Der Städte- und Gemeindebund rechnet im Jahr 2010 mit einer Verschuldung in Höhe von 15 Milliarden €. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, im Bundesrat die aufgabenbezogene Finanzierung der öffentlichen Haushalte einzufordern. Ein hilfreiches Instrument dafür ist die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage der Kommunen an Bund und Land.
Noch ein Zitat zur Thematik von Herrn Seibicke aus der Niederschrift über die Sitzung des Finanzausschusses am 4. Dezember 2006:
Punkte aus einem ansonsten zustimmungsfähigen Vertragswerk herausgegriffen. Der Landesrechnungshof sei im Rahmen der Prüfung vielmehr zu der Auffassung gelangt, dass die Risikoverteilung des Vertragswerkes insgesamt in der vorliegenden Fassung nicht ausgewogen sei. Bei einem derartigen Projekt sollte Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen.“
Findige Zungen übersetzen „PPP“ übrigens mit „Pleiten, Pech und Pannen“. Es fehlt vor allem die Transparenz. Auf der Internetseite des Landes werden aktuell acht Projekte genannt - ohne Umfang, Dauer und Kosten. Andere Projekte wie das Amtsgericht Wernigerode, die Walpurgistherme in Thale, die Ortsumgehung Wernigerode oder die Rettungswache, das Katasteramt in Wernigerode fehlen ganz.
Deshalb sollte - so sieht es unser Antrag vor - den Abgeordneten in allen Fachausschüssen Einblick gewährt werden, welche Perspektiven und welche Auswirkungen PPP haben, auch und gerade im Zusammenhang mit dem EU-Dokument zum Ausbau der PPP. Ich hoffe, dass wir wirklich mehr Transparenz bei diesem Thema erreichen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Czeke, jetzt weiß ich gar nicht richtig, was ich tun soll. Wir reden über EU-Politik, wir reden über die Frage der Steuerfinanzierung. Ich meine, man hat beim zweiten Lesen schon mitbekommen, dass sich hinter PPP etwas versteckt, das grundsätzlicher Debatten bedarf.
Es ist ein bisschen Klassenkampf dabei - das muss ich wirklich einmal sagen -; denn aus meiner Sicht wird hier ein legitimes Instrument aus einer falsch verstandenen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung heraus völlig verteufelt. Das halte ich schlichtweg für falsch.
Jetzt stehe ich hier und muss mich wieder mit dem Rechnungshof anlegen, der dann wieder per se Recht hat. Aber in diesem Fall wird er vielleicht doch nicht von allen Recht bekommen.
Es ist reiner Zufall, aber ich war am Montag und am Dienstag in Brüssel und habe dort mit den Kommissaren gesprochen, auch über die Frage 20 : 20, Vergaben. Das Thema steht doch gar nicht mehr. Allein um das darzulegen, brauchte ich jetzt ewig und drei Tage.
Dann soll ich noch über Madel reden - wer auch immer über die JVA Madel überhaupt Bescheid weiß. Ich glaube, dass die Entscheidung, das so zu machen, richtig war.
Ich finde es auch richtig, wie es gemacht wurde. Man kann darüber streiten, ob die Bauausführung bis hin zur Einbeziehung der Abgeordneten und der anderen Ministerien richtig war. Ich weiß es nicht. Aber ein Eigenbau
hat meist andere Seiten - alle, die im Finanzausschuss sitzen, wissen, was ich meine -: später, teurer und noch intransparenter.
Insofern sage ich als Finanzminister: Die JVA ist schon okay. Worüber man sich streiten kann, das ist die Frage der Bezahlung von Leuten durch Firmen oder in Firmen. Damit sind wir bei der Mindestlohndebatte. Das geht bei den Fraktionen wahrscheinlich wieder in völlig unterschiedliche Richtungen.
Jetzt kann ich mir aussuchen, wofür ich eine halbe Stunde brauche. Ich mache es so kurz wie möglich. Ich halte das Thema PPP für vernünftig. Übrigens weiß ich aus der Stadt Halle - in Magdeburg wird es ähnlich gewesen sein -, dass man damals im Stadtrat sehr lange darüber geredet hat, für den Kindergartenbereich PPP zu nutzen.
