Es soll und muss unser Anspruch bleiben - nach dem Vorbild des Exports, wo wir wieder Weltmeister geworden sind -, auch im Bereich des Handels mit Dienstleistungen einen Spitzenplatz einzunehmen.
Meine Damen und Herren! Die Dienstleistungsfreiheit ist ein europäisches Grundprinzip. Dienstleistungen haben am deutschen Bruttoinlandsprodukt noch immer einen hohen Anteil, nämlich von knapp 70 %. Dennoch müssen wir feststellen, dass der Austausch von Dienstleistungen im europäischen Ausland oft an Hürden, Grenzen und Vorschriften scheitert.
Ich glaube, genau das ist das Problem und für viele auch ein Ärgernis, die in dieser Richtung expandieren wollen, dass es schwierig ist, erst einmal die Vorschriften aus anderen Ländern kennen zu lernen und den zweiten Schritt zu gehen, diese notwendigen Vorschriften dann im Genehmigungsverfahren zu überwinden.
Deswegen möchte ich noch einmal auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE zurückkommen, der im Wesentlichen darauf hinzielt, es sei nicht genug berichtet worden. Herr Dr. Thiel, Sie haben es mehrfach gehört: In zwei Ausschüssen wurde ausführlich berichtet. Es zieht sich fast wie ein roter Faden durch die letzten Monate, man kann fast sagen Jahre, dass hier durch die Minister bzw. auch durch die Staatssekretäre ausführlich berichtet wurde.
Es ist schon ernst zu nehmen, wenn jemand sagt, es sei nicht genügend zu diesem Thema ausgeführt worden. Ich kann aber auch als derjenige, der im Wirtschaftsausschuss regelmäßig dabei war, mit Fug und Recht behaupten, dass die Berichterstattung ausreichend war.
Insofern bin ich ganz nah bei Herrn Kosmehl, der gesagt hat: Der Erkenntnisgewinn aus diesem Antrag erschließt sich mir nicht. Ein Teebeutel wird nicht schmackhafter, wenn ich ihn ein zweites oder drittes Mal aufgieße. Man sollte sich mit dem Kern beschäftigen. - Deshalb werden Sie schon verstehen, dass auch wir Ihren Antrag ablehnen werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte ja bereits bei der Einbringung zu erklären versucht, dass es mit dem Antrag nicht so einfach ist. Aber wie heißt es so schön? - Keine parlamentarische Lust ohne parlamentarische Sünde. - Deswegen haben wir überlegt, inwieweit wir gewissermaßen den Druck auf die Regierung und die beteiligten Fraktionen erhöhen können, und haben die Form des Antrags gewählt.
Es ging uns eigentlich nicht darum, lieber Kollege Thomas, einen alten Teebeutel ins Glas zu tun, sondern darum, einen starken Aufguss eines neues Beutels vorzulegen. Dem können die anderen Fraktionen leider nicht folgen.
Wobei: Herr Kosmehl hat mich schon beeindruckt, als er mir am Anfang erklärte, dass es dieses Antrags nicht bedarf, um dann die ganzen Defizite aufzulisten, über die man eigentlich reden müsste, und dann noch einmal zu erklären: Deswegen brauchen wir diesen Antrag nicht. - Ich habe gefragt: Wie kann man sich parlamentarisch zu einem solchen Verfahren hier noch einmal äußern, wenn in den Ausschüssen die Sache sozusagen auf der Stelle tritt?
