Protokoll der Sitzung vom 19.03.2010

(Beifall bei der FDP)

Er ist als Innenminister der oberste Dienstherr der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hövelmann hat sich in dieser Diskussion zumindest öffentlich nicht zu Wort gemeldet. Bis zur Sondersitzung des Kuratoriums der Landeszentrale für politische Bildung am 5. März 2010 lag den Veranstaltern dieser Lehrerfortbildung keine schriftliche Absage eines Referenten oder der Referenten vor. Stattdessen hat Innenstaatssekretär Herr Erben ausschließlich über die Presse kommuniziert.

In diesem Zusammenhang, meine sehr geehrten Damen und Herren, befremdet uns Liberale die Tatsache, dass Herr Erben nunmehr angekündigt hat, anstelle des ursprünglich vorgesehenen Fachmanns aus der Abteilung 5 - Verfassungsschutz - des Innenministeriums selbst als Referent an der Veranstaltung teilzunehmen. Zusätzlich fand auch eine Änderung des Titels des Referats und damit - das nehme ich an - auch des Inhalts des Referats statt. Damit wird zumindest ein Teilschwerpunkt der Veranstaltung verändert

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube auch nicht, dass durch die Teilnahme von Staatssekretär Herrn Erben eine - wie er Sie bezeichnet hat - unausgewogene Veranstaltung nun plötzlich zu einer ausgewogenen Veranstaltung wird.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich etwas zu einem dritten Stichwort sagen - auch das hat Staatssekretär Herr Erben in die Diskussion gebracht -: Mäßigungsgebot. Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Jetzt darf ich vielleicht den Bogen ein Stück weit über die konkrete Fortbildungsmaßnahme hinaus spannen. Sowohl der in einem Brief von Staatssekretär Herrn Erben an SPD-Mitglieder enthaltene Vorwurf, die CDU verharmlose den Rechtsextremismus,

(Herr Stahlknecht, CDU: Das war ein Hammer!)

als auch die vom Bundesvorsitzenden der SPD in einem Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ gemachte Unterstellung, die FDP wäre in dem, was sie fordert, verfassungsfeindlich, sind für uns Liberale Beispiele für eine schlechte politische Kultur.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Art und Weise des Umgangs mit der politischen Konkurrenz ist für uns Liberale nicht akzeptabel. Auch ist die Debatte, die Herr Erben in den Medien führt und geführt hat, kontraproduktiv. - Herr Ministerpräsident, in diesem Zusammenhang hätten wir uns frühzeitig ein klares Wort der Landesregierung gewünscht.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Argumente habe ich noch einmal aufgeführt, weil ich jetzt zu einem wichtigen Punkt kommen möchte: Alle Demokraten müssen gemeinsam gegen den Extremismus vorgehen. Debatten, in denen wir uns gegenseitig vorwerfen, wir würden nicht für die Verfassung einstehen bzw. den Extremismus nicht ausreichend deutlich bekämpfen,

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

führen zu einer Spaltung im gemeinsamen Vorgehen aller Demokraten gegen die Extremisten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Spaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren, nützt keiner politischen Partei im demokratischen Raum. Sie nützt einzig und allein den Extremisten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Und das müssen wir verhindern, trotz aller Unterschiede in der Art und Weise der Gestaltung dieses Kampfes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb haben wir diese Aktuelle Debatte beantragt. Deshalb sollte die Landesregierung nicht den Eindruck erwecken, sie würde Veranstaltungen gegen den Extremismus nicht mit der Sachkompetenz ihrer Mitarbeiter unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Denn ich weiß aus unzähligen Erfahrungen und Veranstaltungen in der Vergangenheit, dass diese Landesregierung wie die anderen Landesregierungen davor sich gegen den Extremismus wendet und im Kampf gegen diesen aktiv mitarbeitet. Aber diese Diskussion, Herr Ministerpräsident, erweckt zurzeit den Eindruck, dass man diese Mitarbeit, diese Mitwirkung durch das Einbringen von Sachkompetenz nicht will.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP ist der Auffassung, dass es eine Aufgabe der Landeszentrale für politische Bildung ist, auch in Veranstaltungen der Lehrerfortbildung gegen Links- wie Rechtsextremismus aufzuklären, daran mitzuwirken und diese durchzuführen.

