Protokoll der Sitzung vom 18.06.2009

Das Fatale an dem Vorgang ist, dass sich die Kolleginnen und Kollegen des Städte- und Gemeindebundes und des Landkreistages, die an der Erarbeitung des Gesetzentwurfs mitgearbeitet haben und die sehr viel Arbeit dort hineingesteckt haben, ein bisschen hinters Licht geführt fühlen - um das zitierreif zu sagen. Das Wort von der Konsolidierungspartnerschaft macht wieder die Runde. Und es hat den gleichen negativen Beiklang, den es damals hatte, als Sie den FAG-Anteil das erste Mal abgesenkt haben.

Dabei ist uns allen eines klar gewesen: Wenn wir an das Finanzausgleichsgesetz herangehen, werden wir Gewinner und Verlierer haben. Ich hatte erwartet, dass die großen Städte die Gewinner sein werden; denn diese Diskussion hatten wir nun schon einige Male im Landtag. Dass ein SPD-Entwurf darauf einen besonderen Schwerpunkt legen würde, war eigentlich klar.

Mich hat es ein bisschen gewundert, dass darüber hinaus vor allem die einkommensstarken Kommunen gewinnen - hier wird ein ordentliches Plus zu verzeichnen sein - und dass die einwohnerschwachen Regionen in unserem Land jetzt ein dickes Minus machen werden. Mit Blick auf den Grundsatz gleichwertiger Lebensverhältnisse hätte ich das eigentlich nicht erwartet. Das betrifft sowohl die beiden Landkreise in der Altmark als auch den Landkreis Wittenberg als auch die Kommunen in diesen Landkreisen. Dass bedeutet dann, dass die Umlage das Minus bei den Kreisen noch verstärken wird.

Das ist ein Punkt, zu dem wir in den Ausschussberatungen noch einmal vertiefend diskutieren müssen. Es ist zu schauen, ob man hier nicht tatsächlich so nachsteu

ern kann, dass auch dort die Aufgaben finanziert werden können.

Ein weiterer Punkt in den Ausführungen, den ich etwas irritierend finde, ist die Frage: Gibt es denn jetzt mehr oder weniger in Relation zum alten FAG? - Ich will in dem Fall einmal den Unterlagen vertrauen, die die Landesregierung erstellt hat. Dort schlägt für das Jahr 2010 nach dem alten FAG ein Betrag von 1,8 Milliarden € zu Buche. Das FAG laut Novelle bringt noch 1,6 Milliarden €. Wenn Sie in den Entwurf hineinschauen, werden Sie feststellen, dass dort noch 1,5 Milliarden € stehen.

Das ist - nach Adam Riese - weniger Geld. Deshalb denke ich, dass die Kommunen zu Recht von einer - ich sage es einmal in Anführungszeichen - Konsolidierungspartnerschaft reden und sich von der Landesregierung über den Tisch gezogen fühlen.

(Herr Tullner, CDU: Stimmen denn die Zahlen?)

Das bedeutet, dass Sie wieder einmal Vertrauen verspielen. Deshalb bin ich

(Herr Tullner, CDU: Das sind alte Zahlen!)

sehr gespannt auf die Beratungen, in denen Sie das alles sicherlich noch einmal Schritt für Schritt erklären werden. Ich fürchte, dass ich auch gespannt sein kann auf die Gerichtsurteile, die dann kommen werden. Denn einen Vorteil für die Kommunen, für die Landkreise und die Gemeinden hat der langwierige Entstehungsprozess: Eigentlich hat die Landesregierung jetzt nachgewiesen, wie hoch die Kosten für die Aufgaben sind.

(Herr Stahlknecht, CDU: Die Klagen der FDP wa- ren nicht immer erfolgreich!)

Wenn die Mittel jetzt unterhalb dieses Betrages liegen, dann finanzieren wir die Kommunen nicht mehr aufgabengerecht. Ich bin ganz gespannt, ob wir hier in Sachsen-Anhalt nicht ein ähnliches Urteil zu erwarten haben werden, wie man es in Thüringen hatte. Ich fände es schade, wenn es dazu käme, da alle Beteiligten ihre Bereitschaft signalisiert hatten, an einem konsensualen Ergebnis mitzuwirken. Ich glaube, dass Sie hier ohne Not das Vertrauen der Kommunen verspielen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Zum Schluss der Debatte hören wir den Beitrag der SPD-Fraktion. Es spricht Frau Schindler. - Ich höre gerade, dass es eine Frage gibt. Möchten Sie eine Frage beantworten, Frau Hüskens? - Herr Tullner, fragen Sie bitte.

Herr Präsident, ich hatte Ihr Nicken als Zustimmung aufgefasst. - Frau Dr. Hüskens, Sie hatten am Ende noch einmal den Vergleich der Zahlen aus dem alten und dem neuen FAG. Ich wollte Sie nur fragen, ob es sich zufällig um die Anlage 14 des Strategiepapiers handelt.

