Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

Zu diesen gehören unter anderem die Mitarbeiter der Verwaltungen der Landkreise und kreisfreien Städte und von Organisationen und Vereinen, die sich in der Integrationsarbeit engagieren. Aber auch Migrantinnen und Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes, des Sozialministeriums und des Innenministeriums gehörten dazu. Leider beteiligten sich die anderen Ministerien nicht an diesen Foren. Ich bedauere ganz besonders, dass sich das Kultusministerium völlig ausgeklinkt hat. Die Arbeit in diesen Foren wird zurzeit abgeschlossen und im Oktober dieses Jahres soll der Öffentlichkeit ein Maßnahmenkatalog vorgestellt werden.

Meine Damen und Herren! Es war und ist den Akteuren in diesen Foren durchaus bewusst, dass viele Maßnahmen in diesem Forderungskatalog einschließlich deren Umsetzung ihre Zeit - um nicht zu sagen: sehr viel Zeit - brauchen. Über das Geld reden wir erst gar nicht. Dennoch sind es realistische Visionen. Es ist eine berechtigte Erwartungshaltung der Akteure, dass ihre Visionen ernst genommen werden.

Seit Ende des letzten Jahres gibt es aber auch Schwierigkeiten hinsichtlich der Finanzierung von Projekten.

Das lag und liegt nicht wirklich an den in unregelmäßigen Abständen ausgesprochenen Haushaltssperren unseres Finanzministers. Es liegt wohl eher daran, dass das Landesverwaltungsamt offensichtlich nicht der Lage ist oder nicht sein will, Projekte zu genehmigen. Das betrifft nicht nur neue Projekte, sondern auch Maßnahmen, die bereits über einen längeren Zeitraum laufen.

Ein vorläufiger Maßnahmebeginn ist nicht wirklich eine Lösung für das Problem. Selbst die Landkreise und kreisfreien Städte warten, nachdem sie für ihre regionalen Integrationsbeauftragten den vorläufigen Maßnahmebeginn bestätigt bekommen haben, auf einen endgültigen Bescheid und vor allen Dingen auf das Geld. Eine Zeit lang war ich der Meinung, dass es Baumann und Clausen nur im Radio gäbe, aber manchmal glaube ich, diese Situationskomik leider auch live und in Farbe zu erleben.

Meine Damen und Herren! Integrationspolitik muss aus der Sicht der LINKEN zu einer zentralen gesellschaftspolitischen Aufgabe werden. Im Interesse der betroffenen Menschen wie auch eines guten Miteinanders sind alle Hindernisse für eine wirkliche Chancengleichheit und für gleichberechtigte soziale Partizipation aus dem Weg zu räumen. Es muss uns dabei ebenfalls um begleitende Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung gehen.

Eine Gesellschaft, die Einwanderung wirklich gestalten will, hat durchaus die Pflicht, diesen möglichen Zugewinn an Humanität und Liberalität als Bereicherung zu betrachten. Sie muss es erst recht als Chance begreifen. DIE LINKE bleibt dabei, dass sich Integration durch die gleichberechtigte Teilhabe am sozialen, politischen und wirtschaftlichen Leben auszeichnet. Integration bedeutet Teilhabe an den Wahlen und an anderen gesellschaftlichen Prozessen.

Die Voraussetzung dafür ist eine radikale Vereinfachung und Erleichterung des Einbürgerungsverfahrens. Darüber hinaus ist die Anerkennung der im Ausland erworbenen Abschlüsse unabdingbar. Nach wie vor sind die Bildungs-, Ausbildungs- und auch die Fortbildungschancen für Menschen mit Migrationshintergrund deutlich schlechter als für Menschen ohne Migrationshintergrund.

Statt einseitig Integration zu fordern, muss man endlich Integration fördern.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte an dieser Stelle unsere Sozialministerin Frau Dr. Kuppe zitieren:

„Integration ist keine Einbahnstraße. Es geht um mehr als um Anpassung von Migrantinnen und Migranten an Lebensumstände hier in Deutschland. Wir wollen integrieren, Integration leben, das heißt, den Dialog mit den zu uns kommenden Menschen pflegen. Sachsen-Anhalt ist ein weltoffenes Land.“

An welcher Stelle befindet sich nun Sachsen-Anhalt? Welche Position nimmt Sachsen-Anhalt im bundesdeutschen Vergleich ein? - Wir hoffen, im künftigen Tätigkeitsbericht der Integrationsbeauftragten auf all das eine Antwort zu bekommen.

