Protokoll der Sitzung vom 04.09.2009

(Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE - Herr Höhn, DIE LINKE: Danke schön!)

Aber den Aspekt der frühkindlichen Bildung würde ich ganz gern noch einmal beleuchten. Sie haben betont, dass Sie an der Forderung nach einem Anspruch auf Ganztagesbetreuung und den Dingen, die damit zusammenhängen, festhalten.

Nun konnten wir unlängst in der Zeitung lesen, dass sich zumindest Ihre Fraktion von diesem Ziel verabschiedet hat. Deshalb wollte ich fragen: Wie verhält es sich denn nun? Sind Sie nun für den Anspruch auf Ganztagesbetreuung oder sind Sie nicht dafür? Ist die Partei dafür, die Fraktion dagegen? Können Sie das bitte noch einmal beleuchten?

Herr Kollege Tullner, ich würde Ihnen empfehlen, das zu machen, was ich tue und worauf ich Bezug genommen habe. Ich schaue mir den Originaltext des Ministerpräsidenten an und reflektiere diesen und nicht die Pressemeldungen. Ich würde Ihnen raten, das auch zu tun, was uns betrifft. Sie sollten nicht nur Zeitung lesen, sondern sich auch die Beschlusslage meiner Fraktion anschauen.

(Herr Tullner, CDU: Ich frage ja nur!)

Dann werden Sie in dem Beschluss der Klausurberatung, auf den Sie anspielen, die klare Aussage finden, dass es bei unserer politischen Forderung nach der Wiedereinführung des Anspruchs auf Ganztagesbetreuung für alle Kinder bleibt. - Punkt.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Höhn. - Wir kommen zum Beitrag der Landesregierung. Herr Professor Dr. Olbertz, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Höhn, Sie stochern in dieser Landtagssitzung ja nun wirklich mit allen Fingern in allen Wunden herum. Mir macht das langsam keinen Spaß mehr.

Ich wollte damit eigentlich nur sagen: Von diesem Zitat, das Sie sich herausgesucht haben, nehme ich kein Wort zurück.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das war meine persönliche Auffassung, aber diese Auffassung ist noch kein Beschluss der Landesregierung. Wir würden auch in einer merkwürdigen Demokratiekultur leben, wenn jeder Anspruch, den ein einzelner Ressortminister als Ziel formuliert, quasi voraussetzungslos in den Rang eines Kabinettsbeschlusses käme.

Denn dort müssen nun - in Klammern: manchmal leider - noch weitere Dinge Berücksichtigung finden, zum Beispiel der Schnittpunkt zwischen Konsolidierungsbemühungen beim öffentlichen Haushalt einerseits und meinem Streben nach höchstmöglicher Priorität von Bildung, und zwar nach Maßstäben, die wir formulieren und die wir nicht an den elendsten Verhältnissen in Deutschland messen. - Das könnte ich so gesagt haben, das habe ich so gesagt und das werde ich auch weiterhin so sagen. Das wollte ich nur noch einmal einbringen.

Gleichwohl: Das muss dann durchgesetzt und gegen andere Ziele der Landesregierung auch abgewogen werden. Das ist nun mal so. Dann muss ich diesen oder jenen Kompromiss eingehen und Ansprüche wahren, soweit es irgend geht. So läuft Politik; aber wem sage ich das.

Es ist klar, dass Sie dann solche Sätze heraussuchen. Aber ich fand das irgendwie schön; denn es war ein gelungener Satz.

(Herr Höhn, DIE LINKE, lacht - Zuruf von der LIN- KEN)

- Ich habe genau zugehört.

Die Regierungschefs von Bund und Ländern haben also beim Qualifizierungsgipfel am 22. Oktober 2008 in Dresden die Übereinkunft gefunden, dass in Deutschland der Anteil der Aufwendungen für Bildung und Forschung bis zum Jahr 2015 gesamtstaatlich auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen ist.

(Unruhe)

Im Übrigen ist meine Sorge eine ganz andere: dass die Bildungsausgaben womöglich sinken, weil das Bruttoinlandsprodukt zurzeit keine Riesensprünge macht, jedenfalls nicht in die Richtung, die ich mir wünsche. Also relativieren wir es ein bisschen, aber gesamtstaatlich ist das ganz wichtig. Wir tun hierzu, was wir mit den Kräften unseres Landes tun können. Das allerdings tun wir und darüber wache ich auch mit Argusaugen.

