Zwei grundsätzliche Fragen werden von der gegenwärtigen Debatte um die Solarförderung berührt: erstens die gezielte Förderung bzw. Subventionierung neuer Technologien, die neue Produkte am Markt entwickeln und einbringen sollen, zweitens die Frage, welche Bedeutung wir regenerativen Energien generell beimessen.
Gerade am Beispiel des EEG lassen sich zahlreiche Effekte unterschiedlicher Vorgehensweisen bei der Technologieförderung nachweisen, so zum Beispiel die Frage, an welcher Stelle im Entwicklungsprozess bzw. der Wertschöpfung Förderung beginnen bzw. enden soll. Viele Kritiker des EEG meinen, dass die reine Forschungs- und Entwicklungsförderung ausreiche und auf die Förderung der Markteinführung verzichtet werden könne.
Jedoch zeigen gerade die erneuerbaren Energien, dass ab einem bestimmten Reifegrad der Technologie der Nachweis einer sinnvollen Verwendung zwar vorhanden ist, ihre Kosten jedoch noch nicht konkurrenzfähig sind. In solchen Fällen gelten Markteinführungsprogramme als unerlässliche Instrumente, um die Marktreife herzustellen und die weitere Vermarktung aus der staatlichen Förderung herauszunehmen.
Darüber hinaus wird deutlich, welche technischen und organisatorischen Veränderungen notwendig sind, um die neuen Technologien in das Energiesystem einbauen zu können. FuE-Förderung allein würde diesen Aspekt nicht berücksichtigen, bestehende Strukturen in der Energieversorgung würden aufrechterhalten und Veränderungen als nicht notwendig angesehen. Eine ähnliche Debatte führen wir derzeit zum Thema Energiekonzept des Landes Sachsen-Anhalt.
So genannte Spillover-Effekte, das heißt, dass der Technologiefortschritt auch anderen Marktakteuren „zufallen“ kann, sind beim weltweiten wissenschaftlichen Meinungsaustausch nicht aufzuhalten. Deshalb braucht man sich über Konkurrenzprodukte aus China nicht zu beklagen.
Bereits während der letzten Novellierung des EEG im Jahr 2008 gab es eine intensive Diskussion um Fördersätze und Gleitfaktoren in Abhängigkeit vom Zuwachs an Photovoltaikanlagen bzw. in Abhängigkeit vom Wirkungsgrad der Bauelemente. Selbsttragend sei dieser Aufschwung jedoch noch nicht, betonten damals viele Politiker aus den neuen Bundesländern. Der damalige Wirtschaftsminister Reinholz sagte: Gebt uns noch fünf bis sieben Jahre Zeit. - Unser Wirtschaftsminister sagte: Drehen Sie unserer globalen Wettbewerbsfähigkeit jetzt nicht den Hahn ab. Werde die Solarstromvergütung wie geplant gesenkt, verlangsame sich der technologische Innovationsprozess und die angestrebte Netzparität werde erst später erreicht.
Ein gutes Argument liefert dafür auch die bundesweite Verteilung der Arbeitsplätze in diesem Bereich. In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen finden weit mehr Beschäftigte in der Branche Arbeit als in den mitteldeutschen Ländern, zwar nicht in der Fertigung, jedoch in der Zulieferung, der Installation und dem Großhandel. Das ist ein Effekt des EEG, der nicht im Fokus der öffentlichen Diskussion steht.
Weiterhin wurde der Solarcluster in Mitteldeutschland, in Sachsen-Anhalt als einer der Spitzencluster des Bundesministeriums für Forschung und Technologie mit 40 Millionen € in den nächsten fünf Jahren belohnt. In der Begründung hieß es, dass der Solarcluster in Deutschland bzw. in den Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg gezeigt habe, dass ein Innovationssystem entwickelt worden sei, das weltweit einzigartig sei. Es beinhalte drei wesentliche Komponenten: erstens eine breite Ausbildungs- und Forschungslandschaft, zweitens eine vielfältige und exzellente Unternehmensstruktur von Spezialmaschinenbau, Anlagenherstellern und Produktionsfirmen und drittens das Engagement von Politikern der Legislative und der Exekutive, die erneuerbaren Energien mit langem Atem in Forschung und Markteinführung zu fördern. Das war die Begründung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.