Unsere Forderung nach diesem Bericht der Integrationsbeauftragten ist nicht aus einem Misstrauen gegen die

Arbeit von Frau Möbbeck erwachsen. Unsere Forderung ist vielmehr der Tatsache geschuldet, dass sich in den letzten zwei Jahren sehr viel in der Integrationsarbeit getan hat. Leider ist das in diesem Hause nicht reflektiert worden. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr für die Einbringung, Frau Rente. - Für die Landesregierung spricht Minister Hövelmann in Vertretung von Frau Dr. Kuppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete! Sie sehen nicht nur an der Anrede, dass ich diese Rede stellvertretend für Frau Kollegin Dr. Kuppe halten darf.

Die Integration von Migrantinnen und Migranten ist eine wichtige Querschnittsaufgabe unseres Landes. Eine erfolgreiche Integration verbessert die Zukunftsfähigkeit, stärkt die wirtschaftliche und kulturelle Attraktivität, fördert den sozialen Zusammenhalt und hilft bei der Zurückdrängung von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.

Insofern freue ich mich über das im vorliegenden Antrag zum Ausdruck gekommene Interesse am Stand der Integrationspolitik der Landesregierung. Eines Antrags, der die Integrationsbeauftragte zur Vorlage eines Tätigkeitsberichts auffordert, hätte es allerdings nicht bedurft, da der erbetene Bericht bereits in Arbeit ist und im Herbst 2009 vorgelegt wird.

Der Termin der Veröffentlichung des Tätigkeitsberichts der Integrationsbeauftragten wird dabei nicht so sehr von der zweijährigen Amtszeit bestimmt, sondern vielmehr von sachlichen Kriterien. Wichtige aktuelle Daten zum Bestand und zur schulischen und sozialen Situation von Ausländerinnen und Ausländern liegen dem Statistischen Landesamt für das Jahr 2008 erst Ende September 2009 vor, sodass eine aktuelle und substanzielle Berichterstattung zum Stand der Integration erst danach erfolgen kann. Dies haben auch die Amtsvorgänger bei der Terminierung berücksichtigt.

Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die Beauftragte zu jedem Zeitpunkt von Ihnen zur Berichterstattung zu einzelnen Fragestellungen und Themenfeldern der Integrationspolitik gebeten werden kann und dies - darin bin ich mir sicher - gern tut, weil sie mit großem Engagement jede Gelegenheit nutzt, für das Anliegen der Integration im politischen und gesellschaftlichen Raum zu werben.

Integrationspolitik steht - das wissen wir alle - angesichts des geringen Migrationsanteils, den wir in Sachsen-Anhalt haben, nicht immer an vorderster Stelle auf der politischen Agenda. Dabei sind vor dem Hintergrund einer leider immer noch stark verbreiteten Fremdenangst und Fremdenfeindlichkeit eher mehr als weniger Bemühungen für eine erfolgreiche Integration und Teilhabe von Migrantinnen und Migranten sowie zur Verbesserung des interkulturellen Verständnisses erforderlich.

Die Integrationsbeauftragte hat daher einen breiten Dialogprozess mit den Migrantinnen und Migranten, den Akteuren der Migrationsarbeit sowie den Kommunen und

der Landespolitik angestrengt, um die für die Umsetzung des nationalen Integrationsplanes in Sachsen-Anhalt erforderlichen Schritte und Schwerpunkte gemeinsam zu erarbeiten.

Die daraus entstandenen Dialogforen haben einen ersten Bericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt. Die Landesregierung wird sich in der kommenden Woche nicht nur mit diesem Bericht befassen, sondern ein eigenes Aktionsprogramm „Integration“ beraten, mit dem das Leitbild der Zuwanderung und Integration aus dem Jahr 2005 konkretisiert wird.

Lassen Sie mich nur einen Punkt schon vorab ansprechen. Unter anderem enthält das Aktionsprogramm auch die Selbstverpflichtung, beginnend ab 2010 künftig alle fünf Jahre über den Stand der Integration ressortübergreifend zu berichten. In Abstimmung mit dem Bund und den anderen Bundesländern soll ein Integrationsmonitoring aufgebaut werden, mit dem der Erfolg und die Entwicklung des Integrationsprozesses präziser gemessen und dargestellt werden können.

Ein solcher quantitativ unterlegter Integrationsbericht ist sinnvoll und notwendig, weil die Integrationspolitik spätestens mit dem nationalen Integrationsplan zu einer übergreifenden Querschnittsaufgabe geworden ist, deren Spektrum von der frühkindlichen Bildung bis zur interkulturellen Sensibilisierung in Gesundheit und Pflege, von der sozialen Integration im Wohnquartier bis zur Bereicherung unserer Hochschulen durch internationale Studierende, von der Arbeitsmarktintegration bis zur Vielfalt kulturellen Ausdrucks reicht.

Seien Sie also gewiss, dass wir in der kommenden Zeit noch mehrmals Anlass haben werden, über die Integrationspolitik zu beraten, und dass die Beauftragte jede Gelegenheit zur Information und zum Austausch nutzen wird.