Diese Zahlen sind meines Wissens veraltet und nicht korrekt. Deswegen ist an dieser Stelle, so glaube ich, ein Missverständnis entstanden.

Herr Tullner, ich habe mich inzwischen wirklich daran gewöhnt, dass die Landesregierung im Stundentakt neue Unterlagen herausgibt. Aber hier steht als Datum der 8. Juni 2009 darauf. Das ist dieses Jahr und dieser Monat. Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Zahlen so schnell verändern.

Vor allem eines kann sich nicht verändern: die alte Prognose. Die Mittel, die nach dem alten FAG gezahlt worden wären, beläuft sich auf 1,8 Milliarden €. Wenn man die Differenz zu dem Betrag von 1,5 Milliarden € berechnet, so muss man feststellen: So viel Steuermindereinnahmen im Bereich der Kommunen haben wir nun auch nicht.

Ich gehe einmal fest davon aus, dass hier Folgendes passiert ist: Man hat festgestellt, dass es hart wird, einen einigermaßen geraden Haushalt hinzubekommen, und hat die Kommunen in guter Partnerschaft schon einmal ordentlich an den Mindereinnahmen beteiligt und hat schlicht und ergreifend das neue FAG an die Einnahmen angepasst, die man für sich selber erwartet.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun bitte Frau Schindler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag befasst sich heute nicht zum ersten Mal mit dem Finanzausgleichsgesetz. Mit der Vorlage dieses Gesetzentwurfes nehmen wir, wie schon meine Vorredner ausgeführt haben, weitreichende Änderungen vor. Der Gesetzentwurf gibt dem Finanzausgleich eine neue Struktur. Die Notwendigkeit für diese umfangreiche Änderung ergibt sich aus mehreren Punkten:

Erstens. Wie in den vorherigen Debatten mehrmals ausgeführt und auch unstrittig, zwingt uns das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofes zum FAG des Landes Thüringen vom 21. Juni 2005, auch das FAG des Landes Sachsen-Anhalt zu überarbeiten; denn das Urteil betrifft nicht nur das Thüringer Gesetz. Da das geltende FAG des Landes Sachsen-Anhalt ähnliche Regelungen enthält, können wir das Urteil nicht einfach ignorieren. Auch das ist unstrittig in diesem Hause.

Zweitens die Überprüfung der Angemessenheit der Finanzausstattung der Kommunen insgesamt. Dazu ist eine intensive Beratung und Bewertung der Aufgaben und der Aufgabenerfüllung vor Ort erforderlich. Dazu wurde bereits ein Antrag mit dem Titel „Aufgaben der Kommunen objektiv bewerten“ in den Landtag eingebracht, den wir im Innenausschuss behandeln.

Drittens die Überprüfung der so genannten Binnenverteilung innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs. Auch dazu gab es bereits mehrere Anträge im Landtag. Wir beraten dazu in den Ausschüssen.

Bereits mit dem Abschluss des Koalitionsvertrages, der dann zum Regierungsprogramm wurde, haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, diese Änderungen vorzunehmen und die eben genannten Punkte zu berücksichtigen.

Der vorliegende Gesetzentwurf greift diese Punkte auf und kommt zu einer neuen Struktur des Finanzaus

gleichs. Die Erarbeitung des Gesetzentwurfes erfolgte in enger Zusammenarbeit mit der Finanzstrukturkommission, die sich in den letzten drei Jahren intensiv damit befasst hat. Es war keine leichte Aufgabe, gerade wenn ich an die unter Punkt 2 genannte Bewertung der Aufgaben denke. Daher sage ich an dieser Stelle - ich glaube insoweit auch in Ihrem Namen sprechen zu können - den Mitgliedern der Kommission vielen Dank für die Arbeit.

Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass von allen Beteiligten die Veränderung des FAG, weg von der bisherigen Berechnung der Finanzausgleichsmasse über die Festsetzung einer Verbundquote hin zu einer aufgabenbezogenen, am Bedarf ausgerichteten Ermittlung der Finanzausgleichsmasse, die damit von der Leistungskraft des Landes weitestgehend unabhängig ist, ausdrücklich begrüßt wird, wie auch meine Vorredner bereits zum Ausdruck gebracht haben.

Ergebnis dieser Umstellung ist, dass sich finanziell schwierige Zeiten nicht unmittelbar auf die Finanzausgleichsmasse auswirken. Mit Blick auf die Entwicklung in den nächsten Jahren, wie sie der Minister schon beschrieben hat, ist diese Umstellung eine der wichtigsten Änderungen dieses FAG. Sie ist auch zum Vorteil der Kommunen; denn damit kommen wir einer Forderung der kommunalen Spitzenverbände nach, die immer Planungssicherheit für die Kommunen gefordert haben.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Zu der Diskussion darüber, ob das eine Verbesserung oder eine Verschlechterung gegenüber dem bisherigen Gesetz wäre: Ich denke, dass diese 1,8 Milliarden €, die Sie gerade angeführt haben, bei der Überarbeitung des Doppelhaushaltes anders bewertet werden würden. Diese Rechnung müsste neu aufgemacht werden. Deshalb sollte es unser Bestreben sein, dieses Gesetz zum 1. Januar 2010 in Kraft treten zu lassen, um den Gemeinden Planungssicherheit zu geben.

