Protokoll der Sitzung vom 12.11.2009

Ich glaube, es geht gar nicht um die rechtliche Würdigung oder Wertung dieser ganzen Geschichte, Frau Hüskens. Ich habe nicht gesagt, dass Sie das nicht dür

fen. Mir ist nur aufgefallen, dass darüber bisher nicht diskutiert worden ist. Da ich weiß, dass darüber noch diskutiert werden wird, machen wir es später.

Frau Dr. Hüskens hat noch eine Nachfrage?

Ja, ganz kurz. - Sind wir uns darin einig, dass Sie das nicht ablehnen, weil dann das Zweilesungsprinzip nicht eingehalten ist? Sie lehnen es vielmehr inhaltlich ab?

Herr Bergmann, würden Sie noch eine letzte Frage von Frau Hunger beantworten?

Bitte sehr, Frau Hunger.

Sie haben vorhin gesagt, dass Sie befürchten, dass das Gesetz in der alten Form nicht mehr rechtssicher ist. Sie sprachen jetzt aber von einer „Krücke“, die wir an der Stelle gefunden haben. Sind Sie der Meinung, dass das jetzt rechtssicherer ist? Wie würden Sie das gegebenenfalls begründen?

Frau Hunger, ich bin nicht der Richtige, um zu beurteilen, ob das rechtssicher ist. Es ist gut, dass nicht nur Juristen im Landtag sitzen. Ich habe gesagt, dass wir hier eine pragmatische Regelung gefunden haben. Das ist, denke ich, auch so.

Dass die alte Fassung als nicht rechtssicher galt, war eine Aussage, die das Ministerium nach der Überprüfung der Umsetzung des modifizierten Flächenmaßstabs getroffen hatte. Die Tatsache, dass die alte Regelung nicht mehr rechtssicher genug war bzw. dass man sich mit dieser Regelung sehr schwer tat, weil auch hier Dinge nicht rechtssicher waren, war der Grund dafür, dass wir gesagt haben: Okay, dann gibt es auch kein Zurück zur alten Regelung.

Jetzt haben wir eine neue Regelung. Wir schaffen mit der Novelle - das ist doch eine ganz logische Geschichte - ein Gesetz, mit dem wir meines Erachtens arbeiten können. Aber auch das, was Herr Kley angesprochen hat, eine 100-prozentige Gerechtigkeit, wo alles einfließt, wo alles supersauber ist - -

Ich habe gerade gesagt: Den Waldbesitzern wird das sicherlich nicht wirklich entgegenkommen, aber wir brauchen eine pragmatische Regelung. Es stellt sich letztlich die Frage: Ist ein solches Gesetz wirklich der richtige

Ansatz, um dann diese Aufgabe des Waldbesitzerverbandes zu honorieren? Oder haben wir als Gesetzgeber Möglichkeiten, das vielleicht an anderer Stelle zu tun? - Ich denke, darüber müssen wir nachdenken.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke sehr, Herr Bergmann. - Damit ist die Debatte der Fraktionen beendet. Nun erhält für die Landesregierung der Minister für Umwelt und Landwirtschaft Herr Dr. Aeikens das Wort. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass ich meine erste Rede im Parlament zu einem wasserwirtschaftlichen Thema halten darf. Wer in Flussnähe aufgewachsen ist, als Kind die Flut in Norddeutschland im Jahr 1962 erlebt hat und im Jahr 2002 als Staatssekretär als eine seiner ersten Amtshandlungen mit der Flut in Sachsen-Anhalt befasst war, der entwickelt ein besonderes Verhältnis zu wasserwirtschaftlichen Themen und dem sind wasserwirtschaftliche Themen Herzensangelegenheiten.

Ich wollte es eigentlich kurz machen, aber die Ausführungen des Abgeordneten Lüderitz und des Abgeordneten Kley veranlassen mich doch dazu, einige Missverständnisse möglichst auszuräumen, meine Damen und Herren. Wir haben bei der Einbringung des Gesetzentwurfs im Juni 2009 bereits umfassend den dringenden Handlungsbedarf einer gesetzlichen Neuregelung begründet.

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, warum der differenzierte Flächenmaßstab, wie er sich jetzt im Gesetz findet, so nicht administrierbar ist. Es haben sich immer noch Probleme bei der Verwertung von Kataster- und Liegenschaftsdaten gezeigt. Die Angaben zu Nutzungsarten und zur Flächengröße aus der Liegenschaftskarte haben nicht in allen Fällen mit den Angaben aus dem Liegenschaftsbuch übereingestimmt.

Auch mit der Einführung eines Systems, welches die Daten der Liegenschaftskarte und des Liegenschaftsbuches punktgenau zusammenführt, können anwendungsbedingte Differenzen nicht vollständig behoben werden. Nach gegenwärtigem Stand geht die Liegenschaftsverwaltung davon aus, dass ein solches System frühestens im Jahr 2012 zur Verfügung stehen wird, meine Damen und Herren.

