Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

Die erste Frage war: Lässt sich heutzutage überhaupt und grundsätzlich eine bezahlte Produktplatzierung im Rundfunk, also das, was wir gemeinhin als ProductPlacement oder Schleichwerbung bezeichnen, verbieten? Die zweite Frage war: Welche Auswirkungen hätte ein Verbot von unentgeltlicher, also kostenloser Produktbeistellung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehabt?

Die erste Frage, ob sich bezahlte Produktplatzierungen im Rundfunk grundsätzlich verbieten lassen, wurde recht schnell mit Nein beantwortet.

Meine Damen und Herren! Wir leben in einer globalisierten Welt und haben schnell festgestellt, dass wir mit nationalstaatlichen Lösungen bzw. Verboten an die Grenzen der Wirksamkeit stoßen. Das gilt insbesondere dann, wenn man auch weiterhin bestrebt ist, Fremdproduktionen, also ausländische Produktionen, oder sportliche Großereignisse in der deutschen Rundfunklandschaft zu zeigen; denn diese unterliegen nun einmal anderen Gesetzen als die unseren und sind zum Teil leider Gottes voll mit Product-Placement und Ähnlichem.

Außerdem galt es für uns, die europäische Richtlinie über die audiovisuellen Mediendienste umzusetzen. Hier schloss sich dann die Frage an, wie man bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie den Verbraucherschutz so stärken kann, dass die Rundfunkkonsumentinnen und Rundfunkkonsumenten als Verbraucher tatsächlich geschützt werden können und wie auch in diesem Zusammenhang eine journalistische Unabhängigkeit gewahrt bleiben kann. Hierfür wurde ein Kompromiss gefunden, der aus unserer Sicht ein tragfähiger Kompromiss ist.

Erstens. Bezahltes Product-Placement wird bei Eigenproduktionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch künftig untersagt bleiben. Am rechtlichen Status ändert sich nichts, weil es bisher von ARD und ZDF Selbstverpflichtungen in dieser Richtung gab.

Zweitens bleiben weiterhin untersagt Werbeunterbrechungen von Kindersendungen im Kinderprogramm und Produktplatzierungen in Kindersendungen, in Nachrichtensendungen und in Verbrauchersendungen. Diese sind weiterhin unzulässig.

Wenn im kommerziellen Rundfunk Produktplatzierungen enthalten sind, müssen sie künftig gekennzeichnet werden. Das heißt, ein bisher rechtsfreier Raum wird jetzt

rechtlich geregelt, was aus Verbraucherschutzgründen auch von unserer Seite begrüßt werden kann. Wenn es kein unzumutbarer Aufwand ist, muss auch bei ausländischen und eingekauften Produktionen - ich habe bereits darauf hingewiesen - vorher gekennzeichnet werden, dass in den Sendungen Product-Placement vorhanden sein könnte oder vorhanden ist.

Der Kritik vom VPRT, dem Verband der privaten Rundfunkteilnehmer, hinsichtlich dieser Regelung, dass man auch ausländische Produktionen der Kennzeichnungspflicht unterwirft, können wir uns nicht anschließen. Kritisiert wurde hauptsächlich, dass es praxisfremd und nicht zumutbar wäre.

Das ist aus unserer Sicht nicht zu teilen; denn Rundfunk dient in erster Linie immer noch nicht der Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen der Werbeindustrie, sondern der freien und politischen Willensbildung unter Einhaltung journalistischer Unabhängigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch einige Sätze zum Thema kostenlose Bereitstellung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. All diejenigen, die offenbar vorhatten, die kostenfreie Bereitstellung komplett zu untersagen, konnten sich - aus meiner Sicht Gott sei Dank - nicht durchsetzen. Es wäre aus meiner Sicht auch Unsinn gewesen, ARD und ZDF quasi aufzufordern, für Autos Geld auszugeben, die nach wenigen Minuten im Film zu Schrott gefahren werden, weil es das Drehbuch nun einmal so vorsieht. Ich glaube, wir alle können uns eine sinnvollere Verwendung von Gebührengeldern vorstellen, und ich glaube, dass das auch für alle Gebührenzahlerinnen und Gebührenzahler gilt.

Die Folge eines solchen Verbotes wäre, dass man entweder für bestimmte Produktionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine Finanzierung mehr finden könnte oder die Rundfunkgebühr in absehbarer Zeit deutlich steigen müsste. Beides kann und darf nicht in unserem Interesse sein, konnte sich Gott sei Dank auch im Entwurf des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages nicht durchsetzen.

Ich bitte Sie um Überweisung an den Fachausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Gebhardt. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Felke.

