Protokoll der Sitzung vom 23.01.2009

Frau Dr. Hüskens.

Herr Schwenke, Sie haben vorhin gesagt, man solle noch ein bisschen warten, um zu gucken, wie die Richtlinien wirkten. Jetzt mag der SV Ottersleben genau wie TuS Neustadt

Er heißt VfB Ottersleben; so viel Zeit muss sein.

- sorry, VfB Ottersleben -, genauso wie TuS Neustadt eher zu den Gewinnern gehören, weil beide Vereine auch einen großen Anteil an Freizeitsportlern haben, für die es jetzt mehr Geld gibt, sodass dort hoffentlich eine Quersubventionierung stattfindet.

Wenn ich Ihnen am Montag - heute habe ich sie nicht dabei - aus fünf Kreissportbünden die Zahlen mitbringe, anhand deren Sie eine Übersicht über alle Vereine erhalten, sodass sich genau das bestätigt, was ich heute dargestellt habe - - Die Vereine, die möglichst viele Seniorinnen und Senioren, Reha-Sportler und Freizeitsportler in ihren Reihen haben, erhalten richtig viel Geld, während die Vereine, die möglichst viele Übungsleiter haben und Kinder und Jugendliche betreuen, nur wenig Geld erhalten. Wenn ich Ihnen das belege, stimmen Sie dann mit mir darin überein, dass wir an den Richtlinien etwas nachbessern müssen?

Erstens. Der VfB Ottersleben erhält unwesentlich mehr als vorher, aber das ist nicht das Thema. Ich habe gerade gesagt, dass wir jetzt sehen müssen, was das konkret in Zahlen bedeutet. Wenn sich dann nachweisen lässt - -

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ich bringe es Ihnen am Montag mit!)

- Moment. Wir können am Montag gern darüber reden; das ist überhaupt kein Thema. Sie wissen, ich bin zu jedem Gespräch bereit. Wir können gern darüber reden und uns das ansehen. Und dann müssen wir die richtigen Schlussfolgerungen daraus ziehen. Welche das sind und ob es dann wirklich heißt, dass der Verein es nicht benötigt - -

Bei Ihnen blickt ein bisschen die Unterstellung durch, dass Seniorensport nicht so viel Geld und nicht so viele Zuschüsse benötigt. Wenn das so ist, wenn man das so sieht und das auch belegen kann - das mag für den Anglerverein vielleicht zutreffen, den Sie vorhin erwähnt haben -, dann müssen wir darüber reden, ob wir nach

justieren. Das habe ich bereits gesagt. Und das müssen wir, sobald etwas Belastbares vorliegt, auch machen.

Frau Dr. Hüskens, Sie haben noch eine Nachfrage?

Es ist nicht wirklich eine Nachfrage. Wenn ich in meinem Alter Sport treibe, dann kann ich meiner Meinung nach für die Kosten selbst aufkommen.

(Frau Fischer, SPD: Das ist doch schön!)

Ich hoffe, wir sind uns in diesem Saal darin einig, dass ich, wenn ich ein bisschen Sport mache, keine staatliche Subvention benötige.

(Herr Bischoff, SPD: Dann hätten Sie keinen An- trag gestellt!)

Wir könnten uns jetzt stundenlang über dieses Thema unterhalten.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Darüber müssen wir re- den!)

Ein Beispiel: Wir bauen bei uns gerade ein neues Vereinsheim und müssen eine Menge Eigenmittel erbringen. Deshalb mussten wir auch die Beiträge erhöhen, weil der Eigenanteil sonst nicht zu erbringen wäre.

Von diesem Sportheim profitieren meine Senioren und meine Freizeitsportler, die nur die Turnhalle und dieses Heim gar nicht nutzen, in keiner Weise. Gleichwohl zahlen sie die erhöhten Beiträge, um den Eigenanteil zu finanzieren. Sie befinden sich also mitten im Geschäft, ohne dass sie direkt etwas von dem Vereinsheim hätten, nur weil sie beim Verein angemeldet sind und die Turnhalle nutzen.

