Protokoll der Sitzung vom 07.05.2009

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage des Abgeordneten Herrn Hauser beantworte ich wie folgt.

Zweifellos ist bei den Genehmigungsverfahren für Tierhaltungsanlagen in zunehmendem Maße ein öffentliches Interesse zu verzeichnen. Aus der Bevölkerung, den Tier- und Umweltschutzverbänden sowie den Kommunen werden diesen Anlagen teils erhebliche Widerstände entgegengebracht.

Anfangs bezogen sich solche Proteste noch auf die wirklich großen Anlagen. Nunmehr ist die SPD-Fraktion schon bei Anlagen für 3 000 Tiere gelandet. Das ist eine Größenordnung, über die mittlerweile auch Berater in den alten Bundesländern hinausgehen, wenn es um zukunftsträchtige Schweinemastanlagen geht. Niedersachsen nennt mittlerweile 5 000 Plätze als Zielgröße, um am Markt überhaupt konkurrenzfähig bleiben zu können.

Wie zumindest der Presse zu entnehmen ist, strebt die Fraktion der SPD mit vergleichbarer Zielstellung die Einführung einer obligatorischen Durchführung von Raumordnungsverfahren für Tierhaltungsanlagen an, weil dadurch mehr Transparenz und die Möglichkeit der Einflussnahme für die Öffentlichkeit geschaffen werde sowie die Investoren gleichzeitig mehr Planungssicherheit erhalten würden. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Frage, ob eine solche Regelung dies leisten kann und welcher zusätzliche bürokratische Aufwand für die Investoren damit verbunden ist.

In diesem Zusammenhang ist es zunächst einmal interessant, die aktuelle Gesetzeslage in die Betrachtung einzubeziehen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz schreibt bei der Errichtung einer Anlage mit einer Tierplatzzahl von 3 000 Mastschweinen eine Umweltverträglichkeitsprüfung und die Beteiligung der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren vor. Die Genehmigungserteilung setzt voraus, dass alle geltenden Anforderungen zum Umweltschutz eingehalten werden und die Anlage allen anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Dazu werden am Verfahren alle Behörden, deren Belange berührt sind, und die betroffenen Gemeinden beteiligt.

Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen sind gemäß § 13 Abs. 1 und 2 des Landesplanungsgesetzes der oberen Landesplanungsbehörde anzuzeigen. Diese entscheidet dann über die Art und Weise der landesplanerischen Abstimmung. Auf ein Raumordnungsverfahren wird in der Regel verzichtet, wenn Ziele der Raumordnung dem Vorhaben nicht entgegenstehen und im Genehmigungsverfahren alle Belange abgeprüft werden können. In diesem Fall wird eine landesplanerische Stellungnahme abgegeben, die in das Genehmigungsverfahren einfließt.

In der bisherigen Praxis wurde mit Ausnahme der ehemals in Allstedt geplanten Anlage bei den Vorhaben zur Errichtung von Tierhaltungsanlagen keine Notwendigkeit für ein Raumordnungsverfahren gesehen und eine landesplanerische Stellungnahme im Rahmen des Genehmigungsverfahrens als ausreichend beurteilt. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Erfordernisse der Raumordnung mit dieser Verfahrensweise in SachsenAnhalt unzureichend beurteilt wurden.

Es stellt sich somit berechtigterweise die Frage, was ein Raumordnungsverfahren auch bei kleinen Anlagen tat

sächlich leisten kann, wenn in den bisherigen Genehmigungsverfahren offensichtlich nur eine Anlage wirklich von raumordnerischer Bedeutung war.

Solche Erfahrungen haben offensichtlich auch die benachbarten Bundesländer. Sie haben eine ähnliche Vollzugspraxis bei Tierhaltungsanlagen wie Sachsen-Anhalt. Auch in den anderen Ländern werden die raumordnerischen Belange bis auf Einzelfälle nur im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz geprüft.

Mit der Einführung eines obligatorischen Raumordnungsverfahrens würden Investitionen in Sachsen-Anhalt gegenüber den anderen Bundesländern mit einem deutlich höheren Verfahrens-, Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein. Konkret heißt das: Der Standort Sachsen-Anhalt verliert weiter an Wettbewerbsfähigkeit. Ich sage bewusst „weiter“; denn im Vergleich zu benachbarten Ländern sind wir aufgrund unserer Haushaltslage schon in der investiven Förderung deutlich schwächer unterwegs. Letztlich geht es auch hierbei um Arbeitsplätze.