Bei der Bemessung der Finanzausgleichsmasse hat man sich bei der ersten Ermittlung auf belastbare Statistiken und Erhebungen der finanziellen Mindest- und Grundausstattung bezogen. Dass diese einer weiteren Fortschreibung und Überprüfung bedarf, ist bereits in § 2 Abs. 2 des Gesetzentwurfes festgelegt.

In der neuen Struktur begründet, kommt es mit dem neuen Gesetz zu einer Umverteilung der Zuweisungen zwischen den verschiedenen kommunalen Gruppen. Dies ist, wie gesagt, in der Struktur begründet, da die Zuweisungen aufgabenorientiert erfolgen. Änderungen, wie sie an dem ursprünglichen, ersten Entwurf vorgenommen worden sind, zeugen in dem nunmehr vorliegenden Entwurf davon, dass Abweichungen möglich sind, die diese vorausgewählte Struktur verlassen.

Sicherlich werden nicht alle über dieses neue Gesetz glücklich sein, vor allem dann nicht, wenn es infolge des Gesetzes zu geringeren Zuweisungen kommt. Auf Einzelheiten des Gesetzes möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Auch in der SPD-Fraktion gibt es zu dem vorliegenden Gesetzentwurf noch viel Diskussionsbedarf. Die verschiedenen Positionen können in weiteren Beratungen ausgetauscht werden.

Ich bitte im Namen der SPD-Fraktion um die Überweisung des Gesetzentwurfes an die von meinem Kollegen von der CDU genannten Ausschüsse. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Schindler. Es gibt eine Frage von Frau Dr. Hüskens. - Bitte schön.

Frau Schindler, mich würde Folgendes interessieren: Sie sagten, es gebe neue Erkenntnisse, die die Zahl 1,8 Milliarden € bzw. 1,5 Milliarden € begründen. Könnten Sie mir sagen, was zwischen dem 8. Juni 2009 und heute passiert ist, das diese Differenz erklären würde?

Ich habe mich nicht darauf bezogen, dass die genannte Zahl aus dem Juni stammt. Vielmehr meinte ich, dass erst die nächste Steuerschätzung im November 2009 abzuwarten ist. Auf diese bin ich sehr gespannt. Diese wird sich unmittelbar darauf auswirken und zeigen, welche Steuereinnahmen wir im Land insgesamt haben und ob wir eine weitere Absenkung aufgrund der Verbundquote hinnehmen müssen.

Vielen Dank. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Von der CDU-Fraktion wurde beantragt, unterstützt von der SPD-Fraktion, den Gesetzentwurf zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und zur Mitberatung an die Ausschüsse für Finanzen, für Landesentwicklung und Verkehr, für Soziales sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu überweisen. Wer stimmt der Überweisung zu? - Das sind offensichtlich alle; damit ist das so beschlossen.

Von der Fraktion DIE LINKE ist zusätzlich beantragt worden, den Gesetzentwurf auch an alle übrigen Ausschüsse zu überweisen. Wer stimmt der Überweisung des Gesetzentwurfs an alle weiteren, noch nicht genannten Ausschüsse zu? - Das sind die Antragsteller und die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen.

(Zuruf von der FDP: Zählen!)

- Gut, dann machen wir das. - Wer ist dafür, den Gesetzentwurf an alle weiteren, noch nicht genannten Ausschüsse zu überweisen? - Wer ist dagegen? - Das ist eindeutig die Mehrheit. Wir könnten das jetzt per Namensaufruf überprüfen, aber wir sind uns einig, dass das eindeutig die Mehrheit ist. Dafür waren 25 Abgeordnete, dagegen waren deutlich mehr als 30 Abgeordnete. Da eine gewisse Vermischung der Sitzplätze zwischen den Fraktionen eingetreten ist, gab es zunächst kein klares Ergebnis. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE wurde somit abgelehnt. Der Tagesordnungspunkt 12 ist beendet.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 13 aufrufe, darf ich Ihnen mitteilen, dass meine Bitte an die parlamentarischen Geschäftsführer ein sehr gutes Ergebnis erbracht hat. Sie haben eine Liste mit sieben Tagesordnungspunkten vorgeschlagen, die für morgen vorgesehen sind, die wir aber heute noch behandeln können.

Die Tagesordnungspunkte werden in folgender Reihenfolge behandelt: 24, 23, 15, 17, 27, 16 und 29. Falls Sie jetzt nicht so schnell mitschreiben konnten, ist das kein Problem; denn ich werde jeweils den darauffolgenden Tagesordnungspunkt bekanntgeben, damit sich diejenigen, die dann an der Reihe sind, darauf einstellen kön

nen. Fast alle Tagesordnungspunkte sollen ohne Debatte behandelt werden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

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