Wir merken schon bei den ausgereichten Fördermittelbescheiden, dass sich zwar die Zahl der Arbeitsplätze nicht vom ersten Tag an erhöht, aber das Beschäftigungsvolumen sukzessive über die Monate hinweg ansteigt, weil ein expandierendes Unternehmen zusätz
liches Personal einstellt. Klassische Rationalisierungsinvestitionen, die zu einem Beschäftigungsabbau führen, haben de facto bisher nicht stattgefunden.
Wir haben die Änderung limitiert und uns ganz klar darauf verständigt, dass spätestens Mitte des nächsten Jahres damit Schluss sein muss, weil bis dahin auch die Krisennachwehen - letztlich sind es nicht mal Nachwehen, weil wir in Teilen immer noch drin sind - ausgestanden sein müssen. Wir sind durchaus guter Hoffnung, das bis dahin geschafft zu haben.
Ich denke, dann haben sich alle während der Krise sehr offensiv entwickelten Instrumente bewährt. In Teilen hatten wir sie auch schon vor der Krise. Aber wir haben das UiS-System noch mit hineingenommen. Alles das hat dazu beigetragen, dass wir in der ganzen Zeit im Vergleich zu dem jeweiligen Vorjahresmonat Monat für Monat die Arbeitslosenzahl reduzieren konnten und Kurzarbeit in Sachsen-Anhalt inzwischen keine Rolle mehr spielt.
Jetzt komme ich noch zu den Dingen, bei denen ich Ihnen im Grunde genommen Recht gebe, weil wir die entsprechende Erkenntnis auch haben. Wir wissen, dass wir bis auf das Solarvalley und einige wenige Ausnahmen - das ist auch der Entwicklung in den letzten drei bis vier Jahren geschuldet - kaum große Unternehmen haben, die den Unternehmenssitz oder größere Forschungs- und Entwicklungskapazitäten bei uns platziert haben. Das ist unser Defizit.
90 % der Unternehmen im Land haben bis zu 20 Beschäftige, 80 % der Unternehmen bis zu zehn Beschäftigte. Das heißt, wir haben eine ganz kleinteilige Struktur. Wir haben nur relativ wenige Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten und nur wenige Großunternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, die gemäß der europäischen Förderphilosophie nicht mehr zu den KMU zählen. Das ist die Ursache dafür, dass die FuE-Trächtigkeit der Unternehmen einfach unterausgeprägt ist.
Hier haben wir in dieser Legislaturperiode ganz klare Pflöcke eingesetzt. Ich bin der Koalition dankbar dafür, dass wir das geschafft haben. Wir haben uns ganz klar mit dem Koalitionspartner uns insbesondere mit dem Kollegen Bullerjahn darauf verständigt, dass wir die FuEAufwendungen im Haushalt verdoppeln. Im Doppelhaushalt steht diese Summe drin. Damit konnten wir echt etwas bewegen.
Wir haben in dieser Legislaturperiode drei Institute gegründet, die sich der angewandten und produktions- bzw. wirtschaftsnahen Forschung verschrieben haben. Ein viertes und sehr stark von der Wirtschaft getragenes Institut für den Bereich der Pharmazie steht noch aus. Es ist zum ersten Mal in der Geschichte des Landes gelungen, in so kurzer Zeit so komplexe Vorhaben zu realisieren, wenn wir die ersten vier Jahre des völligen Restrukturierens unserer Volkswirtschaft Anfang der 90erJahre außen vor lassen.
Ich denke, damit haben wir auch die Schwerpunkte klar benannt, die wir im Blick hatten, als wir gesagt haben, dass wir an dieser Schraube drehen und unsere Schwerpunkte darauf konzentrieren müssen. Das wird sich in der GRW-Richtlinie entsprechend ausdrücken, die wir ab dem nächsten Jahr planen. Wir werden darin direkte FuE-Komponenten vorsehen. Die Maximalförderung wird dann daran festgemacht werden, dass eine FuE- und innovationsorientierte Arbeitsplatzstruktur geschaffen wird.
Ich sage Ihnen vielleicht zum Abschied - zum Abschluss; zum Abschied heute noch nicht, ich bleibe noch ein bisschen - noch Folgendes.
Lieber Herr Thiel, sehen Sie sich die in den letzten acht Tage veröffentlichten Pressespiegel und Presseinformationen an. Ich will Ihnen dazu zwei Dinge sagen: Sie glauben doch nicht im Ernst, dass wir es bei der Telekom, bei Herrn Obermann und seinem Vorstand geschafft hätten, uns gegenüber einer ganzen Reihe von Konkurrenten in Deutschland durchzusetzen - - Wir haben es geschafft, unseren Standort in Sachsen-Anhalt für das größte Telekom-Rechenzentrum anzubieten und ins Netz zu bringen und damit hochinnovative und leistungsfähige Arbeitsplätze für die Zukunft zu sichern. Wir konnten diese Investition auf ein Niveau aufsetzen, das wir schon geschaffen hatten und das jetzt dadurch eine Krönung erfahren hat.