Zuvor können wir Schülerinnen und Schüler des HegelGymnasiums Magdeburg bei uns begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mediengesetzgebung ist für einen Neuling keine leichte Kost. Sie besitzt zudem eine sehr große Dynamik. Erst im Frühjahr 2008 haben wir uns hier im Hause mit dem Zweiten Medienrechtsänderungsgesetz befasst. Damals ging es um den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und dessen Umsetzung in Landesrecht.

Nunmehr steht mittlerweile der 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Mittelpunkt und dessen Auswirkungen sowie die Auswirkungen des Zwölften Rundfunkände

rungsstaatsvertrages auf die Landesgesetzgebung. Im 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag geht es in erster Linie um die Umsetzung der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste vom 11. Dezember 2007. Staatsminister Herr Robra ist darauf bereits ausführlich eingegangen.

Dabei wird deutlich, welche rasante Entwicklung die Medienlandschaft nimmt und welche tiefgreifenden Folgen für die Gestaltung, Platzierung und Refinanzierung von Medienangeboten damit verbunden sind. Im Kern des Staatsvertrages geht es um das Verbot von Schleichwerbung und Produktplatzierung sowie damit im Zusammenhang stehender Praktiken. Dabei werden, differenziert nach öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbietern, Ausnahmen zugelassen.

Meine Damen und Herren! Werbung in jedweder Form wird natürlich von jedem Einzelnen höchst unterschiedlich beurteilt. Fühlt sich der eine genervt von jeglicher Form und nutzt allein deshalb nur bestimmte Anbieter, findet der andere vielleicht Gefallen an witzig gemachter Werbung. Grundsatz muss dabei, insbesondere im Hinblick auf einen effektiven Verbraucherschutz, aber sein, dass auch beim Einsatz neuer Werbetechniken Werbung als solche immer erkennbar gemacht werden muss.

In einer Protokollerklärung zum Staatsvertrag haben die Länder die Erwartung formuliert, dass zwischen den Rundfunkveranstaltern und den Verbänden der werbetreibenden Wirtschaft sowie der Produzenten ein verbindlicher Verhaltenskodex zu Produktplatzierungen vereinbart wird. Das ist ausdrücklich zu begrüßen. Noch besser wäre es freilich, eine Frist zu setzen, nach deren Verstreichen jedem klar sein muss, dass dann der Gesetzgeber handelt.

(Zustimmung)

Besonderes Augenmerk muss auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen gelegt werden. Hierzu ist es richtig, in den entsprechenden Programmangeboten Produktplatzierungen generell zu untersagen und auch keine Werbeunterbrechungen zuzulassen. Diese Regelungen müssen auch künftighin Bestand haben, um dem höheren Schutzbedarf von Kindern und Jugendlichen zu entsprechen.

Medienkompetenz für Kinder und Jugendliche und alle Bemühungen darum, diese zu erhöhen, sind zweifellos richtig und zu unterstützen. Daneben muss es aber auch durch den Gesetzgeber definierte rote Linien geben, die nicht überschritten werden dürfen.

Meine Damen und Herren! In § 63 des Mediengesetzes wird der Katalog der Ordnungswidrigkeiten und Verstöße gegen dieses Gesetz behandelt. Dieser wird an die Umsetzung des Staatsvertrages angepasst und wird damit um einiges umfangreicher. Damit steigen natürlich auch die Anforderungen an eine effektive Kontrolle dieses Gesetzes. Ich möchte anregen, dass zur Ausschussberatung auf jeden Fall die Medienanstalt eingeladen wird, um uns hierüber entsprechend zu informieren.

Ein weiterer Grund dafür sind auch die in § 33 vorgesehenen Änderungen des Mediengesetzes bei der Zuordnung der terrestrischen Übertragungskapazitäten.

Meine Damen und Herren! Wir plädieren für eine Überweisung an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien. Dort sollte trotz der angerissenen Aspekte eine zügige Beratung möglich sein,

auch um ein fristgerechtes Inkrafttreten des Staatsvertrages zum 1. April dieses Jahres zu erreichen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Felke. - Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Kosmehl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn ganz kurz zurückblicken und dann nach vorn schauen. Ich darf mich recht herzlich bei meinem Kollegen Minister Herrn Bischoff für die Zusammenarbeit im Bereich der Medienpolitik in den letzten vier Jahren bedanken. Ich habe die Zusammenarbeit als außerordentlich kollegial empfunden. Herr Kollege Felke, ich freue mich natürlich, dass die SPD dieses Feld nicht verwaisen lässt, sondern auch weiterhin mitmischt.

