Protokoll der Sitzung vom 19.06.2009

Die Regierungschefs der ostdeutschen Länder haben auf der Regionalkonferenz am 11. Juni 2009 die Bundesregierung und die Unternehmen gebeten, die Anstrengungen für einen flächendeckenden Ausbau des Netzes mit schnellen und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen im ländlichen Bereich zu erhöhen.

Im Anwendungsbereich der EG-Dienstleistungsrichtlinie sind die Mitgliedstaaten zur europäischen Verwaltungszusammenarbeit verpflichtet. Diese Verwaltungshilfe erfolgt mittels des elektronischen Binnenmarktinformationssystems IMI. Das IMI ist eine technische Einrichtung der Europäischen Kommission. Der Bund plant als Voraussetzung für eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den Verwaltungssachen eine Ergänzung des Verwaltungsverfahrensrechts.

Die Landesregierung wird in dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt die landesrechtlich erforderlichen Regelungen zur europäischen Verwaltungshilfe, wie beispielsweise Zuständigkeiten und Verfahren, treffen.

Auf allen Verwaltungsebenen werden Anstrengungen unternommen, um die EG-Dienstleistungsrichtlinie fristgemäß umzusetzen. Insbesondere der Aufbau des einheitlichen Ansprechpartners und die IT-Lösung für die elektronische Verfahrensabwicklung stehen im Mittelpunkt der Bemühungen.

Die Arbeit am Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung der EG-Dienstleistungsrichtlinie in SachsenAnhalt soll zügig abgeschlossen werden. Die gesellschaftlichen Belange werden dabei berücksichtigt. Ich denke, damit haben wir nachgewiesen, dass der Termin und alle Vorgaben eingehalten werden können. Ich denke, wir liegen dabei gut im Rennen und brauchen nicht zu befürchten, dass wir die Dienstleistungsrichtlinie nicht entsprechend umsetzen können. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Haseloff. - Als Erster redet Herr Miesterfeldt von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Miesterfeldt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Kollege Tögel andernorts in Sachen Europa unterwegs ist, müssen Sie jetzt mit mir vorlieb nehmen.

(Zurufe von der CDU)

Trotz oder - so glaube ich - gerade wegen der Europamüdigkeit, die sich am Wahlsonntag wieder zeigte, ist es wichtig, dass wir immer wieder über Europa diskutieren und die entsprechenden Schritte, auch die Verwaltungs- und politischen Schritte, vollziehen.

Es gibt zu Europa keine Alternative; das muss uns bewusst sein. Gerade wir hier in Ostdeutschland sollten viel häufiger darüber nachdenken, wie sehr die EU den Wiedervereinigungsprozess begleitet, unterstützt und in vielen Fragen auch vereinfacht hat.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD, von Herrn Bischoff, SPD, und von der Regierungsbank)

Es ist auch festzustellen, dass sich die EU in diesen schwierigen Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise bis jetzt bewährt hat. Mit und ohne Krise ist es wichtig, dass es zu weiteren Harmonisierungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa kommt. Dazu leistet die in Rede stehende EU-Dienstleistungsrichtlinie einen wichtigen Beitrag. Ihre Umsetzung ist eines der wichtigsten Vorhaben in der EU und ihre Umsetzung bringt den Lissabon-Prozess weiter voran.

Die Umsetzung dieser Ende 2006 in Kraft getretenen Richtlinie ist eine Mammutaufgabe, die bis zum 28. Dezember 2009 erledigt sein muss. Die Landesregierung hat festgestellt, dass allein auf Landesebene zwölf Gesetze und neun Rechtsverordnungen mit Anpassungsbedarf ermittelt worden sind. Die Zeit drängt und insofern kann man auch verstehen, dass der Antragsteller, zumal wenn er in der Opposition ist, versucht, mit diesem Antrag auf die Tube zu drücken.

Aber weil das so ist, haben die Regierungsfraktionen schon im Februar 2007 einen Antrag in den Landtag eingebracht, mit dem die Landesregierung aufgefordert wurde, über die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie Bericht zu erstatten. Das Ziel war die enge Verknüpfung der Arbeit von Landesregierung und Parlament.

Auf der Grundlage des Beschlusses des Landtages vom April 2007 wurde seither in den Ausschüssen mehrmals berichtet: im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit viermal und im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten dreimal. Zuletzt geschah dies, wie schon erwähnt, am 24. April 2009.