Die beim Qualifizierungsgipfel eingerichtete Strategiegruppe, in der länderseits die Chefs der Staatskanzleien von Sachsen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Bayern und Berlin vertreten sind, soll bis zur Jahreskonferenz der Regierungschefs vom 28. bis 30. Oktober Vorschläge erarbeiten, wie die Finanzierung zur Verwirklichung dieses Ziels aussehen kann.

Der Chef der sächsischen Staatskanzlei hat die KMK im Einvernehmen mit den beteiligten Fachministerkonferenzen der Länder, aber auch Bundesministerien und der GWK aufgefordert, Vorschläge für prioritäre Maßnahmen zur inhaltlichen Ausfüllung dieses 10%-Ziels zu machen.

Die Vorschläge Sachsen-Anhalts konzentrieren sich auf vier Bereiche, nämlich frühkindliche Bildung, Schule, berufliche Ausbildung und Hochschule sowie Weiterbildung. Im Bereich der frühkindlichen Bildung sieht das Sozialministerium insbesondere die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, den Ausbau frühkindlicher Sprachförderung und die Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern als Schwerpunktmaßnahme an.

Das Wirtschaftsministerium hat als Schwerpunkt den Ausbau der Berufsorientierung und Berufsvorbereitung und die Verringerung der Anzahl der Ausbildungsabbrüche genannt.

Im schulischen und Hochschulbereich schweben mir vor allem Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -verbesserung vor, die wir in den neuen Zielvereinbarungen ja auch verankern wollen.

Bevor hierüber in den Ausschüssen des Landtages berichtet werden kann, bleiben die von der Strategiegruppe zu erarbeitenden Vorschläge für die Beiträge von Bund und Ländern und die Jahreskonferenz der Regierungschefs der Länder Ende Oktober 2009 abzuwarten. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich dem hier nicht vorgreifen will.

(Unruhe)

Das betrifft auch den Stand der Umsetzung der in der Qualifizierungsinitiative vereinbarten Maßnahmen der Länder, auch in Sachsen-Anhalt.

Wie Sie wissen, haben die KMK und die GWK bis zur Jahreskonferenz der Regierungschefs der Länder einen Zwischenbericht über die Umsetzung der Qualifizierungsinitiative vorzulegen. Der Bericht ist mit den zuständigen Fachressorts des Bundes und der Länder abgestimmt.

Meine Damen und Herren! Wir können hier vorn ganz schlecht verstehen. Vielleicht könnten Sie sich ein bisschen gedämpfter unterhalten.

Er wird zunächst Gegenstand der Jahreskonferenz der Chefs der Staatskanzleien und der Senatskanzleien der Länder am 10./11. September 2009 und orientiert sich an den Hauptpunkten der Qualifizierungsinitiative.

Der Beitrag des Landes Sachsen-Anhalt wurde durch das Kultusministerium unter Beteiligung der übrigen in Sachsen-Anhalt betroffenen Fachressorts, also vor allem des Sozialministeriums und des Ministeriums für Wirtschaft, erstellt. Ich bin gerne bereit, Ihnen dann im Ausschuss über die Einzelheiten Ihnen dann auch Bericht zu erstatten.

Ich finde es aber gut, dass wir einen Änderungsantrag haben, der mir nicht einen detaillierten Rapport auferlegt. Das ist auch am Ende irgendwann einmal eine Stilfrage, dass ich vielleicht top-down jede Einzelfrage mit zusammengeschlagenen Hacken beantworten muss. Das liegt mir nicht so.

Deswegen bin ich eigentlich ganz froh darüber, dass der Änderungsantrag beinhaltet, dass ich selber ein bisschen gewichten kann, über welche Schwerpunkte ich dort berichten werde. Damit kann ich Ihnen vielleicht ein etwas plastischeres Bild liefern, als wenn ich sozusagen nur schlaglichtartig eine Frage nach der anderen abarbeite. So schön fand ich das nicht. Deswegen freue ich mich, dass die Fraktionen mir helfen, es auf meine Weise machen zu können. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Bi- schoff, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir kommen zu den Beiträgen der Fraktionen. Als erste hat die SPD das Wort. Frau Mittendorf, bitte schön.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Olbertz, das, was Sie befürchten, kann ja doch noch kommen, dass wir im Ausschuss genauso abfragen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Aber ich will der Beratung nicht vorgreifen.

