Vielen Dank, Frau Ministerin Kolb. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kosmehl. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will an dieser Stelle nicht alles das wiederholen, was wir im Rahmen der Einbringung des Antrags bereits ausgeführt haben. Ich kann leider nur feststellen, dass auch eine weitere Befassung die Koalitionsfraktionen offensichtlich nicht dazu gebracht hat, von dem von Ihnen formulierten Ziel „Löschen und Sperren“ wegzukommen und zu dem zu kommen, was die Ministerin gerade noch einmal gesagt hat. Sie sagte nämlich, dass das Löschen die effektivste Möglichkeit ist.
Wenn das Löschen das effektivste Mittel ist, dann, sehr geehrte Frau Ministerin, müssen wir uns darum kümmern, dass auch gelöscht wird.
Ich will an dieser Stelle als Abgeordneter eines Landtages eines deutlich machen. Wer sich die Zahlen anschaut und feststellt, dass sich von mehr als 5 000 Beamten im Bundeskriminalamt lediglich sechs - sechs von mehr als 5 000! - mit der Löschung beschäftigen, der wird erkennen, dass es dann auch keine Ergebnisse
Deshalb sage ich an dieser Stelle ganz klar: Wenn sich das BKA nicht endlich darum kümmert und sich mit dem Löschen auseinandersetzt, sondern das bewusst nicht tut, weil es nicht löschen will, dann kann das BKA aber auch nicht behaupten, dass das Löschen keine effektive Methode wäre.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussionen über die vorgelegte Richtlinie der Kommission sind auch im Europäischen Parlament weiter fortgeschritten. Ich begrüße es ausdrücklich, dass sich der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments am 27. Oktober 2010 einstimmig gegen die Forderung der Kommission ausgesprochen hat, das Sperren als bevorzugtes Mittel im Kampf gegen Kinderpornografie im Internet zu verwenden und dies verpflichtend den Mitgliedstaaten vorzuschreiben. Vielmehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, sagen die EU-Abgeordneten in diesem Ausschuss, die Löschung ist das Ziel. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten, wenn sie das wollen, zunächst auch die Stufe des Sperrens nutzen. Aber es wird nicht verbindlich vorgeschrieben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass diese Meinung, die sich auch in den anderen Ausschüssen des Europäischen Parlaments bereits abzeichnet, dann auch zur Stellungnahme des Europäischen Parlaments wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seinem Beschluss am 7. Mai 2010 das Thema Löschen auch noch einmal ganz deutlich an die Spitze gestellt und als effektivste Methode dargestellt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns als Landtag von Sachsen-Anhalt wieder in die Richtung „Löschen und Sperren“ bewegen, dann gehen wir aus meiner Sicht den falschen Weg. Wir müssen eher dafür Sorge tragen, dass das Löschen effektiv von denjenigen, die es können, zum Beispiel vom Bundeskriminalamt, oder aber im Wege der internationalen Verträge, die Sie, Frau Ministerin, angesprochen haben, vorangebracht wird.
Ich will an dieser Stelle deutlich sagen: Wenn es geht, mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein Swift-Abkommen zu verhandeln, dann sollte es Europa auch möglich sein, eine Rechtszusammenarbeit im Bereich der Internetkriminalität hinzubekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Punkt 2 der Beschlussempfehlung will ich nur ganz kurz Folgendes sagen: „Die Landesregierung hat sich stets bemüht“ - das wäre ein Zeugnis, aber kein sehr gutes. Deshalb glaube ich nicht, dass der Landtag die Landesregierung in ihren Bemühungen unterstützen sollte. Vielmehr sollten wir dafür werben und die Landesregierung auffordern, dafür Sorge zu tragen,
Meine sehr geehrte Frau Ministerin Kolb, der Innenausschuss hat sich im Landeskriminalamt die Auswerteplätze der AKS KiPo angeschaut. Meine sehr geehrten Da
men und Herren! Ich beneide die Beamten, die diese Aufgabe machen, nicht. Wer sich das anschaut, was sich die Beamten während eines Tages ansehen, bearbeiten sowie rechts- und beweissicher erheben müssen, der muss erkennen, dass das nicht nur 14 Beamte machen können. Das müssen mehr machen. Das ist auch im Interesse der Beamten, die diese Aufgabe jetzt wahrnehmen. Deshalb sind wir in dem Bereich noch nicht so weit, wie wir es sein könnten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir verfolgen einen anderen Ansatz. Wir wollen nur Löschen, weil das der effektivste Weg ist und weil das der beste Opferschutz ist, damit dieser Schmutz aus dem Internet herauskommt. Deshalb machen wir keine Kompromisse, sondern wollen nur Löschen.
Wir fordern Sie auf, dass Sie personell aufstocken und technisch weiter ausrüsten. Deshalb können wir Ihre Beschlussempfehlung leider nicht mittragen. - Vielen Dank.
Lieber Herr Kollege Kosmehl, Sie sind Jurist. Ich wollte Sie einmal fragen, ob Sie wissen, dass in Deutschland jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge sexuell belästigt wird. Wussten Sie das?
Die genauen Zahlen waren mir in dieser Größenordnung nicht bekannt. Ich kann Ihnen allerdings sagen, dass mir bekannt ist, dass es solche Missbrauchsfälle, und zwar bei Jungen und Mädchen, gibt.
