Der Antrag bezog sich übrigens ausdrücklich auf die letzte Stufe der Bürgerarbeit und berücksichtigte die anderen Stufen, die wir natürlich kennen, nicht unbedingt. Vielmehr haben wir uns Gedanken darüber gemacht, wie die Beschäftigungsverhältnisse aussehen sollen, für die am Ende tatsächlich solche Bürgerarbeitsstellen angeboten werden. Darum ging es uns. Da war es schade, dass wir uns nicht einmal in Ruhe die Punkte angeschaut und geprüft haben, was man machen kann.
Beispiel Freiwilligkeit. Herr Franke, das, glaube ich, ist das allerkleinste Problem, denn der Run auf diese Bürgerarbeitsstellen wird enorm werden, und zwar völlig unabhängig davon, wie sie tatsächlich ausgestattet sind. Es wird ein weiterer Beweis dafür angetreten werden, dass viele Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger bereit sind zu arbeiten, und das nahezu zu jedem Preis. Deshalb glaube ich persönlich, dass es noch die mit Abstand realistischste Forderung war zu sagen: Wir bestehen auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. - Ich glaube, das ist ganz und gar einfach.
Was ist mit dem Beispiel Versicherungspflicht? - Ich halte die Tatsache, dass diejenigen, die in Arbeitsmarktmaßnahmen sind, nicht mehr arbeitslosenversichert sind, für ausgesprochen ungerecht,
und in diesem Programm wird die Ungerechtigkeit noch am deutlichsten. Für ein Jahr Arbeit erwirbt man den Anspruch auf ein halbes Jahr Arbeitslosengeld. Das ist ein anderer Status, als wenn man sofort wieder in Hartz IV zurückfällt. In der Bürgerarbeit ist bis zu drei Jahren Förderung möglich, ist bis zu drei Jahren Arbeit möglich, und danach fallen die Leute trotzdem wieder ungebremst in Hartz IV. Wir halten das für enorm ungerecht.
Uns ist selbstverständlich bekannt, dass eine vollständige Versicherungspflicht bei Maßnahmen der Arbeitsförderung nicht gewollt war. Aber die Frage ist doch, ob wir das als Landtag wirklich hinnehmen wollen oder ob man nicht darauf hinwirken kann, wie auch immer, dass sich das ändert - zumindest an solchen Stellen, an denen Menschen langfristig in Beschäftigung kommen.
Was ist mit dem Beispiel sozialpsychologische Betreuung und Qualifikation? Es ist besonders schade, dass wir darüber nicht in Ruhe diskutiert haben, weil wir uns nahezu einig darüber sind, dass diejenigen, die heute noch ausschließlich von Hartz IV leben, immer größere Defizite aufweisen, und dass diejenigen, die heute noch in Hartz IV leben, sehr viel Betreuung, sehr viel Begleitung und sehr viel begleitende Hilfen brauchen. Es ist einfach schade, dass es nicht möglich war, auch über diese Frage innerhalb dieses Projekts zu diskutieren. Das sollte in Zukunft möglich sein.
Was ist mit dem Beispiel Landeszuschuss? - Wir haben gestern im Landtag über die Armutsrisiken in SachsenAnhalt diskutiert und wir haben, glaube ich, deutlich gespürt, dass wir keinen weiteren Niedriglohnsektor brauchen. Fakt ist, dass die Träger ohnehin zusätzlich belastet werden und dass sie keine zusätzlichen Betreuungsangebote finanzieren können. Fakt ist auch, dass die Kommunen aufgrund ihrer Finanzsituation nicht in der Lage sein werden, die Einkommen aufzustocken oder zusätzliche Angebote zu machen.
Deshalb, glaube ich, ist das Land in der Pflicht. Das Land wird sich natürlich auch auf seine Finanzsituation zurückziehen und das muss das Land auch dürfen. Aber dann muss man eben an den Bund herantreten dürfen und muss den Bund zu einer besseren Finanzausstattung auffordern dürfen.
Aus all diesen Gründen, liebe Kolleginnen und Kollegen, lehnen wir diese Beschlussempfehlung ab. - Ich danke.
Vielen Dank, Frau Dirlich, für Ihren Beitrag. - Wir kommen dann zum Debattenbeitrag der SPD. Die Abgeordnete Frau Hampel erhält das Wort.
Bevor sie aber das Wort erhält, begrüße ich Seniorinnen und Senioren der Volkssolidarität aus Staßfurt auf Tribüne. Herzlich willkommen! Schön, dass Sie da sind.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da meine Vorredner schon ausführlich auf das Zustandekommen dieser Beschlussempfehlung eingegangen sind, kann ich mich dem nur anschließen und möchte meine Rede gern zu Protokoll geben.
Das Bundesprogramm Bürgerarbeit ist gestartet, Sachsen-Anhalt erhält daraus nochmals 4 842 BA-Stellen, die meisten aller Bundesländer.
Wir haben vor der Sommerpause auf einen Antrag der Fraktion DIE LINKE hin hier bereits über die Ausgestaltung der Bürgerarbeit debattiert.
Die SPD sieht ebenfalls den Bedarf, über Qualitätsstandards, tarifliche Entlohnung, Weiterqualifizierung während der eigentlichen Bürgerarbeit und andere, auch in der öffentlichen Meinung noch strittige Details weiter zu diskutieren und hat auch eigene Vorschläge für eine Weiterentwicklung der Bürgerarbeit, aber leider nicht die dafür erforderliche politische Mehrheit.
Deshalb ist der jetzt vorliegende Beschluss des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit - sagen wir einmal - der kleinste gemeinsame Nenner, um anhand eines ersten vorläufigen Evaluationsberichtes nach der Halbzeit des Bundesprogramms erste Rückschlüsse zu ziehen und dann das Programm einer kritischen Bewertung zu unterziehen.