Ich denke, wir haben zwar im Medienrecht eine schwere Kost, aber eine Kost, an die man sich langsam herantasten kann. Bei den Themen Gebührenstaatsverträge und Gebührenmodelle, über die demnächst zu beraten ist, wird es sicherlich wieder ein wenig schwieriger.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wäre das Traumschiff ohne Schiff? Was wäre James Bond ohne Auto oder - noch besser - ohne Uhr? Denn laufen kann er ja. Oder was wäre Tierärztin Dr. Mertens - um ein Beispiel aus dem MDR-Fernsehen zu nennen - ohne den Leipziger Zoo? - Wenn die Regelungen des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages nicht kommen, dann werden diese Sendungen zukünftig im deutschen Rundfunk nicht mehr ausgestrahlt werden dürfen.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wir Liberalen froh, dass es bei der Umsetzung von EURecht gelungen ist, eine Regelung für das so genannte Product-Placement zu finden. Wir halten es für sinnvoll, die Regelungen so, wie sie jetzt sind, aufzunehmen, um das Thema Product-Placement, also Schleichwerbung, aus der Schmuddelecke, in die es längere Zeit gestellt wurde, herauszulösen.

Jeder, der sich mit der Medienwirtschaft auskennt, weiß, dass eine Film- oder Fernsehproduktion ohne Unterstützung von Firmen heute nicht möglich wäre. Kollege Gebhardt hat gesagt, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk, also MDR, ARD und ZDF, zukünftig Autos, Gerätschaften und alles Mögliche, bei dem man die Marke erkennen könnte, selbst anschaffen müsste, damit er nicht in den Verdacht gerät, Schleichwerbung zu machen, nur weil er einen Gebrauchsgegenstand benutzt, dann würde das unverhältnismäßig auf die Gebühren durchschlagen und es würde Produktionen einfach nicht mehr möglich machen. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es richtig, dass man so etwas zulässt und es im Zweifel kennzeichnet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gebhardt, in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht sind wir wieder ganz weit auseinander. Mit Blick auf Fremdproduktionen teile ich die Kritik, die der Verband der privaten Rundfunkteilnehmer geäußert hat, durchaus. Es ist aufwändig, bei Fremdproduktionen genau zu hinzusehen, um festzustellen, welches Produkt verwendet

worden ist und wann das Produkt so häufig verwendet worden ist, dass es angezeigt werden muss.

Wir werden uns auf ein neues Fernsehvergnügen, so möchte ich es einmal nennen, einstellen können. Dabei handelt es sich um eine Art Ratequiz; denn Produktplatzierungen müssen nicht nur zu Beginn eines Fernsehfilms genannt werden, sondern unter Umständen auch noch einmal nach der Werbeunterbrechung. Man kann sich dann überlegen, ob man bis dahin alle Produkte erkannt hat oder ob einem gegebenenfalls ein Produkt entfallen ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ob das die beste Lösung ist, lasse ich offen.

(Beifall bei der FDP)

Aber es gibt zumindest die Möglichkeit, so etwas zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als FDP begrüßen insbesondere die Liberalisierung der Werbevorgaben, also weg von den starren Vorgaben und mehr Möglichkeiten, um die Werbung zu platzieren bzw. selbst festzulegen, wie viele Werbeunterbrechungen es gibt. Das heißt für uns als Liberale: Wir trauen dem mündigen Fernsehzuschauer zu, selbst darüber zu entscheiden, wie viele Werbeunterbrechungen er sich von einem Sender zumuten lässt. Wenn ihm das zu viel wird, dann schaltet er einfach um.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist besser, als es starr wie bisher zu regeln.

Herr Staatsminister Robra, eine letzte Bemerkung: Andere Länder waren schneller. Sie setzen den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien unter Druck; denn der Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll zum 1. April in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt soll die Ratifikationsurkunde bereits hinterlegt sein. Das schränkt unsere Zeitschiene natürlich ein.

Wir haben uns, glaube ich, lange genug mit dem Thema beschäftigt, sodass wir nicht noch einmal eine Anhörung durchführen müssen. Insofern würden wir Ihnen entgegenkommen. Wir würden aber für die Zukunft darum bitten, dass Themen wie das Medienrecht, die durchaus eine breite Diskussion einnehmen könnten, weil es originäres Landesrecht ist, vielleicht unabhängig von einem Rundfunkänderungsstaatsvertrag beraten werden, damit wir die Zeit haben, darüber ausführlich zu diskutieren. In diesem Fall sage ich Ihnen seitens der FDP-Fraktion zu, den Vertrag zügig zu beraten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Herr Kosmehl. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Borgwardt.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir im Vorfeld zu sagen, dass ich mich freue, dass Bundes- und Europathemen heute früh bzw. nach dem Mittag und nun die Medienthemen ein großes Echo gefunden haben. Insofern befinden sich diese Themen mehr, als man früher gedacht hat, im Fokus dieses Hohen Hauses. Ich habe die große Freude, als letzter Redner aus dem pädagogischen Prinzip Nut