Eine Nachfrage, wenn Sie erlauben. - Ich war genauso überrascht wie Sie jetzt, als ich diese Zahlen gelesen habe. Ich glaube, wenn man diese Zahlen kennt und hört, dann ist man bestürzt. Wenn wir das Internet sehen, dann wissen wir, dass es auf der einen Seite sicherlich ein tolles Instrument in der Wissensgesellschaft ist, in der wir heute leben, aber auf der anderen Seite ist das Internet auch ein riesiger Fluch mit unwahrscheinlich viel Dreck darin.
Deshalb frage ich Sie noch einmal - wir wollen Löschen und Sperren -: Meinen Sie nicht, dass Ihr Weg, nämlich nur zu löschen, dann nicht ein wenig zu einfach ist?
Sehr geehrter Herr Kollege Kurze, nein, der Weg ist nicht einfach, er ist sogar schwieriger, weil sich Server
zum Beispiel auch im Ausland befinden. Allerdings - das gehört eben zur Ehrlichkeit auch dazu - gibt es bis heute keine technisch einwandfreie und effektive Sperrvorrichtung oder Programme, die man nutzen kann.
Jede Sperre - das sagen Ihnen die Computerfachleute und die Opferverbände, die sich damit beschäftigen - kann relativ schnell umgangen werden, sodass dieses Stopp-Schild oder diese Sperre eben nicht dazu führt, dass Missbrauch nicht mehr weiter dargestellt wird; vielmehr werden die Opfer über andere Seiten oder durch die Umgehung der Sperre weiterhin dargestellt. Damit verlängert sich ihr Leiden. Deshalb ist es der effektivste Weg, diese Darstellungen aus dem Netz herauszunehmen.
Das führt zu einigen Komplikationen - das sage ich ganz klar -, über die wir uns auch gesellschaftlich unterhalten müssen. Es gibt eben eine andere Vorstellung von sexueller Belästigung in Deutschland und vielleicht auch zusammenfassend in Europa als beispielsweise in den asiatischen Ländern. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wiederum andere Moralvorstellungen oder Einschätzungen auch hinsichtlich der Strafbarkeit von bestimmten Darstellungen gibt es in den USA und anderen Ländern.
Das heißt, gerade darin liegt die Problematik. Wenn man das Problem international lösen will, sollte man dafür Sorge tragen, dass Belästigungen und strafbare Darstellungen aus dem Netz herausgenommen werden und dass sich niemand hinter irgendwelche Paragrafen zurückziehen kann.
Deshalb bleibe ich dabei: Löschen ist der beste Weg für die Opfer, dauerhaft geschützt zu werden. Es ist aus meiner Sicht auch der schnellste Weg, um zu erreichen, dass diese Darstellungen nicht weiter verbreitet werden.
Herr Kosmehl, möchten Sie noch eine Frage von Frau von Angern beantworten? - Bitte schön, Frau von Angern, fragen Sie.
Herr Kosmehl, ist Ihnen bekannt, dass am 25. Oktober 2010 zu dem Thema, über das wir jetzt debattieren, im Bundestag eine Anhörung stattgefunden hat und dass dort hinsichtlich der Problematik Sperren oder Löschen von den Spezialisten, die gehört worden sind, vorgetragen worden ist, dass das Problem der vorläufigen Maßnahme Sperrung auch darin besteht, dass Täter vorgewarnt werden und dass damit die Strafverfolgung erschwert wird? Denken Sie auch, dass das für das Löschen spricht?
Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Es geht weiter in der Debatte mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Ich erteile Herrn Borgwardt das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, die Gelegenheit wahrzunehmen, mich ganz herzlich bei den Fraktionen bzw. Abgeordnetenkollegen zu bedanken, die vorhin meiner Wahl zustimmen konnten. Ich verspreche, dass ich alles dafür tun werde, die Aufgabe in der Kontinuität, wie sie der Kollege Stadelmann bewiesen hat, ebenfalls auszuführen. Herzlichen Dank!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zum Thema zurück. Manchmal versteht man den Streit nicht richtig. Wir haben nie gesagt, dass wir das, was löschbar ist, nicht löschen wollen. Es gibt nirgendwo eine Aussage der CDU oder der SPD, dass wir etwas, wenn es löschbar ist, nicht löschen wollen.
Ich möchte es ganz kurz machen; ansonsten wäre es eine Wiederholung des letzten Debattenbeitrages. Wir haben nur gesagt: dort, wo man nicht löschen kann. Das gibt es nämlich auch. Wir können uns gern breit darüber unterhalten, wie schnell eine Seite wiederentstanden ist, die bereits gelöscht worden war. Das weiß jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt.
Es geht nur darum, dass wir zumindest auch die Option haben zu sperren. Insofern kann ich aus der Diskussion heraus gar nicht erkennen, warum wir uns bei diesem Thema, das uns alle beschäftigt und das wir nicht genug anprangern können, nämlich Kinderpornografie, jetzt so festfahren, wenn Sie sagen: Wir haben eigentlich das Non-plus-Ultra-Modell; denn wir wollen nur Löschen und sind dadurch konsequenter als ihr, die ihr für Löschen und Sperren seid. So war meiner Ansicht nach auch der Hinweis von dem Kollegen Kurze zu verstehen. Insofern kann ich hier überhaupt keinen Dissens erkennen.
Wir sind der Auffassung, dass wir beide Optionen wahren wollen, weil nämlich genauso gut nachgesteuert werden kann, wenn etwas gelöscht ist, wie es auch - Sie und auch Frau von Angern haben es berechtigterweise gesagt - beim Sperren möglich ist. Deshalb wollen wir beide Optionen. Daher werben wir noch einmal für unseren Vorschlag und im Endeffekt für die von beiden Ausschüssen verabschiedete Beschlussempfehlung. - Herzlichen Dank.