Meine Damen und Herren! Vor nicht ganz einem Jahr, im Oktober 2008, trafen sich - sehr öffentlichkeitswirksam - die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder zu diesem so genannten Bildungsgipfel.

Ich stimme Herrn Höhn zu: Die Wahrnehmung war sehr differenziert. Ich habe auch lange darüber nachdenken müssen, warum das so passierte. Aber egal, es ist passiert. Verabschiedet wurde ein Papier mit dem Titel „Aufstieg durch Bildung - die Qualifizierungsinitiative für Deutschland“. Das Papier, das die meisten sicher kennen, entstand unter der Mitwirkung der Fachministerinnen und -minister, der Kultusministerkonferenz sowie der Staatskanzleien der Länder.

Ganz kurz: Gegenstand der Qualifizierungsinitiative sind zehn Leitsätze, über die alle ich jetzt nicht referieren will,

angefangen von der frühkindlichen Bildung bis zum lebenslangen Lernen. Das Ganze wird durch einen Maßnahmenkatalog untersetzt.

Und jetzt, meine Damen und Herren - es hilft ja immer ein Blick ins Papier, damit man auch wirklich weiß, wovon man redet -: Die aufgeführten Leitsätze sind überwiegend so herrlich unkonkret und mittlerweile Gemeingut aller irgendwo geschriebenen Bildungspapiere, dass man sich parteiübergreifend dahinter versammeln kann. Da sagt zunächst jeder: Ja, was da steht, ist wichtig, das müssen wir tun. Vieles tun wir eigentlich auch schon, aber logischerweise nicht alles.

Interessanter, meine Damen und Herren, wird es, wenn man sich anschaut, auf welchen Wegen die Zielstellungen erreicht werden sollen, und vor allem, wie die Anstrengungen finanziert werden sollen. Ein Beispiel: Jeder und jede soll die Chance zum Aufstieg durch Bildung haben. Die Länder werden Maßnahmen der Qualitätsentwicklung verstärkt auf das Ziel ausrichten, die Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit des Bildungssystems weiter zu erhöhen.

Ich nehme nur einmal diesen Punkt. Das Ziel wird jeder, der hier sitzt, unterstreichen können, aber bei der Beschreibung des Weges bleibt das Papier genau in den Ansätzen stecken. Das muss man wohl auch, wenn man sich anschaut, wie das Schulsystem in Deutschland funktioniert, und zwar in allen Ländern. Maßnahmen der Qualitätsentwicklung sind ohne Frage notwendig, aber nicht hinlänglich ausreichend, um den in Deutschland starken Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft zu minimieren. Das ist unser Hauptproblem neben der Leistungssteigerung, die wir auch noch vor uns haben.

Das Papier verzichtet nicht nur an dieser entscheidenden Stelle auf grundlegende Weichenstellungen. Wichtige Fragen, die zumindest auch in diesem Papier hätten andiskutiert werden müssen, auch nach der Schulstruktur, werden gar nicht aufgegriffen, was aber nicht verwunderlich ist, wenn man sich den Weg der Entstehung des Papiers anschaut.

Meine Damen und Herren! Es gibt aber auch konkrete Zielzahlen in diesem Papier. So soll der Anteil der Aufwendungen für Bildung und Forschung gesamtstaatlich auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts bis zum Jahr 2015 gesteigert werden. Gemeint sind damit Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Höhe von 3 % und für die Bildung in Höhe von 7 %. Fakt ist: Gegenwärtig beträgt der Anteil der Forschung und Entwicklung 2,5 % und bei der Bildung liegen wir gar erst bei 5,5 %.

Bezeichnend ist, dass man sich nicht darüber einigen konnte, woher das zusätzliche Geld kommen soll, was auch nicht verwunderlich ist - Herr Höhn hat es angesprochen -; denn eigentlich ist die Bildung dank der Föderalismuskommission I nur noch Ländersache. Ich teile genau die Kritik, die Herr Höhn vorbrachte, dass das so nicht gehe.

Gerade auch deshalb wurde wohl die Strategiegruppe Bund und Länder eingerichtet, die bis zum 28. Oktober 2010 die Finanzierungsvorschläge erarbeiten soll. Die Länder erwarten einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen bzw. insgesamt erhöhte Bildungsaufwendungen des Bundes. - Das geht eigentlich gar nicht mehr.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Sachsen-Anhalt? - Das Papier beschreibt, wer für die Umset