Protokoll der Sitzung vom 10.09.2010

- Frau Bull, das entnehme ich aus vielen Gesprächen, die ich geführt habe.

(Frau Bull, DIE LINKE: Oh!)

Das entnehme ich aus der Diskussion, die auch im juristischen Schrifttum dazu geführt wird.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das ist aber nicht die ge- sellschaftliche Debatte!)

Und ich entnehme das vor allen Dingen auch daraus, dass die Verbände, die davon betroffen sind, auf diese Forderung gar keinen Wert legen.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht!)

Es geht um die tatsächliche Diskriminierung und Schlechterstellung.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das war eine zentrale Forderung!)

Diese müssen wir beheben.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben zum Beispiel die Länder Portugal und Spanien angesprochen. Ist Ihnen bekannt, dass es in Portugal zwar ein Institut Ehe gibt, dass es dort aber gleichgeschlechtlichen Paaren, Ehegatten verwehrt ist, eine Adoption durchzuführen?

(Zuruf: Ach so!)

Also, es gibt in den Ländern, in denen Sie das Rechtsinstitut Ehe verwirklicht sehen, auch noch unterschiedliche Ausgestaltungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP wird sich dafür einsetzen, dass Diskriminierungen, soweit sie in Bezug auf die eingetragene Lebenspartnerschaft

(Frau Bull, DIE LINKE: Das glaube ich!)

im Unterschied zur Ehe bestehen, abgebaut werden.

Wir sehen es als nicht notwendig an, die eingetragene Lebenspartnerschaft abzuschaffen und sie sozusagen unter dem Begriff „Ehe“ fortzuführen, weil wir unter Ehe etwas anderes verstehen und neben dem herkömmlichen verschiedengeschlechtlichen Ansatz den gleichgeschlechtlichen Ansatz als eingetragene Lebenspart

nerschaft wissen wollen. Aber wir wollen diesen eben nicht in der Ehe aufgehen lassen. Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kosmehl, es gibt noch eine Frage. Wollen Sie diese beantworten?

Frau Dr. Klein, bitte. - Dann würde sich noch eine zweite Frage von Herrn Lange anschließen.

Herr Kosmehl, Sie haben die Ehe charakterisiert als eine Partnerschaft, als ein Zusammenleben von Mann und Frau und dann, nach einer Geburt von Kindern, mit Kindern.

Nun haben wir leider Gottes die Tatsache, dass zunehmend mehr Ehen kinderlos sind, bewusst kinderlos, nicht ungewollt - die ungewollt kinderlosen Ehen nehme ich einmal aus -, und dass wir zunehmend mehr Alleinerziehende haben, die sich gar nicht in die Ehe hineinbegeben, sondern von vornherein darauf verzichten.

Wäre es dann nicht besser zu sagen, wir brechen die Institution Ehe generell auf und machen jeweils die Individualrechte im weitesten Sinne für Männer und Frauen unabhängig von der Lebensform, die sie haben?

(Herr Scharf, CDU: Sie sprechen sehr schön deutlich, Frau Kollegin! Das ist Ihr eigenes Anlie- gen!)

Frau Kollegin Klein, natürlich kann man das in der Gesellschaft - -

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Warum nicht? - Herr Scharf, CDU: Warum nicht? - Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

- Frau Kollegin Bull, die Frage war an mich gerichtet. Ich würde sie gern beantworten.

(Zustimmung bei der FDP - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Das war der Kollege Scharf! - Lachen bei der CDU)

Frau Kollegin Klein, natürlich kann man das auch diskutieren. Und natürlich müssen wir alle zur Kenntnis nehmen, dass das Rechtsinstitut der Ehe zum einen sehr viel weniger angewandt wird als noch vor 20 Jahren und dass vor allen Dingen der Bestand der Ehe viel kürzer ist als noch vor 20 oder 30 Jahren. Deshalb läuft sie in gewisser Weise leer.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU - Frau Weiß, CDU: Was?)

Deshalb, so sagen Sie, könnte man auf das Institut verzichten. Ich sage Ihnen: Nein;

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

denn die Ehe betrifft aus meiner Sicht und aus der Sicht der Liberalen

(Zurufe von Herrn Miesterfeldt, SPD, und von Herrn Tullner, CDU)

eine Möglichkeit des Gesetzgebers, indem es eben dafür, für die rechtliche Bindung zweier Partner Verantwortung zu übernehmen, ein Institut geben soll.

Wir haben im Bundesrecht zu Recht auch für gleichgeschlechtliche Partner die rechtlich bindende Institution der eingetragenen Lebenspartner vorgesehen. All diejenigen, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft leben wollen, können das weiter tun,

(Frau Weiß, CDU: Oh! - Zuruf von der LINKEN: Eben!)

haben dann aber nicht dieselben Rechte und Pflichten, die Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner haben.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Die sind benachtei- ligt! - Frau Weiß, CDU: Also!)

- Frau Dr. Klein, ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass die Ehe als Institution für die Entwicklung der Menschheit im Sinne einer nachwachsenden

(Heiterkeit)

- „nachwachsenden“ darf man nicht sagen -, einer entstehenden folgenden Generation nach wie vor ein Institut ist, das unsere Gesellschaft braucht und das es weiter zu bewahren gilt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie, Frau Präsidentin, mir noch einen letzten Satz gestatten, dann würde ich auch keine Frage mehr beantworten.

Ein Hinweis an die Frau Kollegin Bull. Alle Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, auch die, wonach das Lebenspartnerschaftsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, stützen sich nicht auf Artikel 6 des Grundgesetzes, nicht auf die Ehe, sondern auf Artikel 3 des Grundgesetzes, auf das Recht der Gleichbehandlung zweier verschiedener Rechtsinstitute.

(Frau Bull, DIE LINKE: Was ist da jetzt so schlecht?)

Das hat nichts mit der Frage zu tun, ob die Ehe als Verfassungsgrundsatz infrage gestellt wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Herrn Tullner, CDU: Vielen Dank für den Beitrag! - Zuruf von Frau von An- gern, DIE LINKE)

Herr Kosmehl hat gesagt, dass er keine weiteren Fragen beantwortet. Damit ist das erledigt. - Nun wird Herr Rothe für die SPD-Fraktion sprechen.