Der Tätigkeitsbericht wird aus den dargestellten sachlichen Gründen im vierten Quartal 2009 vorgelegt werden. Gern wird die Integrationsbeauftragte im Sozial- und im Innenausschuss dazu Bericht erstatten. Genauso gern würde sie ergänzend auch im Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur aufgrund der Schlüsselfunktion der Bildung für die Integration sowie im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit im Hinblick auf die Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt und ihre Bedeutung für die Wirtschaft berichten.

Mit ihrer Zeitplanung orientiert sich unsere Integrationsbeauftragte an der Berichterstattung ihrer Vorgänger, die jeweils nach mehr als zweijähriger Amtszeit berichteten. Frau Möbbeck ist noch nicht einmal zwei Jahre im Amt; ein Zeitdruck ist daher völlig überflüssig. Ich empfehle daher, den vorliegenden Antrag abzulehnen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Jetzt spricht der Abgeordnete Herr Kurze von der CDUFraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Minister Herr Hövelmann ist auf das Wesentliche zu diesem Thema bereits eingegangen. Ich möchte nichts

wiederholen, sondern lediglich zusammenfassend feststellen:

Erstens. Die Landesregierung respektive die Integrationsbeauftragte der Landesregierung erarbeitet bereits den im Antrag geforderten Tätigkeitsbericht.

Zweitens. Seit der 44. Sitzung des Ausschusses für Soziales am 10. Juni 2009 ist der antragstellenden Fraktion bekannt, dass das Ministerium für Gesundheit und Soziales für die Veröffentlichung dieses Berichtes die Entsperrung der für den Druck und die Veröffentlichung dieses Berichts erforderlichen Mittel beim Ministerium der Finanzen beantragt hat. Ein solcher Antrag ergibt natürlich nur Sinn, wenn man weiß, dass man diesen Bericht veröffentlichen möchte. Somit war der Antragstellerin bekannt, dass es einen solchen Tätigkeitsbericht geben wird.

Drittens. Damit ist dieser Antrag nichts anderes als ein Versuch, mit dieser Initiative bei der interessierten Öffentlichkeit zu punkten. Ich möchte von eventuellen Wertungen Abstand nehmen.

Herr Präsident! - Oder: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund wird es Sie nicht wundern, dass wir dem Antrag nicht zustimmen werden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Kurze. „Oder“ gilt nicht, Herr Kurze; ich lege Wert auf „Präsidentin“.

Entschuldigung, Frau Präsidentin.

Nun spricht der Abgeordnete Herr Franke von der FDPFraktion. - Herr Franke sagt: „Nee!“. - Es spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Integration ist ein wichtiges Thema, insbesondere in einem Land wie SachsenAnhalt mit einem doch eher geringen Anteil an Migrantinnen und Migranten. Die Integration ist wichtig, weil der Einfluss, den Migrantinnen und Migranten ausüben, unsere Gesellschaft bereichert, unser Augenmerk, unseren Blick weitet und dazu beitragen wird, dass die Verständigung zwischen den Völkern, letztlich aber auch zwischen den Gesellschaftssystemen, besser wird.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich in einer Zeit einer U21-Europameisterschaft die Aufstellung der deutschen U21-Nationalmannschaft anschaut, wird feststellen, dass wir zumindest in diesem Bereich wie in vielen Sportvereinen - der Sport steht dabei an vorderster Stelle - sehr weit mit der Integration gekommen sind.

Eltern, die vor 30, 40, manche aber auch erst vor 20 Jahren, etwa im Hinblick auf die Bürgerkriegszustände im ehemaligen Jugoslawien, nach Deutschland gekommen sind, hier eine Heimat gefunden haben und deren Kinder unter Umständen in Deutschland geboren worden sind oder als Kleinkinder hierher gekommen sind und heute

erstens besser Deutsch sprechen als ihre Eltern, integriert sind in diese Gesellschaft, sie leben Deutschland, sie leben die Vielfalt in Deutschland und sie tragen dazu bei und sind auch stolz darauf, Deutschland zu repräsentieren. Ich finde, das ist ein guter Ansatz; das sollten wir auch immer wieder sagen.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass auch das Land Sachsen-Anhalt und im Besonderen die Landesregierung dem Bereich des Ausländerwesens, aber insbesondere der Integration durch die Umbenennung des Beauftragten mehr Gewicht verliehen hat.

Deshalb war es für mich eher unverständlich, dass es nach einer Reihe von Berichten, die die Ausländerbeauftragten des Landes Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren immer wieder abgegeben haben, im Jahr 2007 leider keinen Folgebericht gegeben hat. Der letzte Bericht, den der Landtag übermittelt bekommen hat, war der, den Herr Bürig für den Zeitraum 2003 bis Oktober 2005 abgeliefert hat. Im Jahr 2007 hätte man damit rechnen können, dass eine Fortschreibung erfolgt. Dies ist leider unterblieben.