Deutschland kann als Leitmarkt für erneuerbare Energietechnologie gefestigt werden, der also auch neue Nach
Weitere entscheidende politische Fragen sind aber auch: Wollen wir tatsächlich den zügigen Ausbau der regenerativen Energien als Ersatz für die fossilen Brennstoffe oder nicht? Betrachten wir tatsächlich erneuerbare Energien als Beitrag zur Verringerung der Importabhängigkeit Deutschlands von energetischen Rohstoffen? Werden damit die Gefahren von Konflikten um knapper werdende Energieressourcen vermindert? Wollen wir tatsächlich die Hinwendung zum Ausbau der dezentralen Energieerzeugung, um den Wettbewerb zu fördern und die Abhängigkeit von den großen Konzernen zu verringern?
Im Land selbst sollte natürlich auch Photovoltaik eingesetzt werden. Da möchte ich an die oftmals sperrigen Diskussionen in den zuständigen Ausschüssen, was den Einsatz von Solaranlagen auf Landesliegenschaften betrifft, erinnern.
In der gegenwärtigen Diskussion ist es durchaus berechtigt, über garantierte Preise nachzudenken. Auch die ernstzunehmende Frage bezüglich der Überförderung ist zu beantworten.
Sicher, wenn sich Solaranlagen mit herkömmlicher Stromerzeugung vergleichen ließen, wenn die so genannten Netzparität erreicht wäre, brauchte man über diese Dinge nicht mehr nachzudenken.
Aber es gibt momentan sehr unterschiedliche Aussagen darüber, in welchem Bereich und zu welchem Zeitpunkt diese Netzparität tatsächlich erreicht werden kann. Vor zwei Jahren war es noch das Jahr 2015. Nun wird in verschiedenen Bereichen über das Jahr 2013 spekuliert. Ich freue mich über jeden, der dazu eine klare Aussage treffen kann. Deswegen hat es mich gewundert, dass im Antrag der Koalitionsfraktionen das Jahr 2013 so fixiert ist.
Die weitere Degression von Fördergeldern in diesem Bereich ist natürlich auch ein Signal für die Geldanleger und für Renditeerwartungen. Die Notierungen der Aktien von Q-Cells an der Börse in den letzten Jahren sehen folgendermaßen aus: Im Sommer 2008 lag die Aktie bei 87,29 €. Im Mai 2009, also in der Phase der Wirtschaftskrise, hatte sie einen Börsenwert von 20,59 €. Heute früh betrug der Wert 7,74 €.
Das heißt, wenn man über Absenkungsraten nachdenkt, dann stellt sich die Frage, welches Signal man an die Börse gibt. Man kann den LINKEN durchaus zutrauen, dass sie ein ambivalentes Verhältnis zur Börse haben.
Die Börse existiert schon etwas länger als die LINKE. Aber es ist ein wichtiges Signal in diese Richtung, wie die Diskussion, die wir momentan führen, auch in anderen Bereichen ankommt.
Meine Damen und Herren! Wir wollen nicht verschweigen, dass es auch Fehlkalkulationen in den Unternehmen selbst gab. Man hat Technologieentwicklungen verschlafen und man hat die Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise nicht rechtzeitig beachtet. Das hat zum bereits bestehenden Arbeitsplatzabbau und zu roten Zahlen geführt, wie wir es von Q-Cells und in den jüngsten Tagen auch von Sovello gehört haben.