Vielleicht nicht nur zur Ehrenrettung des Kollegen Tögel, aber: Im Wirtschaftsausschuss haben wir es uns schon gut überlegt, als wir gesagt haben, und zwar mit den Stimmen aller Fraktionen: Wir erklären diesen Antrag für erledigt. Denn das, was dort gefordert war, war bei uns umgesetzt. Bei uns gehört es zu den guten parlamentarischen Gepflogenheiten, wenn es weiterführende Dinge
Hier haben wir aber gesehen, dass wir bei den gesamten Fragen des Normenscreenings, den Fragen der Berichterstattung, den Fragen der Umsetzung der IT-Richtlinien, den Fragen der Arbeitsweisen mit den Kommunen eben ein Defizit an Informationen ausgewiesen haben. Ich weiß nicht, Herr Kollege Schulz, ob Sie im Wirtschaftsausschuss am 24. Juni all diese Fragen beantworten können.
Ich finde es gut, dass Herr Miesterfeldt gemeint hat, die Opposition drückt auf die Tube, und Herr Haseloff meinte, wir sind gut im Rennen. Es kann aber auch passieren, dass uns auf der Zielgeraden die Zunge aus dem Hals hängt - der LEP lässt grüßen. Das heißt, dass wir nicht genügend Zeit haben, um über die umfangreichen Gesetzesänderungen und die neuen Rechtsverordnungen ordentlich miteinander zu sprechen.
Das war das Problem. Darauf wollten wir in diesem Hause noch einmal aufmerksam gemacht haben. Ich denke, das ist uns gelungen. Ich habe zumindest aus allen Fraktionen gehört, dass sie dieses Thema sehr ernst nehmen, dass sie jederzeit bereit sind, in den Kommunen und vor Ort über die praktische Umsetzung zu berichten und zu sagen, dass die Landesregierung hierbei auf einem guten Weg ist.
Wir als Opposition werden das kritisch begleiten. Trotzdem hoffe ich, dass spätestens im August die entsprechenden gesetzlichen Dinge hier auf dem Tisch liegen, damit wir genügend Zeit haben, uns parlamentarisch mit diesem weitreichenden Gesetzeswerk zu beschäftigen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Damit ist die Debatte abgeschlossen. Eine Überweisung ist nicht beantragt worden, sodass wir über den Antrag in der Drs. 5/2009 abstimmen können. Wer stimmt zu? - Der Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen. Damit ist der Antrag abgelehnt worden und Tagesordnungspunkt 20 ist beendet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Hartz IV lässt uns - zum Glück - nicht los. Wir finden das gut so. Ich habe Ihnen bereits in meiner Rede im Mai zu dem Thema Arbeitsverwaltung versprochen, dass wir uns mit diesem Thema wieder beschäftigen werden.
Ich löse heute im Grunde nur dieses Versprechen ein, weil wir uns heute nämlich n i c h t mit der Organisationsstruktur des Gesetzes und n i c h t mit der Frage nach den Zuständigkeiten und n i c h t mit der Frage der Machtverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen beschäftigen wollen und sollen, sondern weil wir uns heute die Situation der Betroffenen vor Augen führen und sie in den Fokus nehmen möchten. Deshalb will ich auch zu dem Thema Organisationsformen nur die Grundsätze nennen, die aus unserer Sicht, völlig unabhängig davon, welche Struktur am Ende herauskommt, in jedem Fall eingehalten werden müssen.
Das ist erstens das Prinzip aus einer Hand. Man kann es nicht oft genug sagen: Wir müssen dafür sorgen, dass die getrennte Aufgabenwahrnehmung ausgeschlossen wird.
Wir brauchen zweitens Transparenz und sollten Beiräte verbindlich installieren. Es hat dazu im Gesetz entsprechende Ansatzpunkte gegeben, aber der Einfluss der Trägerversammlung ist eingeschränkt. Vor allem die Betroffenen sind außen vor. Beiräte, so wie wir sie uns vorstellen, brauchen echte Mitbestimmungsrechte. Auch darum muss es uns gehen.
Wir wollen drittens, dass die Einräumigkeit der Verwaltung beachtet und hergestellt wird und dass die Ergebnisse der Kreisgebietsreformen beachtet werden.
Wir wollen natürlich auch den Bund nicht aus seiner Finanzverantwortung entlassen. Das ist unser vierter Grundsatz.
