Vielen Dank, Herr Minister Robra. - Es ist vereinbart worden, eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion zu führen. Wir beginnen mit der FDPFraktion. Es spricht Herr Kosmehl.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, selten wurde ein medienpolitisches Gesetzeswerk so intensiv und vor allen Dingen so frühzeitig durch den Landtag, der ja nur ratifizieren soll, was die Exekutive ausgehandelt hat, begleitet.
Ich denke, wir haben hiermit als Landtag von SachsenAnhalt einen guten Weg gewählt. Vor allen Dingen haben die Anhörungen - beispielsweise die erste zu diesem Thema im August 2008 - durchaus die Augen für die Vielschichtigkeit der einzelnen Interessen geöffnet.
Wir haben bereits damals - ich erinnere mich genau - dem ZDF und der ARD auch kritische Fragen gestellt, zum Beispiel warum beide öffentlich-rechtlichen Sender jeweils mit einer Mannschaft in Peking vor Ort sind, was schließlich zusätzliche Kosten verursachen würde.
Wir haben gefragt: Wie ist die Entwicklung hinsichtlich der Kosten für das Internet? - Wir haben also das Thema angesprochen, über das wir jetzt im Zusammenhang mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag reden. Darauf haben wir die Antwort bekommen, dass das in der jetzigen Gebührenperiode vereinbarte Gebührenaufkommen ausreicht, um die Kosten auch für die Angebote im Internet zu decken, sodass eine weitere Gebührenerhöhung nicht erforderlich ist. - So viel zur Theorie.
Jetzt kommen wir zur Praxis. Jetzt stellen wir in der ersten Phase, noch vor dem Inkrafttreten des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages fest, dass gerade das Instrumentarium des Dreistufentests erhebliche Kosten verursachen wird. Dabei trifft es alle ÖffentlichRechtlichen gleichermaßen. Es trifft die großen Anstalten innerhalb der ARD genauso wie die kleinen. Es trifft das ZDF. Es trifft aber auch Deutschlandradio und Deutschlandfunk.
Genau deshalb ist der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien in der letzten Woche bei einer auswärtigen Sitzung in Berlin mit dem Intendanten des Deutschlandfunks zusammengetroffen. Er hat auch dort den Hinweis erhalten, dass dies für einen Sender wie den Deutschlandfunk unter Umständen mit erheblichen Kosten verbunden sein kann, die zulasten des Budgets gehen.
Wenn man ein Budget hat und die Ausgaben innerhalb dieses Budgets nicht aufwachsen sollen - es ist insbesondere immer ein Petitum der CDU-Fraktion, dass die Gebühren nicht weiter steigen sollen -, dann heißt das - -
- Herr Kollege Borgwardt, wir können uns über die Bürger einmal unterhalten. - Zunächst bleibt festzustellen: Wenn es keine Gebührenerhöhung dafür geben soll, weil das Budget feststeht, dann heißt das: Wenn der Dreistufentest durchgeführt werden muss - und das legt der Staatsvertrag für die Telemedienkonzepte fest -, muss man die dafür erforderlichen Mittel an anderer Stelle einsparen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden hier über Größenordnungen für Gutachten, die einen schon verleiten können, selbst als Gutachter tätig zu werden - wenn man sich einmal anschaut, was dafür aufgebracht werden muss. Hinzu kommt die Diskussion mit den Marktteilnehmern in den Gremien.
Zunächst einmal ist es eine einmalige kostenintensive Angelegenheit hinsichtlich der Telemedien. Hinzu kom
men sendungsbezogene Kosten. Das müssen Sie ja differenzieren. Niemand kann heute abschließend sagen, welche Kosten entstehen werden, wenn der Dreistufentest durchgeführt wird.
Ich sage ausdrücklich: Das ist ein Punkt, an dem wir Liberale sagen, dass eine bessere, eine - in Anführungsstrichen - unbürokratischere Lösung hätte gefunden werden können. Ich weiß, Herr Staatsminister, dass der Dreistufentest nicht von irgendwem, sondern insbesondere von der Europäischen Kommission - Stichwort Public Value - vorgegeben worden ist, um den Beihilfekompromiss zu schließen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt können wir festhalten, dass sich der Landtag und insbesondere der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien bis zur heutigen Einbringung des Ratifizierungsgesetzes bereits intensiv mit der Materie auseinandergesetzt haben. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir die Beratung über die Ratifizierung zügig durchführen können. Ich sage aber auch: Wir werden im Ausschuss natürlich die eine oder andere Nachfrage stellen.
- Das ist richtig, Herr Tullner; das steht uns immer zu. Ich sage das nur deshalb, weil ich von den Kollegen der Koalitionsfraktionen schon gehört habe: Wir haben doch schon so oft angehört, wir haben doch schon so lange darüber geredet, das kann man doch durchwinken.