Sachsen-Anhalt verfügt über rund 7 % der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland, hat aber nur einen Anteil am Produktionswert in der tierischen Erzeugung von 3,5 %. Unser Tierbesatz liegt mit 0,50 Großvieheinheiten je Hektar im unteren Bereich aller Bundesländer. Unsere Hauptkonkurrenten in Europa, die Niederlande und Dänemark, haben in großen Teilen des Landes bereits das zehnfache Niveau erreicht. Im Übrigen liegen auch die Durchschnittsbestände bei Schweinen pro Betrieb in diesen beiden Ländern schon deutlich über unserem Durchschnittsbestand. Dänemark hat im Schnitt schon fast 500 Schweine mehr.

Noch ein Aspekt, der uns gerade bei dem schönen Wetter jetzt immer wieder begegnet: Nur etwa 60 % des Schweinefleisches auf den Grills der Sachsen-Anhalter kommen aus unserem Land; denn unser aktueller Selbstversorgungsgrad entspricht etwa 60 %.

Ist es in dieser Situation wirklich der richtige Weg, zusätzliche bürokratische Verfahren einzuführen? Schaffe ich damit wirklich mehr Transparenz? - Wir sollten uns zunächst anschauen, ob die bisherigen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.

Es bestehen aus meiner Sicht auch rechtliche Bedenken gegen das angestrebte Ziel des Antrages. Nach der Raumordnungsverordnung des Bundes soll ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, wenn ein Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam und von überörtlicher Bedeutung ist. Die Frage der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ist damit, abhängig vom konkreten Einzelfall, immer eine Ermessensentscheidung. Es erscheint mehr als fraglich, ob hierzu landesrechtlich eine zwingende Festlegung für einen bestimmten Anlagentyp und eine bestimmte Anlagengröße getroffen werden darf. Zumindest ist eine solche Regelung - ich sagte es schon - in anderen Bundesländern nicht bekannt.

Im Übrigen wird mit einem Raumordnungsverfahren keine höhere Planungssicherheit für Investoren erreicht. Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist bei der Genehmigungsentscheidung zu berücksichtigen. Das heißt: Selbst bei positivem Ausgang des Raumordnungsverfahrens können sich Ablehnungsgründe im nachfolgenden Genehmigungsverfahren ergeben. Und umgekehrt muss ein eingeschränktes Ergebnis des

Raumordnungsverfahrens nicht zwangsläufig zur Ablehnung des Vorhabens führen.

Unbestritten würde ein Raumordnungsverfahren für die Bevölkerung eine weitere, aber inhaltlich sich wiederholende Möglichkeit der Beteiligung eröffnen, weil im Genehmigungsverfahren nochmals die öffentliche Meinung eingeholt wird. Also würde das Raumordnungsverfahren eine weitere Möglichkeit der öffentlichen Beteiligung eröffnen. Aber mir erscheint es richtiger und sinnvoller, dazu das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen und Alternativen zu diskutieren, ohne das Ziel eines transparenten Verfahrens aufzugeben. Wir haben ja morgen und sicherlich anschließend in den Ausschüssen noch einmal die Gelegenheit, darüber zu diskutieren.

In der Konsequenz spricht sich die Landesregierung also gegen ein zweites förmliches Verfahren in der Öffentlichkeitsbeteiligung aus. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank.

Wir kommen dann zur Frage 9. Der Abgeordnete Herr Kurze, CDU, fragt zum Thema Spätheimkehrer in Sachsen-Anhalt. Die Antwort wird der Minister des Innern Herr Hövelmann geben. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Besucher dieser Generation in meinem Büro bewegten mich zu dieser Frage.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Spätheimkehrer leben in Sachsen-Anhalt und wie viele haben einen Antrag auf Entschädigung gestellt?

2. Wie viele Anträge wurden bisher positiv entschieden und wie viele laufende Verfahren gibt es noch?

Vielen Dank. - Herr Minister, bitte beantworten Sie die Frage.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf die Frage des Abgeordneten Kurze für die Landesregierung wie folgt beantworten.

Zu 1: Die Zahl der Spätheimkehrer, die in SachsenAnhalt leben, ist nicht bekannt. Die Zahl der Anträge auf Entschädigung wird in Sachsen-Anhalt nicht erfasst. Ein Antrag auf einmalige Entschädigung ist gemäß § 3 Abs. 1 des Heimkehrerentschädigungsgesetzes vom 10. Dezember 2007 beim Bundesverwaltungsamt als zuständiger Behörde zu stellen. - Aber es ist nicht eine solche kalte Antwort; Sie bekommen noch eine Zahl.

