Eine Form der Förderung des integrativen Unterrichts ist der Einsatz der so genannten Integrations- oder Schulhelfer. Ich möchte es noch einmal betonen, was der Minister schon ausgeführt hat: Es sind Helfer, die während des Unterrichts Handreichungen wie Seitenumblättern oder Stiftezureichen vornehmen oder eventuell pflegerische Hilfeleistungen anbieten. Es sind keineswegs Zweitlehrer oder Heilpädagogen.
In Vorbereitung auf diesen Redebeitrag zum Antrag der Fraktion der LINKEN habe ich mich noch einmal mit dem Prozedere beschäftigt, wie es derzeit beim Einsatz von Integrationshelfern abläuft. Das Ergebnis war: So vielfältig wie der Hilfebedarf der Kinder mit Behinderung ist, so vielfältig sind die Einsatzbedingungen der Integrationshelfer, und so vielfältig die Trägerlandschaft in der Eingliederungshilfe ist, so vielfältig sind die Beschäftigungsvarianten in arbeitsrechtlicher Sicht. Es kommen noch Zivildienstleistende, Menschen im freiwilligen sozialen Jahr oder auch selbständige Integrationshelfer hinzu.
So vielfältig wie die Berufsbilder überhaupt sein können, so vielfältig sind die Qualifikationen der derzeit tätigen Integrationshelfer. Dies resultiert aus der Tatsache, dass es im Moment in jedem Antragsfall eine Einzelfallentscheidung gibt und für jeden Einzelfall die Kostenübernahme geklärt wird. Dies geschieht im Moment in der Sozialagentur.
Nun könnte man sich denken, dass die Einführung von einheitlichen Richtlinien die Entscheidungsfindung der Sozialämter beschleunigt. Ich habe dagegen sehr große Bedenken.
Ich glaube nicht, dass es gelingt, in den Einheitsrichtlinien alle Facetten des realen Lebens zu berücksichtigen. Vielmehr verhindern Einheitsrichtlinien eher manche Dinge, als dass sie sie befördern.
Sie kennen den berühmten Satz: Solange die Richtlinien und Gesetze so sind, wie sie sind, kann ich, der Sachbearbeiter, leider nicht anders entscheiden und lehne den Antrag ab. Einzelfallentscheidungen sind besser geeignet.
Darüber sollten wir uns aber berichten lassen und uns dann eine Meinung darüber bilden, was im Interesse der Kinder besser ist, ob wir diese Standards brauchen, und darüber, was in dem Antrag ansonsten noch gefordert wird.
Im nächsten Schuljahr erwarten wir eine signifikante Erhöhung der Fallzahlen der Kinder im gemeinsamen Unterricht - eine signifikante Erhöhung! Das ist, wie anzunehmen ist, auch mit einer steigenden Zahl eingesetzter Integrationshelfer verbunden.
Wir sollten uns über den Gang der Dinge laufend informieren; denn für das kommende Schuljahr, das im August beginnt, ist es für eventuell notwendige Veränderungen ohnehin zu spät. Das Thema ist auf jeden Fall eine Beratung wert. Deshalb möchten wir den Antrag zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Ausschuss für Soziales überweisen. - Danke.
Herzlichen Dank, Frau Dr. Späthe. - Jetzt kommen wir zum Beitrag der FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Kley hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen, Minister Herrn Bischoff ganz herzlich für die Einladung zum Kaffee zu danken.
Das Thema der inklusiven Beschulung, lieber Kollege Eckert, sollte mit Sicherheit noch einmal intensiv mit Bildungspolitikern besprochen werden. Jetzt über den Integrations- und Schulhelfer zu versuchen, das Thema zu forcieren, ist mit Sicherheit der völlig falsche Ansatzpunkt.
Wenn Sie die Förderschulen in unserem Land besuchen, die seit vielen Jahren mit der Beschulung von Menschen mit Behinderungen befasst sind, dann werden Sie feststellen, dass Ihnen das Thema Inklusion umso schwieriger über die Lippen geht, je intensiver Sie darüber mit Fachleuten beraten.
Deshalb, glaube ich, sollten wir uns vor Schnellschüssen hüten, indem wir sagen, die Uno-Konvention gilt und ab sofort sind alle Schüler überall zu beschulen.
Das ist durchaus akzeptabel und darüber kann man auch diskutieren, es ist aber mit Sicherheit nicht so umsetzbar. Ich glaube, wir müssen uns alle Mühe geben, ein Modell zu finden, das diesen Kindern wirklich Nutzen bringt.
Wir haben als FDP ein Modell im Bildungskonvent vorgestellt. Andere Parteien haben andere Modelle. Wir sollten in jedem Fall nicht so tun, als ob der Schulhelfer die Lösung aller Probleme wäre.
Der Schulhelfer ist im Moment - der Minister ist vorhin darauf eingegangen - eine Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Da gehört er auch ganz klar hin, weil er eine unterstützende Tätigkeit für die Menschen mit Behinderungen wahrnimmt, ihnen eben ermöglicht, in die Schule zu kommen und an der Schule teilzunehmen.
Diese Leistung kann je nach dem Grad der Behinderung völlig unterschiedlich sein. Deshalb sind wir der Meinung, dass es keinen Millimeter weiterhilft, wenn wir anfangen, Standards und Anforderungen festzulegen; im Gegenteil: Dies könnte dazu führen, dass der eine oder andere Beamte das Ganze bei der Prüfung, ob ein Schulhelfer eingesetzt wird, eventuell doch ablehnt.
