Wir kommen zur Frage 2 der Abgeordneten Barbara Knöfler zur Lagerung von Altlasten in Industriebrachen. Die Antwort wollte der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Aeikens geben. Da die Abgeordnete Frau Knöfler nicht anwesend ist, wird die Antwort zu Protokoll gegeben.∗
Die Frage 3 zur Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen wird von dem Abgeordneten Herrn Kosmehl von der FDP-Fraktion gestellt. Die Antwort erteilt dann der Minister des Inneren Herr Holger Hövelmann. - Herr Kosmehl, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Nach Presseveröffentlichungen vom 12. April 2010 hat sich der stellvertretende Ministerpräsident Jens Bullerjahn für die Aufnahme einzelner Häftlinge aus Guantanamo ausgesprochen.
2. Welche Informationen liegen der Landesregierung über Herkunft und Hintergründe potenzieller Häftlinge aus Guantanamo vor?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Kosmehl namens der Landesregierung wie folgt.
Zur ersten Frage: Die Landesregierung von SachsenAnhalt plant keine Aufnahme von Guantanomo-Häftlingen. Im Übrigen entscheidet über die Aufnahme dieser Häftlinge nach § 2 des Aufenthaltsgesetzes der Bundesminister des Innern.
Zur zweiten Frage: Informationen über die Herkunft und zu den Hintergründen potenziell aufzunehmender Häftlinge aus Guantanamo liegen der Landesregierung von Sachsen-Anhalt nicht vor.
Herr Minister, vielen Dank für die Beantwortung. Sie haben sich im „Neuen Deutschland“ vom 23. April 2010 mit einem Beitrag zu dem Thema geäußert. Ich zitiere kurz:
„Davon abgesehen halte ich die Debatte in Deutschland um die mögliche Aufnahme von Inhaftierten aus Guantanamo für einen Nebenkriegsschauplatz.“
Würden Sie vor dem Hintergrund dieser Ihrer Aussage im „Neuen Deutschland“ sagen, dass die Äußerungen des stellvertretenden Ministerpräsidenten Jens Bullerjahn wenig hilfreich sind?
Nein, verehrter Herr Kollege Kosmehl, das würde ich so nicht zum Ausdruck bringen wollen - nicht weil die Äußerungen vom Kollegen Bullerjahn sind, sondern weil ich die Äußerungen des Kollegen Bullerjahn so verstanden habe, dass sie ein Beitrag zur politischen Debatte in Deutschland über die Grundsatzfrage „Wie verhält sich Deutschland insgesamt?“ sind. Es geht nicht darum, welche unterschiedlichen Auffassungen es gibt, sondern darum, welche vielleicht gemeinschaftliche Aufgabe die Bundesrepublik insgesamt hat, um nach außen wahrgenommen zu werden, auch in dem Zusammenhang, wie über das Problem der möglichen Aufnahme von Guantanamo-Häftlingen in Deutschland diskutiert und entschieden wird.
Die konkreten Nachfragen, die Sie bezüglich des Handelns der Landesregierung von Sachsen-Anhalt gestellt haben, entbinden ja auch andere nicht davon - auch mich nicht; deshalb zitieren Sie ja das, was ich gesagt habe -, sich an der politischen Debatte in Deutschland insgesamt zu beteiligen. Ich halte das durchaus auch für notwendig und für sinnvoll.
Wir kommen zur Frage 4 des Herrn Abgeordneten Lüderitz, DIE LINKE, zum Thema Chancen für eine Verlängerung der Harzer Schmalspurbahn (HSB) ins niedersächsische Braunlage gesunken.
Die Antwort wird der Minister für Landesentwicklung und Verkehr Herr Dr. Daehre geben. - Bitte schön, Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter Lüderitz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch im Dezember 2009 hat sich der zuständige Minister für Landesentwicklung und Verkehr Sachsen-Anhalt auf dem Brocken zuversichtlich geäußert, dass die Verlängerung der HSB nach Braunlage realisierbar sei.
Am 13. April 2010 titelte die „Volksstimme“: „Chancen für HSB-Anschluss von Braunlage gesunken“. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium ließ verlauten, dass die Baukosten, die jährlichen Zuschusskosten und die von Sachsen-Anhalt geforderte Verknüpfung mit dem Bau eines Lifts zwischen Schierke und Braunlage der Verwirklichung des Projektes entgegenstehen. Weiterhin wurde erklärt, dass die bereits für Ende 2009 angekündigte Machbarkeitsstudie vorliege.
