Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Deshalb brauchen wir mehr solche Nachrichten, meine Damen und Herren. Deswegen sage ich ganz deutlich: Eine Strategie für Wachstum und Beschäftigung ist weiterhin notwendig. Thesen, die besagen, man könne ohne Wachstum auskommen, sind für die Entwicklung Deutschlands unverantwortlich und zum Glück im Moment auch nicht mehrheitsfähig.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Aber wir werden leider aus haushalterischen Gründen nicht alle Bundesmittel der GA im Haushaltsplan für die Jahre 2010/2011 binden können, meine Damen und Herren. Dies ist ein außerordentlich schmerzlicher Tatbestand.

Das Engagement im Bereich der Forschung und Entwicklung einschließlich der Finanzierung von Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft wird allerdings erhöht werden können. Ich denke dabei zum Beispiel an die Ausfinanzierung erstmals veranschlagter Einrichtungen wie das Chemisch-biotechnologische Prozesszentrum, das Zentrum Automotive oder das Center für SiliziumPhotovoltaik. Hierbei handelt es sich um Schlüsselbereiche, die auch mittelfristig für Wachstum in SachsenAnhalt sorgen werden.

Meine Damen und Herren! Es ist bereits angesprochen worden: Wir werden für unvorhergesehene Ereignisse immer wieder einmal unvorhergesehenermaßen Mittel bereitstellen. Ich denke an die Tongruben und ich denke an den Erdrutsch in Nachterstedt. Für die Folgen dieses tragischen Ereignisses müssen entsprechende Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. An dieser Stelle haben wir eine Verantwortung.

Ich möchte den Einzelplan 09 - Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt - Bereich Umwelt - und den Einzelplan 15 - Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt - Bereich Landwirtschaft - im Komplex ansprechen; denn

zwischen diesen beiden Einzelplänen gibt es vielfältige Verbindungen.

Zu den Beratungen des Haushaltsplanentwurfes 2010/ 2011 wurden im Rahmen eines Stufenplanes ressortbezogene Einsparvorschläge unterbreitet, die insbesondere Ressorts mit enormer Drittmittelorientierung, mit enormer Abhängigkeit betreffen.

Durch die Optimierung und die Verschiebung bei den entsprechenden nationalen Kofinanzierungsmitteln soll jedoch versucht werden, die Förderung mit EU-Mitteln der Förderperiode 2007 bis 2013 weiterzuführen. Genutzt wird hierbei auch die Möglichkeit der n+2-Regelung der EU. Das heißt, die Umsetzung der Maßnahmen wird insgesamt möglicherweise bis zum Jahr 2015 gestreckt werden müssen.

Für die Planjahre 2010 und 2011 erwächst hieraus eine Reduzierung der Einnahmen aus Mitteln der EU in Höhe von rund 45 Millionen € bzw. 20 Millionen €. Die sich gleichzeitig ergebende Reduzierung der zwangsläufig nicht erforderlichen nationalen Kofinanzierung beträgt jeweils rund 15 Millionen € und betrifft sowohl den Landwirtschafts- als auch den Umweltbereich.

Auch im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ können nicht alle Drittmittel gebunden werden. Bezogen auf den Einzelplan 09 verbleiben für das Jahr 2011 Mittel in Höhe von 22,4 Millionen €; davon sind 9 Millionen € Landesmittel. Dies hat zur Folge, meine Damen und Herren, dass unter anderem eine Reduzierung der Ansätze im Rahmen der Dorferneuerung, der Dorfentwicklung, der Flurbereinigung und des Agrarinvestitionsförderprogramms vorgenommen werden musste.

Diesbezüglich darf ich auch darauf hinweisen, dass im Zusammenhang mit den seitens der EU an die Förderung gestellten und steigenden Verwaltungs- und Kontrollanforderungen die Umsetzung der Aufgaben nicht unbedingt vereinfacht wird.

Weiterhin werden die Bewirtschaftung des Landeswaldes und die Aufgaben der Privatwaldbetreuung und des Forstservices durch die Landesbetriebe der Forstverwaltung sowie durch die Unterstützung der Forstwirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt sichergestellt.

Meine Damen und Herren! Auch im Umweltbereich können infolge der Haushaltslage sowohl Förderprogramme mit EU-Mittel-Bindung als auch Maßnahmen der BundLänder-Gemeinschaftsaufgaben nur eingeschränkt abgerufen werden. Der Finanzsituation ist es geschuldet, dass wir hierbei zeitliche Streckungen vornehmen müssen. Dies gilt auch für den Bereich des Hochwasserschutzes.