Zu 2: Die Zahl der Anträge, die bisher positiv entschieden wurden, sowie die Zahl der laufenden Verfahren werden aufgrund der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsamtes in Sachsen-Anhalt nicht erfasst. Eine Anfrage beim Bundesverwaltungsamt ergab aber folgende Information: Insgesamt sind beim Bundesverwaltungsamt 45 241 Anträge auf Entschädigung eingegangen. Davon stammen 7 753 Anträge aus dem Land Sachsen-Anhalt.

Das entspricht einem Anteil von 17 %. Aufgrund dieser Anträge wurde bereits in 6 429 Fällen eine Entschädigung bewilligt.

Vielen Dank.

Wir kommen dann zur Frage 10. Die Abgeordnete Angelika Hunger, DIE LINKE, fragt zur Umsetzung bundesrechtlicher Regelungen. Frau Hunger, Sie haben das Wort. Herr Minister Dr. Haseloff wird antworten.

Zur Umsetzung bundesrechtlicher Regelungen sind meist landesrechtliche Durchführungsbestimmungen zu erlassen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der Stand der Erarbeitung dieser Durchführungsbestimmungen für die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz?

2. Welche Schwierigkeiten stehen einer Richtlinie zur Förderung von Nahwärmenetzen entgegen?

Vielen Dank. - Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur ersten Frage. Die Bundesregierung hat am 18. Juni 2008 die Änderung der Energieeinsparverordnung beschlossen. Am 6. März 2009 hat der Bundesrat mit einigen Änderungen zugestimmt, die am 18. März 2009 von der Bundesregierung angenommen wurden. Aufgrund des Inkrafttretens der dritten Änderung des Energieeinspargesetzes am 1. April 2009 gilt die Energieeinsparverordnung ab 1. Oktober 2009, das heißt also in knapp einem halben Jahr.

Zeitnah wird geprüft, in welchem Umfang landesrechtliche Durchführungsbestimmunen wann zu erlassen sind. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass der Bund im Rahmen des Energieeinspargesetzes ermächtigt ist, mit Zustimmung des Bundesrates weitere Regelungen zu treffen. Inwieweit davon Gebrauch gemacht wird, ist zurzeit nicht einzuschätzen. Insofern könnten durchaus Probleme auftreten.

Im Zusammenhang mit dem Erneuerbare-EnergienWärme-Gesetz laufen zurzeit Abstimmungen zwischen den Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt und für Landesentwicklung und Verkehr zur Vollzugsgestaltung in Sachsen-Anhalt.

Zur Frage 2: Für die Errichtung und Erweiterung von Wärmenetzen können je nach Gegebenheit verschiedene Fördermöglichkeiten genutzt werden. Im gewerblichen Bereich ist das vor allem das Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, das eine Förderung des von KWK-Anlagen gespeisten Wärmenetzes enthält.

Im privaten Bereich sind die Förderprogramme des Bundes „KfW-Programm erneuerbare Energien, Premium, Nahwärmenetze“ - früher auch Marktanreizprogramm genannt - sowie das Programm „Effizient sanieren“ und das Programm „Wohnraum modernisieren“ zu nennen.

Kommunen können danach Programme wie „Kommunal investieren“, „KfW-Investitionskredit Kommunen“ oder im ländlichen Bereich das Programm „Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung“ nutzen.

Das Land Sachsen-Anhalt verfügt mit der Richtlinie des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr „Energetische Sanierung von Wohngebäuden Ergänzungsprogramm“ über eine Ergänzungsförderung für drei Programme, und zwar für Programme des Bundes, aus deren begrenztem Umfang ebenfalls eine Unterstützung von Nahwärmeprojekten möglich ist.

In Vorbereitung ist eine Förderrichtlinie des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt aus Mitteln des EU-Strukturfonds EFRE für den Bereich Klimaschutz/erneuerbare Energien. Der Richtlinienentwurf sieht eine Förderung der Errichtung von Nahwärmenetzen im Zusammenhang mit einer biogenen Wärmeerzeugung vor. Derzeit läuft noch die Klärung der Vollzugsvoraussetzungen. Also, wir sind an dieser Richtlinie dran.

Vielen Dank, Herr Minister. - Es gibt eine Nachfrage von Frau Hunger.

Sie haben auf die erste Frage geantwortet, dass es Abstimmungen mit dem Verkehrsministerium bezüglich des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes gebe. Können Sie sagen, wann ungefähr mit der Herausgabe einer Durchführungsbestimmung zu rechnen ist?

Ich denke, es wird in den nächsten zwei Monaten abgeschlossen sein.

Danke schön.

Vielen Dank.