Protokoll der Sitzung vom 30.04.2010

Ich kann Ihnen die 3 000 Seiten gern zur Verfügung stellen, wenn sie jemand lesen will und die Zeit dafür hat - bitte. Ich glaube nicht, dass Sie am Ende etwas finden werden, was Sie auf die Palme bringt. Insofern sollte man das Ganze mal nicht überhöhen.

Ich wünsche mir doch bei Gott die Zeit, in der wir alles aus dem Haushalt im Rahmen der Eigenfinanzierung machen könnten. Ich wünsche mir doch die Zeit, in der der öffentliche und der private Sektor die Konkurrenz so hinbekommen, dass beide Seiten effektiv bauen. Ich wünsche mir auch die Zeit - das sage ich ganz bewusst als Jens Bullerjahn -, in der wir endlich so weit sind einzusehen, dass derjenige, der mehr Staat haben will, mehr Steuern braucht.

Der dritte Punkt ist meine ganz spezielle Sicht auf diese Dinge. Das ist jetzt kein Thema für die Regierung. Aber ich will es trotzdem gern ansprechen. Das ist jetzt nicht das Thema. Die ersten beiden Punkte vertrete ich nach wie vor. Ich denke, da ist der Kollege Daehre genauso dabei wie die Kollegin Kolb, die nämlich mit dieser Einrichtung jetzt deutschlandweit Maßstäbe setzt ob der Betreuung von Gefangenen. Das ist für mich genauso Qualitätskriterium wie die Frage, was es am Ende kostet.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. Herr Henke möchte noch eine Frage stellen.

Sie bemühten eben mehrfach die Vergleichbarkeit von Eigenbau und PPP. Ich frage Sie: Ist Ihnen bekannt,

dass nicht nur der Rechnungshof von Sachsen-Anhalt, sondern die Rechnungshöfe aller Länder und des Bundes gemeinsam festgestellt haben, dass das bisher verwendete Verfahren zur Vergleichbarkeit der Berechnung nicht tragfähig ist, dass eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit Public Sector Comparator, dem PSC, bislang nur auf Annahmen basiert, die interessanterweise auf Annahmen beruhen, die der private Partner zur Verfügung stellt? Kennen Sie das?

(Zuruf von der LINKEN: Und was sagt uns das?)

Eine mittelfristige Finanzplanung, die in öffentlicher Zuständigkeit gemacht wird, ist auch eine Annahme auf die Zukunft. Das ist so.

(Herr Gürth, CDU: Richtig!)

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. - Die Debatte beginnt mit dem Beitrag der CDU-Fraktion, für die Herr Bönisch spricht.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihr Antrag, sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, ist schon interessant. In der Überschrift steht „Transparenz für ÖPP“. Mit dem Inhalt - das trat auch bei der Einführungsrede klar hervor - ist eigentlich „Ablehnung von ÖPP“ gemeint. Der Begriff der Transparenz taucht dann zwar noch einmal auf, aber nur im letzten Satz, und dort eher mit marginaler Bedeutung. Sie scheinen einigermaßen verunsichert zu sein, was dieses Thema angeht, wenn Sie so vorgehen.

In der Sitzung des Stadtrats von Halle am Mittwoch fragte einer Ihrer Mitstreiter übrigens ganz verzweifelt: Kann es denn wirklich sein, dass Private das besser können? Können wir denn nicht unsere eigenen Leute besser schulen? - Für ihn kann wohl nicht sein, was nicht sein darf.

Ein anderer Ihrer Parteifreunde aus Halle - übrigens in verantwortlicher Position - war bei dem Projekt, das wir in Halle soeben verabschiedet haben - und zwar ohne Finanzierung, hierbei geht es nur um Errichtung und Betreibung; die Finanzierung hat die Stadt vollständig selbst übernommen -, von Anfang an intensiv begleitend dabei und hatte zum Schluss nichts auszusetzen. Herr Lange übrigens auch nicht, aber er ist heute - vielleicht vorsichtshalber - nicht da. Sie können die beiden Herren befragen; da würden Sie wahrscheinlich bessere Einsichten gewinnen als die, über die Sie derzeit scheinbar verfügen.

Natürlich sind auch ÖPP kein Allheilmittel für die Finanzprobleme der verschuldeten Kommunen, aber sie können doch ganz wesentlich zu deren Bewältigung beitragen. Ich will Ihnen das kurz erklären.

