Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir gehen in die Debatte. Als erstem Debattenredner erteile ich Herrn Kosmehl das Wort, der für die FDP spricht. Bitte schön.

(Zuruf von der CDU: Jetzt wird Beifall kommen!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, lassen Sie mich, bevor ich auf das Finanzausgleichsgesetz eingehe, eine kurze Bemerkung zu dem machen, was Sie zwischenzeitlich gesagt haben.

Ich wollte Sie nur noch einmal daran erinnern, dass erst am nächsten Samstag Ihr Parteitag ist, und dann werden Sie sicherlich Gelegenheit haben, so lange und so falsch über die FDP zu schimpfen. Sie sollten dabei nicht vergessen, dass die Wählerinnen und Wähler am 27. September nicht der FDP das Vertrauen entzogen haben, sondern der SPD. Vielleicht sollten Sie sich damit auseinandersetzen, bevor Sie sich mit dem politischen Mitbewerber auseinandersetzen.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel der Landesregierung war es, mit dem Gesetzentwurf einen

Systemwechsel hin zu einem aufgabenbezogenen Finanzausgleichsgesetz zu vollziehen und damit das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs umzusetzen. - Dieses Ziel ist nicht erreicht worden.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben zudem die Chance verpasst, im weitestmöglichen Konsens mit der Opposition die Finanzzuweisungen an die Kommunen vom jeweiligen Zustand des Landeshaushalts abzukoppeln und sich tatsächlich an den Aufgaben zu orientieren.

(Herr Stahlknecht, CDU: Wissen Sie, was bei dem kreisangehörigen Raum herausgekommen wäre?)

- Herr Stahlknecht, Sie können diese Frage anschließend als Zwischenfrage stellen, die ich am Ende beantworten würde. Ich will an dieser Stelle noch deutlich machen, worum es geht.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das weiß ich!)

- Das wissen Sie offensichtlich nicht, sonst hätten Sie sich anders verhalten.

(Oh! bei der CDU)

Ein Finanzausgleichsgesetz ist keine Entscheidung einer knappen Mehrheit einer Koalition, sondern eine Grundlage für die Finanzierung unserer Kommunen.

(Zuruf von der CDU: Sie können doch zustim- men!)

Diese sollte in diesem Hohen Haus auf eine möglichst breite Basis gestellt werden.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte ich mir gewünscht, dass Sie diese Diskussionen erst einmal mit uns und nicht in irgendwelchen Hinterzimmern geführt hätten, dass Sie Pressemitteilungen zuerst mit uns im Innenausschuss besprechen, statt eine Innenausschusssitzung unter dem Motto „Es sind noch Berechnungen offen“ zu verschieben, und einen Tag später wird verkündet, man habe sich geeinigt. Dann sagen Sie doch klipp und klar, dass Sie noch nicht fertig waren, statt uns immer vorzugaukeln, Sie würden noch nach Berechnungsgrundlagen suchen. Sie waren sich jedoch nicht einig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Finanzausgleichsgesetz von diesem Ausmaß gehört auf eine breite Basis. Das, was Sie gemacht haben, ist das eben nicht.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat Aufgabenbezogenheit gefordert. Es findet sich auch ein Hinweis auf dieses Thüringer Urteil auf Seite 37 des Koalitionsvertrags von CDU und SPD - das sind die Zeilen 1 483 und 1 484 -; ich will ihn kurz zitieren:

„In einem zweiten Schritt soll das Finanzausgleichsgesetz erneut novelliert werden und dabei das oben genannte Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs berücksichtigen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie machen es nicht. Sie berücksichtigen das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs nicht. Und warum nicht? - Weil Sie

an einer bestimmten Stelle von der Aufgabenbezogenheit und von der aufgabenbezogenen Verteilung der Finanzzuweisungen abgewichen sind.

(Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer: Und zwar bewusst!)

- Und zwar bewusst, Herr Ministerpräsident. Danke für diesen Entwurf.

(Herr Stahlknecht, CDU: Zum Wohle der Kom- munen!)

Das heißt aber ganz klar, dass Sie Ihren eigenen Koalitionsvertrag nicht umsetzen wollen.