Die Landesregierung hat angekündigt, je einen Gesetzentwurf zum einheitlichen Ansprechpartner und zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie vorzulegen. Wir hätten sicherlich sehr gut damit leben können und es wäre auch sachdienlich gewesen, wenn dies dem Landtag bereits zur 32. Sitzungsperiode im Juni 2009 vorgelegen hätte und wir darüber hätten diskutieren können; das ist keine Frage.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der FDP)

Fakt bleibt aber, dass man sich auch in den Ausschüssen des Landtages noch intensiv mit den Gesetzentwürfen befassen wird. Dann kann es auch die in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE geforderten Anhörungen geben. Ebenso können im weiteren Verfahren alle weiteren von der Fraktion DIE LINKE aufgeworfenen Fragen diskutiert

und beantwortet werden. Ich sehe deshalb nicht die Notwendigkeit, hierzu heute einen Beschluss zu fassen. Wir lehnen den Antrag deshalb ab. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Haseloff)

Vielen Dank, Herr Miesterfeldt. - Nun erteile ich Herrn Kosmehl von der Fraktion der FDP das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selten - aber es kommt doch vor - geben uns Anträge die Gelegenheit, nicht nur die Regierungskoalition anzugreifen, sondern auch klar zu zeigen, dass auch die andere Oppositionsfraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt an einer sachlichen Debatte nicht wirklich interessiert ist, dass sie zumindest den Anschein erwecken möchte, dass es um neue Themen gehe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sowohl in der Einbringungsrede als auch in der Rede des Kollegen Miesterfeldt darauf hingewiesen worden, dass dieser Landtag einen Beschluss gefasst hat, und zwar in der Drs. 5/20/625 B - Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt. Seit dieser Beschluss gefasst wurde, beschäftigt sich dieses Hohe Haus in den dafür vorgesehenen Ausschüssen mit der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, bedarf es keines neuen Antrages.

Ich weiß auch nicht, Herr Thiel, woher plötzlich Ihre Erkenntnis kam, dass es noch dringenden Gesprächsbedarf gäbe. Der Europaausschuss hat sich in der 34. Sitzung am 24. April 2009 damit beschäftigt und am 10. Juni 2009 haben Sie Ihren Antrag eingereicht. Dazwischen liegt ein Zeitraum von ca. sechs Wochen. Der Europaausschuss hat festgelegt, dass er sich in der Sitzung am 24. Juni 2009 - das ist am Mittwoch der nächsten Woche - erneut mit diesem Thema beschäftigen wird. Ich verstehe nicht, warum Sie an dieser Stelle den Eindruck erwecken, man müsse dringend etwas zu der EU-Dienstleistungsrichtlinie besprechen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Miesterfeldt, auch die Koalitionsfraktionen haben, nachdem sie den Antrag im Jahr 2007 auf den Weg gebracht hatten, an der Umsetzung und vor allen Dingen an der Einflussnahme auf die Umsetzung deutliche Defizite erkennen lassen.

(Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

So haben sie es der Landesregierung überlassen festzulegen, welche Organisationsform Sachsen-Anhalt für den einheitlichen Ansprechpartner wählt. Andere Länder gehen den Weg, zum Beispiel die Industrie- und Handelskammern stärker einzubeziehen - wir haben das Landesverwaltungsamt.

Im Rahmen der Berichterstattungen in den Ausschüssen haben wir festgestellt, dass die Information der Kommunen und die Vernetzung mit den Kommunen noch nicht funktionieren. Dazu gab es auch noch keine Reaktionen der Koalitionsfraktionen, außer dass man gesagt hat, man würde es gern sehen, wenn das Gesetz relativ zeitnah vorgelegt würde.

Herr Miesterfeldt, Sie haben gesagt, es wäre besser gewesen, wir hätten bereits heute oder gestern über die Gesetze reden können. Ich vermute, dass sie frühestens im September, wahrscheinlich erst im Oktober 2009 vorgelegt werden. Sie müssen aber im Dezember 2009 verabschiedet werden. Das heißt, dem Landtag bleibt keine Zeit, die auch von Ihnen avisierten Anhörungen durchzuführen. Das bedauern wir außerordentlich.

Ich bedauere auch - das sage ich ganz deutlich -, dass der Kollege Tögel als Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit schon das Ende der Beratungen über die EU-Dienstleistungsrichtlinie gesehen hat; denn der Ausschuss hat den Antrag für erledigt erklärt. Aus meiner Sicht ist das völlig unzureichend;

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

denn gerade die Wirtschaft braucht durchaus weitere Informationen zur Umsetzung der Richtlinie. Ich denke, dieses Thema ist zu schnell von der Tagesordnung genommen worden.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP, und von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Ich bin sehr dankbar dafür, dass der Europaausschuss diesen Weg nicht geht, sondern dass er sich weiterhin damit beschäftigt und vor allen Dingen auch schaut, an welcher Stelle es für den Landtag sinnvoll und zweckmäßig ist, sich in die Debatte einzubringen.

