Erstens. Wie stellt sich die kumulative Wirkung der bereits vorhandenen und der neu zu errichtenden Anlage in einer Region dar?
Fünftens. Wie soll die Entsorgung der anfallenden Stoffe realisiert werden und zu welchen Belastungen kann das im Einzelfall führen?
Sechstens. In welchem Abstand zur Wohnsiedlung befindet sich der gewünschte Standort und welche Belastungen ergeben sich dadurch konkret für die Bevölkerung?
Damit wird der oberen Landesplanungsbehörde - das ist in Sachsen-Anhalt das Landesverwaltungsamt - aufgegeben, nach diesen Kriterien zu prüfen, inwieweit das Raumordnungsverfahren durchzuführen ist.
Der Ausschuss stimmte der vorliegenden Beschlussempfehlung mit 8 : 0 : 4 Stimmen zu. Ich bitte das Hohe Haus, sich dieser Beschlussempfehlung anzuschließen. - Vielen Dank.
Danke, Herr Bergmann, für die Berichterstattung. - Für die Landesregierung spricht - wiederum in Vertretung der erkrankten Ministerin Wernicke - Herr Dr. Daehre.
Frau Präsidentin, ich korrigiere Sie nur ungern, aber ich spreche jetzt nicht in Vertretung der Landwirtschafts
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema interessiert die Bevölkerung zwischen Salzwedel und Zeitz nicht nur, sondern es bewegt sie auch. Denn es geht darum, dass Anlagen gebaut werden sollen, die für die Umgebung immer eine Belastung darstellen. Das erst einmal vorweg.
Deshalb, denke ich, spricht keiner dagegen, dass wir uns dieses Themas nicht nur mit der notwendigen Ernsthaftigkeit annehmen, sondern dass wir auch versuchen, etwas in Bewegung zu setzen, damit die Belästigungen nicht unerträglich werden, sondern auf ein erträgliches Maß zurückgeführt werden.
Vorweg zunächst einmal der Hinweis, dass keines der 16 Bundesländer Deutschlands im Raumordnungsrecht Obergrenzen für Tierbestandskonzentrationen festgelegt hat. Diese Anmerkung möchte ich vorweg machen, bevor wir zu den Einzelheiten kommen.
Auch eine von der LINKEN geforderte Bundesratsinitiative zur Festlegung von Obergrenzen für Tierproduktionsanlagen, ab der generell ein Raumordnungsverfahren für diese Anlagen durchzuführen ist, wäre damit nicht durchsetzbar. Ich meine, man kann natürlich Bundesratsinitiativen starten. Wenn man aber schon vorher weiß, dass man damit überhaupt keine Chance hat - Sie können sicher sein, dass wir das überprüft haben -, dann macht man so etwas nicht. Wir müssen sehen, wie wir damit selbst zurechtkommen.
Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Niedersachsen, NordrheinWestfahlen, Rheinland-Pfalz und Bayern haben deutlich gemacht, dass in ihren Ländern die Genehmigung von großen Tierproduktionsanlagen allein im Ergebnis eines Verfahrens nach Bundes-Immissionsschutzgesetz erfolgt und lediglich eine raumordnerische Stellungnahme vorgelegt wird.
Die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Brauchen, wir eine Bundesratsinitiative, die, wie schon gesagt, keine Chance hat, eine Mehrheit zu bekommen?
Die rechtlichen Grundlagen lassen es auch jetzt schon zu, im Einzelfall ein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Ein Rechtsanspruch auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens besteht jedoch nicht.
Raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen werden gemäß Landesplanungsgesetz bei der oberen Landesplanungsbehörde, dem Landesverwaltungsamt, angezeigt. Sie entscheidet über die Art der landesplanerischen Abstimmung. Herr Bergmann hat das schon ausführlich dargestellt. Ich erspare es mir, das zu wiederholen.
Von einem Raumordnungsverfahren kann jedoch abgesehen werden, wenn die Beurteilung der Raumverträglichkeit auch im eigentlichen Genehmigungsverfahren hinreichend gewährleistet ist. So wurde in der Vergangenheit bei großen Tierproduktionsanlagen verfahren.