Man mag ja sagen, das Geld solle woanders herkommen. Dann muss man aber auch sagen, wie es erwirtschaftet werden soll. Ich habe die Debatte um das Personalkonzept noch im Hinterkopf. Man kann das ja anders sehen; Herr Guido Kosmehl ist nun gerade nicht da. Wenn man das aber nicht will, muss man mir auch sagen, wo die 1 Milliarde €, die es mehr kosten würde, wenn man diesen Anpassungsprozess nicht machen würde, herkommen soll.
- Bei PPP ist es genauso. - In diesem Jahr wird es aufgrund der Haushaltssituation der Länder keinen Neubeginn im Bereich Hochbau geben. Das können wir jetzt in den nächsten vier oder fünf Jahren so machen. Nur, ich glaube, dass aus allen Fraktionen die Aufforderung kommt, in den Bereichen Schule, Kindertagesstätten und Infrastruktur trotzdem etwas zu bewegen. Das ist der Versuch, über PPP beides miteinander zu verknüpfen: den zeitlichen Druck auf Investitionen moderner Art und gleichermaßen selbst in haushalterisch schwierigen Zeiten etwas zu bewegen, und die Forderung, wirtschaftlich zu sein, nicht aus den Augen zu verlieren.
Denn jeder PPP-Entscheidung - das weiß ich nun einmal; das können Sie alles anzweifeln - wird eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorausgeschickt, in der Eigenbau, PPP und andere Finanzierungsformen, zum Beispiel Mietkauf, miteinander verglichen werden. Ein PPPProjekt wird ja nur dann durchgeführt, wenn sich im Vergleich aufgrund der vorliegenden Daten herausstellt, dass es die günstigste Variante ist. Das war bei der JVA Burg-Madel genauso. Ich glaube nicht, dass der Gesetzgeber - auch Sie nicht - 100 Millionen € für ein Gefängnis auf den Tisch gelegt hätten, wenn wir es aus dem Haushalt hätten bezahlen müssen.
Ich weiß aber ganz genau, dass Anträge gekommen wären, in denen eine bessere Ausstattung und bessere Haftbedingungen gefordert worden wären. Das ist der Zielkonflikt. Den hat diese Landesregierung bzw. die vorherige aus meiner Sicht richtig gelöst.
Ich habe auch nicht alle Ordner gelesen, die ich unterschrieben habe. Vielleicht haben das drei Kollegen von denen, die hier sitzen, gemacht. Aber dafür gibt es in den Ministerien genügend Mitarbeiter. Aber ich sage: Bisher ist das gut gelaufen. Oder andersherum: Es gab nicht mehr Fehler, als es beim Eigenbau auch zu erwarten gewesen wäre, über die die Landesverwaltung mit dem Finanzausschuss in epischer Breite Diskussionen
führt, bei denen wir uns beim dritten Nachtrag immer die Frage stellen: Waren wir eigentlich bei der Diskussion dabei?
Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? - Herr Czeke, ich gebe Ihnen in einem Punkt Recht; denn das ist das Problem bei PPP: Keiner weiß genau, wie die Zinslage in 20 Jahren sein wird. Dagegen muss man sich bei PPP absichern. Die Situation stellt sich aber genauso dar, wenn man heute einen Eigenbau über Schulden aus dem Haushalt finanziert; denn dann weiß man auch nicht, welche Zinslasten in zehn oder 15 Jahren auf den Haushalt zukommen. Das ist genau derselbe Zielkonflikt.
Deshalb halte ich es für richtig, auch PPP mit in die Überlegungen einzubeziehen. Sachsen-Anhalt hat gute Erfahrungen damit gemacht, etwa im Kindergartenbereich. Kommunen, Landkreise, das Land und selbst die Bundeswehr haben diese Möglichkeit genutzt, und nicht weil wir dem PPP-Hype oder dem PPP-Wahn erliegen, sondern weil es sich in diesen Fällen durchgesetzt hat.