Wir haben im Moment eine Vielzahl von Menschen, die als Schulhelferinnen und Schulhelfer eingesetzt werden. Das sind Zivildienstleistende - dabei kommen Sie mit Ihren Standards überhaupt nicht weiter -, das sind FSJler - ja, es gibt auch FSJler, die darin ihre Erfüllung sehen; wollen Sie diese davon ausschließen? -, das sind Schulhelferinnen und Schulhelfer, die völlig unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen, je nachdem, ob ein Mensch schwer körperlich behindert oder vielleicht ein Autist ist. Das können Sie gar nicht in Standards fassen.
Ich habe das Gefühl, dass an dieser Stelle offensichtlich der Träger, den Sie meinten, darum bittet, die Standards hochzusetzen, damit er hohe Personalkosten vom Land erstattet bekommen kann. Darin besteht doch aber nicht das Interesse der Menschen mit Behinderungen. Das ist wieder das klassische Interesse der Anbieter, die hoffen, über eine Erhöhung der Standards ihre Einnahmesituation absichern zu können.
Ich glaube, wir sollten uns zurückhalten, das Thema in diese Richtung zu drängen. Wir können darüber in den Ausschüssen beraten, aber ich glaube nicht, dass das den Menschen viel weiterhilft. In diesem Sinne sehe ich einer Diskussion über ein künftiges inklusives Schulsystem mit Freude entgegen. Am Nebenschauplatz der Schulhelfer verheben wir uns aber, glaube ich. - Danke sehr.
Das war der Debattenbeitrag des Abgeordneten Herrn Kley. - Jetzt hat die Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Dr. Eckert, bitte schön.
Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass wir eine mehr als hundertjährige Tradition der Aussonderung haben. Man muss einfach noch einmal festhalten, dass es diese Tradition zu überwinden gilt. Das kann man mit der Diskussion über ein inklusives Schulsystem machen. Für mich bedeutet das aber, dass wir ganz hinten bleiben. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir diese Situation überwinden. Dazu sind kleine Schritte notwendig. Herr Kley, es tut mir leid, bei Ihnen muss man wahrscheinlich erst einmal die Barriere im Kopf beseitigen, damit man darüber nachdenken kann. - Das ist das Erste.
Ich habe niemanden gehört, der gegen inklusiven Unterricht wäre. Das steht als Aufgabe, das haben wir festgehalten. Aber, Herr Minister, Sie führten aus, Qualifikation sei nicht notwendig; denn es seien nur Hilfsmaßnahmen und Helfer. Wenn das so wäre, was soll das Thema dann im Bildungsausschuss?
Ich bin schon der Meinung, dass sich der Bildungsausschuss einmal damit beschäftigen müsste - das ist richtig.
(Herr Kley, FDP: Wieso denn „einmal“? Gucken Sie sich doch unsere Tagesordnungen an! Wie sind doch dran an dem Thema! - Oh! bei der LIN- KEN)
Dazu, dass eine Qualifikation nicht nötig sei, muss ich Ihnen sagen - darin stimme ich Frau Dr. Späthe zu -, das ist von Einzelfall zu Einzelfall zu unterscheiden. Wir sind aber - das haben Sie selbst gesagt - am Anfang dieser Entwicklung. Wenn ich davon ausgehe, dass jemand, der eine schwere Behinderung hat, von jemandem eine Hilfe erhalten soll, der davon keine Ahnung hat, dann haben wir ein Problem. Das heißt, er braucht eine gewisse Qualifizierung.
Deshalb ist in unserem Antrag auch dargestellt, darüber nachzudenken, wie das Berufsfeld gekennzeichnet werden sollte bzw. wie man so etwas machen kann. Es ist etwas Neues, was wir hier in Deutschland anfangen. Damit bin ich bei den Fachleuten, die Sie angesprochen haben. Sie hätten sagen sollen: Die deutschen Fachleute haben die Auffassung. International sieht das ein bisschen anders aus.
Herr Minister, Sie führten meines Erachtens ganz richtig aus, dass es ein Vertrauensverhältnis zwischen den Schülerinnen und Schülern und den Helfern geben muss. Dieses Vertrauensverhältnis kann aufgrund der gegenwärtigen Bedingungen nicht wachsen, weil je nach Situation alle drei, vier, fünf Monate der Helfer wechselt.
Deshalb bitte ich darum, dass man sich genau der Frage zuwendet, wie ein solches Vertrauensverhältnis wachsen kann, damit es tatsächlich zu einem Schulerfolg
kommt. Von der Seite her sollte man noch einmal darüber nachdenken, ob das, was bezüglich der Qualifikation gesagt wurde, zutreffend ist.
Klar, wenn Sie den Antrag stellen, möchten Sie es federführend im Bildungsausschuss beraten. Okay. Ich hoffe, dass sich der Bildungsausschuss damit auch beschäftigt, und zwar möglichst bald, damit wir wenigstens noch in dieser Legislaturperiode einen Bericht erhalten. - Danke.
Herzlichen Dank. - Meine Damen und Herren! Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen dann zum Abstimmungsverfahren zu der Drs. 5/2646.
Es ist beantragt worden, diesen Antrag zur federführenden Beratung in den Bildungsausschuss und zur Mitberatung in den Ausschuss für Soziales zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Damit ist der Überweisung zugestimmt worden und wir können den Tagesordnungspunkt 32 verlassen.