Ich habe in meiner Rede am 18. Juni 2010 die Punkte benannt, die aus der Sicht der SPD wichtig sind:
Erstens die Frage nach der Höhe der Vergütung. Nach Auffassung der SPD nicht unter 7,50 €, die CDU verwies auf nötiges Lohnabstandsgebot; unterschiedliche Ansätze, da wir generell die Einführung eines Mindestlohns
Zweitens der Erwerb von Anwartschaften auf ALG I und Rente. Auch hier unterschiedliche Ansätze, wir sagen, wer einen Arbeitsvertrag erhält, egal ob öffentlich geförderte Beschäftigung oder nicht, sollte in die Arbeitslosenversicherung einzahlen und Anwartschaften auf ALG I und Rente erwerben können.
Drittens ein Weiterqualifizierungsanteil. Gerade weil so erhebliche Leistungsdefizite und die in Phase 2 und 3 nicht erfolgreiche Aktivierung und Weiterqualifizierung festzustellen waren, muss man für diese Leute bei entsprechender Motivationslage unbedingt auch Weiterbildungsangebote machen.
Frage 11: Sieht die Landesregierung einen Qualifizierungsanteil von 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Wochenstunden mit Blick auf die Fachkräfteproblematik im Land für sachgerecht an?
Antwort: Da nach einer mindestens sechs Monate dauernden verstärkten Aktivierungsphase mit Ausrichtung auf die Wiedereingliederung in den regulären Arbeitsmarkt die Entscheidung über ein Angebot für die Beschäftigung auf einer Bürgerarbeitsstelle getroffen wird, ist davon auszugehen, dass diese Personen auch mittelfristig nicht auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt werden.
Mit dieser Aussage bekräftigt die Landesregierung die Forderung der SPD nach einem dauerhaften sozialen Arbeitsmarkt, denn auch sie kommen zu dem Ergebnis, dass es Menschen gibt, die trotz verstärkter Eingliederungs- und Qualifizierungsbemühungen nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt nachgefragt werden, quasi chancenlos sind. Fazit: Nur dauerhafter sozialer Arbeitsmarkt sichert soziale Teilhabe und Wohlbefinden.
Solange kein sozialer Arbeitsmarkt installiert ist, halten auch wir eine Weiterentwicklung der Bürgerarbeit für dringend geboten. Gründe dafür habe ich benannt.
Wir kommen zum Abstimmungsverfahren zur Drs. 5/2777, Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung bei den Koalitionsfraktionen und bei der FDP. Wer lehnt den Antrag ab? - Ablehnung bei der LINKEN. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Der Beschlussempfehlung wurde also zugestimmt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 21 erledigt.
Ergänzung der Rohstoffsicherungsklausel des Bundesberggesetzes durch soziale und ökologische Kriterien
Die erste Beratung fand in der 76. Sitzung des Landtages am 30. April 2010 statt. Berichterstatter ist der Abgeordnete Herr Tögel. Bitte, Sie haben das Wort. Für die Landesregierung wird Minister Herr Dr. Haseloff sprechen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Antrag in der 76. Sitzung am 30. April 2010 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und zur Mitberatung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr überwiesen.
In diesem Antrag geht es der Antragstellerin um die Veränderung der Rohstoffsicherungsklausel im Bundesberggesetz. Der Antrag sieht vor, dass das Genehmigungsverfahren zur Durchführung bergbaurechtlicher Vorhaben hinsichtlich der Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien erweitert wird. Die Antragstellerin begründete im Wirtschaftsausschuss, dass bisher ein Mitspracherecht der Grundstückeigentümer und der unmittelbar durch den Abbau Betroffenen im Bundesberggesetz nicht geregelt sei. Deren Belange werden zwar im Rahmen der Planfeststellungsverfahren auf der Landesebene berücksichtigt, sollten aber auf Bundesebene stringenter gefasst werden.
Um es gleich vorwegzunehmen: Sowohl der Wirtschaftsausschuss als auch der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr lehnten den Antrag mehrheitlich ab. Diese Ablehnung beschloss der Wirtschaftsausschuss in der 57. Sitzung am 12. Mai 2010 und teilte dies dem mitberatenden Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr in einer vorläufigen Beschlussempfehlung mit.
Die CDU-Fraktion begründete ihre Ablehnung damit, dass das Bundesberggesetz ökologische und soziale Kriterien enthalte und eine moderne Industriegesellschaft auf die Gewinnung und die Weiterverarbeitung von Rohstoffen angewiesen sei.
Die diesbezüglich vorhandenen Gesetze und Verordnungen seien völlig ausreichend. Diese gewährleisteten die Abwägung zwischen den Interessen der Betroffenen und dem wirtschaftlichen Nutzen der Rohstoffgewinnung für die Region, argumentierte die FDP-Fraktion.
Die SPD-Fraktion vertrat die Auffassung, dass die Forderung, ökologische und soziale Kriterien in den Abwägungsprozess mit einzubeziehen, grundsätzlich richtig sei und in der Bundesrepublik Deutschland weitestgehend erfüllt werde. Die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung und die Berücksichtigung von Umweltbelangen seien nicht nur gegeben, sondern sie würden auch genutzt.
Der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr schloss sich, wie schon ausgeführt, der Auffassung des Wirtschaftsausschusses an.
Eine endgültige Beschlussfassung unter Hinzuziehung der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses erfolgte dann in der 59. Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 25. August 2010. - Ich bitte Sie, der vorliegenden Beschlussempfehlung zuzustimmen.
Vielen Dank, Abgeordneter Herr Tögel. - Ich darf nun für die Landesregierung den Wirtschaftsminister Herrn Dr. Haseloff um seinen Redebeitrag bitten. Bitte schön.