Die obere Landesplanungsbehörde hat eine landesplanerische Stellungnahme zu den jeweiligen Vorhaben erarbeitet, die dann in das Genehmigungsverfahren nach Bundes-Immissionsschutzgesetz eingeflossen ist. Uns sind aus der Vergangenheit - das möchte ich hier ganz klar betonen - keine Fälle bekannt, in denen die raumordnerischen Stellungnahmen im Genehmigungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.
Wenn nun die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr in diesem Hohen Haus eine Mehrheit findet, benötigen wir keine Gesetzesänderungen. Aber auch in dem Erlass, den es dann geben wird, möchte ich keine Obergrenzen für Tieranlagen einführen; denn im Einzelfall kann eine kleine Anlage an einem bestimmten Standort größere Auswirkungen haben als eine große Anlage an einem anderen Standort.
Aus diesem Grunde soll anhand von Kriterien geprüft werden, welche Auswirkungen von einer bestimmten Anlage an einem bestimmten Standort ausgehen. Herr Bergmann, ich glaube Sie hatten alle sieben Punkte genannt. Aber sicherheitshalber wiederhole ich sie noch einmal.
In erster Linie ist zu prüfen, in welchem Abstand zu Wohnsiedlungen sich der Standort befindet und welche Belastungen sich für die Bevölkerung ergeben könnten. Dies gilt insbesondere auch bei gemeindeübergreifenden Standorten.
Zweitens. Es ist zu prüfen, wie sich die kumulative Wirkung von bereits vorhandenen und der neu zu errichtenden Anlage in einer Region darstellt.
Fünftens. Welche verkehrliche Belastung ist durch den Betrieb der Anlage zu erwarten? - Ich denke dabei insbesondere an Futtermittel- und Tiertransporte.
Sechstens. Wie wird die Entsorgung der anfallenden Stoffe realisiert und zu welchen Belastungen kann das für die Gemeinden und für die Umwelt führen?
Siebentens. Welche Raumnutzungskonflikte, zum Beispiel eine Beeinträchtigung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten, sowie naturschutzfachliche Problemlagen können auftreten?
Meine Damen und Herren! Wir werden zu den einzelnen Kriterien Orientierungswerte erarbeiten, die der Erlass dann enthalten wird. Ganz ohne Zahlen werden wir den Erlass nicht auf den Weg bringen.
Im Ergebnis der Prüfung dieser Kriterien ist bei raumordnerisch relevanten Beeinträchtigungen jedenfalls ein Raumordnungsverfahren durchzuführen, in dem unter Einbeziehung der Öffentlichkeit zu prüfen ist, ob und mit welchen Auflagen ein solches Vorhaben realisiert werden kann. Selbstverständlich bleibt die Prüfung immer an den Einzelfall gebunden und setzt voraus, dass die Anforderungen nach § 1 der Raumordnungsverordnung des Bundes erfüllt sind. Das heißt, dass die Anlage erstens einer Genehmigung nach § 4 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bedarf, zweitens UVP-pflichtig ist und sich drittens nicht lediglich in der Änderung eines vorhandenen Vorhabens erschöpft.
Der Wert der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens liegt im Wesentlichen darin, dass die betroffenen Gemeinden und die Bürger frühzeitig und vor dem eigentlichen Genehmigungsverfahren einbezogen werden.
Eine Verzögerung des Genehmigungsverfahrens, wie in den beratenden Ausschüssen von einigen Abgeordneten befürchtet, kann ich nicht bestätigen. Denn die obere Landesplanungsbehörde entscheidet nach Eingang der Antragsunterlagen zum Vorhaben innerhalb von vier Wochen über die Art der landesplanerischen Stellungnahme. Bei der Entscheidung für ein Raumordnungsverfahren ist dieses in einem Zeitraum von sechs Monaten durchzuführen. Die im Raumordnungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse führen dann im Verfahren nach dem Immissionsschutzrecht zu einem Zeitgewinn.