Wer die Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolpert kennt - wir haben gestern im Rahmen einer anderen Diskussion schon darauf hingewiesen -, der wird feststellen, dass sich 80 % der Veranstaltungen der Landeszentrale für politische Bildung gegen den Rechtsextremismus richten, weil dies ein Schwerpunkt in diesem Land ist. Und das muss auch so bleiben. Aber wir dürfen die anderen Extremismusfelder nicht vergessen. Wir müssen sie stattfinden lassen, vielleicht mit weniger Veranstaltungen, aber diese Veranstaltungen müssen stattfinden.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb kann die heute beginnende Veranstaltung im „Roten Ochsen“ nach Auffassung der FDP-Fraktion nur ein Auftakt dafür sein, sich mit dem Phänomen des Linksextremismus auseinanderzusetzen. Ziel muss es sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir uns gegen alle Formen des Extremismus klar positionieren und dass wir diejenigen, die dann Meinungsmacher sind, weil sie Meinungen, Ergebnisse bzw. auch Erkenntnisse an Schülerinnen und Schüler weitergeben können, nicht nur im Rechtsextremismusbereich, was derzeit sehr gut funktioniert, sondern auch im linksextremistischen Bereich schulen und fit machen für die Diskussionen, die tatsächlich auch in unserem Land stattfinden.

(Zustimmung bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt ergänzen. Ich habe die Hoffnung, dass alle Fraktionen des Hohen Hauses sich auf diese Grundregel verständigen können: gemeinsam gegen Extremismus in einer politischen Kultur, die dieser Debatte angemessen ist. Ich habe auch die Hoffnung, sehr geehrter Herr Gallert, sehr geehrter Herr Höhn, dass sich auch die Fraktion DIE LINKE und die Partei DIE LINKE hierbei aktiv einbringen.

Für uns Liberale, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es ein widersprüchliches Zeichen - Herr Höhn, Sie haben bei einer Veranstaltung im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung darauf hingewirkt und auch zum Ausdruck gebracht, dass sich DIE LINKE natürlich auch gegen Linksextremismus engagieren will; deshalb sage ich das -, dass Sie eine Pressemitteilung vom 1. Februar 2010 korrigiert haben, nämlich anlässlich einer Klausur von Landesvorstand und Landtagsfraktion.

(Herr Gürth, CDU: Bemerkenswert!)

Die ursprüngliche Formulierung des Ziels „Kampf gegen den Extremismus“ haben Sie durch die Formulierung „Kampf gegen den Rechtsextremismus“ ersetzt.

(Hört, hört! bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kampf gegen den Extremismus beinhaltet den Kampf gegen den Rechtsextremismus, aber eben auch den Kampf gegen den Linksextremismus.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn wir heute klarstellen, dass wir alle gemeinsam mitwirken, bin ich mir sicher, dass wir auch die Herausforderungen, die der Extremismus für eine freiheitlichdemokratische Grundordnung mit sich bringt, bewältigen können und dass wir dabei weiter vorangehen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Kosmehl. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt dem Ministerpräsidenten Herrn Professor Dr. Böhmer das Wort.

Bevor Herr Professor Böhmer das Wort nimmt, begrüße ich Damen und Herren der Bildungsgesellschaft Magdeburg und Schülerinnen und Schüler der Gorki-Sekundarschule in Schönebeck auf der Tribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sie haben das Wort, Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hat diese Debatte beantragt, damit der Landtag, das heißt Sie, sich positionieren kann, wie er bzw. Sie die Einflussnahme der Landesregierung auf die Gestaltung von Veranstaltungen der Landeszentrale für politische Bildung bewertet.

Dazu möchte ich deutlich sagen: Eine solche Einflussnahme hat es gegeben. Ich sage ganz ausdrücklich: Ich halte sie für notwendig und für in der damaligen Situation sachlich geboten. Damit Sie ganz ruhig bleiben, sage ich auch dazu: Ich halte sie für methodisch irritierend und für in einer Weise vorgenommen, die so vermeidbar gewesen wäre.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD, und von Frau Fischer, SPD)

Deswegen möchte ich mich dazu auch deutlich erklären.

Ich bitte Sie, sich an die Verabschiedung des Gedenkstättenstiftungsgesetzes im Frühjahr 2006 zu erinnern. Ich habe mir dazu extra noch einmal die Niederschrift über die Landtagsdebatte am 19. Januar 2006 durchgelesen. Wir haben ein Gesetz geschaffen, in dem es in § 2 Nr. 1 heißt:

„Der Zweck der Stiftung ist es, durch ihre Arbeit dazu beizutragen, dass das Wissen um die einzigartigen Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur im Bewusstsein der Menschen bewahrt und weitergetragen wird.“

Wir haben dann - darüber haben wir lange gesprochen - einen Punkt gemacht und einen zweiten Satz hinzugefügt:

„Es ist ebenfalls Aufgabe der Stiftung, die schweren Menschenrechtsverletzungen während der Zeiten der sowjetischen Besatzung und der SEDDiktatur darzustellen und hierüber Kenntnisse zu verbreiten.“

Bei der damaligen Diskussion ging es darum, diese beiden Fakten und diese beiden Diktaturen nicht zu vermischen und diesen Tatbestand nicht in einem einzigen Satz zu formulieren. Das war unsere Absicht.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei der SPD)