Zweitens mussten wir feststellen, dass in Fällen von Bodenneuordnungsverfahren aufwendige Einzelfallrecherchen erforderlich waren. Nahezu 3 % der Verbandsgebietsfläche war von Bodenneuordnungsverfahren betroffen.

Drittens mussten wir feststellen, dass ein automatisiertes Verfahren damit in dieser Phase nicht möglich war. Es war auch nicht möglich, weil die Einzelmitglieder für die grundsteuerbefreiten Flächen solche Daten nicht vorhalten, meine Damen und Herren.

Viertens mussten wir bilanzieren, dass allgemeine Probleme der Datenbereitstellung und -verarbeitung in den Unterhaltungsverbänden und Gemeinden wie zum Beispiel die technische Ausstattung und Fragen der Kompatibilität von Daten festgestellt wurden.

Meine Damen und Herren! Ich sage ganz offen, das hat uns schon überrascht. Aber wir müssen feststellen, dass die Unterhaltungsverbände ihre Aufgaben in Selbstverwaltung erfüllen. Auch ihre technische Ausstattung wird von den Mitgliedern des Verbandes bestimmt und finanziert.

Im Fazit war festzustellen: Die Umsetzung des differenzierten Flächenmaßstabes, ein theoretisch hervorragendes Modell, ist so nicht machbar. Das war auch so nicht absehbar.

Wir haben deshalb umgehend Alternativen geprüft, die dem grundsätzlichen Anliegen „Beitragsgerechtigkeit nach dem Verursacherprinzip“ Rechnung tragen und ab dem Jahr 2010 anwendbar sind.

Ich betone noch einmal ausdrücklich, meine Damen und Herren, dass das Hauptanliegen die verursachungsgerechte Zuordnung der finanziellen Lasten für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung ist. Die Beitragserhebung und auch die Umlage dieser Beiträge sollen dabei rechtssicher und verwaltungseffizient ausgestaltet werden.

Der Ihnen jetzt vorliegende Gesetzentwurf nimmt neben dem Kernanliegen der Beitrags- bzw. Lastengerechtigkeit auch eine grundlegende Neuregelung der Mitgliedschaft auf. Bisher sind die Gemeinden nur für die der Grundsteuerpflicht unterliegenden Flächen Mitglieder in den Unterhaltungsverbänden. Für die so genannten grundsteuerbefreiten Flächen sind nicht die Gemeinden, sondern die Eigentümer dieser Flächen Mitglieder in den Unterhaltungsverbänden.

Die vielfältige Gestaltung von Tatbeständen zur Grundsteuerbefreiung hat, wie wir inzwischen wissen, dazu geführt, dass die Eigentümer der grundsteuerbefreiten Flächen als Einzelmitglieder des Verbandes nicht immer vollständig oder teilweise falsch erfasst wurden. Auch deshalb wollen wir in der Frage der Mitgliedschaft in den Unterhaltungsverbänden eine Änderung herbeiführen. Die Mitgliedschaft soll sich ausschließlich auf Gemeinden beziehen.

Meine Damen und Herren! Unabhängig davon sollen jedoch die Flächeneigentümer, die letztlich die Lasten für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung tragen, ausreichende Mitwirkungsmöglichkeiten erhalten. Dem trägt bereits die mit der Gesetzesnovelle im Jahr 2005 eingeführte Berufenenregelung in besonderer Weise Rechnung.

Wir mussten bilanzieren, dass es in der Praxis vorgekommen ist, dass Vorschläge der Interessenverbände der Flächeneigentümer und Nutzer nicht angemessen berücksichtigt wurden. Insofern ist die jetzt im Gesetzentwurf getroffene Klarstellung, die der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgeschlagen hat und die auch vom federführenden Umweltausschuss aufgenommen wurde, zu begrüßen.

Das Ministerium hat auf dem Erlassweg gleichzeitig klargestellt, dass die eingehenden Vorschläge der Interessenverbände grundsätzlich bindend sind. Der Erlass wurde um eine Liste der Interessenverbände ergänzt, die von den Unterhaltungsverbänden mindestens zu beteiligen sind. Es geht also um eine Stärkung der Interessenverbände. Es ist kein Hinausdrängen, wie ich es zu meinem Erstaunen auf der Basis von Äußerungen des Abgeordneten Herrn Kley in den Medien lesen konnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitrag für die Unterhaltung der Gewässer zweiter Ordnung soll zukünftig zum einen nach dem Verhältnis der Fläche, mit dem die Gemeinden als Mitglieder im Verbandsgebiet beteiligt sind, auf der Grundlage eines einfachen Flächenmaßstabes erhoben werden. Sie können diese Beitragskomponente auch als den verbandseinheitlichen Grundbetrag je Flächeneinheit bezeichnen.