Gleichwohl werden Naturschutzgroßprojekte wie „Untere Havel“ und „Drömling“ nicht von Kürzungen betroffen sein. Bezüglich des Biosphärenreservats „Mittlere Elbe“ werden wir einige Kürzungen hinnehmen müssen ebenso hinsichtlich des Biosphärenreservats „Karstlandschaft Südharz“ und des Nationalparks Harz. Für diese Gebiete erfolgte eine Anpassung der Ansätze an die Ist-Ergebnisse aus dem Jahr 2008 bzw. teilweise noch darunter.

Meine Damen und Herren! Uns drohen die Kosten für den Umweltschutz aus dem Ruder zu laufen. Das hängt auch damit zusammen, dass bei den Kosten für den Umweltschutz auch zwangsläufig Ausgabensteigerungen zu verzeichnen sind, die wir im Lande SachsenAnhalt nicht selbst zu verantworten haben.

Es gibt Bereiche im Einzelplans 15, wie zum Beispiel die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die zu den Pflichtaufgaben gehören und bei denen ein nicht unerheblicher Kostenaufwuchs über den gesamten Zeitraum stattfindet. Dieser Kostenaufwuchs ist nur bedingt beeinflussbar, muss möglicherweise an anderer Stelle kompensiert werden. Dies macht weitere dramatische Einsparungen in den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt erforderlich.

Ich nenne Ihnen einige wenige Zahlen, damit Ihnen die Dramatik dieser Entwicklung bewusst wird. Haben wir für diesen Bereich im Jahr 2006 noch einen Ist-Abfluss in Höhe von 163 000 € gehabt, so belief sich dieser Abfluss im Jahr 2008 bereits auf 1,5 Millionen €. Der Ansatz im Jahr 2009 beläuft sich auf 6,4 Millionen €, im Jahr 2010 auf 15,2 Millionen € und im Jahr 2011 auf 18,4 Millionen €. Das heißt, im Zeitraum von 2006 bis 2011 ergibt sich ein Anstieg von 163 000 € auf 18 Millionen €.

Das ist ein Bereich, den wir im Moment landesseitig nicht steuern können, weil die EU bestimmt, was wir zu machen haben. Wir werden es nur hinbekommen, wenn wir andere Bereiche entsprechend anpassen. Diese uns von außen aufgedrückten Notwendigkeiten muss man einmal beachten.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle eines deutlich sagen, damit die Landwirte und die Umweltpolitiker nicht fälschlicherweise gescholten werden: Wir werden in dramatischer Weise erleben, dass aufgrund der Finanzkrise Programme im ländlichen Raum, etwa Agrar- und Umweltprogramme, Programme zur Dorferneuerung, zur Bildung, zur nachhaltigen Entwicklung und Programme zur Förderung nachhaltiger Energien, nicht so fortgeführt werden können, wie wir es in der Vergangenheit gewohnt waren und wie wir sie fortführen würden, wenn wir genügend Mittel zur Verfügung hätten.

Deshalb ist es auch völlig falsch, einen Streit zwischen dem Kultusminister und der Landwirtschafts- und Umweltministerin initiieren zu wollen. Die äußeren Bedingungen sind so dramatisch, dass wir als Parlament gezwungen sind, einen Mittelweg im Rahmen der Haushaltsberatungen zu finden.

Den Justizbereich übergehe ich einmal, weil er relativ undramatisch ist. Wir können mit Genugtuung feststellen, dass die JVA Burg im Jahr 2010 erstmals in die volle Bewirtschaftung geht.

Allgemeine Finanzverwaltung. Über die IT-Mittel hat der Finanzminister bereits gesprochen. Ich möchte kurz die NordLB erwähnen. Zwar steht die NordLB im Vergleich zu anderen Banken gut da, dennoch wird aufgrund der Entwicklungen an den Finanzmärkten eine Gewinnausschüttung der NordLB im Jahr 2010 nicht erfolgen. Wir können uns daran erinnern, dass wir in diesem Hause dachten, wir werden bedeutende Gewinnausschüttungen der NordLB regelmäßig in den Haushaltsplan einstellen können. Dies ist zumindest vorläufig nicht möglich.

Wir werden Gebührenerhöhungen in Umfang von 3,5 Millionen € veranschlagen können. Darauf werde ich später noch eingehen. Die Kalkulation der Zinsausgaben ist nach meiner Kenntnis den derzeit absehbaren Zinsentwicklungen angepasst worden.