Das ist ein Prozess, bei dem man sorgfältig abwägen muss, wer wovon profitiert und wer eigentlich Beiträge zahlt, ohne wirklich Leistungen dafür entgegenzunehmen. Aus meiner Sicht kann die Diskussion heute nicht abgeschlossen werden. Wir befinden uns am Anfang und müssen schauen, ob es funktioniert. Dafür bitte ich um ein wenig Geduld.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schwenke. - Jetzt hat Herr Dr. Eckert von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Unterschied zu meinen Vorrednern freue ich mich nicht, hier reden zu müssen, weil dies ein Zeichen dafür ist, dass etwas nicht in Ordnung ist.

Seit etwa Anfang Dezember erreichen uns Briefe von Vereinen und Kreissportbünden, die uns darüber informieren, dass die Umsetzung des neuen Konzeptes der Sportförderung wesentlichen Bedingungen und Erfordernissen des Sportbetriebes im Land nur ungenügend gerecht wird. Hinweise aus der Sportorganisation zur Qualifizierung der Richtlinien wurden zum Teil nicht beachtet.

Nach wie vor können Anträge, egal auf welcher Ebene, rein rechtlich nicht bewilligt werden, weil die Richtlinien noch nicht veröffentlicht worden sind. Insgesamt muss ich feststellen: Die Situation ist unbefriedigend.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP)

Das ist ein klarer Fehlstart in die neue Olympiade.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP)

Vorausschicken möchte ich zwei Feststellungen. Erstens. Das seit dem Jahr 1998 geltende Förderkonzept auf der Basis eines Beleihungs- und Budgetierungsvertrages ist gescheitert. Wer den Bericht des Landesrechnungshofs durchgearbeitet hat, der weiß, dass das einerseits an der nicht ordnungsgemäßen Geschäftsführung im LSB und andererseits an der völlig unzureichenden Kontroll- und Führungstätigkeit im zuständigen Ministerium lag.

Die in der Öffentlichkeit wahrzunehmende Kritik am LSB ist oft einseitig. Sie muss aus unserer Sicht in jedem Fall - ich betone: in jedem Fall - auch das zuständige Ministerium einschließen.

Zweitens. Meine Fraktion betrachtet im Grundsatz eine Förderung des Sports in Sachsen-Anhalt über Richtlinien als einen möglichen Weg. Wenn wir die Richtlinien vom 13. Oktober 2008 mit den jetzigen Richtlinien vergleichen, sehen wir eine Reihe positiver Veränderungen, die Ergebnis der vielen Diskussionen in den Fachbereichen sind. Dennoch gehen die Richtlinien in wichtigen Punkten an den Erfordernissen eines effektiven und unbürokratischen Sportbetriebes vorbei.

Damit habe ich auch ein aus unserer Sicht wichtiges Ziel der Sportförderung des Landes formuliert. Es gilt, die Strukturen der Sportorganisation im Land zu stärken und die Bedingungen für deren Arbeit kontinuierlich zu entwickeln. Als Grundlage der gesamten Sportarbeit sollen die Vereine unterstützt werden - so steht es in den Richtlinien.

Klar ist: Wenn etwas Neues beginnt, dann ist Bewegung angesagt. Diesbezüglich ist zu klären, was Fehlorientierungen sind und was ganz einfach nur dem Neuen geschuldet ist, weil man sich bewegen muss.

Schauen wir uns die Richtlinien an. Mit der Richtlinie 2 zur Vereinsförderung sollen die Vereine unterstützt werden. Das, was zu diesem Bereich erklärt wird, liest sich gut:

„Erstmals wird jeder Verein nach einem transparenten Kriterienkatalog Geld bekommen. Die Pauschalförderung entlastet die Vereine von bürokratischem Aufwand mit einem aufwändigen Antragsverfahren und gibt diesen Planungssicherheit für die Zukunft.“

Das liest sich gut. Aber ich frage: Ist es auch sinnvoll?