Der Städte- und Gemeindebund informierte in einem seiner letzten Rundbriefe darüber, dass es eine Studie in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Harz gebe. In diesem Rahmen wird klar, dass die Kommunen noch gar nicht richtig wissen, und zwar sechs bzw. neun Monate vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, wie es umgesetzt wird und wie die Vernetzung funktioniert.

Wenn Sie den Kommunen erst wenige Wochen oder Tage vor dem Beginn sagen, welche IT-Programme genutzt werden können und an wen sie sich wenden können, dann ist das zu spät. Es mag irgendwann in den nächsten Jahren funktionieren, aber es funktioniert nicht am 1. Januar 2010. Das wäre trotz des umfangreichen Umsetzungsprozesses möglich gewesen. Es ist aber leider nicht geschehen.

Darauf, an wem das lag, gehe ich an dieser Stelle nicht ein, da das für die anstehende Umsetzung nicht wesentlich ist. Wir fordern an dieser Stelle Folgendes: Legen Sie, Herr Minister, so schnell wie möglich, also zur Sitzung des Landtages Anfang September, die beiden Gesetzentwürfe vor, damit sich der Landtag damit beschäftigen kann.

(Zustimmung von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Im Übrigen bedarf es des Antrages der Fraktion DIE LINKE nicht. Wir lehnen ihn ab.

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Nun spricht Herr Thomas von der CDU-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Europa wächst zusammen. Europa wächst jeden Tag ein bisschen mehr zusammen. Und woran merken wir, dass wir

zusammenwachsen? - Wir merken es an diversen Erleichterungen.

Wir werden das, sofern es uns vergönnt ist, in den kommenden Wochen im Urlaub merken. Viele Sachsen-Anhalter werden an den fehlenden Passkontrollen merken, dass wir uns frei bewegen. Wir merken es an dem freien Warenverkehr innerhalb Europas. Wir sehen an unseren Verkehrsachsen und an unseren Transitstrecken, wie sich Europa auch im Bereich des Warenverkehrs entwickelt.

Außerdem - das ist, so denke ich, der dritte entscheidende Punkt, um den es heute auch geht - betrifft es den Austausch von Dienstleistungen. Es geht um die Niederlassungsfreiheit, um die Möglichkeit eines jeden EU-Bürgers, sich in jedem europäischen Land, sofern es der Europäischen Union angehört, niederzulassen.

Genau deswegen ist im Jahr 2007 von den Koalitionsfraktionen ein Antrag eingebracht worden, der im Wesentlichen aus zwei Komponenten bestand. Die erste bezieht sich auf die schnelle Schaffung der Grundlagen für die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie in Sachsen-Anhalt. Uns war bereits klar, dass das ein wichtiges Thema ist, bei dem ein Zeitverzug kaum zu dulden sein wird. Die zweite Komponente des Antrags der Koalitionsfraktionen - darum geht es im Kern auch in Ihrem Antrag, Herr Dr. Thiel - betrifft eine auseichende Berichterstattung der Landesregierung über ihre Bemühungen in Bezug auf dieses Vorhaben.

Dabei hatten wir mit diesem Antrag seinerzeit drei wesentliche Aspekte im Blick: das so genannte Normenscreaning, den einheitlichen Ansprechpartner - den haben wir, Herr Kosmehl, und ich habe bislang noch keine Klagen gehört, dass es der falsche wäre - und natürlich den Datenschutz. Denn wir können uns vorstellen, dass der Datenschutz vor dem Hintergrund der elektronischen Verfahren ein wichtiges Thema ist.

Ich denke, ich kann heute feststellen, dass sich seit diesem Antrag einiges getan hat. Der Minister hat mehr als ausführlich dargestellt, was die Landesregierung in dieser Zeit entwickelt hat und dass wir unsere Hausaufgaben auf diesem Gebiet bisher erledigt haben.

Ich möchte zu diesem Thema einen weiteren Aspekt aufzeigen, der auch die Wichtigkeit des Themas verdeutlicht. Gerade im Hinblick auf die Finanz- und Wirtschaftskrise halten es wir für richtig, die europäischen Dienstleistungsmärkte weiter zu öffnen; denn ich glaube, Deutschland und insbesondere Sachsen-Anhalt können und werden hiervon besonders profitieren. Denn die deutsche Dienstleistungsbranche umfasst auch das Handwerk und die freien Berufe. Aus dem Vergleich mit unseren europäischen Nachbarn wissen wir, dass wir in diesem Bereich besonders modern und leistungsfähig sind.

Es soll und muss unser Anspruch bleiben - nach dem Vorbild des Exports, wo wir wieder Weltmeister geworden sind -, auch im Bereich des Handels mit Dienstleistungen einen Spitzenplatz einzunehmen.