Aber wir wissen natürlich, dass hier eine Zeitbombe tickt. Wenn sich das Zinsniveau einmal deutlich verändern

sollte, können wir nichts beeinflussen und das Geld fließt uns an dieser Stelle nur so aus den Händen.

Die Mittel für den kommunalen Finanzausgleich sind im Einzelplan 13 etatisiert. Wir werden es im Rahmen des Beratungsverfahrens schaffen, ein neues Finanzausgleichsgesetz zu beschließen. Die Fraktionen der CDU und der SPD haben am 15. September den Beschluss gefasst, im Rahmen eines Zweistufenmodells die Richtungsentscheidung umzusetzen, bei der Finanzierung zukünftig aufgabenbezogen vorzugehen. Wir schaffen das allerdings nicht in einem Ritt.

Ich muss eines aber ganz deutlich sagen: Als jemand, der in der Regierungsfraktion Mitverantwortung trägt, habe ich lange keine Beratungsgrundlage wie diesen Entwurf eines FAG gehabt. Wir werden ungewöhnlich viel Arbeit im Parlament haben, um aus diesem FAGEntwurf ein verantwortbares Gesetz zu machen. Aber ich gehe davon aus, dass wir das schaffen, meine Damen und Herren.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Wo ist denn da eine Entscheidung?)

Landesentwicklung und Verkehr. Es handelt sich um einen Einzelplan, der von Investitionen lebt und auch in Zukunft leben wird. Das Ausgabenvolumen geht von 831 Millionen € auf knapp 825 Millionen € im Jahr 2010 und auf rund 817 Millionen € im Jahr 2011 zurück. Demgegenüber werden die Einnahmen von 545 Millionen € auf 555 Millionen € im Jahr 2010 steigen. Wir werden die Einnahmen nahezu in voller Höhe binden können.

Das Haushaltsvolumen ist zu zwei Dritteln fremdfinanziert. Deshalb ist der Zuschussbedarf in diesem Einzelplan enorm. Wir werden auch diesen Einzelplan anpassen müssen. Der Gesamtansatz des Einzelplans 14 orientiert sich am Durchschnitt der Gesamtansätze der Haushaltsjahre 2006, 2007 und 2008.

Aber wir steuern über diesen Einzelplan jetzt und in Zukunft natürlich in erheblichem Maße das Investitionsgeschehen, das von uns verantwortet ist. Mit den direkten Investitionen in den Hauptgruppen 7 und 8 in Höhe von rund 299 Millionen € im Jahr 2010 und 284 Millionen € im Jahr 2011 beträgt der Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben im Jahr 2010 ca. 36 % und im Jahr 2011 ca. 35 %. Das ist nach wie vor eine beachtliche Investitionsquote.

Neu ist in diesem Doppelhaushalt der so genannte Radwegetitel, der zunächst mit 4,5 Millionen € dotiert wird. Wir könnten hierfür viel mehr ausgeben, aber ich denke, es ist ein gutes Zeichen, dass wir planmäßig, auch was die Etatwirksamkeit betrifft, in den Radwegeausbau hineingehen. Der angemeldete Bedarf liegt bei etwa 97 Millionen €. Das heißt, an dieser Stelle ist in den nächsten Jahren kontinuierlich viel zu tun. Das ist auch eine wirklich wichtige Aufgabe.

In den Bereichen Städtebau und Stadtumbau ist ein schmerzlich großer Konsolidierungsbeitrag zu leisten. Vor dem Hintergrund der Verlängerung des Programms Stadtumbau Ost wurde im Haushalt der Ansatz für die Komplementärmittel verringert, sodass ca. 70 % der angebotenen Bundesmittel gebunden werden können. Sollte die Konjunktur rechtzeitig anspringen, dann sollte dies - darüber sind wir uns einig -, wenn die Haushaltssituation es zulässt, eine der ersten Stellen sein, an denen nachgebessert wird.

Für den Landesstraßenbau wurden Mittel in der Höhe des Haushaltsansatzes des Jahres 2006 veranschlagt. Damit werden Mittel in Höhe von rund 36 Millionen € für Baumaßnahmen an Landesstraßen einschließlich begleitender Radwege von der Landesregierung vorgesehen. Der Schienenpersonennahverkehr wird ohne Abbestellungen in dem bisherigen Umfang weiter betrieben werden.

Hochbau. Hier werden wir auch im Ressortbau für den Hochschulbau bereits begonnene Projekte fortsetzen und neue Projekte beginnen können. Bei den neu zu beginnenden handelt es sich um so bedeutende Vorhaben wie das Demenzzentrum Magdeburg, das Geistes- und sozialwissenschaftliche Zentrum in Halle, das Landgericht Halle sowie das Finanzamt und das Landesrechenzentrum in Halle. Die Überdachung des Innenhofs der Landesvertretung in Berlin wird wieder einmal warten müssen.