Ich glaube, die Menschen in Magdeburg und in Halle, insbesondere diejenigen, die die Schulen betreiben, sind froh darüber, dass das einmal vom Tisch kam und dass sie nicht aufgrund unserer Diskussion und falsch verstandener politischer Ansätze immer noch in den alten Einrichtungen arbeiten müssen. Ich glaube, dass auch die Kämmerer und die Rechnungsprüfungsämter in dieser Zeit damit gute Erfahrungen gemacht haben.
Wie gesagt, es geht nicht darum, PPP über den grünen Klee zu loben, aber diese Zieldiskussionen führen wir regelmäßig. Es gibt auch Zeiten innerhalb der Refinanzierung, wo PPP überhaupt nicht vernünftig funktioniert. Sie kennen das vom Autokauf. Mal ist Leasing besser, mal ist Mietkauf besser, mal wäre es besser, wenn man das Geld selbst hätte; das ist aber nicht oft der Fall. Insofern wird man sich jeweils der Marktlage und den Zinsen anpassen müssen.
Eine Diskussion müssen wir natürlich auch noch führen: die Ausstattung der Gemeinden. Wissen Sie, wir saßen vorgestern mit Herrn Schäuble zusammen. Es ist mir ein Leichtes, mich zu melden und zu sagen: Herr Schäuble, nun reichen Sie doch endlich mal das Geld herüber, das wir für die Finanzierung unserer Gemeinden brauchen. Ich bin mir sicher: Er wird ja sagen. Er wird dann aber auch sagen: Bullerjahn, sag mir mal, wo ich das Geld hernehmen soll.
Natürlich - da bin ich auch Sozialdemokrat - geht es in der Diskussion jetzt auch darum, ob die Steuerbelastung richtig oder falsch ist. Nun werde ich aber hier wegen PPP keine Steuerdiskussion vom Zaun brechen. Soll die FDP doch damit glücklich werden, den Menschen das zu erzählen, was sie jetzt erzählt. Die SPD erzählt etwas anderes. Ich glaube auch, dass derjenige, der den Staat dauerhaft ausfinanzieren will, wahrscheinlich über mehr Geld reden wird.
Aber das Thema haben wir schon in jeder dritten Landtagssitzung aufgegriffen. Deswegen will ich es bei PPP nicht weiter vertiefen. Wir alle wissen doch, dass es derzeit und in den nächsten Jahren keine gesellschaftliche und politische Mehrheit dafür geben wird, diesem Weg zu folgen - wenn ich das einmal so sagen darf.
Insofern müssen wir trotzdem Lösungen finden, wie wir die Haushalte konsolidieren, wie wir mit den Geldmarktproblemen bis hin zu Griechenland fertig werden und wie wir trotzdem investieren können, damit es in den Sozial- und Bildungsbereichen vorwärts geht, aber auch in solchen Infrastrukturbereichen wie Straßen- und Gefängnisbau.
Deswegen - jedenfalls kann ich das sagen - werden wir als Landesregierung und werde ich als Finanzminister weiterhin dieses Thema so sachlich wie bisher vertreten und in den Fällen, wo es sich vernünftigerweise anbietet, umsetzen. Andere mögen es anders sehen. Ich will hier keinen weiter bekehren. Aber ich wollte Ihnen einmal die Argumente erläutern.
Solange mir niemand sagt, wie wir das alles bei den jetzigen Problemen aus dem Haushalt finanzieren sollen, bitte ich Sie, auch hinzunehmen, dass die Landesregierung dieses Instrument mit nutzt. Ich glaube an die Sinnhaftigkeit. Wir werden auch mit dem Landesrechnungshof immer wieder darüber zu streiten haben, dass wir bei der Finanzierung bzw. bei der Refinanzierung seine Kriterien berücksichtigen. Der Rechnungshof - das weiß ich selber - wird im Zweifel natürlich immer die Frage der zukünftigen Risiken mitdenken. Aber wir werden am Ende eines solchen Weges sicherlich auch einmal zu bewerten haben, ob denn das, was ständig als Risiko vor uns hergetragen wurde, auch wirklich eingetreten ist. - Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Möchten Sie eine Frage des Abgeordneten Herrn Gallert beantworten? - Bitte, Herr Gallert, fragen Sie.