Wir würden gern vor der Festlegung unseres Abstimmungsverhaltens zu einzelnen Punkten nachfragen. Ich glaube nicht, dass wir noch große Anhörungen brauchen, aber wir dürfen sicherlich Nachfragen stellen und zu einzelnen Punkten Informationen einholen.
Dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, bin ich mir sicher, dass wir mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein Regelwerk auf den Weg bringen, das den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch im Medium Internet, insbesondere im Medium Internet auf die Stufe der Zeit hebt und dann auch die Möglichkeit gibt, darin zu agieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kosmehl sprach eben von einem Vertreter aus einer der Koalitionsfraktionen, der gesagt habe, das könnten wir doch durchwinken - so habe ich es, glaube ich, nicht ausgedrückt.
Damit haben Sie tatsächlich Recht. Das hat etwas mit dem zu tun, mit dem Sie angefangen haben. Als ich das gelesen habe, habe ich mir gesagt: Mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag haben wir uns hier und auch im Ausschuss schon so oft und so ausführlich beschäftigt. Ich hatte fast gedacht, es sei schon durch - das war so mein erster Gedanke, den ich dann prompt losgeworden bin.
Das heißt natürlich nicht - - Natürlich müssen wir über den Gesetzentwurf hier noch einmal ausführlich beraten.
Trotzdem: An dieser Stelle ausdrücklichen Dank dafür, dass wir, glaube ich, schon im September 2008 den Entwurf hatten und darüber deshalb bereits im Herbst im Ausschuss umfassend haben beraten können.
Ich möchte heute auf einige Punkte eingehen, die gemäß dem Ausschussprotokoll von einzelnen Anwesenden damals kritisch angemerkt worden sind. Ansonsten müsste man jetzt erst einmal hören, was die Redner nach mir zu dem Thema noch darlegen wollen.
Es bleibt für uns dabei: Es ist ein Kompromiss zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehanbietern, den Verlagen und den Medien. Es ist ein Kompromiss, und zwar auf der Grundlage, dass die digitale Welt, speziell das Internet, so viele Verbreitungsmöglichkeiten bietet - das ist ja der eigentliche Auslöser -, mit denen man im Wettbewerb, in Konkurrenz zu anderen Anbietern stehen kann und bezüglich deren darüber nachgedacht werden muss, was programmbegleitend und was programmbezogen ist. Dazwischen wird differenziert.
In dem Zusammenhang stellen sich Fragen wie: Wo geschieht denn hier eigentlich Verdrängung? Wer verdrängt im Internet wen und was darf der Einzelne dort? - Es wird von „presseähnlichen Angeboten“ gesprochen, die sich die Vertreter der Printmedien natürlich zu Recht genau ansehen und bezüglich deren sie immer wieder die Frage stellen: Was bietet der Öffentlich-Rechtliche im Internet an und ist das alles programmbezogen bzw. programmbegleitend?
Die Europäische Union kommt als Dritte ins Spiel. Sie sagt: Der Wettbewerb muss gewährleistet sein. Sie hat ja schon - siehe England - deutlich gemacht, dass es den Öffentlich-Rechtlichen nicht zusteht, eine flächendeckende lokale Berichterstattung durchzuführen. Sie können zwar über lokale Ereignisse berichten, dürfen es aber nicht flächendeckend tun. Das muss sozusagen den anderen Rundfunkanbietern vorbehalten bleiben.
Welche Inhalte haben die Regelungen? - Als positiv ist zu verbuchen, dass der Öffentlich-Rechtliche in seinem Auftrag gesichert wird. Das ist etwas ganz Wichtiges. Gut ist auch, dass jetzt deutlich wird, dass er sich im Internet nach bestimmten Spielregeln bewegen kann. Die Abgrenzung zu den privaten Anbietern und zu den Printmedien ist meines Erachtens gelungen.
Positiv ist auch, dass, nachdem die Ministerpräsidenten den Vertrag nun unterzeichnet haben, diesbezüglich nun endlich - das haben Sie richtig ausgedrückt - zumindest ein wenig Ruhe eingekehrt ist.
Die Ministerpräsidenten haben außerdem den so genannten Dreistufentest eingeführt. Dieser Test ist spannend. Darüber gab es im Ausschuss die heftigsten Diskussionen. Dazu möchte ich sagen: Darüber wird geredet. Das machen ja die Rundfunkräte, die dafür da sind.
In der ersten Stufe dieses Tests geht es darum, dass, wenn ein besonderer Beitrag kommt, und zwar einer mit einer wichtigen, grundlegenden Bedeutung, nicht irgendwelche kleineren Beiträge, festgestellt werden muss, welchen Beitrag er für die Demokratie, die Gesellschaft
Die zweite Stufe des Tests bezieht sich auf das, was teuer werden könnte. Man muss feststellen, welchen Beitrag ein Bericht zum publizistischen Wettbewerb leistet. Übrigens, Herr Gebhardt: Darin steht kein Verbot. Es geht darum, welchen Beitrag er zum publizistischen Wettbewerb leistet. Das halte ich für richtig, weil klargestellt werden muss, ob es hier totale Verdrängung gibt und wie sich das ausgleicht.