Wir haben im Land ca. 3 200 Vereine, etwa 2 900 haben zum Stichtag eine Meldung abgegeben und damit einen Antrag gestellt. Das war und ist unbürokratisch; das ist richtig.

Ich habe das für Halberstadt hinterfragt: Ende 2006 gab es in der Stadt 52 Vereine, zehn davon haben mehr als 130 Mitglieder, 39 Vereine haben weniger als 100 Mitglieder. Das heißt, dass sie eine jährliche Förderung in Höhe von 200 € bis 400 € erhalten. Sehr viele erhalten die Förderung erstmals. Und darüber freut sich jeder. Ich

erkläre jeden für nicht ganz zurechnungsfähig, wenn er Geld nicht nimmt.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Sowieso!)

Positiv ist sicherlich - das meine ich auch so -, dass beispielsweise ein Schulverein aufgrund der Wichtung für Kinder und Jugendliche für das Jahr eine nennenswerte Zuwendung erhält. Positiv ist auch, dass Übungsleiter mit einer entsprechenden Lizenz extra berücksichtigt werden sollen. Das ist transparent.

Aber - Frau Dr. Hüskens wies bereits darauf hin - die bisherigen Zuwendungen für die Übungsleiterentschädigungen deckten oftmals nicht die Ausgaben. Nach der jetzigen Wichtung erhalten die Vereine für die Entschädigung der Übungsleiter noch weniger.

Jeder weiß, dass die Tätigkeit der Übungsleiterinnen und Übungsleiter die Grundlage für eine zuverlässige Betreuung der Sportlerinnen und Sportler ist, und wird mir deshalb darin zustimmen, dass eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Sportarbeit in den Vereinen mit dieser Richtlinie ungenügend gewürdigt und gefördert wird.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP)

Diese entstandene Sachlage relativiert die Aussage, nunmehr alle Vereine zu fördern und über diesen Weg die Vereine zu stärken.

Hinzu kommt, dass die Anträge in den Kreissportbünden zu prüfen und dann vom Landessportbund zu einem Sammelantrag zusammenzufassen sind. Aber ich weiß im Moment nicht, wer in den Kreissportbünden diese Anträge im Januar 2010 prüfen und bearbeiten soll. Im Harz sind es beispielsweise ca. 400 Anträge, die von zwei oder drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bearbeitet werden müssen. Sicher ist nur eines: Wenn sie 400 Anträge prüfen, fallen sie für andere Dienstleistungen für die Vereine aus.

Ferner sind am Jahresende die Fördermittel mit einem Sachbericht und der Vorlage der Originalbelege abzurechnen. Das ist so in Ordnung und das mag für den einzelnen Verein möglich sein, aber ich frage mich, wer die etwa 3 000 Sachberichte und die dazugehörigen Belege liest und prüft und welchen Sinn es hat, für eine Förderung in Höhe von 50 €, 80 € oder 100 € einen Sachbericht zu erstellen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP)

Ich meine, an dieser Stelle werden Arbeitszeit und Ressourcen hochqualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschwendet. Eine Stärkung der Vereine und ihrer Arbeit kann ich nicht erkennen. Ich meine, dass es notwendig wäre - das wurde vom LSB auch vorgeschlagen -, eine Kappungsgrenze für die Vergabe der Mittel einzuziehen.

Werden nun mit der Anwendung der Richtlinien, vor allem der Richtlinie 1, welche die institutionelle Förderung des Landessportbundes und der Kreissportbünde zum Inhalt hat, die Sportstrukturen im Land gestärkt?

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass einige Kreissportbünde, die fusioniert haben, ohnehin Personalprobleme haben. Die Kreissportbünde sehen das Hauptproblem in der derzeitigen Festlegung, nach der höchstens 80 % der zuwendungsfähigen Personalausgaben gefördert werden sollen.