(Heiterkeit)

Herr Präsident, ich komme langsam zum Schluss. - Wir werden - darauf ist schon hingewiesen worden - Einnahmeerhöhungen durchführen müssen. Die Grunderwerbsteuer ist schon erwähnt worden. Wir befinden uns diesbezüglich durchaus im Mittelfeld. Auch das Wasserentnahmeentgelt ist schon erwähnt worden. Es gibt Länder, die kein Wasserentnahmeentgelt erheben.

Dies alles wird die Wirtschaftsförderer nicht erfreuen; aber ich will ganz deutlich sagen: Wer auf das Wasserentnahmeentgelt verzichten möchte, der möge sagen, wie ungefähr 15 Millionen € zusätzlich entweder eingeworben werden können oder eingespart werden können. Ich denke, der Weg in die Neuverschuldung ist uns unter gesamtfinanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten versperrt, sodass wir nach meiner Auffassung um die Einführung des Wasserentnahmeentgeltes nicht herumkommen werden.

Wir werden auch Gebührenerhöhungen vornehmen. Ich denke, wir werden ganz einfach die Aufwendungen, die wir haben, gemäß der Gebührenordnung vernünftig in Ansatz bringen.

Meine Damen und Herren! Dem Parlament stehen anspruchsvolle Beratungswochen bevor. Die Koalition wird die Detailentscheidungen rechtzeitig treffen. Wir wollen dabei die Parlamentarier der Opposition auf dem Weg so weit mitnehmen, wie es möglich ist. Unser Gesprächsangebot ist damit eröffnet.

Unser Ziel muss sein, auch mit diesem Haushalthaltsplan Impulse für Wachstum und Beschäftigung auszulösen, um - dies sage ich ganz bewusst - Gerechtigkeit in einer Leistungsgesellschaft zu erreichen. Wir müssen es schaffen, dass die Bürgerinnen und Bürger spüren: Leistung muss sich lohnen, Leistung wird sich lohnen.

Das heißt aber auch: Mit Umverteilung allein sind Bürger noch nie dauerhaft gestärkt worden. Der Ruf „Reichtum für alle!“ hat in der Geschichte stets Elend für fast alle bedeutet. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank für Ihren Redebeitrag, Herr Scharf. - Jetzt kommen wir zum Redebeitrag der SPD. Die Abgeordnete Frau Budde hat das Wort. Bitte schön, Frau Budde.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Gallert - schön den Blackberry wegpacken -,

(Herr Gallert, DIE LINKE: iPhone!)

- iPhone, auch gut - ich hätte schon Spaß an einer solchen Generaldebatte. Ich kann sagen: Wir haben dafür zwar einen hohen Preis bezahlt, aber möglicherweise ist diese Generaldebatte in der SPD jetzt auch wieder anders zu führen. Heute will ich mich allerdings auf das konzentrieren, was wir hier zu tun haben. Da ich, was die Gestaltung der Steuereinnahmen beim Bund angeht, als Sozialdemokratin zurzeit wenig Einfluss habe,

(Zuruf von der FDP: Gott sei Dank!)

werde ich mich auf das konzentrieren, was uns vorliegt, nämlich der Entwurf eines Doppelhaushaltsplans des Landes. Ich gebe durchaus zu, dass ich diesen für einen Kraftakt halte - nicht für uns Parlamentarier. Dass wir schwierige Haushaltsberatungen haben und dass wir nicht genügend Geld für das haben, was wir für dieses Land für richtig halten, das war schon immer so; und ich befürchte, es wird auch noch sehr lange so bleiben.

Der Haushalt ist ein doppelter Kraftakt für das Land Sachsen-Anhalt. Auch wenn die Indikatoren, was die Wirtschaftskrise angeht, wieder etwas besser aussehen, haben wir doch noch immer mit den Auswirkungen der Krise zu tun. Ich muss sagen, ich habe mich schon gewundert, dass es einige in der Landesregierung gab, die mitten in der Krise erzählt haben, dass die Krise einen Bogen um Sachsen-Anhalt macht. Das, was uns jetzt schwarz auf weiß vorliegt, ist auch ein Ausfluss der Krise, nämlich die schlechten Einnahmedaten, auf deren Basis wir unseren Haushalt werden gestalten und beschließen müssen.