Ein weiterer Missstand ist zutage getreten, nämlich der, dass die Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern in der jungen Branche lange Zeit vernachlässigt wurden. Erst als in der Krise der Arbeitsplatzabbau bevorstand, besann man sich auf die Einbeziehung der Mitarbeiter. Deshalb lautet unsere Forderung in dem Antrag, dass die Beschäftigten in jetzt ablaufende Diskussionsprozesse sowohl innerhalb als auch außerhalb der betroffenen Branche aktiv einzubeziehen sind.
Meine Damen und Herren! Zur erneuten Änderung des EEG im Jahr 2008 gab es seit Herbst 2009 Debatten. Aber öffentlich wurden die konkreten Zahlen erst in diesem Jahr. Die Anhörungen fanden im internen Kreis statt. Anfang Januar begannen die Debatten darüber, ab 1. April 2010 Degressionssätze einzuführen. Es war von Überförderung und von ungerechtfertigten Kosten für die Verbraucher die Rede, und zwar in den nächsten 20 Jahren in Höhe von 10 Milliarden €, manchmal von 20 Milliarden € und manchmal von 30 Milliarden €, je nachdem, welches wem nahestehende Institut mit der Prognose betraut wurde. Die Verbraucherschutzzentrale Deutschland geht von Kosten in Höhe von 10 Milliarden € bei den jetzt installierten Anlagen aus, die in den nächsten 20 Jahren durch alle Verbraucher zu tragen sein werden.
Natürlich sind diese Hinweise ernst zu nehmen, gerade weil Energiepreise in jedem Bereich eine große Rolle spielen. Energie bezahlbar zu gestalten, ist eine wichtige Forderung. Fakt ist jedoch, dass der Preis oftmals wenig mit Erzeugungskosten und Netzentgelten zu tun hat; denn der Preis wird an der Strombörse generiert.
Die ostdeutschen Wirtschaftsminister meldeten Protest an. Die Gründe sind aus den Pressemeldungen bekannt. Aber es betrifft nicht nur die ostdeutsche Wirtschaft, sondern die Branche in Gesamtdeutschland.
Nach dem Treffen der ostdeutschen Wirtschaftsminister am 27. Januar 2010 wurde bekanntgegeben, es habe einen zentralen Konsens gegeben, die Degression werde grundsätzlich nicht infrage gestellt, es gebe keine kurzfristige Umsetzung der Kürzungen und keine so hohen Abschläge.
Als Grund dafür wurde genannt, man rechne mit dem möglichen Ausfall zukünftiger Investitionen. Außerdem wurde angeführt, es sei kontraproduktiv, so in der Krise zu handeln, es sei existenzgefährdend für mittelständische Unternehmen und gefährde die Planungssicherheit. Das war der Konsens mit der Solarbranche Ende Januar 2010.
Für uns war das auch ein klares Signal, diesem Ansinnen Rechnung zu tragen und es zu unterstützen. Doch dann kam offenbar das Einknicken vor Berlin. Am 8. Februar 2010 war in den Zeitungen zu lesen, dass Ostpolitiker für die Solarbranche kämpften. Das CDU-Mitglied des Bundestags Ulrich Petzold aus Wittenberg forderte anstelle der Einführung der neuen Werte für die Einspeisevergütung am 1. Mai 2010 den Termin 1. Juli 2010; da man schließlich mehr Planungssicherheit in der Solarbranche brauche.
Meine Damen und Herren! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob diese acht Wochen die geforderte Planungssicherheit herbeiführen werden. - Einen Tag später erklärte Minister Haseloff, er stelle sich hinter den in Berlin gefundenen Kompromiss. Seine Aussage lautete wie folgt:
Wir meinen dazu, dass damit der zentrale Konsens der neuen Länder und der Solarbranche vom 27. Januar 2010 aufgekündigt wurde.
Brandenburg hat seine Auffassung nicht verändert. Der Thüringer Landtag hat am 29. Januar 2010 ein klares Signal gesandt. Auch Sachsens Wirtschaftsminister hat diesen Kompromiss abgelehnt. Nur Sachsen-Anhalt fällt wieder einmal aus der Reihe.