Ich will jetzt noch einmal auf Ihre Argumentation eingehen, Herr Bullerjahn, die mich in dieser Konsequenz inzwischen wirklich überrascht. Sie sagen: Wir brauchen dieses Instrument, um in einer Phase angespannter Haushaltssituation Investitionen zu realisieren. Dazu sage ich: Das ist wirklich keine politische Alternative.
Wenn man in einer angespannten Haushaltssituation Investitionen realisieren will, dann macht man es über Verschuldung. Und wenn man das nicht will - so ist Ihre Argumentation -, dann macht man es über PPP. Nun sage ich mit aller Deutlichkeit: Diese Alternative ist eine Scheinalternative. PPP ist eine spezifische Form der Verschuldung. Nur ist es eine spezifische Form der Verschuldung, die die Folgen nicht gleich offenlegt.
Deswegen sage ich noch einmal ausdrücklich: Das Argument, in einer komplizierten, schwierigen Haushaltssituation, in der wir das Geld nicht haben, machen wir lieber PPP, das ist wirklich die hohe Kunst des politischen Selbstbetruges, Herr Bullerjahn.
Herr Gallert, wir beide wissen doch, weil wir uns mit PPP beschäftigt haben, dass es bei PPP für beide Seiten Vorteile gibt, weil der Unternehmer, der baut, steuerliche Möglichkeiten nutzen kann, die der Staat nicht hat. Das wissen Sie doch.
Ich habe mir mehrere Vergleichsrechnungen für Projekte in Sachsen-Anhalt und in anderen Ländern angeschaut, aus denen hervorgeht, dass aufgrund bestimmter Möglichkeiten - das halte ich für legitim - für denjenigen, der bauen lässt, leider oft auch - und nicht aus niederen Gründen - der Private besser baut als der Öffentliche.
Ich verweise nur auf das oft zitierte und umstrittene Finanzamt Quedlinburg, was manche nicht schlecht finden, aber mit dem keiner so richtig etwas zu tun haben will. Das ist fristgerecht, qualitätsgerecht und genau im Kostenrahmen gebaut worden. Ich habe eher Probleme mit vielen Dingen, die wir selber machen. Deswegen bevorzuge ich diese Mischung.
Ja, es bietet für beide Seiten, auch beim Preis, Möglichkeiten, die wir nutzen. Ja, ich weiß es doch selber, Herr Gallert, dass PPP natürlich etwas mit Verschuldung zu tun hat. Aber da habe ich eine andere Verteilung, und nicht nur im Sinne des Selbstbetrugs, sondern sie ist gewollt. Ja, ich habe nicht gesagt, dass das pauschal jedes Mal der Fall ist, sondern dass es von mir wie auch von anderen als eine Möglichkeit, jedenfalls im Einzelfall, herangezogen wird. Was ist daran schlecht?
Ich sage in Bezug auf demokratische Gesichtspunkte: Bei PPP sind die Ausschüsse genauso wie beim Eigenbau mit beteiligt gewesen. Damals waren es der Ausschuss für Recht und Verfassung und der Finanzausschuss. Wir hätten es gar nicht machen können. Sie wollen mir doch nicht einreden, dass der Ausschuss beim Eigenbau permanent dabei ist, was er bei PPP nicht machen würde.
Ich kann Ihnen die 3 000 Seiten gern zur Verfügung stellen, wenn sie jemand lesen will und die Zeit dafür hat - bitte. Ich glaube nicht, dass Sie am Ende etwas finden werden, was Sie auf die Palme bringt. Insofern sollte man das Ganze mal nicht überhöhen.