Deshalb empfehle ich dem Hohen Haus, der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landesentwicklung und Verkehr zuzustimmen. Seien Sie gewiss, meine Damen und Herren, dass die Landesregierung dieses Thema nicht nur ernst nimmt, sondern dass wir auch dafür sorgen werden, dass die Belastungen für die Bevölkerung auf ein vertretbares Maß reduziert werden. Aber insgesamt müssen wir auch dafür sorgen, dass die Landwirtschaft die Möglichkeit hat, in Sachsen-Anhalt noch Tierhaltung zu betreiben. - Danke schön.
Danke, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Fünfminutendebatte ein. - Es gibt noch eine Anfrage.
Ich nehme das zur Kenntnis. Es ist so, wie Sie sagen. In keinem Land gibt es Obergrenzen. Allein die Diskussion zeigt doch, dass wir den Bedarf haben, unter dem Einfluss der Situation zu Lösungen raumordnerischer Art zu kommen.
Aber stimmen Sie mir nicht darin zu, dass viele Kriterien, die gegenwärtig ein Bestandteil des Raumordnungsrechts sind, zu Zeiten gesetzt wurden, in denen man noch nicht im Geringsten an 100 000 Schweine in einer Bestandskonzentration gedacht hat? - Ich denke nur zum Beispiel an die Diagramme, an denen sich das Landesverwaltungsamt regelrecht krampfhaft festhält, wenn es um Immissionsbewertungen geht. Stimmen Sie mir nicht darin zu, dass man zu der Zeit, als das alles festgelegt wurde, an solche Konzentrationen noch gar nicht gedacht hat?
Herr Krause, Sie haben beim Ersten zugestimmt. Deswegen werde ich Ihnen den Gefallen tun und beim Zweiten auch zustimmen. Na klar, die Welt dreht sich weiter; das ist doch überhaupt keine Frage. Nur, wir haben inzwischen eine klare Gesetzgebung. Wenn jemand kommt und einen Antrag für 100 000 Schweine stellt, dann besteht erst einmal die Möglichkeit, aus der Region heraus tätig zu werden. Das wird ja nicht geheim bleiben. Dazu haben Sie doch die Möglichkeit. Wir werden das Bundes-Immissionsschutzgesetz anwenden.
Noch einmal: Es muss kumulativ gesehen werden. Wenn Sie irgendeine Grenze festsetzen, dann können Sie von 10 000, 20 000 oder 30 000 Tieren sprechen. Damit ist noch längst nicht sichergestellt, dass die Umwelt nicht gefährdet bzw. die in der Nähe Wohnenden nicht belästigt werden, wenn Sie nicht die Möglichkeit der Gülleausbringung und vieles andere mehr haben. Dabei kommt eine ganze Menge zueinander, sodass allein die Zahl nicht die Lösung ist.
Deshalb lassen Sie uns jetzt diesen Schritt gehen, indem wir erst einmal den Erlass auf den Weg bringen. Ich hatte Ihnen ja auch zugesagt, dass wir bei der Schätzobergrenze schon eine Richtung mit vorgeben. Aber wir können nicht, weil das ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, sagen: 10 000 Schweine. Dagegen könnte nachher geklagt werden, weil es nicht gerichtsfest ist, dass wir die Zahl gesetzt haben. Denn es handelt sich um eine willkürlich gegriffene Größe. Das ist nicht nur auf Schweine oder Rinder bezogen, sondern müsste auch auf Hühner, Gänse usw. bezogen werden.
Jetzt ist unsere Position so, dass wir erst einmal sagen: Wir wollen die Belastung mit diesen sieben Kriterien so einschränken, dass sie für die Bevölkerung nicht zu groß wird. Dass es in einer landwirtschaftlichen Gegend auch einmal ein bisschen riecht, meine Damen und Herren, das sind wir noch gewohnt, das haben wir noch kennen gelernt.
Trotzdem, da sind wir ganz dicht beieinander: Wir müssen aufpassen, dass wir in Sachsen-Anhalt nicht überdimensionierte Viehanlagen haben, die sich weit von dem weg bewegen, was in anderen Bundesländern möglich ist.