Ich komme zum zweiten Punkt. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass die Firma Technisat, die nach vielen Desastern auch am Standort Staßfurt ein Wahnsinnswachstum hingelegt hat, die Investitionsentscheidung in den letzten Tagen zugunsten des Standortes SachsenAnhalt getroffen hätte und damit in den nächsten zwei bis drei Jahren zum größten Fernseherhersteller Europas werden wird, wenn dieser Standort nicht top wäre, wenn die Wirtschaftspolitik nicht verlässlich wäre und wenn man mit der Landesregierung und den durch sie gesetzten Rahmenbedingungen nicht zufrieden wäre. Das hätte man sich ersparen können. Dann hätte man andere Alternativen gehabt. Die haben auch Standorte in Sachsen und in Thüringen. Die haben leider immer noch - aber das ist nur eine Frage der Zeit - ihren Hauptsitz in Daun.
Ich wollte das als ein Beispiel bringen, weil es gelungen ist, diesen Standort zu revitalisieren und alle wesentlichen Investitionen dieses Konzerns hierher zu ziehen, sodass er international nicht nur auf Augenhöhe mitarbeitet, sondern sich inzwischen gegenüber den asiatischen Konkurrenten deutlich durchgesetzt hat. Das passiert doch nicht von ungefähr.
Deswegen sage ich, reden Sie diesen Standort nicht schlecht. Das will ich Ihnen nicht unterstellen. Das haben Sie so auch nicht gemacht.
Versuchen Sie doch einmal, die Stärken so zu benennen, dass man damit gemeinsam nach außen wirken kann. Man kann sich ja hinsichtlich aller möglichen Details im Innenverhältnis im Sinne eines sauberen und natürlichen Wettbewerbes streiten.
Aber bei der Außendarstellung sollten wir uns auf das Geleistete zurückziehen, auch stolz darauf sein und auf der anderen Seite auch immer wieder die Frage stellen, wie wir die guten Investitionsentscheidungen für unseren Standort so nutzen können, dass sie entsprechend multiplizierbar und entwickelbar sind, sodass dieses Land weiterhin eine gute Zukunft hat. Dazu wird diese Landesregierung weiterhin beitragen.
Danke sehr, Herr Wirtschaftsminister. - Für die SPDFraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Miesterfeldt. Wir haben eine Fünfminutendebatte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erlaube mir, mich auf drei Punkte zu beschränken. Erstens. Morgen vor einem Jahr haben wir fast die gleiche Debatte geführt.
Zweitens. Ich möchte sehr gern einmal mit der NegativLegende oder dem Negativ-Mythos aufräumen, dass Wirtschaftsminister in diesem Land - das betrifft den gegenwärtigen Minister und alle Vorgänger männlichen und weiblichen Geschlechts - morgens mit dem Gedanken aufstehen, wie kann ich eine Wirtschaftspolitik betreiben, die möglichst wenig nachhaltig ist. Das ist schlicht und einfach falsch.
Ich glaube, alle - da hat mir der eine mehr und der andere weniger gefallen - haben versucht, eine nachhaltige Wirtschaftspolitik zu betreiben. Wir merken im Privatleben und in allen Feldern der Politik und deshalb auch in der Wirtschaftspolitik erst hinterher, dass etwas nicht nachhaltig war, was nachhaltig werden sollte. Man muss natürlich einzelne Maßnahmen befragen. Ich nenne eine einzige. Es geht um die Frage, ob man Fördermittel an Arbeitsplätze binden sollte und wie nachhaltig die Investitionen sein müssen. Die Förderpolitik muss auf den Prüfstand. Das ist gar keine Frage.
Drittens und letztens. Wir haben im Wirtschaftsausschuss sehr regelmäßig, sehr intensiv und auch fachlich fundiert diese Dinge bewegt. Das werden wir auch zukünftig tun. Deshalb sind wir für die Überweisung des Antrags in den Ausschuss. - Schönen Dank.
- Aha. Es gibt eine Nachfrage, Herr Miesterfeldt, sind Sie bereit, diese zu beantworten? - Bitte schön, Herr Dr. Köck.
Herr Miesterfeldt, können Sie noch einmal die Definition der Nachhaltigkeit, von der Sie ausgehen, erläutern?
Ich glaube, wir könnten den restlichen Abend und weite Teile der Zeit der Fußballweltmeisterschaft in den nächsten Wochen füllen, wenn wir uns der Frage stellen, was wirklich nachhaltig ist.