(Beifall bei der FDP)

Das ist auch mal eine Aussage. Das heißt auch, Herr Ministerpräsident, dass die Kommunen jedes Verfahren, das sie vor dem Landesverfassungsgericht in Dessau anstreben werden, in dem es um die bedarfsgerechte und die aufgabenbezogene Finanzierung geht, gewinnen werden, weil wir ihnen eben nicht alles bezahlen, was sie an Aufgaben für das Land erledigen müssen. Das ist der Fehler.

(Beifall bei der FDP - Herr Stahlknecht, CDU: Herr Kosmehl, Sie haben erst neulich vor dem Landesverfassungsgericht verloren! Sie haben Erfahrung, wie das geht!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will Ihnen sagen, dass es kein leichtes Unternehmen ist, das Finanzausgleichsgesetz auf eine neue Grundlage zu stellen. Ich werde Ihnen, Herr Minister, und auch dem Ministerpräsidenten nicht vorwerfen, dass die Umstellung des FAG unter den jetzigen Rahmenbedingungen nicht zu machen wäre. Ich will Ihnen auch nicht vorwerfen, dass die Rahmenbedingungen, wie sie sind, so da sind.

Wir haben mit weniger als den prognostizierten Steuereinnahmen zu leben. Wir haben keine Steuermindereinnahmen. Die haben wir 2003/2004 gehabt. Da haben wir tatsächlich Mindereinnahmen gehabt. Da musste in diesem Land tatsächlich gespart werden. Jetzt haben wir einen Rückgang der prognostizierten Mehreinnahmen; das heißt, wir haben tatsächlich immer noch hohe Steuereinnahmen.

Aber wenn man auf die Aufgabenbezogenheit umstellt und feststellt, dass eine Aufgabe eben nur mit mehr Geld zu erledigen ist, dann muss man den Kommunen, wenn man es mit der Konsolidierungspartnerschaft ernst meint, dieses Geld auch geben. Und das machen Sie nicht.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist geradezu ein Witz, dass die Koalitionsfraktionen jetzt auch noch in der Begründung zu ihrem Entschließungsantrag behaupten, eine umfassende Neuordnung des FAG geschaffen zu haben.

(Herr Stahlknecht, CDU: Ja!)

- Herr Stahlknecht, herzlichen Glückwunsch für die Falschwahrnehmung!

(Zustimmung bei der FDP)

Was Sie gemacht haben, war ein erster Schritt. Sie haben nur einen ersten Schritt gemacht, weil Sie das eben nicht komplett aufgabenbezogen geregelt haben.

(Zuruf von Herrn Stahlknecht, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kommunen, und zwar insbesondere die kreisangehörigen Gemeinden, werden in eine Schieflage geraten.

Ich werde an dieser Stelle noch etwas wiederholen, weil ich keine Angst davor habe, dass man mich diesbezüglich zitiert. Ich habe in diesen Beratungen zum FAG zur Kenntnis genommen, dass wir den kreisangehörigen Gemeinden in den letzen Jahren an der einen oder anderen Stelle auch mehr Zuweisungen gegeben haben, als sie tatsächlich an Aufgaben zu erfüllen hatten.

(Herr Stahlknecht, CDU: Donnerwetter!)

- Herr Stahlknecht, da können Sie mich auch immer beim Wort nehmen. Das habe ich an mehreren Stellen gesagt. Ich sage das auch öffentlich. Die Frage ist doch aber nur, wie wir damit umgehen.

Sind alle Aufgaben ordnungsgemäß erfasst worden? - Das müssen wir mal so hinnehmen. Sind alle Aufgaben, die erledigt werden, auch in der Berechnung enthalten? - Dann muss man die besondere Situation im Einzelfall - das ist derzeit der Rückgang der Steuereinnahmen - mitnehmen und einen Übergang gestalten.

Thüringen hat das übrigens gemacht. Thüringen hat sozusagen zu einer Zeit, in der die Steuereinnahmen noch deutlich höher waren, das neue FAG mit Maßnahmen begleitet, sodass die Gemeinden sich darauf einrichten konnten; denn was jetzt - -

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

- Sehr geehrter Herr Tullner, da hat die CDU in Thüringen allein regiert. Das ist mittlerweile auch anders. Aber das hat die CDU dann auch allein zu verantworten.