen einig.

Eine Neuordnung bringt immer kleinere oder größere Umstellungsprobleme mit sich. Eine Neuordnung bedeutet allerdings auch, dass Gewohntes und oftmals auch Liebgewonnenes sich teilweise verändert oder anderweitig gelöst werden muss. Eine Neuordnung beinhaltet jedoch auch die Chance, durch gestalterisches Einwirken die Schwerpunkte zu verlagern oder auch gerechter zu wirken. Eine Neuordnung bringt allerdings auch ein gewisses Maß an Unsicherheit mit sich.

Kommunikationsprobleme und Übermittlungsfehler führen zu Missverständnissen und verselbständigen sich zu allem Überfluss auch noch. Dies scheint mir bei der Neuordnung der Sportförderung so zu sein. Ich selbst und meine Fraktionskollegen hören dazu unterschiedliche Aussagen. Dabei ist die Palette der Wertung und Beurteilung sehr weitreichend. Die einen sagen, sie kämen auch so zurecht, und meinen, neue Strukturen müssten sich eben erst einspielen. Andere sehen den Sport in seiner Existenz gefährdet und schreiben Protestbriefe.

Natürlich - das kam in den Worten meiner Vorredner schon zum Ausdruck - ist es für die Kreissportbünde bzw. einige Kreissportbünde nicht ganz einfach, demnächst 20 % der Personalkosten selbst zu tragen.

Aber, meine Damen und Herren, eine Eigenbeteiligung an den Personalkosten ist in allen anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei den Beratungsstellen, schon immer an der Tagesordnung.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Sport hatte diesbezüglich - der Begriff wurde schon oft genannt - eine Sonderstellung und muss jetzt entsprechend den Rahmenrichtlinien, welche ein Ergebnis der Verhandlungen zwischen dem Sozialministerium und dem Landessportbund sind, umdisponieren. Der besondere Stellenwert des Sports bleibt jedoch auch in der Zukunft erhalten, wobei dies stets Begehrlichkeiten anderer sozialer Bereiche und Institutionen wecken wird.

Bei allen institutionellen Förderungen müssen Eigenmittel eingebracht werden. Das ist in der neuen Richtlinie auch hinsichtlich der Personalkosten im Bereich Sport festgeschrieben. Das, was in begründeten Einzelfällen weiter reichend geregelt werden kann, hat die Ministerin bereits beschrieben. Das hat, Herr Kollege Czeke, nicht unbedingt etwas mit „Vitamin B“ zu tun, sondern ist einfach ein Ausdruck von Transparenz, von Wahrheit und von Klarheit in der Darlegung.

Wer angesichts der beschriebenen Richtlinien vom gänzlichen Zusammenbruch der Organisation im Sport redet, der hat meines Erachtens die Zeichen der Zeit nicht erkannt und steht weit entfernt von jeglicher Realität.

(Zustimmung bei der SPD)

Die Begriffe „fördern“ und „fordern“ liegen sehr nah beieinander, haben aber eigentlich nichts miteinander zu tun. Dennoch fordert der Sport - und das mit Recht - die Förderung desselben durch Bund, Land und Kommunen.

Der Ansatz der Haushaltsmittel für den Sport in Sachsen-Anhalt ist quasi gleich geblieben. An dieser Stelle wird also kein Geld gespart. Dieses Parlament wird im Rahmen der Haushaltsberatungen im Herbst darüber entscheiden, wie es in den Folgejahren weitergeht.

Wenn man über die Zukunft der Sportförderung in Sachsen-Anhalt spricht oder debattiert, die beschlossenen Richtlinien als Grundlage zur Förderung anerkennt

(Herr Kosmehl, FDP: Die gelten doch noch gar nicht!)

und über die Auswirkungen der Neustrukturierung urteilt, dann muss man auch eine differenzierte Betrachtung zulassen. So gibt es in der Zukunft - das ist bereits angeklungen - eine Vielzahl von kleinen Sportvereinen, die vor allem im ländlichen Bereich und hauptsächlich im Freizeit- und Breitensport tätig sind, die allein aufgrund ihrer Existenz und der damit verbundenen und vorhandenen Mitgliederanzahl zum ersten Mal in den Genuss einer Sportförderung kommen.

Diese finden es mehr als gerecht, dass ihre ehrenamtliche Tätigkeit und somit der uneigennützige Dienst an der Gesellschaft nicht nur mit der Pflicht des Beibringens von Umlagen und Beiträgen an den Sportbund und an die Fachverbände verbunden ist, sondern nun auch von dem Recht auf Förderung begleitet wird.

Dieses Recht hat seine Grundlage in der Neustrukturierung der Sportförderung und natürlich auch in der Abschaffung der Regel zum Mindestbeitrag als Grundvoraussetzung für einen Antrag auf Fördermittel. Zumindest auf dieser Ebene - ich denke, darin sind wir uns einig - besteht große Zufriedenheit nach dem Motto: Schulterklopfen zur Neuordnung.

Es gibt jedoch auch Sportvereine, welche sich durch intensive Arbeit im Trainingsbereich auszeichnen und vor allem im Rahmen der sportlichen Ausbildung von Kindern und Jugendlichen ihren Verdienst haben. Diese Arbeit setzt eine entsprechende Qualität bei Trainern und Übungsleitern voraus, ist nicht nur sehr zeitintensiv, sondern manchmal auch sehr kostenintensiv. Diesbezüglich scheint die aktuelle Regelung nicht für jeden zufriedenstellend zu sein bzw. führt nicht in jedem Fall zur Absicherung der bisherigen Qualitätsstandards.

Sicherlich muss an dieser oder jener Stelle auch über das entsprechende Maß nachgedacht werden. Allerdings gilt im Sport ebenso wie in anderen Lebensbereichen: Qualität erhalte ich oftmals nur durch den Einsatz entsprechender finanzieller Mittel - nicht immer, aber immer öfter. Nicht alles ist mit dem Einsatz des Ehrenamtes abzudecken.

Wenn wir über Sportförderung in Sachsen-Anhalt reden, dann muss man auch über die Förderung des Spitzensports bzw. des Leistungssports sprechen. Damit sind wir bei dem wohl kostenintensivsten Bereich des Sports angekommen. Der Grundgedanke zur Einrichtung einer Sportförderung bei der Polizei hat in kürzester Zeit zu einem Lösungsansatz geführt. An dieser Stelle war das Innenministerium fast schneller, als der Beschluss des Landtages gedruckt werden konnte.