Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

In den Beratungen des Innenausschusses nach erfolgter Anhörung ist es gelungen, Änderungswünsche und Bedenken der kommunalen Spitzenverbände weitgehend im Gesetzentwurf zu berücksichtigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, dem vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres vom 10. März 2010 zuzustimmen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Damit ist die Aussprache beendet. Wir treten nun in das Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/2496 ein. Wünscht jemand an irgendeiner Stelle eine getrennte Abstimmung? - Das ist nicht der Fall.

Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Die

FDP-Fraktion. Damit ist das Gesetz angenommen worden

(Herr Kosmehl, FDP: Positiv!)

und Tagesordnungspunkt 7 ist beendet.

Meine Damen und Herren! Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt (Besoldungs- neuregelungsgesetz Sachsen-Anhalt - BesNeuRG LSA)

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/2477

Ich bitte nun den Minister der Finanzen Herrn Jens Bullerjahn, den Gesetzentwurf einzubringen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf für ein Besoldungsneuregelungsgesetz greift die infolge der Föderalismusreform I entstandene Gestaltungsfreiheit für ein passgenaues Besoldungsrecht in den jeweiligen Ländern auf. Dazu wurden viele Vorschriften überarbeitet, die für den Bund oder andere Länder Sinn machen mögen, aber nicht für uns.

So wird der Ämterkatalog übersichtlicht, die Auslandsbesoldung vereinfacht und der Familienzuschlag ab dem dritten Kind nach den Vorgaben der hiesigen Rechtsprechung erhöht. Daneben soll die Einkommensdifferenz zeitlich begrenzt ausgeglichen werden, damit ein Wechsel von in Sachsen-Anhalt benötigten Spezialisten nicht aufgrund eines höheren Besoldungsniveaus des Bundes oder eines anderen Landes scheitert.

Ferner kommen wir der Forderung nach mehr Leistungsgesichtspunkten im Besoldungsrecht nach. Die leistungsstärkeren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen profitieren neben einer flexiblen Rechtsgrundlage für Prämien und Zulagen auch von dem Kernstück des Gesetzentwurfs, der Neustrukturierung der Besoldungstabellen und der Neuregelung der Stufenaufstiege.

Wichtig sind neben vielen Verbesserungen im Detail auch die Übergangsregelungen, durch die sichergestellt wird, dass es keine Einbußen im Lebenserwerbeinkommen für die vorhandene Beamten- und Richterschaft gibt. Die dadurch entstehenden Mehrkosten betragen jährlich rund 600 000 €. Dies entspricht durchschnittlich jährlich weniger als 30 € pro Beamten oder Richter.

Im Einzelnen möchte ich auf fünf Hauptpunkte eingehen:

Erstens. Das Bundesverfassungsgericht hat schon lange den unzureichenden Familienzuschlag für Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter mit mindestens drei Kindern bemängelt und unser Oberverwaltungsgericht hat das für die Fälle in unserem Land nun weiter präzisiert. Darum soll die vor zwei Jahren bereits erhöhte Zahlung nochmals auf 310 € angehoben und komplett auf eine monatliche Zahlung umgestellt werden. Insider und länger hier arbeitende Kolleginnen und Kollegen kennen diesen Sachverhalt.

Der zweite Punkt betrifft die Ämterkataloge und die Besoldungsordnungen A, B, R und W. Diese werden ge

strafft, ohne die bundesweite Mobilität und Vergleichbarkeit der Ämter zu gefährden. Diesbezüglich stößt die Flexibilität des Föderalismus sozusagen an die eigenen Grenzen.

Im dritten Punkt geht es um die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit den Ehen. Der Gesetzentwurf enthält die Gleichstellung der Verpartnerten mit den Ehepaaren in der Besoldung und Versorgung und kommt damit dem Auftrag aus dem Landtagsbeschluss vom 9. Oktober 2008 nach. Die Verpartnerten erhalten dann künftig ebenfalls den so genannten Verheiratetenbestandteil im Familienzuschlag, der derzeit 112,92 € monatlich beträgt. Auch in der Hinterbliebenenversorgung sind sie den Eheleuten gleichgestellt.