Die dritte Stufe des Tests betrifft den finanziellen Aufwand. Es muss veranschaulicht werden, was es kostet, sodass die KEF es nachvollziehen kann.
Ergänzend zu dem zweiten Teil, dem Beitrag zum publizistischen Wettbewerb, sei noch gesagt: Hier ist eine Stellungnahme Dritter, und zwar unabhängiger Dritter, angeraten. Das halte ich für wichtig. Das ist aber kostenintensiv, klar.
Was würde aber passieren, wenn man das nicht tun würde? - Dann wäre der Vorwurf doch erst recht laut: Sie bedienen sich und machen, was sie wollen. Es müssen deshalb unabhängige Dritte eingeschaltet werden, damit objektiv festgestellt wird, welche Kosten tatsächlich anfallen, ob es einen Mehrwert gibt und wie der Wettbewerb geregelt ist. Ich glaube, wenn das nicht passieren würde, wären die Vorwürfe noch viel schlimmer.
Ich bin auch gespannt - das gebe ich zu -, wie die Marktanalysen aussehen werden und wie die Kosten in ihrem Budget dann verteilt sein werden. Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten haben alle fest zugesagt, dass sie diese zumindest bis 2011/2012 in ihrem Bereich unterbringen.
Dass die Rundfunkräte aufgewertet würden, finde ich eigentlich gut. Ich finde gut, dass sie zuständig sein sollen. Dass sie von der Intendanz wirklich unabhängig geführt werden müssen, halte ich auch für richtig. Ich halte es außerdem für richtig, dass dort nicht eine eigene Geschäftsstelle oder eine eigene Verwaltung geschaffen wird, sondern dass sie sich anderer, also Dritter bedienen können.
Ich begrüße auch, dass die Protokollerklärung, die von Sachsen-Anhalt ausging, von allen unterzeichnet worden ist. Man kann darin die Stellen nachlesen, an denen noch einmal zum Ausdruck gebracht wird, dass der Auftrag auch in Richtung der Gebührenzahler geht, dass man genau überlegen muss, welche Angebote man machen möchte, und dass man dabei die Kosten im Blick haben muss.
Ich möchte zum Schluss meines Redebeitrages noch zwei Dinge sagen, die mir wichtig sind. Ich habe mit Genugtuung und, ich sage einmal, mit Freude, weil ich gerne einmal ein bisschen im Internet herumstöbere,
gelesen, dass die digitalen Archive gesichert sind, und zwar auch die Archive, die zur Information über demokratische, soziale und kulturelle Fragen der Zeit- und Kulturgeschichte da sind. Des Weiteren habe ich gelesen, dass dies Angebote für alle sind und dass man kostenlos darauf zugreifen kann.
Wer einmal auf die Internetseiten von ZDF oder ARD geht, wird sehen, das man in solchen Archiven Informa
tionen ab dem Jahr 1952 abrufen kann. Darin kann man zum Beispiel Berichte aus damaligen Tagesschauen nachlesen und sogar sehen. Das ist wirklich total interessant.
Das finde ich viel wichtiger als die Frage der Sportereignisse. Ich kann damit leben, dass diese Sender nicht länger als 24 Stunden lang über Sportereignisse im Internet zeitnah Bericht erstatten, weil das unheimlich viel kosten würde. Ich glaube, mit Blick auf die Archive kann ich damit leben. Das ist hinnehmbar. Ich glaube, dass man damit leben kann. Übrigens: Alles, was im Sport ein paar Tage zurückliegt, ist so interessant nicht mehr. Manche wollen nur zeitnah wissen, was im Sport passiert.
Ich glaube, bei allen medienpolitischen Sprechern im Haus war in letzter Zeit Herr von Haken. Ich glaube, er hat auch Herrn Kosmehl besucht; bei mir war er jedenfalls. Er ist derjenige, der die Werbe-GmbH für den MDR in Erfurt führt. Hier wird eine unabhängige GmbH gesondert geführt, die unter marktüblichen Bedingungen Werbung und Sponsoring betreibt, also ohne Mittel aus Gebühreneinnahmen dafür zu verwenden und ohne dass eine Quersubventionierung erfolgt. Ich denke, auch das ist wichtig. Wir sollten uns vielleicht einmal ansehen, wie das dort gemacht wird und wie das dort läuft.
Insgesamt sage ich: Es ist ein tragfähiger Kompromiss. Der Gesetzentwurf sieht klarere Regelungen für die so genannte digitale Welt vor. Wir werden uns sicherlich noch des Öfteren damit beschäftigen. Ich freue mich auf die weitere ausführliche Beratung darüber im Ausschuss, auch weil es unheimlich interessant ist, die vielen Aspekte und die unterschiedlichen Sichtweisen der Sprecher zu beleuchten. - Danke schön.