Eigentlich sollten öffentliche Hände mit ihren Immobilien so umgehen wie vernünftige Private. Das heißt, investieren, instandhalten und instandsetzen, wenn es wirtschaftlich geboten ist, wenn es sinnvoll erscheint. Aber was passiert wirklich? Die öffentlichen Hände sagen - Herr Bullerjahn hat es eben gerade auch wieder für das

Land gesagt -: Wir haben kein Geld dafür. Wir haben kein Geld für Investitionen in Instandhaltung und können uns das nicht leisten.

Wir leisten uns aber gleichzeitig ständig schlampigen Umgang mit öffentlichem Vermögen. Da macht das Land leider keine Ausnahme, wenn ich an das Gebäude in der Willy-Lohmann-Straße in Halle denke. Dort sind inzwischen einige Fenster kaputt, und die Tauben finden ruhige Schlafplätze. Das wird vom Stehenlassen und Warten nicht besser. Wenn man investieren muss und will und langfristig gesichert ist, dass das Gebäude gebraucht wird, ist die Investition immer sinnvoll.

Richtig ist also, dass sich die Verantwortlichen Gedanken machen müssen, wie sie mit dem ihnen anvertrauten Vermögen umgehen sollten. Dabei sollten sie sich überlegen, welcher Umgang mit der jeweiligen Immobilie der wirtschaftlichste ist - natürlich getreu allen Regeln der Haushaltsordnung.

Die erste Frage ist also, ob und wie lange man das Gebäude noch braucht. Wird das Gebäude nicht für langfristig zu erbringende Pflichtaufgaben gebraucht, muss man über gängige ÖPP-Projekte nicht weiter nachdenken. Falls doch, muss man sich die Frage stellen, wie man es am wirtschaftlichsten langfristig erhalten kann. Dabei sollte man mindestens drei Varianten überprüfen, wie wir es in Halle immer - ich denke, recht erfolgreich - angewandt haben:

Erstens. Alles lassen, wie es ist, und erst bei Bedarf tätig werden, etwa durch Renovieren und Reparieren. Wir nennen das die „Nullvariante“.

Zweitens. Nachhaltig sanieren, und zwar konventionell in Eigenregie, und nach der Sanierung selbst weiter bewirtschaften.

Drittens. ÖPP, Sanierung oder Neubau - je nachdem - und dann die Bewirtschaftung des Objekts an Private übertragen.

Wenn man diese drei Varianten sorgfältig untersucht und durchgerechnet hat - das ist dafür natürlich Voraussetzung -, wird man zu einem Ergebnis gelangen. Wenn das zeigt, dass ein ÖPP-Projekt die günstigste Variante darstellt, und zwar unter Betrachtung finanzieller und qualitativer Aspekte, dann muss man das selbstverständlich umsetzen.

Das ist umso dringlicher geboten, je schlechter es um die Finanzen der betreffenden Körperschaft bestellt ist. Reiche Körperschaften können sich vielleicht eine teurere Variante leisten. Aber wenn Sie, sehr geehrte Antragsteller, verlangen, dass der Landtag den armen Kommunen ÖPP-Verfahren untersagt, dann heißt das, dass wir diese Kommunen zwingen sollen, gegebenenfalls gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot zu verstoßen.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist Quatsch! Das wissen Sie doch!)

- Wenn Sie eben zugehört hätten, wüssten Sie,

(Zuruf von der LINKEN - Gegenruf von Herrn Gürth, CDU: Sie haben doch keine Ahnung! Sei- en Sie doch einmal ruhig!)

dass bei den Untersuchungen herausgekommen ist, dass es das wirtschaftlichste Verfahren war. Sie bekommen dafür unsere Zustimmung jedenfalls nicht.

Ich kann mir an dieser Stelle nicht verkneifen, im Lichte des bisher Gesagten noch etwas grundsätzlicher zu wer

den. Ich möchte darauf hinweisen, dass die Kommunalaufsicht mit den Kommunen auch immer so umgeht. Arme Kommunen, arme Leute leben teurer; das ist eine alte Weisheit. Wenn sie nicht in die Lage versetzt werden, vernünftig zu investieren, also keine Kredite genehmigt bekommen, obwohl sie sie brauchen, um wirtschaftlich vernünftig agieren zu können, dann zwingt man sie noch weiter in die Armut. Das heißt, denjenigen, die einen Schritt vor dem Abgrund stehen, helfen wir, einen Schritt vorwärts zu machen, und lächeln dabei noch freundlich, weil gute Menschen das eben so an sich haben.