Ich gestehe, dass wir diesen Begriff manchmal sehr tiefgründig und manchmal etwas oberflächlicher annehmen, aber er wird ständig verwendet. Ich gestehe auch ein, dass ich ihn in meinem kurzen Beitrag etwas oberflächlich behandelt habe.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte auch fast das Déjà-vu, dass wir vor fast genau einem Jahr das Thema auf Antrag der Linken behandelt haben. Genauso wie heute war der Antrag sehr umfangreich. Das Zahlenspiel, das uns Herr Thiel heute vorgeführt hat, war es auch. Aber wenn ich das im Detail betrachte, geht es um eine einseitige Position: Wie können wir die Förderung mit Fördermitteln so strukturieren, dass es mehr Wirtschaftswachstum in Sachsen-Anhalt gibt?
Ich stimme mit Herrn Miesterfeldt darin überein, dass wir nicht die ersten drei Punkte des Antrages, die ein sehr differenziertes und teilweise sehr negatives Bild des Landes Sachsen-Anhalt zeichnen, beraten, sondern uns die Information, zu der die Landesregierung in den drei weiteren Punkten aufgefordert ist, im Ausschuss anhören und diskutieren sollten. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter und von mir sehr geschätzter Kollege Dr. Thiel, wir haben sicher noch einen weiten Weg vor uns; wir haben sicher noch eine Reihe von Problemen zu lösen und eine Reihe von Hausaufgaben zu machen. Der Angleichungsprozess an die erfolgreichen Regionen in Deutschland wird noch vieles von uns abverlangen. Das ist unstrittig.
Natürlich haben wir eine Reihe von Problemen, vor allem im sozialen Bereich, zu lösen, die unmittelbar mit der Wirtschaft zusammenhängen. Damit hängen Fragen der Arbeitsplatzbeschaffung, einer gerechten Entlohnung, des Lebensstandards für den ganzen Standort und vieles andere mehr zusammen.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage hier ganz klar: Wir brauchen keinen Antrag der Fraktion DIE LINKE, der die Landesregierung auffordert, Wirtschaftspolitik endlich nachhaltiger zu gestalten.
Wenn Sie sich den Haushalt einmal anschauen, dann werden Sie feststellen, dass Sie gerade angesichts der Sparbemühungen, die wir alle zu ertragen hatten, fast ausschließlich im Bereich Nachhaltigkeit einen Aufwuchs im Haushalt zu verzeichnen hatten. Wir haben im Bereich Forschung und Entwicklung bei allen anderen Kürzungen, die wir leider auch mittragen mussten, einen Zuwachs von 30 % zu verzeichnen gehabt. Als einziges Bundesland in Deutschland haben wir in diesem Bereich trotz aller sonstigen Sparbemühungen aufgestockt. Das war gut; das war richtig und das war nachhaltig.
Wir wollen uns einmal an den Fakten festhalten: Wo stehen wir denn heute und von welcher Ausgangsposi
tion kommen wir eigentlich? Wenn man sich einmal anschaut, wie andere, neutrale Dritte, nicht Regierungsorganisationen und nicht Regierungskoalitionen oder Politiker, sondern dritte Institute und Sachverständige Sachsen-Anhalt heute bewerten, dann haben wir einen Stand erreicht, auf den wir stolz sein können.
Ich garantiere Ihnen, Herr Dr. Thiel: Wenn zu der Zeit, zu der Sie Regierungsverantwortung getragen haben, nur ein Bruchteil dieser Erfolge zu verzeichnen gewesen wäre, dann hätten Sie sich die Finger wund geschrieben. Mit den Pressemitteilungen hätte man den Plenarsaal tapezieren können.
Ich will einmal wenige Fakten vortragen. In dem schon zitierten IAB-Standortranking aller Bundesländer belegen wir Platz 2. Das haben wir in den fast 20 Jahren der jüngeren Geschichte dieses Landes noch nie erreicht. Das Dynamikranking der Wirtschaft beantwortet die Frage, ob die Richtung stimmt und ob der Weg in Ordnung ist. Dabei steht die Frage, ob wir uns nach vorne bewegen und wie schnell wir uns im Vergleich mit anderen bewegen. Bei diesem Ranking sind wir auf Platz 1 gelandet. Das ist das erste Mal in der 19-jährigen Geschichte dieses jungen Landes.
Bei der Entwicklung des Wirtschaftswachstums, bei der BIP-Entwicklung und beim Abbau der Arbeitslosigkeit sind wir auf Platz 2. Das ist das wichtigste Ziel. Unter Ihrer Regierungsbeteiligung waren wir auf Platz 1 beim Aufbau der Arbeitslosigkeit. Wenn also die Richtung nicht stimmt und das nicht nachhaltig ist, dann muss ich Sorge haben, wenn Sie wieder bestimmen wollen, wo es langgehen soll.