Zusätzlich, meine Damen und Herren, wird eine zweite Beitragskomponente von den Gemeinden an den Unterhaltungsverband abgeführt, deren Höhe sich nach der so genannten Erschwernis der Unterhaltung durch die stärker versiegelten Flächen bemisst. Der Maßstab hierfür ist die jeweilige Einwohnerzahl der Gemeinden.

Die Anwendung des einfachen Flächenmaßstabs und die gleichzeitige obligatorische Erhebung von Erschwernisbeiträgen für die Versiegelung von Flächen sind geeignet, eine Verursachungsgerechtigkeit herbeizuführen; denn die Höhe der Einwohnerzahl einer Gemeinde wirkt sich unbestritten auf die Gestaltung des Ortsbildes, der Infrastruktur und letztlich auf den Grad der Versiegelung aus. Die Anknüpfung der Erschwernisbeiträge an die Einwohnerzahl ermöglicht es darüber hinaus, verwaltungs- und kosteneffizient tätig zu sein.

Im Interesse der Verwaltungspraktikabilität vorgenommene Pauschalierungen, wie sie mit der Einwohnerzahl vorgesehen werden, sind nach der Rechtsprechung zulässig, meine Damen und Herren. Insofern können wir auch von einer entsprechenden Rechtssicherheit ausgehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Einwohnermaßstab als zulässige Bemessungsgrundlage anerkannt. Herr Abgeordneter Lüderitz, Herr Abgeordneter Kley, insofern sind Ihre Zweifel an der Rechtssicherheit nicht begründet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn sich die Kosten für die Gewässerunterhaltung erhöhen, weil ein Grundstück in seinem Bestand besonders zu sichern oder weil eine Anlage im oder am Gewässer die Gewässerunterhaltung erschwert, so hat der Eigentümer die Mehrkosten zu ersetzen. Dazu ist auch verpflichtet, wer die Unterhaltung durch das Einleiten oder das Einbringen von Stoffen erschwert.

Bisher liegt es im Ermessen des Unterhaltungspflichtigen, ob er diese Mehrkosten vom Verursacher verlangt. Mit der neuen Regelung wird der Unterhaltungspflichtige verpflichtet, diese Mehrkosten nachzuweisen und geltend zu machen.

Meine Damen und Herren! Eine immer wiederkehrende Frage ist die nach der Umlagemöglichkeit der Kosten. Gerade im Hinblick auf die Kosteneffizienz des Erhebungsverfahrens auf kommunaler Ebene ist uns ein Wahlrecht für die Gemeinden wichtig. Die örtlichen Verhältnisse sind zum Teil so unterschiedlich, dass es für manche Kommune zweckmäßiger und wirtschaftlicher sein kann, eine Umlage unmittelbar auf die Grundstückseigentümer vorzunehmen. Für andere Gemeinden würde das Umlageverfahren hingegen zu einem derartigen Verwaltungsaufwand führen, dass es für sie sinnvoller ist, andere Finanzierungsquellen zu nutzen.

Dieses Vertrauen in die kommunale Selbstverwaltung entspricht auch dem Anliegen des Städte- und Gemeindebundes. Darüber hinaus würde der Entzug des Einnahmeinstrumentes, meine Damen und Herren, der anderen Finanzierung durch den Gesetzgeber im Hinblick

auf das Konnexitätsprinzip verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf berücksichtigt in angemessener Weise das Verursacherprinzip durch eine obligatorische Erhebung der Erschwernis über den Einwohneranteil und die ebenfalls obligatorische Erhebung der Mehrkosten direkt vom Verursacher. Diese Berücksichtigung, meine Damen und Herren, führt zu einer Entlastung der Waldbesitzer. Gegenüber dem gegenwärtigen Status quo werden wir nach unseren Berechnungen zu einer Entlastung im Landesdurchschnitt von etwa 25 % kommen.

Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf enthält Regelungen, die ein kosteneffizientes und rechtssicheres Verwaltungshandeln ermöglichen. Es wird nichts verschleiert, es wird nichts versteckt, Herr Kley.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Gestatten Sie mir, dass ich zu dem Antrag der FDP noch einige kurze Sätze verliere. Meine Damen und Herren! Aus der Sicht der Landesregierung ist es aus ökologischen und auch aus fiskalischen Gründen legitim, die Nutzer der wertvollen Ressource Wasser mit zur Finanzierung heranzuziehen, wie es die meisten Bundesländer tun, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Ob die Verordnung in der Version erlassen werden kann, in der sie in die Anhörung gegeben wurde, wird die Auswertung des Anhörungsverfahrens zeigen. Ich werde in der nächsten Woche dem Kabinett über die Ergebnisse und die ersten Einschätzungen berichten. Anschließend sind Diskussionen in den Ausschüssen vorgesehen.

Diese Diskussion, meine Damen und Herren, sollte in Ruhe erfolgen. Mit dem Antrag schießt die FDP zu schnell. Und wer zu schnell schießt, schießt daneben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Oh! bei der FDP)

Es besteht überhaupt keine Veranlassung, die Verordnungsermächtigung aus dem Gesetz zu streichen.