(Minister Herr Dr. Haseloff: Nicht immer auf die Zeitungen hören! - Herr Gürth, CDU: Das ist Un- sinn!)
Das heißt, wenn man die Interessen von Sachsen-Anhalt im Bund erfolgreich vertreten will, Herr Minister, dann darf man nicht aus Parteiräson bei jedem Windstoß aus Berlin umfallen.
(Beifall bei der LINKEN - Herr Gürth, CDU: Wenn einer mit Erfolg gekämpft hat und nicht mit Wor- ten, dann ist es Dr. Haseloff gewesen!)
Unsere Auffassung als LINKE lautet: Die entscheidende Frage lautet nicht, ob die Kürzung bei der Solarförderung um drei oder sechs Monate verschoben wird; das erleichtert die Planungen in der Forschung und Entwicklung für die Solarbranche überhaupt nicht; das könnte bestenfalls im Handwerk für Erleichterungen sorgen; denn in diesem Bereich ist bedauerlicherweise oftmals nur ein Auftragsvorlauf von vier bis sechs Wochen zu verzeichnen. Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die bekannte Forderung, bis zum Erreichen der Netzparität keine Änderungen bei den Förderraten vorzunehmen, noch Bestand hat.
DIE LINKE schlägt vor, dass noch vor der Einreichung eines solches Gesetzentwurfes Politiker, Vertreter der Solarbranche, der Verbraucher und der Installationsunternehmen gemeinsam einen akzeptablen Vorschlag für die Unterstützung der Energiegewinnung der nächsten Generation unterbreiten.
Deshalb fordern wir in unserem Antrag auch, diese Kürzungswelle der Bundesregierung abzulehnen; da sie energie-, industrie-, innovations- und beschäftigungspolitisch in eine völlig falsche Richtung weist.
Aufgrund der kurzfristigen Entscheidungen des Bundes besteht die reale Gefahr des Arbeitsplatzabbaus im Bereich der Fertigung sowie des Abbaus von Forschungs- und Entwicklungskapazitäten. Darüber wird im Land an vielen Stellen diskutiert.
Man muss darüber nachdenken, inwieweit es im Land gelingen kann, die Ausbaumöglichkeiten für eigene Photovoltaikprojekte voranzubringen. Die Stadt Landsberg hat sich entschieden, einen Solarpark zu errichten. Das ist ermutigend. Vielleicht können wir auch gemeinsam dafür werben, dass die Investitionsruine Cochstedt zu einem Solarpark generiert werden kann; dieser muss nicht unbedingt als Landesbetrieb entwickelt werden.
Neben diesen Fragen der Subventionierung in der Wirtschaft und der Wirtschaftspolitik in diesen Bereichen sind auch die Fragen der Wirtschaftsförderung neu auszurichten. Nach unserer Auffassung ist es wichtig, angesichts geringer werdender Fördermittel die Stärkung der Standorte in Sachsen-Anhalt als Wettbewerbsfaktor in den Mittelspunkt zu stellen und nicht die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmens. Dar
Deshalb bitte ich um die Zustimmung zu unserem Antrag, der die klare Kritik am Vorgehen der Bundesregierung beinhaltet, der nicht nur den Gesetzgeber,
sondern auch die vom Gesetz Betroffenen in die Entscheidungsprozesse aktiv einbezogen sehen möchte und der nicht nur, wie der Antrag der Koalitionsfraktionen, das Jahr 2010 im Blick hat, sondern die Erarbeitung des Stufenplanes sofort fordert.
Zudem wird mit dem Antrag nicht nur verlangt, den Wirtschaftsminister vermittelnd über die Probleme in der Branche zu hören, sondern auch der Wirtschaftsausschuss aufgefordert, die im Land Betroffenen dazu anzuhören. - Vielen Dank für Ihre Geduld.
Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. Es gibt eine Frage des Abgeordneten Herrn Kosmehl. Wollen diese beantworten?