1. Welche Haltung hat die Landesregierung zu beiden Projekten und welche weiteren Maßnahmen sind zur Beteiligung der HSB-Gesellschafter und der Öffentlichkeit in der Harzregion vorgesehen?
2. Wann wird das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr die Machbarkeitsstudie dem Landtag und den Gesellschaftern der HSB übersenden?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Abgeordneten Lüderitz wie folgt.
Auf Initiative des damaligen niedersächsischen Ressortchefs Rösler hatten die Verkehrsminister von SachsenAnhalt und Niedersachsen vereinbart, die seit vielen Jahren in der Harzregion andauernden Diskussionen über eine Verlängerung der HSB nach Braunlage aufzugreifen und einer ernsthaften Machbarkeitsprüfung zu unterziehen. In diesem Zusammenhang haben die Länder am 23. April 2009 ein von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen gemeinsam finanziertes Gutachten in Auftrag gegeben.
Gleichzeitig hielt es die Landesregierung von SachsenAnhalt für angemessen, die ebenfalls seit Jahren in der Region ergebnislos diskutierte Seilbahnverbindung zwischen Schierke und dem Wurmberg als weiteren Teil eines länderübergreifenden touristischen Gesamtpaketes anzusehen. Dabei ging es um die Vision: Den Brocken im Blick - Schweben über den Baumkronen des Nationalparks.
Ziel des Seilbahnprojektes soll es dabei sein, im Interesse einer Verlängerung der Verweildauer im Harz und damit einer verbesserten Wertschöpfung ein ganzjährig nutzbares touristisches Angebot zu schaffen, das in Kombination mit der HSB-Verlängerung einen Rundkurs Braunlage - Schierke ermöglicht. Nach der Auffassung Sachsen-Anhalts sollte ernsthaft geprüft werden, ob es dafür eine trägfähige wirtschaftliche Basis gibt.
Das Land Sachsen-Anhalt war außerdem bereit, auch die Zuwegung sowie die Ver- und Entsorgung des so genannten Loipenhauses in die Gespräche einzubeziehen. Hierfür ist eine Lösung nur über das niedersächsische Braunlage möglich.
Während sich die Länder für eine etwaige Verlängerung der HSB als SPNV-Aufgabenträger für die Aufnahme in einen direkten Zuständigkeitsplan aussprechen, sollten sich ihre Aktivitäten in Bezug auf die Seilbahn und das Loipenhaus lediglich auf die Herstellung einer Gesprächsebene mit den regionalen Akteuren und einer Moderation solcher Gespräche beschränken. Um ein Gespräch zwischen Sachsen-Anhalt und Niedersachsen auf der Ministerebene vorzubereiten, war zwischen den Ländern vereinbart worden, dass bei den jeweiligen regionalen Akteuren ein Sachstand ermittelt wird.
Auf der Seite Sachsen-Anhalts fand ein solches Gespräch am 26. Januar 2010 in Magdeburg mit der Nationalparkverwaltung, dem Landkreis Harz, der Stadt Wernigerode und der HSB statt. Schon dabei musste festgestellt werden, dass für ein länderübergreifendes touristisches Gesamtpaket unter Einbeziehung der HSB-Verlängerung, der Seilbahn und des Loipenhauses in der Region keine gemeinsame Willensbildung besteht, auf die die Minister moderierend aufsatteln können. So wird unter anderem das Seilbahnprojekt vor Ort in erster Linie als Wintersportangebot im Zusammenhang mit Skiaktivitäten bewertet.
In der Zwischenzeit liegt das Gutachten zu einer möglichen Verlängerung der HSB nach Braunlage vor. Danach müssen die beiden Länder von den folgenden Sachverhalten ausgehen:
Erstens. Die in der Region diskutiere Trassenführung der HSB zwischen Elend und Braunlage parallel zur B 27 bietet durch den Parallelverkehr auf Straße und Schiene keine ausreichende touristische Attraktivität. Zusätzlich besteht durch schaulustige Autofahrer beim Heranfahren eines Zuges ein erhöhtes Risiko für Auffahrunfälle auf der B 27.