Die Betroffenen, liebe Kolleginnen und Kollegen, interessieren allerdings völlig andere Fragen. Dazu soll unser heutiger Antrag vor allem dienen. Er soll das Hauptaugenmerk auf sie richten. Es geht um die Verbesserung ihrer Lebenssituation und ihrer Arbeitsmarktchancen, und es geht um ihren Anspruch auf ein Leben in Würde. Dieser Anspruch ist auch diesen Menschen in Artikel 1 des jetzt 60 Jahre alten Grundgesetzes zugesagt.
Anlass war auch, dass neben Strukturfragen in dem einen Gesetz in einem anderen, in dem Gesetz zur Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente, auch wieder Regelungen zur Verschlechterung der Position von Betroffenen getroffen wurden. Ein Beispiel: Die Eingliederungsvereinbarung soll auch im SGB III, also auch für Arbeitslosengeld-I-Empfängerinnen und Empfänger, verordnet werden können. Sie brauchen also nicht mehr das Einvernehmen des Betroffenen. Damit wird die rechtliche Position von Betroffenen weiter geschwächt. ABM sind für Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger nicht mehr zugänglich.
Von Anfang an wurden mit dem separaten Regelwerk SGB II vor allem im Bereich arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zwei Klassen von Arbeitslosen geschaffen. Deshalb muss es heute darum gehen, welche Prinzipien bei weiteren Reformen und weiteren Änderungen im Arbeitsmarktbereich beachtet werden müssen.
Wir wollen, dass der Betreuungsschlüssel verbessert wird, und zwar vor dem Hintergrund der Behauptung, dass der Anteil von Menschen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen weiter angewachsen ist, weil die so genannten arbeitsmarktnahen Arbeitslosen, also jene, die nur wenig Vermittlungshemmnisse haben, längst in Arbeit vermittelt sind. Gerade deshalb ist ein anderer Betreuungsschlüssel notwendig, weil wir jetzt darauf achten
Repressionen - das ist unser zweiter Punkt, meine Damen und Herren - bringen zwar Druck, aber keine Arbeitsplätze. Sie müssen auf ein Mindestmaß zurückgeführt werden.
Ich will nur ein Beispiel dafür nennen, dass Repressionen, dass Druck, im Grunde Sanktionen überhaupt, nicht zielführend sind. Das sind die sozialintegrativen Leistungen. Einem Menschen, der ein Alkoholproblem hat, der von Alkoholmissbrauch betroffen ist, braucht aus meiner, aus unserer Sicht weniger Sanktionen, sondern er braucht Motivation, er braucht Angebote, nicht den Entzug seiner Leistungen.
Eines der wichtigsten Themen - wir wissen es - ist das Geld. Zurzeit ist das erste Arbeitsmarktziel, das in den Vereinbarungen zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den Arbeitsgemeinschaften - die also in den Argen vor Ort geschlossen wurden - niedergelegt ist, ein Einsparziel, nämlich die Einsparung eines bestimmten Betrages bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und natürlich auch bei den Regelleistungen. Das ist aus unserer Sicht nicht zielführend und es ist vor allem nicht im Sinne der Betroffenen.
Einer die wichtigsten Grundsätze wurde von Anfang an missachtet, nämlich der gleichberechtigte Zugang aller Erwerbslosen zu den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Wir glauben, dass man ihnen, und zwar allen gleichberechtigt, diesen Zugang unabhängig davon gewähren muss, welchem System sie angehören, und auch unabhängig davon, ob sie Leistungen erhalten oder nicht, weil „arbeitslos“ ihr gemeinsames Merkmal ist, und nicht, wie lange sie arbeitslos sind.
Wir wollen das Freiwilligkeitsprinzip stärken. Und wir wollen die Zumutbarkeitskriterien lockern, also ein Stück Berufsschutz muss wieder in die Gesetzgebung der Bundesrepublik zurückkehren.