Die Gleichstellung entspricht auch der Tendenz beim Bund und in mittlerweile zwölf weiteren Ländern. Sechs Länder, und zwar Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, haben die Gleichstellung bereits gesetzlich geregelt. In Bayern, Hessen, Niedersachen und Schleswig-Holstein werden in den Landtagen derzeit entsprechende Regelungen beraten. Beim Bund sowie im Saarland und in Thüringen gibt es entsprechende Vereinbarungen in den Koalitionsverträgen. Wir befinden uns also in guter Gesellschaft, wenn wir dieses umsetzen.

Der vierte Punkt betrifft den besoldungsrechtlichen Kernbereich: die Änderung der Tabellenstruktur der Grundgehälter. Bei der A-Besoldung und in den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in der Justiz spielt das Lebensalter keine Rolle mehr. Es wird grundsätzlich nur noch auf die Erfahrungszeit, das heißt auf die abgeleistete Dienstzeit und vorherige förderliche Zeiten, abgestellt - mit einer frauenpolitisch wichtigen Ausnahme: Ausfallzeiten durch Geburten und Kindererziehung werden den Erfahrungszeiten gleichgestellt.

Daneben stärkt die neue Tabelle das Leistungsprinzip. Auf der einen Seite erfolgt ein Aufstieg in den Stufen nur, wenn mindestens eine anforderungsgerechte Leistung erbracht wurde. Auf der anderen Seite kann in der A-Besoldung eine so genannte Leistungsstufe vergeben werden, bei der die Beamtin oder der Beamte wegen herausragender Leistungen vorab das Grundgehalt aus der nächsthöheren Stufe erhält.

Im fünften und letzten Punkt geht es um die Beamtenversorgung. Hierzu legen wir Ihnen keine Vollregelung vor. Allerdings gibt es auch dort Neuregelungsbedarf. Der wesentlichste Punkt dabei ist die Schließung der sogenannten Rentenlücke. Deren Ursache ist, dass die Beamtinnen und Beamten, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand treten, regelmäßig auch Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben.

Da diese Zeiten für alle, die in der DDR gelebt und gearbeitet haben, nicht ruhegehaltsfähig sind, sind diese Beamtinnen und Beamten auf die gesetzliche Rente zur Ergänzung ihrer Altersversorgung angewiesen. Das Alter zum Bezug einer Rente wird jedoch ab dem Jahr 2012 schrittweise angehoben, bis es im Jahr 2029 das 67. Lebensjahr erreicht hat. Diese Lücke soll vorübergehend durch eine Erhöhung des Ruhegehaltssatzes geschlossen werden, bis dem Betroffenen dann die gesetzliche Rente zusteht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Hauptpunkten möchte ich Ihnen noch einen Überblick über den Stand der Gesetzgebung in den anderen Bundesländern

geben. In den meisten Ländern gab es bisher nur lineare Erhöhungen und punktuelle Änderungen. Bis jetzt haben nur Thüringen und Hamburg eigene Landesbesoldungsgesetze erlassen. Bayern hat dem Landtag einen Gesetzentwurf zugeleitet. Wir wissen aus dem Ausschuss, dass von allen Fraktionen immer wieder nachgefragt wurde, wann Sachsen-Anhalt einen Gesetzentwurf vorlegt.

Das thüringische Gesetz folgt in einem der zentralen Punkte nicht dem neuen Gesetz des Bundes. Es ist bei der bisherigen Tabellenstruktur geblieben. Damit können Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter mit kurzen Ausbildungszeiten und leistungsorientierter Einstellung am Anfang ihres Berufslebens nicht so schnell wie beim Modell des Bundes steigen. Eine Anlehnung an das thüringische Modell erachte ich aber nicht als sinnvoll.

Dagegen ist die Neuregelung im hamburgischen Gesetz in den zentralen Punkten mit unserem Entwurf identisch. Viele Unterschiede ergeben sich aus Hamburgs Struktur als Stadtstaat. Auf diese müssen wir aber nicht weiter eingehen.

Bayern wird voraussichtlich das nächste Land mit einer Vollregelung sein. Darin sind noch einige kostenintensive Regelungen wie die Dynamisierung von Stellenzulagen und die so genannte Ministerialzulage enthalten. Die Ministerialzulage haben wir im Jahr 2002 letztmalig gezahlt und sind damit einem bundesweiten Trend gefolgt. Auch gibt es in Bayern die Jahressonderzahlungen noch. Eine entsprechende Regelung wäre in SachsenAnhalt mit jährlich rund 50 Millionen € zu veranschlagen. Diese finanziellen Mittel - darüber waren wir uns einig - haben wir nicht und insofern halten wir an dieser Regelung fest.