Zweitens. Als weitere Trassenführung wird eine Waldtrasse ohne Blickkontakt zur Straße vorgeschlagen, die jedoch unter anderem durch ein Brückenbauwerk deutlich kostenintensiver ist.
Drittens. Die alte bis zur Grenzziehung im Jahr 1945 genutzte Trasse der Südharzer Eisenbahn, die bei Sorge einen Übergang zur HSB hatte, wurde nicht untersucht, da sie in der Stadt Braunlage überbaut worden ist.
Viertens. Bei den Investitionskosten ist abhängig von der Trassenvariante und der Lage des Zielbahnhofs in der Stadt Braunlage von 12,3 Millionen € bis 32,6 Millionen € auszugehen. Daneben ist jährlich durch die Länder, vornehmlich durch Niedersachsen, ein Betriebskostenzuschuss zu leisten. Die Höhe der Betriebskosten gibt der Gutachter bei der Vorzugsvariante Waldtrasse und zentrumsnaher Endbahnhof mit jährlich 1,4 Millionen € an. Diesen Kosten stehen Einnahmen in Höhe von 0,46 Millionen € gegenüber.
Aus einer Verlängerung der HSB nach Braunlage sind als Neunutzer der HSB 100 Fahrgäste pro Tag zu generieren; das besagt zumindest das Gutachten. Beide Länder sehen in der durch eine Verlängerung der HSB nach Braunlage zu erwartenden Anzahl von Neukunden und dem daraus abzuleitenden Deckungsbeitrag für die laufenden Kosten aus Fahrscheinverkäufen keine ausreichende wirtschaftliche Grundlage für die Investitionen.
In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Thüringen die HSB GmbH wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Identität des Harzes als ein einmaliges ÖPNV-Angebot mit überregionaler touristischer Bedeutung eingestuft haben und das Unternehmen weit über das sonstige Maß der SPNV-Finanzierung hinaus fördern.
Ein darüber hinausgehendes Engagement ist mit Blick auf die Entwicklung der Regionalisierungsmittel und die durch das Gutachten prognostizierten wirtschaftlichen Erwartungen weder für die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen noch für Niedersachsen darstellbar.
Zusammenfassend ist Folgendes festzustellen: Die Länder Sachsen-Anhalt und Niedersachsen haben die Möglichkeit einer gemeinsamen Initiative für die Tourismusregion Harz geprüft. Eine Gegenüberstellung der Kosten und des wirtschaftlichen Nutzens hat ergeben, dass eine Verlängerung der HSB nach Braunlage zurzeit nicht realisierbar ist.
Für ein weiteres Engagement für länderübergreifende Projekte im Harz ist es unabdingbar, dass die regionalen Akteure ein gemeinsames Interesse an solchen Projekten artikulieren. Die Länder sind weiterhin bereit, solche Prozesse zu moderieren.
Das Handlungsfeld Loipenhaus kann zumindest vorerst als abgeschlossen gelten, da sich hierbei nach den Informationen des Landkreises Harz eine kommunale Lösung abzeichnet. - Ich denke, damit habe ich Ihre erste Frage umfassend beantwortet.
Auf die zweite Frage möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Landesregierung bereit ist - sofern dazu das Einvernehmen mit der HSB hergestellt werden kann, was im Moment erfolgt -, den Fraktionen einen Einblick in die Machbarkeitsstudie zu gewähren. Diese Studie werden wir Ihnen nach der Zustimmung durch die HSB übersenden.
Abschließend sei bemerkt, dass es im Mai 2010 ein Treffen mit dem niedersächsischen Minister Bode auf dem Brocken geben wird. Dabei soll über die Möglichkeiten eines einheitlichen Verkehrskonzeptes für den Harz unter Einbeziehung der Akteure vor Ort beraten werden. Wir könnten uns unter anderem vorstellen, dass wir beispielsweise von Braunlage aus bis zu einem Punkt auf der Seite Sachsen-Anhalts, wo die HSB fährt, Sonderbusse einsetzen, sodass die Möglichkeit besteht, dass man relativ zügig von Braunlage aus in den Genuss der Harzer Schmalspurbahn kommen kann. - So viel zu den Anmerkungen und Fragen des Abgeordneten Lüderitz.
Ich möchte mich zunächst bei Minister Dr. Daehre bedanken, dass er sich dazu geäußert hat. Die Harzer sind diesbezüglich gegenwärtig nicht ganz einfach für den Verkehrsminister.