Wir wollen keine Sonderinstrumente im SGB II. Die EinEuro-Jobs haben ihren Geruch bisher nicht abgelegt, obgleich viele Menschen froh sind, einen solchen EinEuro-Job zu bekommen, obgleich Ein-Euro-Jobs heute sozusagen flächendeckend eingesetzt werden. Zum Beispiel geht aus der Antwort auf die Große Anfrage der SPD-Fraktion hervor, dass die Ein-Euro-Jobs zurzeit den größten Anteil der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ausmachen. Ihre Zahl ist also ungefähr genau so groß wie die Zahl der anderen Maßnahmen wie Eingliederungszuschüsse, ABM und berufliche Weiterbildung zusammen. Das kann eigentlich nicht das Ziel sein, vor allem dann nicht, wenn - das passiert immer wieder; das wissen wir - dadurch reguläre Arbeit verdrängt wird.
Wir müssen die soziale Kompetenz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stärken. Ein Mensch, der so große Probleme hat, wie die von Harz IV Betroffenen, kommt nicht immer mit der allerbesten Laune in eine solche Einrichtung. Die Mitarbeiterin, die sich den dritten, vierten oder fünften frustrierten Betroffenen anhören musste, die sich möglicherweise beschimpfen lassen musste, ist dann auch nicht mehr geneigt, dem sechsten und siebenten noch zuzuhören. Das ist menschlich verständlich.
Ich denke deshalb, dass man diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglicherweise auch Mediation anbieten muss, dass man ihnen möglicherweise Supervision anbieten muss. Man kann darüber diskutieren, was zu
tun ist. Aber die Leute müssen das, was sie dort erleben, zumindest reflektieren können. Sie dürfen diesen Frust nicht in sich hineinfressen und ihn dann an dem nächsten Arbeitslosen, der gar nichts dafür kann, ablassen. Das ist menschlich alles total verständlich, aber es ist nicht im Sinne der Betroffenen.
Wir brauchen einheitliche Regeln für die Gewährung der Kosten für die Unterkunft. Ich will auch hierfür ein Beispiel nennen. Die Mietverträge sind ja höchst unterschiedlich. Es gibt Mietverträge, in denen sind die Kosten für die Pflege der Außenanlagen sozusagen in den Betriebskosten enthalten. Die Mieterinnen haben darauf entweder gar keinen Einfluss oder sie haben bei Abschluss des Mietvertrages diese Tatsache sogar begrüßt.
Wenn sie in den Hartz-IV-Bezug kommen, dann wird dieser Umstand höchst unterschiedlich behandelt. Die eine Arge erkennt diesen Bestandteil der Betriebskosten an, die andere nicht. Wie sollen aber Menschen aus ihrem Regelsatz dann diese Kosten bezahlen, zu denen sie in ihrem Mietvertrag, aus dem sie so ohne Weiteres nicht herauskommen, verpflichtet worden sind, die sie aber von der Arge nicht angerechnet bekommen? - Solche Probleme müssen einheitlich gehandhabt und geregelt werden.
DIE LINKE will das SGB II zunächst zu einer den Bedarf deckenden sozialen Mindestsicherung entwickeln. Wir denken auch, dass die Arbeitsagenturen dazu verpflichtet werden müssen, genauer hinter die Arbeitsplatzangebote zu blicken, die sie den Betroffenen machen. Es kann einfach nicht sein, dass Dumpinglöhne oder die Ausweitung des Niedriglohnsektors auch noch aus Arbeitsmarktmitteln gefördert werden.
Es darf einfach nicht sein, dass die Argen die Leute unter Androhung von Sanktionen in solche Arbeitsverhältnisse zwingen können. Die Argen müssen darauf achten, dass die Arbeitsangebote auch ein existenzsicherndes Einkommen ermöglichen und dass die Tarife eingehalten werden. Das müssen die Zielmarken für die Argen werden.