Mit dem Gesetz kann eine Grundlage für ein modernes, zukunftsfähiges öffentliches Dienstrecht im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten geschaffen werden.

Ich werbe für die Ausschussüberweisung, auch wenn ich weiß, dass sich das Interesse in Grenzen halten wird. Aber diejenigen, die damit des Öfteren zu tun haben, warten darauf. Ich wünsche und erwarte eine gute Beratung, die wir bald zum Ende bringen können.

(Beifall bei der SPD und von der Regierungs- bank)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Jetzt hören wir die Beiträge der Fraktionen. Wir beginnen mit der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Frau Dr. Paschke das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Minister hat mir sozusagen schon ein Alibi verschafft, falls sich das Interesse bei meinem Redebeitrag in Grenzen halten sollte.

Ich habe fünf Minuten, um die Beratungsfähigkeit eines Gesetzentwurfes mit 253 Seiten zu würdigen oder zu sagen, dass wir ihn nicht in den Ausschuss überweisen. Er ist tatsächlich beratungswürdig und er hat sehr viele positive Aspekte. Wir sind eines der wenigen Länder, die zwei Vollgesetze innerhalb dieser Zeit ins Parlament

eingebracht haben. Das muss man positiv werten. - Nun will ich aber langsam mit der ganzen Loberei aufhören.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Es ist aber zu erwähnen, dass hierzu eine sehr frühzeitige Einbeziehung der Betroffenen bzw. der Spitzenverbände stattfand und diese in einem Maße und in einer Transparenz erfolgt ist, die von denjenigen, die mit beraten haben, ausdrücklich gelobt wurde. Es wurde betont, dass man sich eine solche Beteiligung in anderen Ministerien ebenfalls wünschte. Das muss man hoch anerkennen, wenngleich wir insgesamt bezüglich der Struktur der Meinung sind, dass der gesamte Komplex Dienstrecht, Besoldung und Versorgung in ein Ministerium gehört, um es umfassend zu regeln.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Herrn Kosmehl, FDP)

Nun ist der Stand aber so wie er ist. Das hat auch nichts direkt mit dem Gesetzentwurf zu tun.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Das Zweite ist, dass man durchaus nachvollziehen kann, dass der finanzielle Rahmen, unter dem wir das Gesetz gestrickt haben, wenig Spielraum für Erhöhungen und dergleichen zulässt. Insofern sind einige Dinge, die dort geregelt sind - jetzt muss ich wieder sagen - anerkennenswert. Es sollte schon lange der Wegfall des pauschalen Kirchensteuerabzuges erfolgen. Wir haben immer auf das Besoldungsgesetz vertröstet. Nunmehr wird das Gesetz kommen. Dieser Abzug erfolgt also nicht mehr.

Ferner haben wir es mit diesem Gesetzentwurf endlich geschafft, die Gleichstellung - der Minister sagte es bereits - eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe zu garantieren. Wir hätten dieses Gesetz viel früher verabschieden können - es lag lange auf Eis -, aber ein Koalitionspartner hatte trotz richterlicher Rechtsprechung und trotz des Landtagsbeschlusses damit große Probleme. Die Begründung fanden wir Ende des Jahres 2009 in einem Interview mit dem Landesvorsitzenden der CDU, der sagte, dass es keinerlei andere Gründe als die finanziellen gebe.

Wer auf Seite 6 des Gesetzentwurfes schaut, stellt fest, dass dort 15 Personen stehen, die davon jetzt mit ca. 20 000 € jährlich profitieren. Da muss man doch sagen: Das ist doch ein fundamentaler Grund, das Land Sachsen-Anhalt aus den Schulden zu führen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Eines ist jedoch wichtig: Wir sollten hinsichtlich der Gleichstellung der Lebenspartnerschaften über die meiner Meinung nach berechtigte Forderung des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschlands nach einer Rückwirkungsklausel reden. Wir haben die Richtlinie Nr. 2078 der EU nicht umgesetzt und wir haben die Rechtsprechung in Deutschland verzögert umgesetzt. Andere Länder haben das nicht so getan. Insofern sind wir der Auffassung, dass es eine Rückwirkungsklausel geben sollte.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir sollten im Rahmen der Anhörung detailliert darüber beraten.