Wir werden diesem Antrag nicht folgen. Wir verweisen ihn aber zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Finanzen sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Inneres und in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr. Ich bin gerade auf die Diskussion zum Punkt 4 gespannt. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von der Regie- rungsbank)

Herr Bönisch, möchten Sie eine Frage von Herrn Heft beantworten?

Herr Heft, bitte schön.

Herr Bönisch, Sie sprachen gerade von armen und reichen Kommunen und davon, dass die einen es sich leisten können, die anderen wiederum nicht. Ist Ihnen bekannt, dass beim Vollzug von ÖPP- bzw. PPP-Projekten die entsprechenden Raten, die die öffentliche Hand zu zahlen hat, meist aus den Verwaltungshaushalten gezahlt werden und dass die Kommunen - gerade auch im Land Sachsen-Anhalt, da sind wir bundesweit keine Ausnahme - ihren unterfinanzierten Verwaltungshaushalt mittlerweile mit Kassenkrediten finanzieren und somit die Verschuldung aus dem Vermögenshaushalt lediglich in den Verwaltungshaushalt geschoben wird?

Herr Heft, das ist mir völlig bewusst. Wenn Sie mir zugehört haben, sollte Ihnen klar sein, dass es mir auch völlig egal ist, ob das der Vermögenshaushalt oder der Verwaltungshaushalt ist.

Das ist nicht egal!

Wenn ich die wirtschaftlich richtige Variante wähle, mache ich nichts falsch. Wenn wir jetzt sagen, dass wir das Geld nicht haben und lieber noch einige Jahre warten, wird es noch teurer. Das ist doch unverantwortliches Handeln.

(Zustimmung bei der FDP - Zuruf von der LIN- KEN: Das ist es sowieso!)

Vielen Dank, Herr Bönisch. - Nun erteile ich Herrn Wolpert das Wort, der für die FDP-Fraktion spricht.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE kommt ein wenig daher wie eine eierlegende Wollmilchsau. Es ist nämlich nicht ganz klar, welche Themen hier angeschnitten, behandelt und gelöst werden sollen.

Zum einen geht es um PPP - da geht es um die Wirtschaftlichkeit -, zum anderen um die Transparenz. Dann wiederum geht es um die Kommunalfinanzen im Verhältnis zum Bund und letztlich auch um die Förderfähigkeit von PPP nach einer Empfehlung der EU. Ich glaube, eine Fünfminutendebatte reicht dafür nicht aus. Mir ist auch nicht klar, welche Ausschüsse davon betroffen sein sollen.

Aber eines ist klar: PPP-Modelle sind nicht eigenmittelersetzend. Das ist so. Ein PPP-Modell ist mit Sicherheit ein schwieriges Instrument, um eine Investition zu finanzieren. Aber es ist nicht Teufelszeug. Es ist sicherlich so, dass eine verschuldete Kommune Schwierigkeiten hat, eine Investition durchzuführen. Das heißt im Umkehrschluss allerdings nicht, dass eine verschuldete Kommune nicht prüfen könnte, ob PPP für sie eine Möglichkeit ist.

(Beifall bei der FDP)

Es mag nicht immer eine Lösung sein, aber es kann eine Lösung sein. Deswegen ist der von Ihnen gestellte Antrag 1 nicht zu unterstützen, weil Sie immer eine Einzelfallbetrachtung machen müssen.

Wenn Sie zur gesamten Angelegenheit beispielsweise Burg-Madel heranziehen und dann auch noch behaupten, PPP sei daran schuld, dass da ein hoher Krankenstand entstanden ist, dann vergleichen Sie Äpfel mit Birnen und wundern sich, dass es dort Unterschiede gibt. Der Krankenstand in Madel bzw. die Unterbesetzung beim Personal dort hat nichts mit PPP zu tun.

(Herr Kosmehl, FDP: Das liegt an der Ministerin!)

- Nein, es hat auch nichts mit der Ministerin zu tun. Es hat andere Gründe, die wir alle kennen, hat aber mit PPP nichts zu tun.